Der Epic Win im Spiel und der realen Welt

Wann hatten Sie Ihren letzten Epic Win? Sie wissen nicht was das ist? Überlegen Sie mal! “Epic Win”! Welche Gewinne sind so groß, dass man sie “heroische Gewinne” nennen könnte?

Solche mit einem besonders starken Glücksgefühl verbundenen Situationen kann man z.B. nach einer bestandenen Prüfung, auf die man lange hingearbeitet hat, erleben. Sportlern widerfährt der Epic Win vielleicht beim Gewinnen einer besonderen Medaille oder dem Brechen eines Rekords. In jedem Fall sind diese Gewinne in der realen Welt sehr rar, u.a. weil ihr Erreichen mit besonderen Anstrengungen verbunden ist, die z.B. in einer zeitlich sehr langen Vorbereitung liegen können, die  Monate oder Jahre dauern kann.

Der Begriff Epic Win kommt ursprünglich aus der Gamer-Szene und wird von Jane McGonigal als überraschender Erfolg beschrieben: Der Sieger hat sich ganz unerwartet durchgesetzt, wandte eine unorthodoxe Strategie an oder etwas funktionierte besser als geplant. Die Spieler erleben dabei ein großes Glücksgefühl. Epic Wins sind bei (Computer)Spielen wesentlich häufiger zu erlangen, als im realen Leben. Sie motivieren außerordentlich und tragen letztlich entscheidend dazu bei, dass der Spieler weiterspielt.

Was geschieht neurokognitiv beim Epic Win? 

Unser Gehirn ist ständig mit Vorausberechnungen beschäftigt. Man merkt das beim Anheben eines Glases, das leichter als gedacht ist. Befindet sich Flüssigkeit darin, dann heben wir es mit zuviel Kraft an und müssen aufpassen, dass die Flüssigkeit nicht herausschwappt. Oder ist beim Gehen der Untergrund uneben, dies aber nicht unmittelbar sichtbar, stolpern wir.

Also: unser Gehirn berechnet ständig voraus, was gleich geschehen wird. Trifft das ein und treffen die Berechnungen des Gehirns zu, dann wird das Geschehen als unbedeutend beurteilt, denn wir haben dieses implizite Wissen bereits abgespeichert. Trifft aber etwas anderes – etwas Besseres – als das Vorausberechnete ein, dann wird das Gehirn aus seiner Routine gerissen. Es wird ein Signal gegeben:” Achtung, hier ist was tolles Neues passiert!” Das Signal, bestehend aus einer Dopaminausschüttung, die wiederum endogene Opioide im Frontalhirn freisetzt, sorgt dafür, dass das Neue gelernt werden kann (im Gegensatz zur Routine, die ja bereits abgespeichert ist). Diese Opioide stellen einen Belohnungseffekt dar und sorgen für das gute Gefühl, das wir bei einem Sieg verspüren und das wir natürlich häufiger erleben möchten.

Wie unterscheiden sich Epic Wins bei Spielen von denen im wirklichen Leben?

Wie bereits erwähnt, erleben Spieler durch das Spiel häufiger einen Epic Win, als das im normalen Leben möglich ist. Die Frage, die sich mir stellt ist: Welche Auswirkungen haben Epic Wins durch ihre Lernleistung letztlich auf die Persönlichkeit von Spielern? Auf die Ausdauer, mit der sie ein Ziel verfolgen? Wird die Ausdauer im Laufe der Zeit größer, weil Spieler wissen, dass sie ein Ziel erreichen können oder wird sie geringer, weil das im Spiel wesentlich schneller als im normalen Leben geht?

Etwas ist doch deshalb besonders, weil man es nicht immer und sofort haben kann, sondern weil man für das Erreichen eines Ziels einen Einsatz bringen muss. Je mehr Einsatz nötig ist und je seltener das Ziel erreicht werden kann, desto kostbarer ist letztlich das Ziel. Wieviel Einsatz geben Spieler im Gegensatz zu Nichtspielern?

Jane McGonigals Buch “Reality has Broken” enthält die Darstellung überraschend interessanter Spielmöglichkeiten. Allerdings waren alle von ihr beschriebenen Spiele und deren Aspekte “super” bis “super super”.  Da ich aber für eine differenzierte Betrachtung der Dinge bin, sehe ich den Epic Win in Spielen zwar zunächst positiv, frage aber nach seinem Wert, den er in der realen Welt hat. Die Forschung kann das bisher nicht beantworten.

Literatur:

Jane McGonigal: Reality has Broken. Why Games Make Us Better and How They Can Change the World, London 2012

Manfred Spitzer: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg 2006

Quelle: http://games.hypotheses.org/884

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