Das Siegel des Klosters St. Aegidii in Münster von 1423

An einer Urkunde des Archivbestand Nordkirchen findet sich ein doppelt bemerkenswertes Siegel aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.1 Das Siegelwachs ist grün gefärbt, was auf einen geistlichen Siegelführer hinweist. Es handelt sich um das Siegel des St. Aegidii-Klosters in Münster. Wenden wir uns zunächst der Beschreibung des runden Siegels zu:

Zu sehen sind zwei Halbfiguren im Perlenkranz. Sie durchbrechen mit ihren Köpfen die Umrandung. Die Halbfiguren sind auf zwei Rundbögen gesetzt. Zu sehen ist im Heiligenschein (heraldisch) rechts die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind auf dem linken Arm, in der rechten Hand einen Lilienstengel. Auf der linken Seite-ebenfalls durch einen Heiligenschein deutlich hervorgehoben- ist der heilige Abt Aegidius. In der rechten Hand hält er ein Buch in der linken eine Krummstab. Beide zentrale Figuren sind beschriftet. Unter Maria findet sich auf dem Rundbogen die Aufschrift Virgo Mar[ia], unter der Figur des Abtes die Aufschrift S[anctus] Egidius.

Unter dem rechten Bogen ist deutlich der für Mariendarstellungen typische brennende Dornbusch zu sehen.2

Unter dem linken Bogen schreitet eine Hirschkuh, Sinnbild für Christus3

Die hier bereits nicht mehr so deutliche Umschrift jenseits des das Bild umgebenen Perlenkranzes lautet:Sig[illum] ecclesie beati Marie [San]c[t]iq[ue] Egidii in Monast[erio].

Foto: A. Diener

Das zweite große Siegel des Klosters Sankt Aegidii in Münster 1423

Das Siegel hängt an einer Urkunde von 1423. Es ist das zweite große Siegel des Zisterzienzerklosters St. Aegidii. Das erste Siegel ist von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis zum Ende des 14. Jahrhunderts nachzuweisen.4

Inhaltlich hält die Urkunde vom 7. Februar 1423 fest, dass die Äbtissin Mechthild Cleynhorn die Jüngere5 stellvertretend für das ganze Konvent Johann von Büren, Sohn des Junkers Wilhelm  gestattet eine Rente von 3 Mark mit 50 Mark abzulösen, jeweils an Lichtmess.6

Als Zeugen sind angegeben Arnd der Schreiber und Johann Lobbe, Amtmann zu Sankt Ylien. St. Ylien, wieso St. Ylien? Auch in der Einleitung ist eindeutig von Convent St. Ylien in Münster die Rede. Wieso wurde St. Aegidii so genannt? Der Heilige St. Aegidius ist der französische Heilige St. Gilles, der bereits im 12. Jahrhundert in Münster als Retter in der Not höchste Verehrung genossen hat.7

Foto: A. Diener

Eindeutig wird das Kloster Sunte Ylin genannt.

 

Mit der Übernahme des in Westfalen üblichen Niederdeutschen auch in die Sprache der Urkunden wurde aus St. Gilles, bzw. St. Gillis schließlich sunte Ilien oder Tilien ( aus St. Ilien zusammengezogen)  und schließlich St. Ylijn oder- wie in dieser Urkunde St. Ylien.8

Foto: A. Diener

Die Urkunde Nordkirchen, Nr. 233, 1423 Februar 7

 

Literatur:

Wilhelm Kohl,  Das Zisterzienserinnenkloster, später Benediktinerkloster St. Aegidii zu Münster (= Germania Sacra, Dritte Folge 1), Berlin, New York 2009

Theodor Ilgen, Die westfälischen Siegel des Mittelalters / mit Unterstützung der Landstände der Provinz hrsg. vom Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens. Bd. III.Die Siegel der geistlichen Corporationen und der Stifts-, Kloster- und Pfarr-Geistlichkeit, Münster 1889

Die zentrale Literaturangabe für die symbolischen Darstellungen auf Siegeln ist: Lexikon der Christlichen Ikonographie.  8 Bände  Hier: Rom, Freiburg, Basel, Wien 1994/2004

  1. Nordkirchen, Urkunden, Nr. 233, 1423 Februar 7
  2. Anders als Ilgen es formuliert ist hier kein Symbol für die Jungfräulichkeit gemeint, vgl. Ilgen, Westfälische Siegel Bd. 3, S. 54. Zum Symbol des Dornenbusches als Mariensymbolik vgl. auch M.Q. Smith, Dornenbusch, in: Lexikon für christliche Ikonographie, Bd. 1, sp. 510-511.
  3. P. Gerlach, Hirsch, in: Lexikon für christliche Ikonographie, Bd. 2, sp. 286-289. Hier v.a. sp. 286-287.
  4. Ilgen, Westfälische Siegel, Bd. 3, S. 54.
  5. Mechthildis Cleivorn die Jüngere (1417-1430) war 1423 Äbtissin. Sie entstammte einem münsterschen Erbmännergeschlecht. Vgl. Kohl,  S.282.
  6. Nordkirchen, Urkunden, Nr. 233, 1423 Februar 7. Domenica prima post Purificationis B. Mariae virginis
  7. Kohl, S. 36-37, hier S. 37.
  8. Kohl, S. 31.

Quelle: http://siegelblog.hypotheses.org/79

Weiterlesen

Das Siegel der Universität Oxford an einer Urkunde des 18. Jahrhunderts

Oxford_Siegel_klein

 

Interessant sieht das Siegel aus, das die engliche Ehrendoktorwürde der Universität Oxford eines westfälischen Adeligen aus dem 18. Jahrhundert beglaubigte. Erstaunlicherweise hat es mit dem heutigen " Siegel" bzw. Logo der Universiät visuell kaum etwas zu tun (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Uni_oxford_logo,.svg&filetimestamp=20081116171714&).

Es zeigt im Bild die Universität des Mittelalters: In der Mitte übergroß der  Professor, der seinen Studenten eine Vorlesung hält. Die Studenten sitzen auf einem typisch mittelalterlichen Holzgestühl rund um ihren Professor gescharrt. Ob es sich bei dem abgebildeten Professor um einen Heiligen handelt, wird nicht deutlich. Er ist in jedem Fall, wie die sichtbare Tonsur erkennen lässt Mönch. Die Umschrift lautet: "+Sigill[um] cancellarii  et universitatis Oxoniens". Auch der Ochse, der sprechend in späterer Zeit im Siegel eine Rolle spielt. (Vgl. z.B. das Siegel von 1433:http://archives.balliol.ox.ac.uk/Archives/stcross01.asp)

Es ist tatsächlich zur Mitte des 18. Jahrhunderts das älteste Siegel der Universität Oxford, das an die Urkunde mit der Ehrendoktowürde gehängt wird. Es stammt nachweislich aus dem Jahr 1300.  Trotz anderer Siegel und eines schon füh aufkommenden Wappens (http://www.oua.ox.ac.uk/enquiries/arms.html), das in späterer Zeit als Siegel, bzw. Symbol der Universität genutzt wurde, griff man zu diesem besonderen Anlass auf das älteste Siegel zurück. Es wurden also zeitgleich mehrere Siegel gleichzeitig genutzt. Dies tat man einerseits aus legitimatorischen Gründen, anderseits aus traditionellen. Auf diese Weise wurde die lange Geschichte der Universität, die bis in das 11. Jahrhundert zurückreicht hervorgehoben und die Würde und Bedeutung der Ehrendoktorwürde betont. Vermutlich wurde es in der frühen Neuzeit für diese besonderen Zwecke genutzt, ähnlich wie in mittelalterlichen Städten das sogenannte "große Stadtsiegel". Die älteste Siegel an dieser Stelle hat damit in doppelter Weise beglaubigende Funktion, einmal in rechtlicher und dann in historischer Art und Weise.

 

Literatur: A Short History of the English People by J R Green (Macmillan, 1892).

 

 

 

Quelle: http://siegelblog.hypotheses.org/47

Weiterlesen