Bildpostkarten zur Verarbeitung des Krieges

Matthias Wolters

Der Erste Weltkrieg wird häufig als erster „Medienkrieg“ bezeichnet – und dies zurecht, handelte es sich doch um den ersten Krieg, in dem das Kriegsgeschehen von einer großen Anzahl an Feldpostkarten und anderen privaten wie öffentlichen Bildmaterialien begleitet wurde.[1] Dabei scheint es heute so, als wären die häufigsten Motive propagandistischer Natur, so beispielsweise scharf geschnittene, stolze Soldaten mit Stahlhelm.[2] Tatsächlich zeigte nur ein geringer Teil der Feldpostkarten solch militärische Sujets. Weit häufiger wurden andere Themen gewählt. Aufgrund der starken Nachfrage wurde mit Beginn des Krieges fast jedes Bildsujet zu einem potenziellen Motiv für eine Feldpostkarte und so zugleich zu einer interessanten mentalitätsgeschichtlichen Quelle.[3] Der Mangel an professionell erstellten Bildpostkarten ist wohl auf die zu Beginn des Krieges noch sehr begrenzte Anzahl an staatlichen Fotografen an der Front zurückzuführen. Daher gehen die meisten überlieferten Bilder auf einfache Soldaten zurück.[4]

Auch in der Sammlung der Feldpostsendungen August Jaspers lassen sich verschiedenste Arten von Postkarten finden.

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Quelle: http://feldpost.hypotheses.org/792

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Gruppenzugehörigkeit als Bewältigungsstrategie.


Die Bedeutung kollektiver Erfahrungen

Maike Breuer

 

Die Soldaten des Ersten Weltkrieges wurden im Kriegsverlauf nicht selten mit Situationen konfrontiert, auf die sich nicht vorbereitet waren und die sie überforderten. Das individuelle Kriegserlebnis wurde von ihnen unterschiedlich verarbeitet. Für Gerd-Walter Fritsche, der sich schon früh der Erforschung von Feldpostbriefen widmete, hängt die Art und Weise, wie ein Mensch seine Kriegssituation bewertet, eng zusammen mit dem „eingegrenzten ,Rahmen‘, der durch die Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Gruppierungen abgesteckt wurde“.[1] Auch die vielen Feldpostbriefe August Jaspers, die seine inneren Nöte und sein Bedürfnis, sich brieflich auszudrücken, widerspiegeln,[2] lassen verschiedene Gruppenbeziehungen erkennen; so bezieht er sich auf seine Mitmenschen an der Front, die Bekannten in der Heimat und seine Familie. Welchen Einfluss diese Gruppen auf den Soldaten und seine Beurteilung des Kriegsgeschehens hatten, ob der Kontakt zur Heimat zur Bewältigung seiner Probleme beitrug und einen Zusammenbruch August Jaspers verhinderte, wird im Folgenden zu erörtern sein.

Zahlreiche Briefe an seine Ehefrau Bernhardine dokumentieren, wie sehr seine Familienangehörigen auch aus der Ferne wichtige Bezugspersonen darstellen. So schreibt er häufig von seiner Sehnsucht nach ihnen[3] und seinem Heimweh, das er aufgrund des Krieges ertragen müsse.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/714

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Erst ich und dann die anderen?


Kameraden im Krieg

Niklas Costa Gouveia

 

„Ich habe es jetzt besser als  ihn die anderen noch hatte“,[1] berichtet Heinrich Echtermeyer seinem Bruder Bernhard in einem Feldpostbrief vom 25. Oktober 1916. Er hat soeben eine neue Position zugeteilt bekommen und kümmert sich nun um zwei Pferde und übernimmt Versorgungsaufgaben.[2] Bereits diese wenigen Worte machen deutlich, wie froh Echtermeyer über jede andere Art von Beschäftigung ist, solange er nicht im Schützengraben oder an der Front Dienst leisten muss. Es gefalle ihm „doch besser wie in Graben das Posten stehen“.[3] Es wirkt, als gehe es Echtermeyer in erster Linie um sein Wohl und als sei er nur wenig am Schicksal seiner Kameraden interessiert, die noch in vorderster Linie im Einsatz sind.

Echtermeyers Kompanie.
Echtermeyers Kompanie, Erinnerungsfoto.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/702

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„Na ohne Verluste kommen wir hier auch nicht weg“.


Abstumpfung als persönliche Schutzmauer im Krieg

Laura Olschewski

 

August Jasper ist ein gutes Beispiel für einen Soldaten, der im Ersten Weltkrieg darum bemüht war, die Geschehnisse nicht allzu nah an sich heranzulassen – dies wohl auch, um sich selbst zu schützen. Schon zu Beginn des Krieges gibt er sich gefasst,[1] schreibt seiner Frau gar, sie würden sich möglicherweise erst im Jenseits wiedersehen – als sei das eine völlig übliche Vorstellung.[2]

August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.

Zwar zeigt er sich fortwährend mit der Gesamtsituation unzufrieden, hofft beständig auf eine baldiges Ende des Krieges,[3] doch verliert er zu keinem Zeitpunkt ganz die Fassung – jedenfalls findet sich keine Stelle in den überlieferten Briefen, die dies dokumentieren würde –, gibt sich sogar zeitweise gleichgültig.

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Quelle: http://feldpost.hypotheses.org/587

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Die Klangwelt des Ersten Weltkrieges

Oleg Alex Bachmann

»Der Laut des Geschosses ist ein anschwellendes und, wenn der Schuss über einen fortgeht, wieder abschwellendes Pfeifen, in dem der ei-Laut nicht zur Bildung gelangt. Große Geschosse nicht zu hoch über der eigenen Stellung lassen den Laut zum Rauschen anschwellen, ja zu einem Dröhnen der Luft, das einen metallischen Beiklang hat.«[1]

Was Robert Musil hier so anschaulich beschreibt, ist die unvergleichliche Klangwelt des Ersten Weltkrieges, mit der sich dieser maschinisierte Krieg von allen vorherigen unterschied.[2] Soldaten wie Musil, als Reserveoffizier in Südtirol und der italienisch-serbischen Front stationiert, beschrieben die apokalyptischen Hörerlebnisse des Trommelfeuers als „Krach wie beim Weltuntergang“, als „höllisches Konzert“, das selbst diejenigen, die den Anblick der Leichen und Zerstörungen ertragen konnten, in den Wahnsinn trieb.[3]

Bachmann_Haus unter Beschuss, Postkarte vom 6.1.16_PK_086_V
Aufnahme eines Hauses unter Beschuss, vermutlich am 06.01.1916 aufgenommen von A. Jaspers.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/389

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