Ein Recht auf Fürsorge? Konflikte zwischen Bürgern und Staat in den 1950er Jahren

 

von Helge Jonas Pösche

Im Jahr 1957 klagte eine Frau vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen die Streichung ihrer Fürsorgeunterstützung durch das Sozialamt. Die Verwaltung begründete die Maßnahme mit der Weigerung der Frau, die 1954 als DDR-Flüchtling nach West-Berlin gekommen war, zur Arbeitssuche ins wirtschaftlich prosperierende Westdeutschland überzusiedeln. Dieses „unwirtschaftliche“ Verhalten zeuge von „Arbeitsscheu“. Überdies bestreite die Klägerin auch nach der Streichung der Fürsorgeunterstützung noch ihren Lebensunterhalt – dem Anschein nach mit Hilfe ihres Vermieters, worin ein „eheähnliches Verhältnis“ vermutet wurde. Der Rechtsanwalt der Klägerin verwies dagegen auf einen

„Anspruch auf Mindestunterstützung, der jedem zustehe […]. Dieser Rechtsanspruch könne auch nicht dadurch hinfällig werden, daß durch mitleidige Dritte oder durch öffentliche Hilfsquellen Unterstützung in der Zwischenzeit gewährt worden sei. Es widerspreche dem Rechtsempfinden eines Rechtsstaates, Hilfsbedürftigkeit in einem solchen Fall zu verneinen.

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Quelle: https://gafprojekt.hypotheses.org/1007

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Hartmut Kaelble bei Saisir l’Europe: „Hat das soziale Europa eine Zukunft?“

Im Rahmen der Konferenz „Herausforderung Europa“ des BMBF-Projekts Saisir l’Europe hat Prof. Dr. em. Hartmut Kaelble einen Vortrag zur Frage „Hat das soziale Europa eine Zukunft“ gehalten. Auf dem Blog des Porjekts ist jetzt ein Mitschnitt dieses Vortrags, zusammen mit einer Einleitung von Prof. Dr. Gabriele Metzler, zu sehen.

Quelle: https://gafprojekt.hypotheses.org/802

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Prekäre Arbeit in Zeiten der Digitalisierung

Industrie 4.0, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz – Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch. Seit den mikroelektronischen Revolutionen der 80er- und 90er-Jahre haben sich viele Arbeitsprozesse radikal gewandelt. Der digitale Kapitalismus unserer Gegenwart zeichnet sich durch enorme Produktivitätszuwächse, einen hohen Grad der internationalen Verflechtung von Wertschöpfungsketten und eine zunehmend individualisierte Produktion aus, die sich permanent und weitgehend automatisiert an Marktschwankungen und Kundenbedürfnisse anpasst. Von dieser Entwicklung profitieren nicht nur die Manager und Aktionäre der großen Technologie-Firmen, sondern auch IT-Spezialisten und viele im industriellen Sektor bestimmter Volkswirtschaften beschäftigte „klassische“ Facharbeiter. Für viele andere Erwerbstätige bedeutet der technische Fortschritt die Bedrohung des Arbeitsplatzes und/oder die Verschlechterung von Arbeits- und Lebensbedingungen. Sie sehen sich beschleunigten Arbeitsabläufen ausgesetzt, deren schneller Wandel zudem ständige Weiterbildung erforderlich macht.

In einer 2016 veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes gaben 54% bzw.

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Quelle: https://gafprojekt.hypotheses.org/637

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Vom Wohlfahrtsstaat zum Wohlfahrtsmarkt?

von Anna Parrisius

Übernehmen Wohlfahrtsmärkte seit den 1990er Jahren immer mehr Aufgaben des deutschen Wohlfahrtsstaates? Dieser Frage ging Hans Günter Hockerts in seinem Beitrag bei einem Symposium 2010 in Jena nach, aus welchem der Artikel „Vom Wohlfahrtsmarkt zum Wohlfahrtsstaat? Privatisierungstendenzen im deutschen Sozialstaat“ entstand. Er soll im Folgenden untersucht werden. Gemeinsam mit weiteren Symposiums-Vorträgen ist Hockerts‘ Beitrag 2012 im Sammelband „Privatisierung. Idee und Praxis seit den 1970er Jahren“ erschienen. Ziel der Jenaer Tagung und des Sammelbandes war es, das Konzept Privatisierung kritisch zu historisieren, so die Herausgeber Norbert Frei und Dietmar Süß, beide Historiker an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Konkreter Anlass hierfür sei die Finanzkrise 2008/2009 gewesen, durch die offensichtlich geworden sei, dass das Konzept Privatisierung nicht länger unhinterfragt als politische Erfolgskomponente wahrgenommen werden könne.



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Quelle: http://gafprojekt.hypotheses.org/358

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Zum Nachhören: Ö1-Dimensionen “Bevor der Tod sie scheidet”

Welche Möglichkeiten, sich von seinem ungeliebten Ehepartner bzw. seiner ungeliebten Ehepartnerin zu scheiden, hatten christliche Ehepaare in der Frühen Neuzeit? Welche Argumente brachten die Eheleute bzw. deren Anwälte vor und inwieweit wurden diese von den Kirchengerichten als Scheidungsgrund anerkannt? Welchen Ausgang nahm etwa die Scheidungsklage, die Regina Hoferin 1782 beim Wiener Konsistorium gegen ihren Mann eingebracht hatte?
Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die Ö1-Dimensionen vom 28. Oktober 2014. Im Mittelpunkt der von Lukas Wieselberg gestalteten Sendung stehen eine Geschichte der Ehescheidung von der Reformation bis zur Aufklärung und erste Ergebnisse unseres Forschungsprojekts sowie der in Wien abgehaltenen, internationalen Tagung “Kein Bund für’s Leben? Eheleute vor kirchlichen und weltlichen Gerichten”.

Zum Nachhören der Sendung:

 

Bevor der Tod sie scheidet. Ehetrennungen im Mittelalter und der Neuzeit.

Gestaltung: Lukas Wieselberg

Körperliche Gewalt, Ehebruch, Impotenz. Aber auch nicht vorhandene oder “falsche” Gefühle. Und immer wieder wirtschaftliche Fragen und Streit um Unterhalt und Kinder. Das sind nicht nur wichtige Gründe für Scheidungen in der Gegenwart. Sie spielten schon im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine wichtige Rolle.

In einem bisher einzigartigen Forschungsprojekt haben Historikerinnen tausende Akten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert untersucht, die von Eheverfahren in Niederösterreich und Wien stammen. Auch wenn Katholik/innen die Scheidung verboten war, konnten sie sich doch “von Tisch und Bett trennen”. Notwendig dafür war ein Verfahren vor einem kirchlichen und – ab 1783 – weltlichen Gericht. Deren Dokumente zeigen nicht nur erstaunliche Parallelen in die Gegenwart. Sie liefern auch Einsicht in das Leben einfacher Handwerker und Taglöhner/innen, die üblicherweise nicht im Fokus der Geschichtswissenschaft stehen.


Quelle: https://ehenvorgericht.wordpress.com/2015/01/19/zum-nachhoren-o1-dimensionen-bevor-der-tod-sie-scheidet/

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Science.orf.at-Beitrag über Eheannullierungen und das Argument ‘Impotenz’

Ein Grund, um Ehen zu annullieren

Katholische Ehen können bis heute kirchlich nicht geschieden werden. Möglich ist hingegen eine Annullierung der Ehe – aus bestimmten Gründen. Einer davon ist Impotenz. Diese Unfähigkeit, “die Ehe zu vollziehen”, legitimierte bereits im Kirchenrecht des Mittelalters eine Annullierung – Impotenz zu beweisen, war aber nicht immer ganz leicht.

Das zeigt die Auswertung von Gerichtsprotokollen, die Susanne Hehenberger, Historikerin und Provenienzforscherin am Kunsthistorischen Museum Wien (KHM), gemacht hat.

Kommt nur selten vor

Hehenberger arbeitet in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt mit, das gerichtliche Ehetrennungs- und Annullierungsverfahren vom 16. bis 19. Jahrhundert untersucht. Und zwar in Wien und Niederösterreich, dem damaligen “Erzherzogtum unter der Enns”, einem Stammland des Habsburgerreichs. mehr…


Quelle: http://ehenvorgericht.wordpress.com/2014/10/28/science-orf-at-beitrag-uber-eheannullierungen-und-das-argument-impotenz/

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Frühneuzeit-Info 25 (2014)

Die aktuelle Nummer der Frühneuzeit-Info befasst sich mit “Kunstsammlungen in Österreich”. In der offenen Sektion findet sich ein interessanter Beitrag über “Normen und Praktiken der Eheschließung in der frühneuzeitlichen Grafschaft Lippe” von Iris Fleßenkämper.
Hier das Inhaltsverzeichnis inkl. den englischsprachigen Abstracts…


Quelle: http://ehenvorgericht.wordpress.com/2014/09/26/fruhneuzeit-info-25-2014/

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Familienrichter fordern Scheidung ohne Verschulden

Das heutige Morgenjournal auf Ö1 sendete einen Beitrag von Katja Arthofer:

Das Verschuldensprinzip bei Scheidungen soll abgeschafft werden – das fordern die Familienrichter. Denn schuld am Scheitern einer Ehe seien in den allermeisten Fällen beide, diese Sicht habe sich in anderen Ländern längst durchgesetzt, nur nicht in Österreich, so die Familienrichter. Sie fordern einen kompletten Umbau des Scheidungsrechts – mit weitreichenden Konsequenzen für Unterhalt und Pensionsansprüche.


Quelle: http://ehenvorgericht.wordpress.com/2014/05/22/familienrichter-fordern-scheidung-ohne-verschulden/

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Journal-Panorama zur gemeinsamen Obsorge

Das heutige Journal-Panorama befasste sich mit der gemeinsamen Obsorge. Susanne Krischke präsentierte fünf unterschiedliche Perspektiven auf das neue Modell.

Getrennt und doch gemeinsam: Gemeinsame Obsorge auf dem Prüfstand
Gestaltung: Susanne Krischke

17.000 Ehen wurden allein im vergangenen Jahr geschieden, betroffen waren mehr als 19.000 Kinder. Damit beide Elternteile auch nach der gescheiterten Ehe Teil des Lebens ihrer Kinder bleiben, gibt es die gemeinsame Obsorge: Seit 1. Februar ist sie der Regelfall nach Scheidungen. Väter, die mit der Mutter ihres Kindes nicht verheiratet waren, haben ebenfalls die Möglichkeit, auch gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Obsorge zu beantragen.
Nicht immer steht die gut gemeinte Theorie mit der Praxis in Einklang. Was für die einen selbstverständlich ist, ist für die anderen nicht realisierbar, zeigen die ersten Erfahrungen. Wirkt die gemeinsame Obsorge in konfliktreichen Scheidungen eskalierend oder deeskalierend? Wir beleuchten das Modell aus fünf Blickwinkeln.


Quelle: http://ehenvorgericht.wordpress.com/2013/12/09/journal-panorama-zur-gemeinsamen-obsorge/

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Oktofokus: White Ribbon Day 2013

Okto brachte am 16. November einen Oktofokus zu Gewalt gegen Frauen. Die Beiträge werden am So., 8. Dezember (23:35 Uhr) wiederholt.

Jede fünfte in einer Beziehung lebende Frau wird hierzulande Opfer von Gewalt. Anlässlich des White Ribbon Day 2013 bittet Oktofokus zu einer Filmnacht gegen Gewalt an Frauen. Im Zentrum von “Gewalt in der Ehe” (R: Ilse Gassinger, Gerda Lampalzer & Anna Steininger, A 1984) stehen die Erfahrungen dreier BewohnerInnen des zweiten Wiener Frauenhauses. “Eine verschlagene Welt” (R: Anna Steininger, A 1990) thematisiert wiederum den öffentlichen Umgang mit Gewalttätigkeit gegenüber Frauen. In ihrer Reihe “Schrittweise. Wege aus der Gewalt” (A 2011-2012) zeigen schließlich die Autonomen Österreichischen Frauenhäuser, wie Betroffenen geholfen werden kann.


Quelle: http://ehenvorgericht.wordpress.com/2013/11/28/oktofokus-white-ribbon-day-2013/

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