Was hat die Halskette der Kanzlerin mit digitaler Archivierung zu tun? Diese und andere Fragen versuchen die Beiträge des Deutsch-Niederländischen Archivsymposiums 2013 zu klären. Wir starten hier die Reihe der Fachbeiträge im Blog. (Alle Beiträge vor diesem Hintergrund finden sich auch in der neuen Archivpflege 80/2014)
Alles neu zu durchdenken? Archivische Bewertung im digitalen Zeitalter (Dieser Beitrag wurde auf dem Deutsch-Niederländischen Archivsymposium in Arnheim gehalten und mit Fussnoten ergänzt.)
von Robert Kretzschmar
Am 1. September hatten wir im Bundestagswahlkampf das Fernseh-Duell zwischen Frau Merkel und Herrn Steinbrück. Binnen kurzer Zeit wurden 6.800 Tweets zur Halskette der Kanzlerin in die Welt geschickt – in eine digitale Welt, für die das Phänomen typisch ist. Insgesamt gab es 230.000 Tweets zum TV-Duell.[1]
Sollen Archive Tweets dauerhaft dokumentieren? Die Frage ist nicht ausdiskutiert. Mancher Kollege hat sich jüngst eher ablehnend dazu geäußert.[2] Ich meine: Da unsere Welt heute sehr von kommunikativen Prozessen dieser Art geprägt ist, müssen wir das in das kulturelle Gedächtnis der Gesellschaft aufnehmen, kollaborativ und in angemessener, sehr verdichteter Weise. Hier besteht für mich Diskussions- und Handlungsbedarf.
So haben wir uns auch jüngst im Landesarchiv Baden-Württemberg in Abstimmung mit dem Stadtarchiv Stuttgart und der Württembergischen Landesbibliothek dazu entschlossen, private Blogs zu sichern, die im Kontext der Auseinandersetzungen um den Neubau des Stuttgarter Bahnhofs (Stuttgart 21) entstanden sind.[3] Diese Entscheidung wurde aus der Überzeugung heraus getroffen, dass hier Vorgänge von landespolitischer Bedeutung greifbar sind, die wir nicht nur über amtliches Schriftgut im Archiv abbilden sollten. Als dann im Sommer in Baden-Württemberg ein neuer Generalstaatsanwalt berufen wurde und die Presse über ihn recherchierte, stieß sie in unserem Website-Archiv auf eine Liste, in die er sich als Befürworter von Stuttgart 21 eingetragen hatte. Das war natürlich eine Meldung wert[4] – Langzeitverfügbarkeit digitaler Dokumente für einen kurzfristigen Informationswert der Presse.
Fast eher schon zum klassischen Schriftgut gehören E-Mails, auch wenn sie in der Praxis archivischer Überlieferungsbildung vielfach noch außerhalb gezielter Aktivitäten zur Überlieferungs- und Theoriebildung geblieben sind. Die Archivwissenschaft hat sie bisher kaum beachtet. Das liegt vermutlich daran, dass die E-Mail zwischen Ebenen der mündlichen und schriftlichen Sphäre changiert und nicht so recht in archivarische Weltbilder passt.
Welche Bedeutung das E-Mail-Account eines Ministerpräsidenten gewinnen kann, hat aber im Sommer ein Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bestätigt.
Ihm zufolge müssen E-Mails des früheren Ministerpräsidenten Mappus, die auf seinem dienstlichen Rechner zu Sicherungszwecken kopiert worden waren, unter Beachtung des Datenschutzes zwar gelöscht, zuvor aber dem Landesarchiv angeboten werden. Der ehemalige Ministerpräsident hatte auf Löschung dieser E-Mails geklagt. Die Presse hat darüber berichtet.[5] Das Urteil ist nicht rechtskräftig, sondern aktuell Gegenstand eines Berufungsverfahrens.[6]
In unser Digitales Archiv, das 2001 seine Arbeit aufgenommen hat und seit 2012 im Regelbetrieb läuft,[7] haben wir in den letzten Jahren wiederholt ganze E-Mail-Accounts aus der politischen Leitungsebene übernommen. Ausschlaggebend dafür war der Befund, dass in den Behörden relevante E-Mails nicht selbstverständlich in den Geschäftsgang und zu den Akten gegeben werden – eine Realität, auf die wir reagieren müssen, auch wenn wir natürlich gebetsmühlenartig bei jeder Gelegenheit die geregelte Aktenführung einfordern. So war der Ausgangspunkt einer konkreten Übernahme die folgende Aussage eines Ministerialbeamten: Nehmen Sie mein E-Mail-Account. Dort finden Sie alles Wichtige. Die Akten können Sie vernichten. Die sind ohnehin unvollständig
Insgesamt sichert unser Digitales Archiv aber vor allem digitale Überlieferungen aus geregelten Prozessen staatlicher Einrichtungen: Daten aus dem Umweltinformationssystem und zur Lebensmittelüberwachung, Geobasisdaten der Landesvermessung, eine Straßendatenbank und eine Lehrerdatenbank, digitalisierte Hochbaupläne der Bundesbahndirektion oder auch Einzelfälle digitaler Ermittlungsakten der Polizei. Das alles sind nur Beispiele.[8]
Die Bewertung ist dabei eingebettet in unser Konzept einer integrativen Überlieferungsbildung aus analogen und digitalen Unterlagen.[9] Auch dazu ein Beispiel: 2012 hat das neu geschaffene Ministerium für Integration eine systematische Bestandsaufnahme der Einbürgerungsverfahren in Baden-Württemberg durchgeführt. Ausgewertet wurden dazu Fragebögen von 1.057 Eingebürgerten und 44 Einbürgerungsbehörden. Sehr zeitnah – schon wegen der Löschpflichten – haben wir die elektronisch erfassten Auswertungen in das Landesarchiv übernommen und die Bögen zur Vernichtung freigegeben. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren die mehrdimensionalen Nutzungsmöglichkeiten der Daten.[10]
Insgesamt ist unser Digitales Archiv auf alle Arten digitaler Überlieferungen ausgerichtet, also auf Dokumenten-Management-Systeme (DMS), elektronische Aktenführung, Hybrid-Akten, ersetzendes Scannen, elektronische Fachverfahren und Informationssysteme, E-Mail-Accounts, Datensammlungen, Webseiten und soziale Netzwerke (Web. 2.0, Blogs, Twitter). In der Praxis sichern wir aktuell vor allem Daten aus Fachverfahren.[11] Das liegt daran, dass die elektronische Aktenführung in Baden-Württemberg eher zögerlich eingeführt wird. Und social media archivieren wir nur sehr gezielt als Ergänzungsdokumentation. Insofern ergab sich der Fokus unserer aktuellen Übernahmen einerseits aus der gegebenen Situation in der Verwaltung, andererseits aber auch aus traditionellen Grundsätzen der Überlieferungsbildung.
Archivische Überlieferungsbildung im digitalen Zeitalter. Alles neu zu durchdenken? Ausgehend von unserer Praxis – ich komme später auf die Beispiele zurück – möchte ich hierauf eine Antwort geben. Ich werde zunächst etwas zum Stand der Bewertungsdiskussion in Deutschland sagen – allgemein und im Blick auf digitale Unterlagen, um dann darauf basierend ein paar Überlegungen anzustellen und abschließend ein Fazit ziehen.
Anmerkungen zum Stand der Bewertungsdiskussion in Deutschland
Der aktuelle Stand der Bewertungsdiskussion wird 2014 wieder vermittelt werden in einer Fortbildungsveranstaltung der Archivschule Marburg, deren Ankündigung vor kurzem erfolgt ist. Ziel dabei ist, Konzepte zur archivischen Dokumentation der Gesamtgesellschaft vorzustellen.[12] Dass dies das Ziel archivischer Bewertung ist, darüber besteht, so hoffe ich, in Deutschland heute weitgehend Konsens. Nach der kontroversen Diskussion der neunziger Jahre[13] haben wir uns in Deutschland ja doch in den letzten Jahren weitgehend auf gemeinsame Sicht- und Vorgehensweisen verständigt wie auch auf das Ziel einer multiperspektivischen Überlieferungsbildung,[14] denn sie ergibt sich aus einer archivischen Dokumentation der Gesamtgesellschaft. Die Diskussion ist freilich nicht abgeschlossen, aber das ist auch gut so, weil man die Zielsetzungen, Strategien, Grundsätze und Methoden laufend reflektieren muss.
In der Ankündigung der Archivschule Marburg sind zentrale Punkte benannt, von denen die Diskussion in der letzten Zeit bestimmt war. Ich greife drei heraus.
- Vertikale und horizontale Bewertung als eine Methode zur Verdichtung
- Überlieferungsbildung im Verbund als Strategie
- Das Dokumentationsprofil als ein Konzept für Ziele und Wertmaßstäbe der Überlieferungsbildung, wie es in der Ankündigung heißt.
Die sogenannte vertikale und horizontale Bewertung dient bei inhaltlichen Überschneidungen verschiedener Überlieferungen als Folge der Beteiligung verschiedener Stellen dem Abgleich, wo die Überlieferung mit der größten Aussagekraft entsteht.[15] Überlieferungsbildung im Verbund sieht vor, dass sich verschiedene Archive abstimmen, um ein möglichst breites und differenziertes Abbild bestimmter Lebensbereiche und Phänomene zu erzielen.[16] Unverzichtbar sind dafür Zieldefinitionen und Dokumentationsprofile als Arbeitsgrundlage einzelner oder mehrerer Archive auf dem Feld der Überlieferungsbildung.[17]
Ich glaube, dass man in der Praxis sehr weit kommt, wenn man entsprechend vorgeht, also Ziele definiert, Profile entwickelt und sich mit anderen Archiven abstimmt und im Einzelnen analysiert, wo welche Überlieferungen von hoher Aussagekraft vorliegen oder generiert werden. Dabei wird man im einen Fall von der Überlieferung selbst ausgehen, im Idealfall aber gezielt ganze Lebens- und Überlieferungsbereiche betrachten. Schon deshalb sind die Vorgehens- und Betrachtungsweisen auch komplementär zu verstehen. In der Praxis geht es nicht um die Frage horizontale/-vertikale Bewertung oder Dokumentationsprofil, vielmehr ergänzt sich beides. So wie es bei der Betrachtung des Dokumentationswertes auch nicht heißen darf Evidenzwert oder Informationswert, sondern beides abgeprüft werden muss.
Und so ergänzen sich auch provenienzorientierte und inhaltsbezogene Vorgehensweisen. Die Polarisierung in zwei Stränge, wie sie jüngst sehr anschaulich auf einem Poster der Fachhochschule Potsdam dargestellt wurde,[18] war das Konstrukt einer heute doch völlig überholten und in weiten Teilen doch auch spezifisch deutschen Bewertungsdiskussion. Ich hoffe, dass sie überwunden ist, und sehe die beiden Stränge auch aktuell zusammenlaufen – in der Praxis wie auch in der Theorie. Sehr schön hat das vor kurzem Andreas Pilger 2012 in einer Sektion auf dem 49. Deutschen Historikertag in Mainz in seinem Referat zum Stand der archivischen Bewertungsdiskussion in Deutschland akzentuiert.[19] Insgesamt sind wir in den letzten Jahren in der Bewertungsdiskussion sehr fruchtbar vorangeschritten. Das wird besonders an der Neuauflage des „Klassikers“ von Matthias Buchholz deutlich, der dies in einem Nachtrag zur ersten Auflage mit einem Resümee der Diskussion für den Zeitraum 2001 bis 2011 detailliert dargestellt hat; es zeigt sich schon darin, dass der Nachtrag allein über 50 Seiten umfasst.[20]
Im Ergebnis haben wir insgesamt eine sehr gute theoretische Basis, auch wenn im Detail freilich noch manches weiter zu durchdenken bleibt. So sind sicher noch einige terminologische Unstimmigkeiten mit dem Ziel einer breiten fachlichen Verständigung zu klären. Dies beginnt bei den Begriffen Dokumentationsprofil und Archivierungsmodell; das sei hier nur angedeutet.[21]
Auch sei nur angedeutet, dass wir die Konsequenzen unseres aktuellen Selbstverständnisses[22] für die Bewertung bedenken müssen. Wenn wir die Transparenz des Verwaltungs- und Regierungshandelns gewährleisten wollen, dann müssen wir dies – so denke ich – noch sehr viel genauer im Blick auf die Überlieferungsbildung reflektieren.[23] Das gilt auch für unsere Rolle in der Erinnerungskultur jenseits der historischen Forschung.[24] Und bei all dem werden auch Möglichkeiten einer partizipatorischen Einbeziehung von Nutzergruppen zu prüfen sein.[25]
Insgesamt sehe ich aber weniger Theorie- als Anwendungsdefizite. Aus meiner Sicht besteht großer Handlungsbedarf, die guten Strategien, Grundsätze und Methoden auch konsequent unter breiter Beteiligung vieler Archive umzusetzen.
Dies gilt für die Überlieferungsbildung im Verbund wie auch für die Ziele der Bewertung im Konkreten und die Entwicklung von Dokumentationsprofilen.[26]
Wobei ich nicht unerwähnt lassen möchte, dass wir seitens der Landesarchive, z.B. bei uns in Baden-Württemberg, schon seit langem systematisch Papiere zur Bewertung erarbeitet haben,[27] dass gerade das Landesarchiv-Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren seine Vorgehensweisen und Bewertungen sehr systematisch bearbeitet und publiziert hat,[28] dass auch vom Historischen Archiv der Stadt Köln jetzt geradezu beispielhaft ein umfassendes Dokumentationsprofil vorgelegt wurde[29] und dass vor allem verschiedene Arbeitsgruppen in Deutschland immer wieder übergreifend für bestimmte Überlieferungsbereiche grundlegende Ergebnisse erzielt haben.[30] Und da werden jetzt auch zunehmend digitale Überlieferungen einbezogen.
Stand der Bewertungsdiskussion über digitale Unterlagen in Deutschland
Damit zu der Frage: Welchen Stand haben wir da im Blick auf die Bewertung erreicht? Hier sind wir in Deutschland noch sehr in den Anfängen. Beim Aufbau digitaler Archive standen in den letzten Jahren weniger Fragen der Bewertung im Vordergrund als technische und organisatorische Aspekte.[31] Das hatte auch seine völlige Berechtigung, denn diese Dinge waren und sind zum Teil noch zunächst zu klären.[32] Oft waren es in den Archiven auch nicht die traditionellen Überlieferungsbildner, von denen digitale Archive aufgebaut wurden, sondern jüngere Kolleginnen und Kollegen ohne einen langjähren Erfahrungshorizont der Bewertung. So entstanden in den Archiven verschiedene Welten für die Arbeitsfelder der digitalen Archivierung und Überlieferungsbildung, mit unterschiedlichen Fachsprachen, wodurch die Kommunikation nicht gerade erleichtert wurde. Die Zahl der Publikationen zur Bewertung digitaler Unterlagen ist dementsprechend auch noch relativ überschaubar. Wer zur Bewertung digitaler Unterlagen etwas wissen wollte, musste lange Zeit die internationale Fachliteratur rezipieren. Erste, noch sehr allgemeine Hinweise fanden sich im nestor-Handbuch aus dem Jahr 2006, für das eine neuere Version 2.0 vom Juni 2009 vorliegt.[33]
Es gibt jedoch deutliche Anzeichen, dass sich aktuell forciert ein Generationenwechsel vollzieht und digitale Überlieferungen zunehmend bewertet werden. Ich denke, wir stehen an der Schwelle zu einer vertieften Befassung mit dem Thema und einer breiter praktizierten Bewertung digitaler Unterlagen. Für den Bereich der Statistik hat eine Arbeitsgruppe der Archivreferentenkonferenz geradezu Pionierarbeit geleistet, indem sie 2008 520 elektronische Statistiken der Statistischen Ämter bewertet und Empfehlungen dazu ausgesprochen hat. 67 Statistiken wurde bleibender Wert beigemessen.[34] Es gibt weitere Beispiele dieser Art für ganz bestimmte Überlieferungsbereiche mit sehr konkreten Analysen, so zum Beispiel ganz aktuell der Entwurf eines umfassenden Papiers zur Überlieferung der Arbeitsverwaltung, das eine Arbeitsgruppe der Archivreferentenkonferenz erstellt hat.[35]
Gerade in den letzten Monaten hat sich auch der Arbeitskreis Archivische Bewertung im VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. sehr grundsätzlich mit der Bewertung elektronischer Fachverfahren befasst, ein Papier dazu erarbeitet und zur Kommentierung gestellt; am 7. November 2013 fand dazu im Landesarchiv Baden-Württemberg in Stuttgart ein Workshop statt.[36]
Als grundlegenden Beitrag zur Bewertung digitaler Unterlagen ist vor allem das Referat von Christian Keitel zu nennen, das er 2009 auf dem 79. Deutschen Archivtag in Regensburg unter dem programmatischen Titel Benutzerinteressen annehmen und signifikante Eigenschaften festlegen. Eine neue Aufgabe für Archivare gehalten hat.[37] Auch wenn das auf dem Archivtag in Regensburg damals kaum wahrgenommen wurde, waren damit im Einklang mit der internationalen Diskussion die Begriffe benannt, die in den folgenden Jahren immer wieder im Zentrum von Bewertungsanalysen zu digitalen Unterlagen standen. Es liegen zwischenzeitlich mehrere Publikationen mit Analysen signifikanter Eigenschaften vor.[38] Hier ist etwas Grundsätzliches in Gang gekommen. Nur in einem Satz: Signifikante Eigenschaften sind die Merkmale einer digitalen Überlieferung, die sie in ihrer ursprünglichen Entstehungsumgebung hatte und die in jedem Fall erhalten werden sollen, in allen Ausprägungen über alle Migrationen hinweg – in der Annahme, dass man damit zu erwartenden Interessen von Nutzern entspricht. Bei Fachverfahren geht es dabei zum Beispiel um Recherchierbarkeit, Verknüpfbarkeit, Aggregierbarkeit und die Möglichkeiten der Weiterverarbeitung der Daten; ich zitiere aus dem aktuellen Papier des VdA-Arbeitskreises, das diesen Punkt näher ausführt.[39]
Soweit ganz grob der Diskussionsstand. Noch einmal: ich denke, wir stehen aktuell an der Schwelle zu einer vertieften Befassung mit dem Thema und einer breiter praktizierten Bewertung digitaler Unterlagen. Nicht zuletzt ist die thematische Ausrichtung dieses Symposiums selbst ein Beleg dafür.[40]
Alles neu zu durchdenken?
Von da aus zurück zu meiner Fragestellung: Alles neu zu durchdenken?
Dazu sehe ich keinen Anlass. Im Gegenteil: Ich glaube, dass wir eine sehr gute Basis haben, digitale Unterlagen in die Überlieferungsbildung einzubeziehen. Entscheidend ist dabei für mich, dass wir integrative Strategien entwickeln müssen für konventionelle und für digitale Überlieferungen.
Im Landesarchiv Baden-Württemberg verfolgen wir bewusst einen solchen Ansatz, der schon in der strategischen Grundlegung unserer Aktivitäten von 2007 ausformuliert ist.[41] Wir haben sehr früh die digitale Archivierung einbezogen in die regelmäßigen Besprechungen unserer abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppe Überlieferungsbildung (AGÜ).[42] Und organisatorisch haben wir in den Archivabteilungen des Landesarchivs die Bewertung digitaler Unterlagen gezielt verankert in den herkömmlichen Referaten für Überlieferungsbildung. Das heißt, dieselben Leute bewerten integrativ konventionelle und digitale Unterlagen einer Provenienz. Und treffen dann – um dieses Beispiel wieder aufzunehmen – die Entscheidung, statt der Erhebungsbögen auf Papier die digitalen Daten zur Einbürgerung zu sichern.
Damit ist die Bewertung digitaler Unterlagen einbezogen in die Entwicklung von Zieldefinitionen für die Bewertung bestimmter Bereiche, von Dokumentationsprofilen, von Überlegungen zu einer Überlieferungsbildung im Verbund und Verdichtungen auf der Grundlage vertikaler und horizontaler Bewertung. Die komplementären Strategien, Betrachtungsweisen, Grundsätze und Methoden erweisen sich als tragfähig; die laufende Evaluation versteht sich wohl von selbst. So ist die Archivierung von Websites eingebettet in Konzepte zur Ergänzungsdokumentation – dies gilt für das Beispiel der Blogs zu Stuttgart 21 und bleibt entsprechend für social media einmal grundsätzlich zu überdenken, in Verbindung mit Dokumentationsprofilen und einer Überlieferungsbildung im Verbund.
Wir haben uns in Stuttgart mit vielen Gedächtnisinstitutionen zusammengesetzt, um eine arbeitsteilige Dokumentation zu Stuttgart 21 zu erreichen.
Selbstverständlich haben digitale Unterlagen spezielle materialspezifische Eigenheiten, die zu berücksichtigen sind und zu veränderten Vorgehensweisen und Modellbildungen führen. Die Loslösung der Information vom Träger, die digitale Mehrdimensionalität verlangen spezifische Betrachtungsweisen und Analysen, die in der Literatur im Einklang mit der internationalen Diskussion[43] angesprochen sind,[44] sicher aber in Deutschland noch vertiefter Betrachtung bedürfen. Die Überlegungen, die mit dem Begriff der signifikanten Eigenschaften verbunden sind, mögen dafür stehen; [45] anders als bei konventionellen Unterlagen müssen wir unter Umständen eine Wahl treffen, welche Eigenschaften über den gesamten Archivierungsprozess hinweg erhalten werden sollen. Anders als konventionelle Unterlagen müssen digitale Informationsobjekte als Gegenstand der Bewertung oft auch zunächst einmal in einem ersten Schritt abgegrenzt werden. Dieselben Informationen finden sich zudem heute dank der einfachen Kopiermöglichkeiten oft gleichzeitig an mehreren Orten. Manchmal wurden diese Informationen weniger oder mehr geändert, manchmal auch nicht. Es entstehen also verschiedene Informationskomplexe, die sich teilweise überdecken und miteinander zu vergleichen sind. Und bei Fachverfahren stellt sich die Frage, welche Felder und welche Tabellen wir erhalten wollen. In all diesen Dingen müssen wir in den nächsten Jahren Erfahrungen sammeln.
Denn all das ist in der Tat neu. Und die Archive werden dabei sehr viel stärker als bei herkömmlichen Unterlagen zu Gestaltern der Überlieferung.[46] Sie müssen – schon wegen der Kosten, die mit der dauerhaften Verfügbarkeit verbunden sind – dabei auch sehr viel stärker als bisher die zukünftige Nutzung im Blick im haben. Welche Funktionalitäten, welche Eigenschaften sollen bzw. müssen erhalten bleiben? Denkbare Nutzungen denkbarer Nutzergruppen sind in Betracht zu ziehen, Nutzungspakete anzudenken. Für die Überlieferung der Arbeitsverwaltung hat die schon erwähnte Arbeitsgruppe vorgesehen, dass aus einer zentralen Datenbank heraus bestimmte Dossiers erzeugbar sein sollen, mit denen die Arbeitsverwaltung zum Teil selbst nie gearbeitet hat.[47] Das ist ein Spezifikum digitaler Überlieferung. Das erfordert neue Sichtweisen von uns und unserem Selbstverständnis
Überlieferung bilden, sprich: Überlieferung gestalten ist aus archivgeschichtlicher Perspektive aber schon seit langem ein gestalterischer Prozess, der über das reine Sichern von beweiskräftigen Unterlagen und Überresten hinausgeht. Allein die Auswahl hatte schon immer zukünftige Nutzer und Nutzungsmöglichkeiten im Blick; in der Diskussion über die Bewertung massenhafter gleichförmiger Einzelallakten war das zum Beispiel ein zentraler Gesichtspunkt.[48] Neu ist nur die Dimension dieses Aspekts. Spätestens seitdem in Archiven über Methoden der Auswahl und Verdichtung nachgedacht wird, changiert archivische Überlieferung quellenkundlich zwischen Überrest und Tradition, wie ich 2011 auf einem Kolloquium in Berlin etwas näher ausgeführt habe.[49] Je stärker wir als Archivare im Ausgangsmaterial – in den Überresten – Eingriffe vornehmen,[50] desto deutlicher nähert sich das Archivgut der Tradition an. Wir bilden Überlieferung, und gestalten damit Möglichkeiten zur Forschung und der Erinnerung.
Im digitalen Zeitalter wird diese Tendenz verstärkt. Um die aktuelle Diskussion über die Bewertung von Fachverfahren auszugreifen: Zur Auswahl der Unterlagen als solche tritt die Auswahl der Felder und Festlegung der signifikanten Eigenschaften.[51]
Andererseits kann aber auch die reine Bewahrung elektronischer Unterlagen zur Rechtssicherung der Bürgerinnen und Bürger im digitalen Zeitalter eine ganz neue Dimension gewinnen. Ein Beispiel dafür ist die elektronische Grundakte, die wir seit 2012 in Baden-Württemberg im neu eingerichteten Grundbuchzentralarchiv auftragsgemäß für die Verwaltung als unbefristet zu erhaltende Unterlage verfügbar halten; der Bestand hat hier aus quellenkundlicher Sicht Überrest-Charakter in Reinform.[52]
Umso mehr Bedeutung gewinnen gerade dann aber auch heute Zieldefinitionen und Dokumentationsprofile. Ich sehe das digitale Zeitalter als eine besondere Chance, archivische Überlieferung noch einmal sehr viel bewusster zu gestalten, sehr zeitnah (wie bei den eingangs erwähnten Einbürgerungsdaten) und im Idealfall prospektiv; das muss ich hier in diesem Kreis wohl nicht näher ausführen.[53]
Ich möchte vielmehr auf meinen früheren Punkt zurückkommen. Beachten müssen wir bei all dem viel stärker noch als bisher die verschiedenen Funktionalitäten des Archivs nach unserem heutigen archivarischen Selbstverständnis. Die strittigen E-Mails des früheren Ministerpräsidenten Mappus: Sie sind – bezogen auf die Person – vermutlich historische Dokumente von hoher Aussagekraft für die Persönlichkeit. Sie sollen zugleich aber auch retrospektiv die Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns ermöglichen. Das sind unterschiedliche Zweckbestimmungen, die wir uns bei der Bewertung im Einzelfall bewusst machen müssen.
Nicht zuletzt sind in den fraglichen E-Mails geradezu archetypisch – und das wäre ein weiterer Evidenzwert – Veränderungen in der Kommunikation und Aktenführung einer Regierungszentrale zu Beginn des 21. Jahrhunderts greifbar.
Dass alle relevanten Unterlagen, einschließlich der E-Mails, Teile einer geregelten und Aktenführung sein müssen, konnten wir in der Diskussion darüber gegenüber Politik und Verwaltung sehr grundsätzlich thematisieren. Ich hoffe, mit nachhaltiger Wirkung.
Realiter, und da müssen wir uns nichts vormachen, leben wir aber in einer Zeit des medialen Übergangs, in der die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen und Prozessen zunehmend lückenhaft geworden ist. Der eingangs zitierte Ministerialbeamte, dessen E-Mail-Konto wir komplett übernommen haben, hat das explizit ausgesprochen. Daraus ist für mich zweierlei abzuleiten. Erstens: Natürlich müssen wir weiterhin versuchen, über das Records Management eine geregelte Aktenführung durchzusetzen und im digitalen Zeitalter entsprechende Anforderungen in den Systemen implementieren; auch das muss ich hier in diesem Kreis sicher nicht näher ausführen.[54] Wir müssen aber – zweitens – die digitalen Spuren auch so, wie sie jetzt entstanden sind und laufend entstehen, bewerten, um dem Ziel gerecht zu werden, unsere Zeit des medialen Übergangs mit all ihren Irregularitäten und Verwerfungen in der Aktenführung zu dokumentieren.[55] Darüber vermisse ich noch eine vertiefte Fachdiskussion. Neben normative Sichtweisen und Vorgaben aus archivarischer Sicht müssen deskriptive Analysen treten – als Grundlage gezielter Überlieferungsbildungen.[56] Auch in diesem Punkt sind komplementäre Sichtweisen unabdingbar. Und unverzichtbar wird dabei auch der Rekurs auf eine zu aktualisierende Archivalienkunde sein; das ist zwar ein anderes Thema, es hat aber durchaus Schnittmengen mit der archivischen Überlieferungsbildung, die hier zumindest angedeutet sein sollen.[57]
Fazit
Ich komme zu einem Fazit in 5 Punkten.
- Für die Überlieferungsbildung im digitalen Zeitalter müssen wir keineswegs alles neu durchdenken. Vielmehr besteht Anlass, die Bewertung digitaler Unterlagen auf der Grundlage des aktuellen Diskussionsstands in integrative Konzepte für herkömmliche und digitale Unterlagen einzubeziehen
- Die soweit entwickelten Vorgehensweisen, Strategien, Grundsätze und Methoden sind im digitalen Zeitalter noch sehr viel konsequenter anzuwenden.
- Vertiefter Betrachtung verdient dabei im Blick auf die jeweilige Zweckbestimmung der Überlieferungsbildung die Anbindung an das aktuelle Selbstverständnis archivischer Arbeit.
- Die materialspezifischen Gesichtspunkte sind bei der Einbeziehung digitaler Überlieferung zu berücksichtigen. Der Archive werden dabei nochmals verstärkt zu Gestaltern von Überlieferung.
- Unabhängig von dem wichtigen Ziel, eine geregelte Aktenführung durchzusetzen, muss das digitale Zeitalter, so wie es aktuell seine Spuren hinterlässt, dokumentiert werden.
Schließen möchte ich mit einem Appell: Wir stehen an der Schwelle zu einer vertieften Beschäftigung mit der Bewertung digitaler Unterlagen. Wir sollten dies zum Anlass nehmen, die Überlieferungsbildung insgesamt zu optimieren. Ich jedenfalls erhoffe mir hiervon einen positiven Schub.
Prof. Dr. Robert Kretzschmar
Landesarchiv Baden-Württemberg
robert.kretzschmar@la-bw.de
[3] Johannes Renz, Aus Gegenwart wird Zeitgeschichte. Landesarchiv sichert Weblogs zum Thema „Stuttgart 21“, in: Landesarchiv Baden-Württemberg. Archivnachrichten 47 (2013), S. 39.
[6] Bei Abschluss des vorliegenden Manuskripts war das Berufungsverfahren noch nicht abgeschlossen.
[7] Christian Keitel, Digitale Archivierung beim Landesarchiv Baden-Württemberg, in: Archivar 63 (2010), S. 19-26.
[10] Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Kanzleiakten Az. 7-751-1601-IntM/Bn/Et.
[11] Vgl. dazu Christian Keitel, Eine andere Art der Dokumentation. Anmerkungen zur Bewertung umfassender Informationssysteme; http://www.landesarchiv-bw.de/sixcms/media.php/120/52529/Workshop_Keitel_andere_Art.pdf.
[13] Robert Kretzschmar, Die „neue archivische Bewertungsdiskussion“ und ihre Fußnoten. Zur Standortbestimmung einer fast zehnjährigen Kontroverse, in: Archivalische Zeitschrift 82 (1999), S. 7-40.
[14] Robert Kretzschmar, Multiperspektivische Überlieferungsbildung in Archiven. Ziele und Methoden, in: Harald Siebenmorgen (Hrsg.), Überlieferungskultur. Wie viel Vergangenheit braucht die Gegenwart? Wie viel Gegenwart braucht die Zukunft?, Karlsruhe 2010, S. 123-139.
[15] Robert Kretzschmar, Vertikale und horizontale Bewertung. Ein Projekt der staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, in: Der Archivar 49 (1996), Sp. 257-260.
[16] Robert Kretzschmar, Historische Gesamtdokumentation? Überlieferungsbildung im Verbund?, in: Christoph J. Drüppel/Volker Rödel (Hrsg.), Überlieferungssicherung in der pluralen Gesellschaft (Werkhefte der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg A 11), Stuttgart 1998, S. 53-69.
[19] Andreas Pilger, Grundsätze, Methoden und Strategien der Überlieferungsbildung in Archiven, in: Robert Kretzschmar/Rainer Hering (Hrsg.), Zeitgeschichte, Archive und Geheimschutz. Beiträge einer Sektion auf dem 49. Deutschen Historikertag 2012 in Mainz, Stuttgart 2013, S. 40-49. – Irmgard Christa Becker, Effizienzsteigerung in der Überlieferungsbildung – Dokumentationsprofile und Archivierungsmodelle, in: Rainer Hering (Hrsg.), 5. Norddeutscher Archivtag 12. und 13. Juni 2012 in Lübeck (bibliothemata 26), Nordhausen 2013, S. 195-206, hier S. 195 hat jüngst in diesem Sinne Dokumentationsprofile und Archivierungsmodelle als „zwei große Konzeptfamilien“ unterschieden, die sich für die kommunalen und staatlichen Archive in der Bewertungsdiskussion herauskristallisiert haben, ohne sich wechselseitig auszuschließen.
[20] Matthias Buchholz, Archivische Überlieferungsbildung im Spiegel von Bewertungsdiskussion und Repräsentativität (Landschaftsverband Rheinland LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum, Archivhefte 35), 2., überarbeitete Auflage, Köln 2011, hier S. 151-209.
[22] Karsten Uhde (Hrsg.), Berufsbild im Wandel – Aktuelle Herausforderungen für die archivarische Ausbildung und Fortbildung (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 43), Marburg 2005, S. 99-126; Robert Kretzschmar, Aktuelle Entwicklungstendenzen des archivarischen Berufsbilds, in: Archivar 63 (2010), S. 356-360.
[23] Robert Kretzschmar, Quellensicherung im institutionellen Rahmen. Zur Macht und Ohnmacht der Archive bei der Überlieferungsbildung, in: Rainer Hering/Dietmar Schenk (Hrsg.), Wie mächtig sind Archive? Perspektiven der Archivwissenschaft (Veröffentlichungen des Landesarchivs Schleswig-Holstein 104), Hamburg 2013. S. 45-63, hier S. 51 f.
[25] Clemens Rehm, Kundenorientierung – Modewort oder Wesensmerkmal der Archive? Zur Transparenz und Partizipation bei der archivischen Überlieferungsbildung, in: Hans Schadek (Hrsg.), Zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Das Dienstleistungsunternehmen Archiv auf dem Prüfstand der Benutzerorientierung. Vorträge des 61. Südwestdeutschen Archivtags am 26. Mai 2001 in Schaffhausen, Stuttgart 2002, S. 17-27; Pilger, wie Anm. 20, S. 48.
[26] Kretzschmar, Handlungsebenen, wie Anm. 22, S. 503 ff.
[27] Robert Kretzschmar (Hrsg.), Historische Überlieferung aus Verwaltungsunterlagen. Zur Praxis der archivischen Bewertung in Baden-Württemberg (Werkhefte der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg A 7), Stuttgart 1997.
[28] Martina Wiech, Steuerung der Überlieferungsbildung mit Archivierungsmodellen. Ein archivfachliches Konzept des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, in: Der Archivar 58 (2005), S. 94-100, auch online http://www.archive.nrw.de/archivar/hefte/2005/Archivar_2005-2.pdf; Martina Wiech, Strategische Herausforderungen an das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen auf dem Bereich der Überlieferungsbildung – Probleme und Lösungsansätze, in: Frank M. Bischoff/Robert Kretzschmar (Hrsg.), Neue Perspektiven archivischer Bewertung (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg/Institut für Archivwissenschaft 42), Marburg 2005, S. 71-79.
[31] Dies wird schon bei einer Durchsicht der Publikationen des Arbeitskreises „Archivierung von Unterlagen aus digitalen Systemen“ deutlich, dessen Tagungsergebnisse im Netz unter http://www.staatsarchiv.sg.ch/home/auds.html greifbar sind, wie Christian Keitel am 7. November 2013 auf dem Workshop der Arbeitskreises „Archivische Bewertung“ im VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. in Stuttgart aufgezeigt hat.
[32] Aus der Fülle der Literatur sei zum aktuellen Diskussionsstand nur hingewiesen auf Christian Keitel/Kai Naumann, Digitale Archivierung in der Praxis. 16. Tagung des Arbeitskreises „Archivierung von Unterlagen aus digitalen Systemen“ und nestor-Workshop „Koordinierungsstellen“ (Werkhefte der staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg A 24), Stuttgart 2013 und Kai Naumann/Peter Müller: Das neue Handwerk. Digitales Arbeiten in kleinen und mittleren Archiven. Vorträge des 72. Südwestdeutschen Archivtags am 22. und 23. Juni 2012 in Bad Bergzabern, Stuttgart 2013.
[33] Heike Neuroth/Achim Oßwald/Regine Scheffel/Stefan Strathmann/Mathias Jehn, nestor Handbuch. Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung. Version 2.0 Juni 2009, Boizenburg 2009, auch online unter http://nestor.sub.uni-goettingen.de/handbuch/nestor-handbuch_23.pdf. Die einschlägigen Abschnitte zur Bewertung haben Christian Keitel sowie Andrea Hänger, Karsten Huth und Heidrun Wiesenmüller verfasst (Kapitel 2.4 und 3.5).
[35] Archivreferentenkonferenz des Bundes und der Länder. Arbeitsgruppe „Arbeitsverwaltung“. Bewertung der elektronischen Akten im Bereich SGB III und der Familienkasse (Strategiepapier) (Stand: 21.08.2013); unveröffentlicht.
[37] Christian Keitel, Benutzerinteressen annehmen und signifikante Eigenschaften festlegen. Einige neue Aufgaben für Archivare, in: Archive im digitalen Zeitalter. Überlieferung – Erschließung –
Präsentation. 79. Deutscher Archivtag 2009 in Regensburg. Redaktion: Heiner Schmitt (Tagungsdokumentation zum Deutschen Archivtag 14), Fulda 2010. S. 29-42.
[38] Verwiesen sei hier nur auf den Leitfaden zur digitalen Bestandserhaltung. Vorgehensmodell und Umsetzung. Version 1.0. Verfasst und herausgegeben von der nestor-Arbeitsgruppe Digitale Bestandserhaltung. nestor-materialien 15; http://files.d-nb.de/nestor/materialien/nestor_mat_15.pdf und – als ein Beispiel konkreter Betrachtungen einzelner Bereiche – auf die Abschlussarbeit von Nicole Sachmann von 2010 an der FH Potsdam mit dem Titel Das OAIS-Referenzmodell in der Praxis: Ein Konzept zur Archivierung des BR-Intranets; http://fiz1.fh-potsdam.de/volltext/diplome/10599.pdf. Gerade 2013 ist die archivfachliche Diskussion über signifikante Eigenschaften auch auf Tagungen aufgegriffen worden; vgl. den Tagungsbericht von Katharina Tiemann: Tagung „Bewertung und Übernahme elektronischer Unterlagen, in: Archivar 66 (2013), S. 483 f.; Christoph Schmidt, Signifikante Eigenschaften und ihre Bedeutung für die Bewertung elektronischer Unterlagen, in: Bewertung und Übernahme elektronischer Unterlagen – Business as usual?, Beiträge des Expertenworkshops in Münster am 11. und 12. Juni 2013 (Texte und Untersuchungen zur Archivpflege 28), Münster 2013, S. 20-29.
[39] Wie Anm. 37, S. 3 (unter Punkt 7).
[40] Dasselbe gilt für die Anm. 39 erwähnte Tagung, die am 11.06.2013 in Münster stattfand.
[42] Die Arbeitsgruppe ist der Ort halbjährlicher Besprechungen der zuständigen Referentinnen und Referenten sowie Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den einzelnen Archivabteilungen des Landesarchivs. Von ihr werden regelmäßig auch Unterarbeitsgruppen für bestimmte Projekte eingesetzt.
[43] Vgl. dazu jetzt Adrian Brown, Practical digital preservation. A how-to guide für organizations of any size, London 2013, bes. S. 109-127.
[44] Zum Folgenden vgl. Keitel (wie Anm. 38).
[45] Wie Anm. 39; vgl. besonders den Tagungsbericht von Tiemann.
[47] Wie Anm. 36. Dieser Aspekt wurde auch bei der Behandlung des Entwurfs am 25. September 2013 auf der 117. Archivreferentenkonferenz in Saarbrücken kurz besprochen.
[48] Auf Belege dazu sei hier verzichtet.
[49] Vgl. Kretzschmar, Quellensicherung im institutionellen Rahmen, wie Anm. 24, hier S. 53 ff. Zur Thematik bereite ich einen weiteren Beitrag vor, der voraussichtlich im Archivar Heft 3/2014 erscheinen wird. Zur quellenkundlichen Bestimmung archivalischer Überlieferung vgl. jetzt auch Dietmar Schenk, „Aufheben, was nicht vergessen werden darf“. Archive vom alten Europa bis zur digitalen Welt, Stuttgart 2013, S 139 ff.
[50] Schenk, ebd., bes. S. 173 ff. hat zur Betrachtung dessen sehr überzeugend den Begriff der „archivarischen Intervention“ eingeführt.
[51] Vgl. dazu auch die grundsätzlichen Ausführungen von Schenk, ebd., S. 198 ff.
[52] Zum Grundbuchzentralarchiv vgl. demnächst den Beitrag von Michael Aumüller/Clemens Rehm/ Karen Wittmershaus, der im Archivar Heft 1/2014 erscheinen wird.
[53] Dass die archivische Überlieferungsbildung heute weitgehend prospektiv erfolgen muss, darüber dürfte in archivarischen Fachkreisen Konsens bestehen. Das ist (doch dies sei hier nur angedeutet) jedoch nicht ausschließlich eine Folge des digitalen Zeitalters. Vielmehr war dieser Gesichtspunkt schon bei der Entwicklung von Archivierungsmodellen für Unterlagen auf Papier in der Bewertungsdiskussion herausgestellt worden.
[54] Auf Literaturangaben zum Themenkomplex Records Management sei hier verzichtet.
[55] Darauf habe ich zuletzt auch in der abschließenden Podiumsdiskussion bei der Verabschiedung von Prof. Dr. Wilfried Reininghaus aus dem Amt des Präsidenten des Landearchivs Nordrhein-Westfalen aufmerksam gemacht.
[56] Vgl. auch Robert Kretzschmar, Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert: Archivische Bewertung, Records Management, Aktenkunde und Archivwissenschaft, in: Archivar 63 (2010), S. 144-150.
[57] Robert Kretzschmar, Hilflose Historikerinnen und Historiker in den Archiven? Zur Bedeutung einer zukünftigen archivalischen Quellenkunde für die universitäre Forschung, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 147 (2011), S. 133-147.
Quelle: http://archivamt.hypotheses.org/630