August 1914, von Jean-Jacques Becker und Gerd Krumeich (Artikel des dt.-fr. Albums des Ersten Weltkrieges, Mission du Centenaire / DHIP)

 

Das Deutsche Historische Institut Paris und die Mission du centenaire bieten seit November 2013 gemeinsam ein „deutsch-französisches Album über den Ersten Weltkrieg“ an1. Alle 14 Tage werden zwei Dokumente zum Ersten Weltkrieg publiziert, die von einem deutschen und einem französischen Historiker in ihrem jeweiligen Kontext in den beiden Sprachen dargestellt werden. Im August veröffentlichen wir die Dokumente und deren Erläuterungen hier im Blog “La Grande Guerre”.

Titelseite der "Berliner Morgenpost" am 4. August 1914 : "Frankreich greift an !", DHM, DG 90/6403.14 / Titelseite der "Matin" am 4. August 1914 : "L'Allemagne déclare la guerre à la France", BNF Titelseite der “Berliner Morgenpost” am 4. August 1914 : “Frankreich greift an !”, DHM, DG 90/6403.14 / Titelseite der “Matin” am 4. August 1914 : “L’Allemagne déclare la guerre à la France”, BNF

 

Le Matin vom 3. August 1914, von Jean-Jacques Becker

„Deutschland erklärt Frankreich den Krieg”. In Großbuchstaben zog sich diese Überschrift über die gesamte Titelseite der Le Matin, einer der größten französischen Zeitungen der damaligen Epoche. Das Blatt berichtete, dass der deutsche Botschafter Paris um 10.10 Uhr am Abend verlassen hatte (damals sprach man, anders als heute, noch nicht von 22.10 Uhr). Die Zeitung erzählte vom letzten Treffen des französischen Ratspräsidenten, René Viviani, und des deutschen Botschafters, Wilhelm von Schoen. Letzterer hatte die deutsche Kriegserklärung übergeben nachdem französische Flugzeuge deutsche und belgische Gebiete bombardiert hatten. Dies war in Wirklichkeit frei erfunden. Für den Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und Frankreich gab es ganz andere Gründe. So trug ein anonymer Leitartikel in der ersten Spalte beispielsweise den Titel: „Der heilige Krieg der Zivilisation gegen die Barbarei”.

Die in Großbuchstaben geschrieben Ankündigung der Kriegserklärung war allerdings keineswegs überdimensioniert. Ganz im Gegenteil: Die Buchstaben waren verhältnismäßig klein, was auch dafür spricht, dass die deutsche Kriegserklärung niemanden wirklich überraschte. Seit einigen Tagen – und wirklich erst seit einigen Tagen – war man sich sicher, dass der europäische Krieg Wirklichkeit werden würde.

Wie konnte es soweit kommen? Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hatte es immer wieder Spannungen auf der internationalen Bühne gegeben. Vor allem zwischen Deutschland und Frankreich, insbesondere im Bezug auf Marokko. Frankreichs Bedürfnis, sich dieses Gebiet anzueignen, und Deutschlands Wille, sich einen Teil davon für sich selbst zu sichern, hatten zwei schwere Krisen ausgelöst: Eine erste im Jahre 1905, eine zweite 1911, die auch als Panthersprung nach Agadir bekannt wurde, und damals bereits in einen Krieg zu münden drohte. Für zusätzliche Spannungen sorgten darüber hinaus die „Balkankriege”, in denen zwar weder Deutschland noch Frankreich Hauptakteure waren, die aber unmittelbare Auswirkungen auf ihre Verbündeten – Österreich-Ungarn und Russland – hatten.

Darüber hinaus wuchsen die Spannungen 1913 im Rahmen der französischen Diskussionen um das Gesetz, das die Dauer des Wehrdienstes auf drei Jahre ausweiten sollte. Ziel war es, auf die Stärkung der aktiven militärischen Kräfte Deutschlands zu reagieren. Dies geschah übrigens im Kontext der Balkankriege und nicht im Hinblick auf Frankreich!

Insgesamt betrachtet gab es zwei Gruppen von Staaten, die sich einander gegenüberstanden: Auf der einen Seite der Dreibund – Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien. Auf der anderen Seite die Triple Entente – Frankreich, Russland und Großbritannien. Doch trotz dieser zwei entgegengesetzten Bündnisse – deren Zusammenhalt im Übrigen nicht immer unproblematisch war – ließ sich Anfang des Jahres 1914 eine gewisse Entspannung der internationalen Beziehungen beobachten. Dafür spricht beispielsweise, dass im Januar 1914 erstmals seit 1871 wieder einmal ein französischer Staatspräsident – Raymond Poincaré –  an einem Empfang in der deutschen Botschaft teilnahm. Gewiss darf man dies nicht überbewerten, aber es handelte sich dennoch um ein deutliches Zeichen.

Dann aber sollte sich der „Unfall” ereignen. Am 28. Juni 1914 gelang es einer Gruppe junger nationalistischer Serben, den Erben der österreich-ungarischen Krone – Erzherzog Franz Ferdinand –, und seine Gattin, die Herzogin von Hohenberg, in Sarajevo während eines offiziellen Besuches zu ermorden. Aufgrund einer Streckenänderung ist dies fast als Zufall zu werten. In Bosnien-Herzegowina, dessen Hauptstadt Sarajewo war, lebten hauptsächlich Slawen, Serben, Kroaten… Seit 1878 aber hatte Österreich-Ungarn es besetzt, und wenige Jahre vor dem Mordanschlag – 1908 – annektiert.

Serbien hatte mit diesem Attentat im Grunde gar nichts zu tun, auch wenn die Verschwörer dort helfende Hände gefunden hatten. Vielmehr wollte Österreich-Ungarn endlich einmal ein Land bezwingen, das sich ihm gegenüber ganz bewusst aggressiv zeigte. Dem aber hatte sich Deutschland – der mächtige Bündnispartner Österreich-Ungarns – stets widersetzt. Nach dem Attentat ließ Deutschland dann aber einfach geschehen, was geschehen sollte. Genau das mündete in einen verheerenden Teufelskreis, der sich nicht nur zu einer „lokalen” Auseinandersetzung entwickelte, wie es sich die Hauptakteure vorgestellt hatten, sondern zu einem europäischen, und in gewisser Weise auch einem weltweiten Krieg, zumal sich die Kampfhandlungen ausweiteten, je mehr der Krieg auch die unterschiedlichen Kolonialreiche der europäischen Großmächte mobilisierte.

Die einzelnen Schritte auf dem Weg zum Krieg lassen sich recht einfach nachvollziehen: Das slawische und orthodoxe Russland eilte dem kleinen und ebenfalls slawischen und orthodoxen Serbien zu Hilfe. Angesichts der von Russland ausgehenden Gefahr konnte Deutschland Österreich-Ungarn nicht im Stich lassen und leitete den Schlieffen-Plan ein. Für den Fall eines Krieges gegen den russischen „Riesen” sah dieser vor, dass man erst einmal Russlands Bündnispartner – Frankreich – besiegen müsse. Darüber hinaus wusste man, dass der Einmarsch deutscher Truppen in Belgien den Kriegseintritt Großbritanniens nach sich ziehen würde. Zwischen dem Ultimatum, das Österreich-Ungarn Serbien am 23. Juli stellte, und dem Kriegseintritt Großbritanniens am 4. August vergingen 14 Tage (!). In diesen zwei Wochen hatte Österreich am 28. Juli Serbien den Krieg erklärt, Russland seine allgemeine Mobilmachung am 30. Juli, und Deutschland und Frankreich am 1. August verkündet – mit nur wenigen Minuten Zeitunterschied…

Unter den politischen Führungsspitzen in Europa gab es eigentlich niemanden, der sich diesen Krieg wirklich gewünscht hatte, zumindest nicht dieses Ausmaß. Einige bemühten sich sogar darum, den Frieden aufrechtzuerhalten. Beispiele hierfür sind der Telegramm-Wechsel zwischen dem russischen Zar Nikolaus II. und dem deutschen Kaiser Wilhelm II, aber auch die langanhaltenden Bemühungen von Niklaus II., die russische Mobilmachung zu verhindern. Diesbezüglich ist auch daran zu erinnern, dass Wilhelm II seinen Generalstab fragte, warum man Frankreich angreifen müsse, obwohl es doch von diesen Balkan-Angelegenheiten gar nicht direkt betroffen wäre…

Der Druck, der von den Militärkreisen der unterschiedlichen Länder ausgeübt wurde, war sicherlich entscheidend. Die Generalstäbe waren der Überzeugung, dass ein möglicher Krieg angesichts der ganz besonders modernen Waffen schlicht und einfach von kurzer Dauer sein und jede Verzögerung bei der Mobilisierung und der Aufstellung der Armeen äußerst verheerende Folgen haben würde. Bei mindestens drei Kriegsteilnehmern aber spielte auch der von den Öffentlichkeiten ausgeübte Druck eine wichtige Rolle, darunter Serbien, Österreich-Ungarn und Russland. In Bezug auf Russland betraf dies vor allem die Stadtbevölkerung, nicht die unzähligen Bauern.

Letzten Endes aber darf vor allem Folgendes nicht vergessen werden: Zum damaligen Zeitpunkt gab es in keinem einzigen der betroffenen Länder einen oder mehrere Staatsmänner, die in der Lage gewesen wären, einen Weg zu finden, um diesem Teufelskreis Einhalt zu gebieten, der in einen Krieg mündete, der in gewisser Weise tatsächlich zufällig ausbrach.

Jean-Jacques Becker, Emeritierter Professor für Zeitgeschichte an der Universität Paris Ouest Nanterre La Défense.

Aus dem Französischen übersetzt

Berliner Morgenpost vom 4. August 1914, von Gerd Krumeich

Der Tag des 4. August 1914 steht für den Beginn eines weltweiten Krieges. Russland und Deutschland befanden sich bereits seit dem 1. August im Krieg und am 3. August erfolgte die deutsche Kriegserklärung an Frankreich. An eben diesem 4. August trat England in den Krieg gegen Deutschland ein. An diesem Morgen, als die hier besprochene Ausgabe der Berliner Morgenpost erscheint, liegt Beklommenheit und Nervosität in der Luft, genauso wie eine gewisse Kriegsbegeisterung, so wie es schon zu oft beschrieben wurde. Die Morgenpost war eine eher konservativ ausgerichtete Zeitung, ganz im Gegensatz zum Berliner Tageblatt, das noch heute für seine hellsichtigen und kritischen Artikel des Chefredakteurs, Theodor Wolff, bekannt ist. Die Morgenpost war jedoch das ganze Gegenteil davon. Als Zeitung des Hofes und der Konservativen redete sie ganz und gar deren Sprache.

In der linken Spalte auf der Titelseite wird an alle Angriffe erinnert, die Frankreich gegen Deutschland vorgenommen hätte, das bis zur letzten Minute versucht hätte, den Frieden zu bewahren. Die Rede ist vom Vorrücken französischer Soldaten, gegen die Zusage Frankreichs, seine Truppen in einem Abstand von zehn Kilometern von der Grenze zu halten. In der Tat hatte die französische Regierung General Joffre, dem Oberbefehlshaber der Armee, angewiesen, solche Manöver zu vollziehen. Joffre ereiferte sich über diese Anweisung. Denn insgesamt gesehen war die Pufferzone von zehn Kilometern in der weisen Absicht eingerichtet worden, der Welt zu zeigen, dass Frankreich nur vorhatte, „den geheiligten Boden des Vaterlandes“ zu verteidigen. Aber für Deutschland war es ebenso wichtig, sich in einem Zustand der Notwehr zu erachten, da seine Soldaten, in der großen Mehrheit Zivilisten in Uniform, genau wie die in Frankreich, nur einen Krieg zur nationalen Verteidigung im Auge hatten.

In der rechten Spalte der besagten Titelseite der Berliner Morgenpost wird bereits vom deutschen „Weißbuch“ gesprochen, dass Kanzler Bethmann Hollweg wenige Stunden später dem Reichstag vorlegen wird. Dieses „Weißbuch“ ist das Erste aus einer Serie von „Regenbogenbüchern“, welche die Handlungen der jeweiligen Regierungen rechtfertigen, wobei sie der Gegenseite verbrecherische Handlungen unterstellen. Diese Bücher erscheinen in den ersten Monaten des Krieges in allen kriegsteilnehmenden Staaten (das französische „Gelbbuch“ allerdings erst im November). Das deutsche „Weißbuch“, auf welches in der Zeitung hingewiesen wird, konzentriert sich in seinem ersten Teil auf den Briefwechsel zwischen Wilhelm II. und seinem Cousin, dem Zaren Nikolaus II.. Dem Letzteren wird profunde Böswilligkeit unterstellt, da er noch von der Möglichkeit eines Friedens redet, während Russland schon die allgemeine Mobilmachung veranlasst hat. Es war daher erforderlich, dass Deutschland sich gegenüber der russischen Aggression, die der durchweg „treulose“ Zar verheimlichen wollte, verteidigt.

Die Verteidigungsbereitschaft, eine Schutzbehauptung, die während der Dauer des Weltkrieges ständig wiederholt wird, nämlich, Deutschland führe nur einen Verteidigungskrieg gegen eine angriffslustige Welt, ist Thema der Plenarsitzung des Reichstags vom 4. August 1914, von der die Morgenpost in dem Artikel auf der Titelseite spricht. Unter der Schlagzeile „Einberufung des Reichstags. Es gibt keine Parteien mehr“, wird an diesem Morgen des 4. August vorausgesagt, was wenige Stunden später tatsächlich eintreffen wird. Konkret gesagt, die Beteuerung und Bestätigung der Einheit der Nation: Es gibt keine Parteien mehr und Wilhelm II. übernimmt diese Phrase wenig später in seiner bekannten Rede vom Balkon des Berliner Schlosses: Angesichts des Krieges sagt er: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur Deutsche.“ Es war diese Proklamation eines Burgfriedens, durch das Parlament und durch den Kaiser, die zur erstaunlichen „Ruhe im Parteienzwist“ führte, welche der in Frankreich proklamierten Nationalen Allianz vollkommen entsprach.

Tatsächlich haben, wie in der Morgenausgabe der vor diesen Ereignissen erscheinenden Zeitung berichtet wird, die sozialistischen Blätter im gesamten Land schon am Tag vorher angekündigt, dass angesichts eines von den Russen im Bund mit den Franzosen aufgezwungenen Krieges, die deutschen Sozialisten zur Verteidigung der Nation bereit sein werden. Es entspricht der gleichen Geisteshaltung, die in Frankreich die Rede von Léon Jouhaux am Grab von Jaurès beflügelte, der an diesem 4. August sagte: „Sie haben Jaurès umgebracht, aber wir werden Frankreich nicht ermorden.“ Genauso reden die deutschen Sozialisten, Internationalisten, vollkommen überzeugt, wie ihre vor kurzer Zeit noch gewesenen französischen Genossen und Freunde, mit einer Stimme: „Wir werden Deutschland nicht ermorden.“

Die Kriegsbegeisterung, die so oft betont wie kritisiert wird, existierte wirklich: Dieses Bewusstsein und diese Offenkundigkeit, mit der alle im Einklang dachten und fühlten. Man wollte von den alten Gegensätzen nichts mehr wissen und selbst der Kaiser beteuerte, er würde es nicht mehr hinnehmen, dass die Juden geschmäht, die Protestanten die Katholiken als „Papisten“ verspotteten, und dass die letzteren weiter behaupteten, die Protestanten hätten die Einzige und Wahre Kirche verraten. Alle gemeinsam, vorwärts, zur Verteidigung der Nation …Ihre Zeitgenossen haben dieses einmütige Erbeben nie vergessen. Dieser Geist, obwohl er nicht lange Bestand hatte, existierte wohl an diesem 4. August 1914. Der Tag, an dem der Enthusiasmus zur Verteidigung der Nation in einem Krieg mündete, der das alte Europa der Nationen und den Fortschritt verschlingen sollte.

Gerd Krumeich,  Emeritierter Professor für Neuere und Zeitgeschichte an der Universität Heinrich Heine Düsseldorf.

Aus dem Französischen übersetzt

  1. Weitere Informationen: http://dhdhi.hypotheses.org/2067

 

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1654

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Das 20. Jahrhundert & der Erste Weltkrieg: Marc Lazar – The Communist Challenge

Marc Lazar is professor of history and political sociology at Sciences Po. In Sciences Po he is Head of the graduate program in the History department since 2007, Dean of the History department and President of scientific Council since 2010. His research interests are Communism in France and Italy, the socialist left and Social Democrats in Western Europe, the changes in politics in France and Italy and the relations between the French left and the public service.

Das 20. Jahrhundert & der Erste Weltkrieg: Marc Lazar – The Communist Challenge from maxweberstiftung on Vimeo.

Abstract

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1577

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Eric D. Weitz: The Paris System: International Order through Ethnic Cleansing?

Abstract for the conference Das 20. Jahrhundert und der Erste Weltkrieg

Minority protection, forced deportations, and the “civilizing mission” emerged together in the last third of the nineteenth century. They were all part of a tectonic shift in political conceptions: from traditional diplomacy to population politics, from mere territorial adjustments to the handling of entire population groups categorized by ethnicity, nationality, or race, or some combination thereof, from the Vienna to the Paris system. This liberal international came to fruition between 1919 and 1923 in the wake of World War I. Two global areas, the borderlands region of Eastern Europe (and stretching into Anatolia) and Africa, rarely considered together, constituted the critical sites for the emergence of the Paris system. Its history shows that the origins of human rights standards are not as pristine and pure as many recent studies suggest; a major part of their history lies in a way of thinking about populations — group protection and group rights – that entailed the very same thought patterns that enabled and promoted forced deportations. The Paris system did not end in 1939 with the onset of World War II, nor even in 1945 with the war’s end. The notion of sovereignty rooted in national homogeneity remains a principle of international politics down to our present day. In many ways, we still live in the Paris system world.

Eric D. Weitz is Dean of Humanities and Arts and Professor of History at the City College of New York. Trained in modern European and German history, his work in recent years has extended to the history and politics of international human rights and crimes against humanity. 

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1249

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Jörg Fisch: Vom Selbstbestimmungsrecht der Völker zum Selbstbestimmungsrecht der Kolonialvölker

Abstract für die Konferenz Das 20. Jahrhundert und der Erste Weltkrieg

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist  ein Prinzip internationaler Unordnung, dessen Geschichte wesentlich die Geschichte seiner Bändigung und Einschränkung ist. Es ist eng mit der Entkolonisierung seit der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten verbunden. Seinen ersten Höhepunkt erreicht es am Ende des Ersten Weltkrieges. Lenin setzte es als Waffe gegen die Siegermächte ein. Wilson versuchte es zu seinem eigenen Instrument zu machen, scheiterte aber an den Kolonialmächten. In der Zwischenkriegszeit  setzte insbesondere Hitler das Recht als Mittel des Revisionismus ein. Nach 1945 hingegen gelang es den von der Sowjetunion unterstützten Entwicklungsländern, ein Recht auf Entkolonisierung durchzusetzen, das als Selbstbestimmungsrecht definiert wurde. Die anarchischen Folgen wurden – und werden – durch vielfältige Einschränkungen in Schranken gehalten, gerade auch von den ehemaligen Kolonialvökern.

Prof. Dr. Jörg Fisch ist Lehrstuhlinhaber für allgemeine neuere Geschichte an der Universität Zürich. Einen Schwerpunkt bildet in seiner Forschung die Geschichte des Völkerrechts und der internationalen Beziehungen.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1242

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Daqing Yang: Regional Orders in East Asia: From the Washington System to the East Asian Community

Abstract for the conference Das 20. Jahrhundert und der Erste Weltkrieg

World War I, which saw only limited fighting in East Asia, nonetheless brought about profound transformation to the international order in this region on three levels—international politics, ideology and culture, and economy. The Washington System, which emphasized open, multilateral diplomacy and naval disarmament, suggests the emerging US role in peace and stability in Asia Pacific. Yet, the failure of the Powers to extend the principle of self-determination to East and Southeast Asia alienated moderate Asian nationalists. Moreover, the race issue gained new prominence after the war, both with the failure of the racial equality proposal by Japan at Versailles and postwar friction between Japan and the U.S. over immigration. Lastly and often overlooked is the war’s economic impact in East Asia. Whereas Japan’s economic dependence on China deepened substantially during and after the war in both investment and trade, Japan’s military applied the lesson from the defeat of Germany and embarked on planning an economic autarky. Japan’s quest for a New Order in East Asia after the breakdown of the Washington System in the 1930s thus can be traced to the ideological impact of the Great War as to its economic consequence. At the end of the twentieth century, after a truly world war and the Cold War, deepening economic interdependence in East Asia have renewed interest in the idea of an East Asian Community. Unlike the interwar era, however, Europe is now seen as the successful model of regional integration.

Daqing Yang is Associate Professor of History and International Affairs at the George Washington University. He has research interests in the following three areas: the technological construction of the Japanese empire in Asia; the history and memory of World War II; and Japan’s relationship with Asia in the postwar period. 

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1246

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Markus Pöhlmann: Der Standort des Ersten Weltkrieges im Prozess der Verwissenschaftlichung des deutschen Militärs im 20. Jahrhundert

Abstract für die Konferenz Das 20. Jahrhundert und der Erste Weltkrieg

Allen populären Vorstellungen zum Trotz stellte das Militär seit den 1880er Jahren einen wichtigen Akteur im Rahmen der Ausbildung einer Wissensgesellschaft im Deutschen Reich dar.

Bis 1914 kam es innerhalb des Militärs zu einer konfliktgeladenen Neuverhandlung des Verhältnisses von berufsständischen Mentalitäten und den Erfordernissen der industriellen Moderne.

Im Verlauf des Ersten Weltkrieges forcierten die Dauer und die fortschreitende Technisierung die Verwissenschaftlichung des Militärs. Diese Entwicklung unterschied sich aber von dem begonnenen, friedensmäßigen Prozess.

Die durch den Versailler Vertrag 1919 erzwungene strukturelle Nichtverteidigungsfähigkeit hatte nicht nur eine personell-materielle sondern auch eine intellektuelle Dimension. Diese kritischen Rahmenbedingungen führten in der Zwischenkriegszeit zu einer Zunahme des zivilen Einflusses in militärwissenschaftlichen Fragen und der Ausbildung einer gesamtgesellschaftlich orientierten Leitvorstellung in Gestalt der „Wehrwissenschaften“.

Gleichwohl erklärt sich diese Entwicklung bei der Verwissenschaftlichung des Militärs und der Vorstellung vom Krieg an sich nicht durch die zivile Selbstmobilisierung allein. Vielmehr konnte das Militär auf die vor und im Weltkrieg gemachten Erfahrungen, institutionellen Formierungen und Diskurse aufbauen. Diese katalytische Wirkung des Weltkrieges muss daher stärker als bisher im Militär selbst untersucht werden.

Markus Pöhlmann ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich “Deutsche Militärgeschichte vor 1945“ am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1244

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Patrick O. Cohrs: “Pax Americana” and 20th-Century International Order

Abstract für die Konferenz Das 20. Jahrhundert und der Erste Weltkrieg 

This paper seeks to re-appraise the transformation of America’s global role and its influence on the transformation of international order during the century that “began” with World War I. To this end, it focuses on a re-appraisal of US aspirations for a “Pax Americana” and their impact on the formation of what it interprets as an unprecedented peace system whose contours first emerged after 1918 but which would only be consolidated after 1945: the 20th century’s transatlantic peace order. Essentially, the paper analyses these aspirations as successive attempts – made by principal policymakers, yet also unofficial actors who influenced US policies – to draw lessons from two world wars and the frustration of previous bids to create a “new world order”, above all the failure of Wilson’s quest to make the world “safe for democracy”. And it aims to show that they can be understood as ever more ambitious designs to construct a novel international system in which the newly pre-eminent power essentially came to act, not as an “American empire” but rather as a liberal hegemon, a “first among equals”.

Yet my analysis also uses the focus on the transatlantic sphere in order to highlight important distinctions between American conceptions and behaviour vis-à-vis (western) Europe and the superpower’s distinctly more hierarchical and often neo-imperialist approaches both to “global order” and to other regions of the world in the era of the global cold war. In critical respects, such approaches marked US conduct in East Asia. They clearly prevailed in relations with Latin America. And they came to characterise US ambitions to extend an “American peace” to the “Third World”, especially in the transformative decade of the 1960s.

Patrick O. Cohrs is Assistant Professor of History at Yale. He is the author of The Unfinished Peace after World War I: America, Britain and the Stabilisation of Europe, 1919-1932 (Cambridge University Press, 2006). Professor Cohrs is currently working on an international history of the “Pax Americana”.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1222

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Marc Lazar: The Communist Challenge. Five questions about Communism as World System

Abstract for the conference Das 20. Jahrhundert und der Erste Weltkrieg

It’s impossible to do an exhaustive paper on this topic. In these conditions, For this panel called “Order and Ideology” in relations to the topic of our Conference, I have selected five questions about Communism, but only the «Bolshevik Communism», this modern form of Communism of Twentieth Century, created by Lenin and based on the fundamental experience of USSR: What are we speaking about when we speak of Communist System?; What are the main features of the Communist System?; As historians, can we establish a clear chronology and visible sequences of this Communist System?; Did this Communist System was a Perfect Organized World System?; and to conclude: What memory remains of this Communist System and what is its legacy?

I give some elements of answer on the reality of the facts but also indicating some historiography controversies because it’s quite impossible to separate these two dimensions. Very often I will indicate the terms of the debates without giving my own position for favouring the general discussion among us.

Marc Lazar is professor of history and political sociology at Sciences Po. In Sciences Po he is Head of the graduate program in the History department since 2007, Dean of the History department and President of scientific Council since 2010. His research interests are Communism in France and Italy, the socialist left and Social Democrats in Western Europe, the changes in politics in France and Italy and the relations between the French left and the public service.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/1220

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