„Siegerkunst“ (Rezension)

Auf vermintes Gelände wagt sich Wolfgang Ullrich mit seinem Buch „Siegerkunst. Neuer Adel, Teure Lust“. Abgesänge auf den undurchsichtig erscheinenden Markt sowie auf seine suspekt wirkenden Netzwerke und Akteure sind inzwischen so zahlreich, dass sie schon zum guten Ton gehören. Dabei wurzelt diese Form der Kunstmarktkritik in einem Teil der Geschichte, den man am liebsten vergessen machen möchte.[1] Orchestriert von reaktionären Stimmen erreichte sie ihren Höhepunkt während des NS. Der verfemte Kanon wurde ins Ausland verschoben, während auf den Eroberungsfeldzügen politisch Erwünschtes systematisch geplündert wurde. Seit 1998 arbeitet die Provenienzforschung jene verschlungenen Wege systematisch auf, über welche jüdischer Besitz unrechtmäßig geschleust wurde.[2] Aus diesem vergleichsweise jungen Forschungszweig heraus reüssiert die moderne Kunstmarktforschung als neues Territorium der Kunstgeschichte.[3]

„Siegerkunst“

Die Gegenwartsdiagnose betreffend, braucht es reichlich Fingerspitzengefühl, sich dem komplexen Thema multiperspektivisch anzunähern, ohne allzu einfach gestrickten Formeln des Kunstmarkt-Bashings zu verfallen.

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Quelle: http://artincrisis.hypotheses.org/1733

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Fit für Aufmerksamkeit?

Medialisierung von Fitness

Eine sehr allgemeine Definition von Fitness umschreibt den Begriff mit Anpassung. Meist wird damit Sport, Gesundheit und Wohlbefinden verbunden. Das vorliegende Working Paper zeigt, dass sich Fitness selbst auch angepasst hat – nämlich an die Logik der Massenmedien. Dies beginnt auf der Makro-Ebene mit dem Wandel des Fitnessbegriffs. Durch die begriffliche Abgrenzung vom gesellschaftlich weniger angesehenen Bodybuilding und dem Bedeutungsgewinn des Gesundheitsaspekts ist „Fitness“ heute in der Gesellschaft bekannt bzw. anerkannt und wird mit Gesundheit und Wohlbefinden assoziiert. Auch Fitnessstudios, vor 30 Jahren noch „Mucki Buden“, die wenig einladend, karg, schlecht ausgestattet und voll von männlichen „Pumpern“ waren, haben sich sowohl durch eine einladende und angenehme Atmosphäre als auch durch ein breites Angebotsspektrum zu regelrechten „Sporterlebniswelten“ entwickelt.  Aber auch auf der trainingsunabhängigen Ebene zeigen sich heute eine verstärkte Visualisierung, eine übersichtlichere und leichter verständliche Präsentation, sowie Inhalte, die originell aufbereitet sind. Der Kunde wird auf seinem Weg zum Traumkörper begleitet: Erfolgsgeschichten, Vorher-Nachher-Bilder, Online-Fitnessprogramme, die durch prominente Persönlichkeiten vermarktet werden.



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Quelle: https://medialogic.hypotheses.org/870

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Ein frühpädagogisches Curriculum für alle Kinder – zum 20. Geburtstag des Te Whariki

Das Curriculum als geflochtene Matte

Vor 20 Jahren wurde in Neuseeland, eine auch für uns in Deutschland wegweisende Neuerung eingeführt: Ein Curriculum für die frühkindliche Bildung. Der Name des neuseeländischen Curriculums ist Te Whariki, ein Name, der bereits eine Menge über das inhaltliche Programm verrät: Te Whariki bedeutet in der Sprache der in Neuseeland lebenden Maori Geflochtene Matte. In der Sprache dieser Metapher soll das Curriculum die Beteiligten halten und unterstützen, ihre Beschaffenheit (Fäden oder Bänder, die ineinandergeflochten sind) macht es aber zugleich möglich und notwendig, dass immer wieder neue Fäden eingewoben werden. Neben der Metapher weist der Name durch seine Sprache aber auch darauf hin, dass die Maori ein wichtiger Teil der neuseeländischen Kultur sind und die kulturelle Vielfalt des Landes auch in diesem Curriculum reflektiert wird. Das Originaldokument des neuseeländischen Bildungsministeriums (hier geht’s zur Online-Version) ist entsprechend zweisprachig verfasst.

 

Prinzipien und Ziele des Te Whariki

Die starke soziokulturelle Ausrichtung des Te Whariki ist ein besonderes Charakteristikum, denn das Curriculum orientiert sich an Werten und Prinzipien der Maori-Kultur und bezieht diese immer wieder ein (Reed and Reedy 2013).

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Quelle: https://kinder.hypotheses.org/1356

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#Gemeinfreitag (November, Woche 2)

Die „Gemeinfreitag“-Idee von Moritz Hoffmann aufgreifend, gibt es freitags, wie in „Wenn schon #Gemeinfreitag dann richtig!“ vorgeschlagen, seit Ende Januar 2016 Gemeinfreies, das ich (überwiegend) selbst neu ins Netz befördert habe. Wie ich schon in dem von Mareike König mit mir geführten Interview sagte, sind gemeinfreie Digitalisate Teil einer

Goldenen Kette freien Wissens

Ich rufe daher alle Leserinnen und Leser auf:

Stellt durch Kauf oder durch Schenkung erworbene oder selbstgescannte gemeinfreie Digitalisate von Büchern oder Aufsätzen ins Netz (Wikimedia Commons oder Internet Archive)!

Ladet gemeinfreie Abbildungen auf Wikimedia Commons oder gebt dort eigene Fotos als gemeinfrei frei!

Ladet nur mit US-Proxy zugängliche Google Books ins Internet Archive!

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Quelle: http://archivalia.hypotheses.org/60656

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Executive Order

Die Verfassung der Vereinigten Staaten enthält keine Regelung zum Ausnahmezustand. Analysiert man ausnahmezustandliche Situationen in den USA, so trifft man immer wieder auf sogenannte Executive Orders. Hierbei handelt es sich um Verfahrens- und Handlungsanweisungen durch den US-Präsidenten an die Exekutive. Ihr jeweiliger Inhalt bedarf keiner Zustimmung durch den Kongress, so dass sie ein ideales Instrument präsidialer Krisenintervention darstellen. Executive Orders lassen sich für den gesamten Zeitraum der US-Geschichte beobachten.

instructions_to_japanese
Historischer Räumungsaufruf. Statt „japanese“ könnte da künftig auch „mexican“, „muslim“ oder eine beliebige andere Bezeichnung stehen.

Ein besonders bekannter, angesichts derzeitiger politischer Stimmungen indes keineswegs als bloß historisch zu bezeichnender Fall ist die von Franklin D. Roosevelt am
19.

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Quelle: https://emergency.hypotheses.org/253

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Katharina Ute Mann: Die polnische Malerei des 19. Jahrhunderts in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie

Nach dem Verlust der Souveränität Polens im Jahre 1795 übernahmen die Künste die Aufgabe der Bewahrung der nationalen Identität. Vor allem die romantische Dichtung war von Anfang an darum bemüht, das ‚Polnische‘ nicht verlorengehen zu lassen.1 Nachdem Russland und Preußen versucht hatten, ihre Teilungsgebiete zu assimilieren, verfügten sie, die polnische Sprache aus den Schulen und Ämtern zu verbannen. Vor allem die katholische Kirche und die polnische Sprache ermöglichten, die eigene Identität gegenüber den Besatzern abzugrenzen wie auch das kulturelle Erbe zu bewahren.2

In Galizien, welches nach den Teilungen Polens der Österreichisch-Ungarischen Monarchie zufiel, bemühten sich die Besatzer, die polnische Bevölkerung mit ihrem kulturellen Erbe in den Vielvölkerstaat zu integrieren. Dies führte dazu, dass sich vor allem in diesem Teilungsgebiet die Bildenden Künstler eindringlich mit ihrer Geschichte auseinandersetzen konnten. In diesen Werken manifestierte sich auch die nationale Trauerbewegung, die sich in individueller wie kollektiver Wehmut äußerte und ab 1850 nach Adam Mickiewiczs (1798-1855) Idee in den sogenannten polnischen Messianismus mündete.3

Die Niederlage des Novemberaufstandes 1830/31 hatte zum Beispiel einen solch enormen Einfluss auf die nationale Trauerbewegung, dass sie sich nachhaltig auch auf die Bildenden Künste auswirkte, die gerade zu jener Zeit die Debatte über die Genese einer polnischen Malerei und die Grundstruktur einer nationalen Kunst erörterte.

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Quelle: https://habsb.hypotheses.org/148

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Auf der Spur der verschwundenen Badehäuser: Indikatoren fürstlicher Wohnkultur. Beispiele aus dem Süden im frühen 16. Jahrhundert.

Ein verschwundenes Badehaus bei der Burg Wasserburg am Inn

Im Zuge der Recherchen und Archivarbeit im Rahmen meiner zum Sommersemester 2016 abgegebenen Masterarbeit[1] zu den Bauprojekten auf der Burg Wasserburg am Inn unter Herzog Wilhelm IV. von Bayern († 1550, reg. ab 1511) fanden sich, sozusagen als Beifang, interessante Hinweise auf ein heute verschwundenes Badehaus, von welchem bis dato keine Nachricht bestand. Es handelte sich um ein zweigeschossiges Bauwerk als Teil der Maßnahmen am Schloss, welche nicht nur den Ausbau des Hauptgebäudes, sondern die Aufwertung des gesamten angrenzenden Geländes umfassten, entsprechend der ursprünglichen Kernburg auf dem höchstgelegenen, östlichen Abschnitt des Rückens der Halbinsel.

ausschnitt-burg-wasserburg-1585
Ansicht der Burganlage Wasserburg am Inn 1585 (Ausschnitt) Original im BayHStA, Plansammlung Nr. 18601 hier aus: Heimat am Inn, Jahrbuch des Heimatvereins e. V. für Wasserburg am Inn und Umgebung, Bd. 30 /31, Wasserburg a.

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Quelle: http://hofkultur.hypotheses.org/533

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Auf der Spur der verschwundenen Badehäuser: Indikatoren fürstlicher Wohnkultur. Beispiele aus dem Süden im frühen 16. Jahrhundert.

Ein verschwundenes Badehaus bei der Burg Wasserburg am Inn

Im Zuge der Recherchen und Archivarbeit im Rahmen meiner zum Sommersemester 2016 abgegebenen Masterarbeit[1] zu den Bauprojekten auf der Burg Wasserburg am Inn unter Herzog Wilhelm IV. von Bayern († 1550, reg. ab 1511) fanden sich, sozusagen als Beifang, interessante Hinweise auf ein heute verschwundenes Badehaus, von welchem bis dato keine Nachricht bestand. Es handelte sich um ein zweigeschossiges Bauwerk als Teil der Maßnahmen am Schloss, welche nicht nur den Ausbau des Hauptgebäudes, sondern die Aufwertung des gesamten angrenzenden Geländes umfassten, entsprechend der ursprünglichen Kernburg auf dem höchstgelegenen, östlichen Abschnitt des Rückens der Halbinsel.

ausschnitt-burg-wasserburg-1585
Ansicht der Burganlage Wasserburg am Inn 1585 (Ausschnitt) Original im BayHStA, Plansammlung Nr. 18601 hier aus: Heimat am Inn, Jahrbuch des Heimatvereins e. V. für Wasserburg am Inn und Umgebung, Bd. 30 /31, Wasserburg a.

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Quelle: http://hofkultur.hypotheses.org/533

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Automatische Kollationierung – Zur projektbezogenen Adaption von CollateX für digitale Texteditionen

Code and collate - Workshop Amsterdam (photo: Ellie Bleeker)

Code and collate – Workshop Amsterdam (photo: Ellie Bleeker via Twitter)

Die Erstellung digitaler Editionen ist ein zentraler Arbeitsbereich der Digitalen Geschichtswissenschaften. Die bisher zur Verfügung stehenden Werkzeuge und Arbeitsumgebungen, die ja nicht nur uns Historiker sondern alle textbasierten Wissenschaften betreffen, bleiben dabei aber häufig hinter dem zurück, was man sich hierfür wünscht oder vorstellen kann. Dies gilt auch für das automatische Kollationieren. Doch wie sich auf dem „Code and Collation“ Workshop  gezeigt hat, der vom 2. bis 4. November in Amsterdam stattfand, gibt es hier deutliche Fortschritte zu verzeichnen.

Das Problem – analog

Wenn man an der Edition eines Textes arbeitet, der gleich in mehreren Textzeugnissen überliefert ist, stellt sich immer erst einmal die Frage, welche der Überlieferungen man dem zu erstellenden Editionstext zugrunde legen soll. Mit den Möglichkeiten der digitalen Edition hat sich dieses Problem deutlich vereinfacht.

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Quelle: http://digigw.hypotheses.org/1532

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Das Unspielbare spielen – Imaginationen des Holocaust in Digitalen Spielen

von Eugen Pfister

 

„Sucht man heute nach Romanen, Filmen oder Theaterstücke, die sich kritisch mit dem Nationalsozialismus und insbesondere mit dem Holocaust auseinandersetzen, wird man rasch fündig: Fast jedes Jahr erscheinen neue Filme, die immer wieder neue Wege suchen den Holocaust zu erzählen.[1] Sucht man jedoch parallel dazu nach einem aktuellen digitalen Spiel,[2] welches den Holocaust imaginiert, gestaltet sich die Suche schon weitaus schwieriger – wenn nicht gar als ganz unmöglich.[3] Ist das Unterhaltungsmedium Spiel ungeeignet, die ethischen und moralischen Fragen des Themas verantwortungsvoll aufgreifen zu können? Ein oft wiederholter Einwand war und ist, dass digitale Spiele nie Kunst sein können und ihnen daher die Würde fehle, um die Verbrechen des Nationalsozialismus adäquat zu kommunizieren. Der Journalist Jordan Hoffman fasste diese Auffassung 2013 in einem Artikel für die ‚Times of Israel‘ plakativ zusammen: ‚Where the line of decency is drawn is somewhat dependent on whether you consider video games art, storytelling or a braindead way to kill time, blasting pixels in increasingly gross ways while memorizing movement patterns‘[4]

Zuletzt wurden aber immer öfter Stimmen hörbar, die eine Auseinandersetzung darüber verlangten, wie Erinnerung an den Holocaust an eine nächste, digitale Generation zu kommunizieren sei. So eröffnete die Historikerin Steffi de Jong von der Universität Köln im Dezember 2015 die Tagung „Digitale Wege gehen? Vom Add-On zur digitalen Lernumgebung in Gedenkstätten und Erinnerungsorten“ mit einem Vortrag, in welchem sie explizit auf das Potenzial von Social Media, digitalen Spielen und holographischen Zeitzeugeninterviews hinwies:

 ‚Generell sollte eine zukünftige Erinnerungskultur 3.

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Quelle: https://spielkult.hypotheses.org/1235

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