Bouvard und Pécuchet machen einen Vorschlag oder: Die Grenzen der Nummerierung im 19. Jahrhundert

Gegen Schluss des nach den beiden Protagonisten benannten Romanfragments Bouvard und Pécuchet schwingen diese – es herrscht schon Napoleon III. – beim Kneipenwirt Beljambe politische Reden, sorgen damit für Unruhe und ventilieren schließlich einen Plan:

Da man ihnen den Vorwurf der Praxisferne machte und sie zudem beschuldigte, zur Nivellierung und zum Immoralismus anzuleiten, entwickelten sie den folgenden Dreistufenplan. [Absatz] Ersatz des Familiennamens durch eine Matrikelnummer. [Absatz] Hierarchische Gliederung aller Franzosen – und zur Aufrechterhaltung seines Ranges habe jedermann von Zeit zu Zeit ein Examen abzulegen. [Absatz] Keine Strafen, keine Belohnungen mehr, aber in allen Dörfern eine genaue Chronik der individuellen Lebensläufe, die der Nachwelt überliefert werden sollte. [Absatz] Man verabscheute ihr System.1

Das Schicksal des Plans gleicht so vielem, was Bouvard und Pécuchet in den Jahren zuvor versucht haben, weder interessiert sich die lokale Zeitung dafür, noch reagieren die Behörden, geschweige denn der Kaiser. Auch im keineswegs nummerierungsfeindlichen Frankreich scheint der Vorschlag, den Familiennamen durch eine Nummer („numéro matricule“) zu ersetzen, zu weit zu gehen, und auch die Reihung aller Franzosen nach einem mittels regelmäßigen Prüfungen zu bestimmenden Rangnummer scheint nur als eine maßlose satirische Verallgemeinerung der in Schulen üblichen „bio-numerisch[en]“ Ordnung (Heinrich Bosse)2 wahrnehmbar zu sein.

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Quelle: http://nummer.hypotheses.org/107

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