Kurbayern und der Westfälische Friedenskongreß

Der Weg zum Frieden war bekanntermaßen ausgesprochen verschlungen; es dauerte lange Jahre, bis die Instrumenta pacis unterzeichnet und ratifiziert werden konnten. Entsprechend umfänglich ist das Aktenmaterial, das im Umfeld dieser Verhandlungen angefallen und überliefert ist. Neben den Acta Pacis Westphalicae hat es sich seit einigen Jahren auch die bayerische Landesgeschichte zur Aufgabe gemacht, die einschlägigen kurbayerischen Korrespondenzen zu publizieren. Auf diese Weise werden ergänzend zu den anderen Korrespondenzserien Einblicke in die Verhandlungsführung eines der einflußreichsten Reichsstände und wichtigsten Bündnispartners des Kaisers ermöglicht.

Nachdem bereits die Hauptinstruktionen von 1644 und ein erster Teilband für die Zeit von 1644 bis Juli 1645 veröffentlicht werden konnten, ist kürzlich der zweite Teilband erschienen. Er deckt den Zeitraum von August bis Ende November 1645 ab und versammelt reiches Material für die Phase unmittelbar vor dem Eintreffen des kaiserlichen Prinzipalgesandten Trauttmansdorff in Münster (erst mit ihm nahmen die Verhandlungen wirklich an Fahrt auf). Man mag im ersten Augenblick erstaunt sein, daß gerade diese Frühphase in dieser Edition so intensiv dokumentiert ist. Doch eben damit wird deutlich, wie sinnvoll es ist, neben den kaiserlichen, französischen und schwedischen Korrespondenzserien auch die kurbayerische Sicht der Dinge aufzuarbeiten.

Verhandlungsführer für Kurbayern waren die Gesandten Georg Christoph Freiherr von Haslang und Dr. Johann Adolf Krebs, die ihr Prinzipal Maximilian von Bayern in gewohnter Weise zu einer intensiven Korrespondenz anhielt, um über die Vorgänge in Münster genau im Bilde zu sein; komplementär dazu versorgte der Kurfürst seine Gesandten seinerseits mit Informationen und noch mehr Anweisungen.

Letztere bezogen sich auch auf Rangfragen und die Problematik der Präzedenz – kein Wunder, wurden doch gerade in der Frühphase des Friedenskongresses erste Koordinaten für die jeweiligen Ansprüche und ihre Realisierung gesetzt. Für Kurbayern war dies in erster Linie die Frage der Kurwürde, die bekanntermaßen im Zentrum der Kriegsziele Maximilians stand. Klar war auf kurbayerischer Seite, daß eine Alternation der Kurwürde in keinem Fall zu akzeptieren war; gerade die schlechten Erfahrungen, die die bayerischen Herzöge mit der Regelung des Vertrags von Pavia gemacht hatten, ließen Maximilian darauf dringen, daß seiner Linie die Kurwürde dauerhaft zugesprochen werden würde.

In den Korrespondenzen schlugen sich auch die parallel zu den Verhandlungen weiterlaufenden Kriegsereignisse nieder. Für den genannten Zeitraum war dies vor allem die Schlacht bei Alerheim, in der mit dem kurbayerischen General Capo Franz von Mercy einer der talentiertesten Militärs dieser Jahre fiel. Die Bedeutung dieses Verlustes war sofort klar und schlug sich in den Korrespondenzen entsprechend nieder.

Wer den Griff nach der umfänglichen Edition scheut, mag sich zunächst in dem Beitrag orientieren, in dem Gabriele Greindl den aktuellen Korrespondenzband vorstellt: Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns beim Westfälischen Friedenskongress, in: Wittelsbacher-Studien. Festgabe für Herzog Franz von Bayern zum 80. Geburtstag, hrsg.von Alois Schmid und Hermann Rumschöttel, München 2013, S. 417-440.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/434

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Die Flugschriftensammlung der bayerischen Landstände

Flugschriften und Flugblätter stellen gerade für den Dreißigjährigen Krieg einen Quellenfundus von besonderer Bedeutung dar, eben weil die mediale Aufbereitung vieler Ereignisse neue Dimensionen erreichte: Es gibt kaum etwas, worauf die zeitgenössische Publizistik nicht reagierte, angefangen vom Pfalzgrafen in Böhmen bis hin zu den Friedensschlüssen in Westfalen. Für die Forschung ist dies nichts Neues, und großartige Verzeichnisprojekte wie das VD17 zeigen, wie reichhaltig die Überlieferung in diesen Jahren fließt. Auf einen besonderen Flugschriftenbestand hat jetzt Gabriele Greindl aufmerksam gemacht: die Sammlung der Druckpublizistik in der Bibliothek der bayerischen Landstände. In ihrem ausführlichen Beitrag geht sie auf die Geschichte der landständischen Bibliothek und speziell des Flugschriftenbestandes ein, dessen Aufbau und Struktur sie beschreibt und dessen inhaltliche Schwerpunkte sie skizziert. (Gabriele Greindl, Flugschriften aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges in der Bibliothek der bayerischen Landstände. Eine neue Quelle zur Geschichte der Ständeversammlung, in: Festgabe für Andreas Kraus zum 90. Geburtstag, S. 283-338.)

Nicht nur die bayerischen Herzöge und Kurfürsten haben eine prachtvolle Bibliothek aufgebaut; auch die bayerischen Stände sammelten in großem Stil Druckwerke. Ihre Bibliothek, die neben rund 6.000 Bänden auch zahlreiche Periodika, Handschriften und ungebundene Werke umfaßte, wurde nach der Mediatisierung wie die Buchbestände der säkularisierten Klöster Anfang des 19. Jahrhunderts der Bibliothek des bayerischen Landesherrn einverleibt. Dies betraf auch die Flugschriften, die sich in der landständischen Bibliothek befanden. Während ein Teil dieser publizistischen Werke offenbar verloren gegangen ist, sind viele Titel noch heute in den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek nachgewiesen. Greindl hat in ihrem Aufsatz einen Abgleich der BSB-Exemplare mit den im VD17 verzeichneten Titeln vorgenommen. Fast alle Flugschriften sind, wie sich zeigt, auch andernorts nachgewiesen; nur einige wenige sind offenbar allein in der landständischen Sammlung überliefert.

Auch wenn nur wenige Flugschriften exklusiv der landständischen Provenienz entstammen, darf dies nicht zum Schluß verleiten, daß diese Sammlung wenig spektakulär ist. Vielmehr ist sie überaus bedeutsam, allein weil sie – wie G. Greindl ausführt – das Informationsbedürfnis der Landstände veranschaulicht, die ein ausgesprochen reges Interesse eben auch an den aktuellen Ereignissen außerhalb der Landesgrenzen besaßen. Und dies nicht nur, weil ihr Landesherr in diesen Händeln stark engagiert war, sondern offenbar auch, weil die Stände sehr aufmerksam verfolgten, wie in anderen Territorien und auf Reichsebene Konflikte moderiert und bestimmte Argumentationsmuster angewandt wurden. Letztlich verknüpft Greindl zwei Forschungsthemen, die bislang viel zu selten zusammengeführt wurden: zum einen die Beschäftigung mit den Ereignissen des Dreißigjährigen Kriegs, zum anderen die Erforschung landständischer Phänomene. In beiden thematischen Segmenten bleibt noch viel zu tun, wobei sich manchmal auch Überschneidungen ergeben. Auf das Potential hingewiesen zu haben, das die Beschäftigung mit den Beständen der landständischen Bibliothek sowohl für die Erforschung des Dreißigjährigen Kriegs wie auch für die politische Kultur der bayerischen Landstände bietet, ist das große Verdienst dieses Beitrags.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/66

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