Kriegsgewinnler und Drückeberger


Die „verratene Front“ bei August Jasper

Lisa Peters

 

Der Topos der „verratenen Front“ hatte für den Diskurs um die deutsche Niederlage noch bis in den Zweiten Weltkrieg hinein große Bedeutung.[1] Seinen Ursprung fand er in der Rechtfertigungsideologie der politischen und militärischen Eliten des besiegten Kaiserreichs. Jegliche Schuld an der Niederlage von sich weisend, machten sie unter anderem Streiks in der Rüstungsindustrie (die auf die Sozialdemokraten und Gewerkschaften zurückgingen) sowie eine mangelhafte Unterstützung durch eine vermeintlich kriegsmüde „Heimatfront“ verantwortlich.[2] Wenngleich dieser Topos inzwischen als ideologisch gefärbt dekonstruiert wurde,[3] erscheint es vor diesem Hintergrund als besonders interessant, dass auch August Jasper sich in seinen Briefen an seine Frau Bernhardine wiederholt kritisch über eine mangelnde Solidarität in der Heimat mit den kämpfenden Soldaten beklagt. Fern der obrigkeitlichen Diskurse gewähren seine Aussagen einen Einblick in die diesbezüglichen Vorstellungen und Deutungen eines einfachen Soldaten, bevor sie durch die Rechtfertigungsideologie der Nachkriegszeit beeinflusst wurden.

Die soldatische Gemeinschaft steht den Drückebergern und Kriegsgewinnlern entgegen. Hier zu sehen auf Postkarten von August Jasper (18.8.1917)

Die soldatische Gemeinschaft steht den Drückebergern und Kriegsgewinnlern entgegen. Hier zu sehen auf Postkarten von August Jasper (18.8.1917)
Die soldatische Gemeinschaft steht den Drückebergern und Kriegsgewinnlern gegenüber.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/87

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Das Problem mit europäischer Identität und warum europaweite Solidarität ein Ausweg sein könnte

Gastbeitrag von Stefanie Börner

Paradoxerweise hat europäische Identität Hochkonjunktur. Dabei scheint es in diesen Tagen angemessener von Verhängnisgemeinschaft zu sprechen, statt von Schicksalsgemeinschaft. Der Grund für mein Unbehagen mit Forderungen nach einer europäischen Identität, ist jedoch nicht die Tagespolitik, sondern die folgenden Beobachtung. Zum einen, suggerieren solche Forderungen, überspitzt gesagt, eine vermeintliche Fortschrittlichkeit – nationale Identität war gestern – , die aber ebenso Gefahr läuft in die Essentialisierungsfalle zu tappen wie einst (und heute immer noch) Verfechter_innen nationaler Identitäten. Zweitens stehen Rufe nach einem europäischen Zusammengehörigkeitsgefühl unter Elitenverdacht, denn meistens handelt es sich um Appelle von „Europas Größten und Besten“. Das elitäre Denken weiß, was gut für Europa ist und dementsprechend soll europäische Identität möglichst als neue, aber natürlich keineswegs exklusive Form politischer Zugehörigkeit top-down implementiert werde.

Ist den Europäer_innen wirklich so wenig über den Weg zu trauen, wie es diese bevormundende Haltung nahe legt? Zuspitzend könnte man von einer Kolonialisierung identitärer Lebenswelten sprechen.

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Quelle: http://etatsocial.hypotheses.org/861

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