“Geheimnisvolle Farbe” aus China? “Das Geheimnis der Farben” neu gelesen

Auf die Bedeutung von Farben für die Kulturgeschichte wurde auch auf de rebus sinicis schon wiederholt hingewiesen[1]. Victoria Finlays Das Geheimnis derFarben. Eine Kulturgeschichte[2] enthält über die zehn Kapitel – Ocker, Schwarz und Braun, Weiß, Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo, Violett – verstreut so manche Passage mit “China-Bezug”.

Die Ausführungen über chinesische Tusche kreisen nicht nur um die Malerei, sondern auch um den Daoismus (S. 110-112). Auch über die Vorbereitungen zum Gebrauch der Tusche wird der Leser informiert: “In China erlebte ich, wie ein Kalligraph ein Stückchen Pinienrußtinte auf dem Tintenstein seines Großvaters zerrieb, noch bevor er sich für die Papiersorte entschied auf der er schreiben wollte.”  (S. 88)

Im Zusammenhang mit der Bedeutung von Farben für das gesellschaftliche Leben und für soziale Hierarchien wird einerseits das dem Kaiser vorbehaltene Gelb (S.

[...]

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1687

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Die chinesische Schrift … und was angehende Historiker/innen darüber wissen sollten

Die Möglichkeit, im Rahmen der in der Studieneingangs- und Orientierungsphase (BA Geschichte) vorgesehenen Vorlesung “Theorien und Geschichte schriftlicher Quellen und Medien” in 60-70  Minuten die Geschichte der chinesischen Schrift zu präsentieren (Universität Wien, 29. 10. 2014), stellt zumindest in zweifacher Hinsicht eine Herausforderung dar: einerseits soll ein einführender Längsschnitt durch die Geschichte der chinesischen Schriftkultur geboten werden, andererseits muss auch der politisch-kulturelle Hintergrund (Orakelwesen in der chinesischen Antike, Vereinheitlichungen und “Reformen” der chinesischen Schrift, Einflüsse von Konfuzianismus und Buddhismus auf die Entwicklung von Schriftkultur, Anfänge von Papier und Buchdruck, etc.) berücksichtigt werden.

Nachdem unter anderem “epochen- und  raumübergreifendes Grund- und Orientierungswissen über Schriftkultur” sowie “Grund- und Orientierungswissen über Geschichte, Funktion, Bedeutung und Analyse schriftlicher [...] Quellen”[1] vermittelt werden soll, hat sich die folgende Vorgangsweise geradezu angeboten:

Einleitend wurden die zentralen Faktoren bei der Entwicklung der Schrift (Wandel der Schreibmaterialien, ästhetische Vorstellungen (Kalligraphie!), neue Möglichkeiten und Techniken der Vervielfältigung, gesellschaftliche Umbrüche) benannt. Es folgten Beispiele für die zur Rektonstruktion der Geschichte der chinesischen Schrift wichtigen Schriftträger (Knochen, Bronze, Stein, Bambus, Holz, Papier – die auf Seide geschriebenen Bücher wurden der Vollständigkeit halber am Rande erwähnt).[2]

Die Ausführungen zu jüngeren Debatten um die schrifttypologische Einordnung/Beschreibung des Chinesischen wurden bewusst kurz gehalten – ebenso der Hinweis auf die sechs Strukturtypen (liushu 六書) chinesischer Schriftzeichen.

Die Frage nach der Anzahl der chinesischen Schriftzeichen wurde aus drei Blickwinkeln beleuchtet: 1.) Anzahl der allgemein gebräuchlichen Schriftzeichen, 2) Anzahl der Schriftzeichen in zweisprachigen Chinesisch-Wörterbüchern und 3) Anzahl der Schriftzeichen in einsprachigen Wörterbüchern und Zeicheninventaren (Beispiel: Unicode).

Eine Graphik verdeutlichte dann Entwicklung, Abfolge und Zusammenhänge der wichtigsten Schriftstile (Große und Kleine Siegelschrift, Kurialschrift, Modellschrift, Schreibschrift und Konzeptschrift). Als Beispiel für die so genannte “wilde Konzeptschrift” wurde ein Ausschnitt aus der Autobiographie des buddhistischen Mönchs Huaisu (8. Jh.n.Chr.) gezeigt.[3]. Ebensowenig durfte ein Blick auf das älteste erhaltene gedruckte datierte Buch – das Diamantsutra aus dem Jahr 868 n. Chr. – fehlen.[4]

Um den vorgegebenen Zeitrahmen einhalten zu können, folgte dann ein “Sprung” ins 18. Jahrhundert – zu einer Seite aus der wohl umfassendsten jemals gedruckten (chinesischen) Enzyklopädie (Gujin tushu jicheng 古今圖書集成 , d.i. “Sammlung von Texten und Illustrationen aus alter und neuer Zeit”, 1720er Jahre).

Auf Beispiele zur Ordnung und Anordnung der chinesischen Schriftzeichen (unter anderem eine Seite aus einem frühen (1872) chinesischen Telegraphencode) folgten dann zusammenfassende Bemerkungen zu der nach der Gründung der Volksrepublik China (1949) in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts durchgeführten Schriftreform (Vereinfachung der Schriftzeichen, Verbreitung des Hochchinesischen, Entwicklung einer Lautumschrift). Erläuterungen zu nicht nur schriftgeschichtlich bemerkenswerten Einzelheiten der Seite 1 der Renmin Ribao 人民日報 (“Volkszeitung”) vom 20.12.1977 standen am Ende des Vortrags.

  1. Vgl. dazu Universität Wien, Studienpläne Geschichte, Studienplan-Wiki
  2. Dabei wurde auch auf einige der im Rahmen der Serie Kulturgeschichte Chinas im Netz vorgestellten Sammlungen zurückgegriffen.
  3. Vgl. http://www.npm.gov.tw/masterpiece/fPreview.aspx?sNo=04001004
  4. Vgl. British Library, Turning the Pages.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1458

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (VII): The Chinese Experience

The Chinese Experience – angesiedelt auf den Seiten der University of Maine at Farmington und betrieben von Marilyn Shea (Department of Psychology) – bietet schon durch eine reichhaltigen Bibliographien (China Bibliography. Collections of Resources) weiterführende Informationen zur Kulturgeschichte Chinas: Die Themen Buddhismus, Kunst, Kunst und Gesellschaft, Kalligraphie  werden ebenso berücksichtigt, wie der Bereich Stadt und Urbanisierung.

Ein weiterer – reich bebilderter – Bereich der Seite orientiert sich an den geographischen Gegebenheiten Chinas. Vor allem die Große Mauer (Great Wall, Great Wall Pictures), Beijing (Historic Beijing, Beijing History through Pictures, Modern Beijing Culture), Xi’an (vgl. auch Xi’an in Pictures) und Shanghai (Modern Shanghai and the Bund, Historic Shanghai Region) werden dabei hervorgehoben.

Weitere Informationen zur Kunst- und Kulturgeschichte Chinas folgen einer thematischen Ordnung:

Neben einem Beispiel für das Werk des Dichters Bei Dao (The Poetry of Bei Dao) und für das Werk des Kalligraphen Deng Jing Ren (Calligraphy by Deng Ling Ren), wird eine Auswahl von Exponaten chinesischer Bronzekunst präsentiert, die 2004 im National Museum of China (Beijing) gezeigt wurden (Chinese Bronzes). Eindrücke von der Geschichte und Entwicklung chinesischer Malerei vom 7. bis ins späte 19. Jahrhundert werden mit einer Auswahl von Werken aus den Beständen des Shanghai Museum vermittelt (Painting: Tang-Qing). Die Bestände des Shanghai Museum bilden auch die Grundlage für die Veranschaulichung der Entwicklung der chinesischen Kalligraphie von den Anfängen bis zum Ende der Kaiserzeit (Calligraphy: Shang-Qing) sowie für ausgewählte Beispiele zu Möbelkunst und Wohnkultur zur Zeit der Ming-Dynastie (1368-1644; vgl. Ming Dynasty Furniture). Die im Nationalen Kunstmuseum in Beijing bis Februar 2008 gezeigte Ausstellung liegt dem Abschnitt über chinesische Drachen zugrunde (99 Chinese Kites). Jade-Objekte (Chinese Jade) aus dem Capital Museum (Beijing) sowie ein historischer Längsschnitt durch die Bestände des Historischen Museums der Provinz Shaanxi (Shaanxi History Museum) runden die sehr informative Seite ab.

Die ersten sechs Teile dieser Serie:

Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0.”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (V): Die “Stanford Encyclopaedia of Philosophy”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (VI): Das China Online Museum

 

 

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1423

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (VI): Das China Online Museum

Trotz der sehr dürftigen Angaben unter Impressum/Kontakt bietet das China Online Museum zumindest einführende Bemerkungen zu den verschiedenen Gebieten der chinesischen Kunst(geschichte), etwa in Bronzekunst, Kalligraphie, Malerei, Keramik und Schnitzkunst. Orientieren sich die Texte an den Informationen aus dem Nationalen Palastmuseum in Taipei, aus der Encyclopaedia Britannica (!) und Wikipedia (!!!) so stammen die Bilder aus mehreren Museen der Volksrepublik China und der Republik China (Taiwan) sowie aus amerikanischen und japanischen Museen.[1]

Die Präsentation der Bronzegefäße erfolgt nach einer Einleitung in chronologischer Ordnung: a) Shang-Zeit (16.-11. Jh. v. Chr.), b) Zhou-Zeit (11.-3. Jh. v. Chr.), c) Qin- (221-207 v. Chr.) und Han-Dynastie (206 v.-220 n. Chr.).

Der Bereich Kalligraphie widmet sich einerseits der Entwicklung der unterschiedlichen Schriftstile, den – in “De rebus sinicis” bereits ausführlich vorgestellten “Vier Schätzen des Studierzimmers”[2] – und über vierzig bedeutenden Kalligraphen, die zwischen dem 3. Jahrhundert nach Christus und der späten Kaiserzeit gewirkt haben. Dazu kommt noch eine Sammlung berühmter Kalligraphien.

Der Bereich Malerei ist ähnlich aufgebaut: Nach kurzen Bemerkungen zur Geschichte der chinesischen Malerei wird Leben und Werk von knapp achtzig bedeutenden Malern  vorgestellt. Zudem werden auch Eindrücke von den wichtigsten Themen chinesischer Malerei vermittelt: Landschaften, Blumen, Vögel. Zudem werden berühmte Werke der chinesischen Malerei präsentiert.

Ähnlich wie im Fall der Bronzegefässe ist auch der Bereich Keramik chronologisch aufgebaut: Der Bogen spannt sich vom Neolithikum bis zur späten Kaiserzeit (Qing-Dynastie) – die Stationen dazwischen: Bronzezeit, Han-Dynastie, die Zeit der Sechs Dynastien, Tang-, Song-, Yuan- und Ming-Dynastie.

Nach den einzelnen Materialien ist der Bereich Schnitzkunst aufgebaut: Holz, Bambus, Elfenbein, Rhinozeroshorn und Siegelkunst.

Auf der Suche nach Bildmaterial zu den genannten Themen ist das China Online Museum als Einstieg durchaus nützlich. Unbedingt zu empfehlen ist allerdings der Besuch des Online-Angebots der einzelnen Sammlungen, die diesem “virtuellen” Museum zu Grunde liegen.

Die ersten fünf Teile dieser Serie:

Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)
Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0.”
Kulturgeschichte Chinas im Netz (V): Die “Stanford Encyclopaedia of Philosophy”

  1. Vgl. dazu die detaillierten Angaben am Fuß der Startseite.
  2. Vgl. dazu “Vier Schätze des Studierzimmers (V)”.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1411

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Vier Schätze des Studierzimmers (V)

Nach einer Erläuterung des Begriffs der “Vier Schätze” (I) und Beiträgen zu Tusche (II), Tuschereibstein (III) und Pinsel (IV) folgen zum Abschluss der Serie nun Bemerkungen zu kulturgeschichtlichen Aspekten des Papiers[1]

Schon um 100 n. Chr. wurde das Schriftzeichen für Papier (zhi 紙) als “a mat of refuse fibres” definiert[2]. Diese Definition war somit schon zu jener Zeit fest etabliert, für die (etwa 105 n. Chr.) die Tradition die “Erfindung” des Papiers durch Cai Lun 蔡倫, den Direktor der kaiserlichen Werkstätten angibt. Cai Lun hatte allerdings wohl entscheidenden Anteil daran, dass ab dem frühen 2. Jahrhundert n. Chr. einige davor in diesem Zusammenhang wenig beachtete Materialien (u. a. Hanffasern und Stoffabfälle) für die Papierherstellung verwendet wurden.  Bis dahin hatte man überwiegend auf Bambusstreifen beziehungsweise Holztäfelchen sowie auf Seide geschrieben. Das nun qualitativ deutlich verbesserte Papier hatte den Vorteil preiswerter als Seide und leichter als Bambus oder Holz zu sein.[3]

Das Papier, das -  neben Kompass, Schießpulver und Buchdruck – auch zu den vier großen Erfindungen (si da faming 四大發明) der traditionellen chinesischen Kultur gezählt wird, wurde – sobald es beschrieben oder bedruckt war – mit großem Respekt behandelt. Dieser Respekt, der durch die lange kontinuierliche Schrifttradition und das damit verbundene hohe Alter der chinesischen Schrift und ihrer Vorformen begründet war, zeigte sich darin, dass man in der Regel das beschriebene Papier weder achtlos wegwarf noch zerriss. Das nicht mehr benötigte Papier wurde gesammelt und in Öfen verbrannt. [4]

Die Verwendungsmöglichkeiten reichten weit über den Bereich von Verwaltung, Kalligraphie und Buchdruck hinaus – so wurde Papier beispielsweise auch bei religiösen Zeremonien verwendet: einerseits wurden papierene Bilder im Rahmen von Zeremonien verbrannt, um die Bitten auf diesem Weg zu den Göttern zu tragen, andererseits wurden solche Bilder über einen gewissen Zeitraum auf- beziehungsweise ausgestellt, ehe man sie zu dem gleichen Zweck verbrannte. [5]

 

  1. Zur Geschichte des Papiers in China vgl. Tsien Tsuen-hsuin: Paper and Printing (= Joseph Needham (Hg.): Science and Civilisation in China. Volume 5: Chemistry and Chemical Technology, Part 1; Cambridge 1985). Zur Kulturgeschichte des Papiers allgemein vgl. Wilhelm Sandermann: Papier. Eine Kulturgeschichte (Berlin/Heidelberg/New York, 3. Aufl. 1997), zu China vgl. ebd. 63-80. Erst mit der “Ausbreitung des Papiers in Europa” (unter Berücksichtigung der Rolle des arabisch-islamischen Raumes) setzt die Darstellung von Lothar Müller: Weiße Magie. Die Epoche des Papiers (München 2012) ein.
  2. Vgl. Tsien: Paper and Printing, 35.
  3. Vgl. Klaus Flessel: “Die Erfindung des Buchdrucks in China sowie einige Anmerkungen zu seiner frühen Nutzung”, Archiv für Geschichte des Buchwesens 57 (2003) 270 sowie Tsien: Paper and Printing, 40
  4. Chinesische Darstellungen von Papiersammlern fanden schon früh Eingang in europäische Sammlungen. Vgl. etwa Renate Eikelmann (Hg.): Die Wittelsbacher und das Reich der Mitte (München 2009) 504 (Kat.-Nr. 216: “Papiersammler”).
  5. Vgl. C.V. Starr East Asian Library: Chinese Paper Gods. Vgl. auch Terry Abraham (Univ. of Idaho): Chinese Funerary Burners. A Bibliography

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/570

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Vier Schätze des Studierzimmers (IV)

Sobald die Tusche auf dem Reibstein angerieben worden ist, konnte und kann man zum Pinsel greifen. Durch ihre Bedeutung für Malerei und Kalligraphie stellen Tusche und Pinsel “vielleicht sogar das prägnanteste Ausdrucksmittel”[1] der chinesischen Kunst dar. In der Phrase bi mo zhi yan 筆墨紙硯 (d.i. Pinsel, Tusche, Papier, Reibstein), die für die wichtigsten Utensilien des Kalligraphen steht, wird der Pinsel gar an erster Stelle genannt.

Während die Legende dem Qin-General Meng Tian 蒙恬 (ausgehendes 3. Jh.v.Chr.) die Erfindung des Pinsels zuschreibt, ist jedoch davon auszugehen, dass der Pinsel schon viel früher Verwendung gefunden hatte, spätestens nachdem man dazu übergegangen war, Texte auf Bambus und Seide zu schreiben. [2]

Bei der Herstellung des Pinsels werden Tierhaare (von Hirsch, Ziege, Hase, Fuchs und Wolf) oder Vogelfedern verwendet.[3]. Stand das Zeichen bi 筆 früher ausschließlich für Pinsel, so bezeichnet es (mit entsprechenden Zusätzen) heute alle Schreibgeräte.

Die Bedeutung des Pinsels für Literatur und Kultur fand nicht zuletzt in frühen Klassifikationen chinesischer Literatur ihren Niederschlag. In seinem Wenxin diaolong 文心彫龍 (“Literarische Gesinnung und das Schnitzen von Drachen”), in dem er die literarischen Werke in 34 Kategorien einteilte, ordnete Liu Xie 劉勰 Prosawerke unter die Rubrik bi 筆 ein, während er die Dichtung in der Rubrik wen 文 – zu wen vgl. Annäherungen zum Kulturbegriff im Chinesischen – auflistete.[4]. Diese Unterscheidung, die also Ende des 5./Anfang des 6. Jahrhunderts verbreitet gewesen zu sein scheint, wird später auch bei dem japanischen Mönch Kūkai (774-835) erwähnt:

“In der Art, Texte zu schreiben, gibt es nur bi und wen. Wen umfaßt Gedichte, Rhapsodien, Inschriften, Preisungen, Ermahnungen, Würdigungen, Klagelieder und dergleichen mehr; bi umfasst Erlasse, Pläne, Throneingaben, Stellungnahmen, Briefe, Berichte usw. Oder um es direkt zu sagen: was sich reimt, ist wen, und was sich nicht reimt, ist bi.”[5]

Die Homophonie von bi 筆 (Pinsel) und bi 必 (sicher, sicherlich) fand etwa in der chinesischen Symbolik ihren Niederschlag. Ist der Pinsel durch die Nabe eines Rades gesteckt, bedeutet dies “er wird sicher treffen” (hier machte man sich die Bedeutungen von zhong 中 (einerseits “Mitte”, andererseits “ein Ziel treffen”) zunutze. Diese Anspielung soll den Wunsch zum Ausdruck bringen, dass ein Kandidat bei den Beamtenprüfungen, die erst eine Karriere als Gelehrten-Beamter ermöglichten, bestehen möge/werde. [6]

 

  1. Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte (München 2008) 221.
  2. Vgl. Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte  der chinesischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart (München, 2. Aufl., 1999) 84.
  3. Eine nützliche Übersicht über die Herstellung und die einzelnen Teile des Pinsels sowie über die verschiedenen Formen von Pinselspitzen in Grove Art Online: China § XIII,4 Brushes sowie Asia-Art.net: Chinese Brush-Painting.
  4. Vgl. Grand Dictionnaire Ricci de la lange chinoise, Bd. IV, S. 987 (Nr. 8813. Zum Wenxin diaolong vgl. chinaknowledge.de: Wenxin diaolong.
  5. Zitiert nach Schmidt-Glintzer: Geschichte der chinesischen Literatur, 251
  6. Vgl. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen (München, 5. Aufl., 1996) 230 (‘Pinsel’), Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 264 (‘Writing Instruments’).

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/558

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Vier Schätze des Studierzimmers (III)

Nach allgemeinen Angaben zum Begriff der Vier Schätze und Bemerkungen zur Tusche wird im Folgenden der für das Anreiben der Tusche unerläßliche Reibstein (yan 硯 beziehungsweise yantai 硯臺) betrachtet. Jemand, der “die Felder des Tuschesteins pflügte” (geng yantian 耕硯田), verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit Schreiben beziehungsweise mit literarischer Tätigkeit.

reibstein

Reibstein – Foto: Monika Lehner

Zilu 子路, eigentlich Zhong You 仲由, einer der Schüler des Konfuzius, gilt als “Schutzpatron” der Produzenten von Tuschereibsteinen. Reibsteine, die zum Anrühren der Stangentusche mit Wasser verwendet werden, wurden unter anderem in Gräbern von Adeligen aus der Zeit der Han-Dynastie (206 v. – 220. n. Chr.) gefunden. Größe und Form dieser Reibsteine orientieren sich zum einen nach der Größe des Pinsels und der jeweils benötigten Menge an Tusche.[1] Neben einer entsprechenden Vertiefung für das zum Anreiben des Tuschestücks benötigten Wassers findet sich auf jedem Reibstein eine entsprechend große Fläche (yanchi 硯池) zum Anreiben des Tuschestücks.

Diese Tuschesteine – daneben existieren auch Reib”steine” aus Keramik oder Metall – wurden in den verschiedenen Regionen Chinas produziert und in der Regel nach ihrer Herkunft benannt. Zu den berühmtesten zählen der bei Zhaoqing 肇慶 in der früheren Präfektur Duanzhou 端州 (Provinz Guangdong), hergestellte Duanyan 端硯, der in der Provinz Anhui produzierte Sheyan 歙硯 und auch der aus dem Süden der nordwestlichen Provinz Gansu stammende Taoyan 洮硯. Zusammen mit dem seit der Tang-Zeit und ursprünglich in Luoyang 洛陽 (in der heutigen Provinz Henan) hergestellten Chengniyan 澄泥硯 gelten diese als die vier berühmesten Reibsteine Chinas.[2]

Zu den berühmtesten Tuschesteinen entstanden im Laufe der Zeit zahlreiche Abhandlungen, die sich neben der “Entdeckung” der Fundstätten, Bedeutung einzelner Fundorte und Wegbeschreibungen zu diesen Plätzen auch mit Themen wie der Auswahl von Reibsteinen (Qualität, Formen, etwaige Mängel), möglichen Reparaturen von Reibsteinen und dergleichen beschäftigt.[3]

 

  1. Tsien Tsuen-hsuin: Paper and Printing (= Joseph Needham (Hg.): Science and Civilisation in China. Volume 5: Chemistry and Chemical Technology, Part 1; Cambridge 1985) 238. Vgl. auch Zhang Wei: The four treasures. Inside the scholar’s studio (San Francisco 2004) 2.
  2. Chen Tingyou: China – Die Kalligraphie (Beijing 2004) 42 sowie Zhang: The four treasures, 39-52
  3. Vgl. dazu die Beispiele bei Martina Siebert:  Pulu 譜錄. ‘Abhandlungen und Auflistungen’ zu materieller Kultur und Naturkunde im traditionellen China (opera sinologica 17; Wiesbaden 2006) 136 f. und 173.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/539

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Vier Schätze des Studierzimmers (III)

Nach allgemeinen Angaben zum Begriff der Vier Schätze und Bemerkungen zur Tusche wird im Folgenden der für das Anreiben der Tusche unerläßliche Reibstein (yan 硯 beziehungsweise yantai 硯臺) betrachtet. Jemand, der “die Felder des Tuschesteins pflügte” (geng yantian 耕硯田), verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit Schreiben beziehungsweise mit literarischer Tätigkeit.

reibstein

Reibstein – Foto: Monika Lehner

Zilu 子路, eigentlich Zhong You 仲由, einer der Schüler des Konfuzius, gilt als “Schutzpatron” der Produzenten von Tuschereibsteinen. Reibsteine, die zum Anrühren der Stangentusche mit Wasser verwendet werden, wurden unter anderem in Gräbern von Adeligen aus der Zeit der Han-Dynastie (206 v. – 220. n. Chr.) gefunden. Größe und Form dieser Reibsteine orientieren sich zum einen nach der Größe des Pinsels und der jeweils benötigten Menge an Tusche.[1] Neben einer entsprechenden Vertiefung für das zum Anreiben des Tuschestücks benötigten Wassers findet sich auf jedem Reibstein eine entsprechend große Fläche (yanchi 硯池) zum Anreiben des Tuschestücks.

Diese Tuschesteine – daneben existieren auch Reib”steine” aus Keramik oder Metall – wurden in den verschiedenen Regionen Chinas produziert und in der Regel nach ihrer Herkunft benannt. Zu den berühmtesten zählen der bei Zhaoqing 肇慶 in der früheren Präfektur Duanzhou 端州 (Provinz Guangdong), hergestellte Duanyan 端硯, der in der Provinz Anhui produzierte Sheyan 歙硯 und auch der aus dem Süden der nordwestlichen Provinz Gansu stammende Taoyan 洮硯. Zusammen mit dem seit der Tang-Zeit und ursprünglich in Luoyang 洛陽 (in der heutigen Provinz Henan) hergestellten Chengniyan 澄泥硯 gelten diese als die vier berühmesten Reibsteine Chinas.[2]

Zu den berühmtesten Tuschesteinen entstanden im Laufe der Zeit zahlreiche Abhandlungen, die sich neben der “Entdeckung” der Fundstätten, Bedeutung einzelner Fundorte und Wegbeschreibungen zu diesen Plätzen auch mit Themen wie der Auswahl von Reibsteinen (Qualität, Formen, etwaige Mängel), möglichen Reparaturen von Reibsteinen und dergleichen beschäftigt.[3]

 

  1. Tsien Tsuen-hsuin: Paper and Printing (= Joseph Needham (Hg.): Science and Civilisation in China. Volume 5: Chemistry and Chemical Technology, Part 1; Cambridge 1985) 238. Vgl. auch Zhang Wei: The four treasures. Inside the scholar’s studio (San Francisco 2004) 2.
  2. Chen Tingyou: China – Die Kalligraphie (Beijing 2004) 42 sowie Zhang: The four treasures, 39-52
  3. Vgl. dazu die Beispiele bei Martina Siebert:  Pulu 譜錄. ‘Abhandlungen und Auflistungen’ zu materieller Kultur und Naturkunde im traditionellen China (opera sinologica 17; Wiesbaden 2006) 136 f. und 173.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/539

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Vier Schätze des Studierzimmers (II)

Während archäologische Befunde den Gebrauch von tuscheähnlichen Substanzen bereits für das Neolithikum belegen, schrieb man die Erfindung der Tusche traditionell dem Kalligraphen Wei Dan 韋誕 (179-253) zu[1]. Das später in der Bedeutung “Tusche” gebrauchte Schriftzeichen mo 墨 bezeichnete ursprünglich eine Methode der Bestrafung, bei der das Gesicht geschwärzt beziehungsweise tätowiert wurde[2].

Zumindest ab der Han- (206. v. – 220 n. Chr.) und bis in die Song-Zeit (960-1279) war der Ruß, den man beim Verbrennen von Kiefernholz gewann, der zentrale Bestandteil chinesischer Tusche. Erst danach wurde auch Lampenruß – der beim Verbrennen tierischer, pflanzlicher und mineralischer Öle entstand – für die Tuscheproduktion verwendet.[3]. Wie Song Yingxing 宋應星 (1587-1666?) in seiner in der ausgehenden Ming-Zeit (17. Jahrhundert) entstandenen technisch-naturkundlichen Enzyklopädie Tiangong kaiwu 天工開物 (“Die Nutzung der natürlichen Vorkommen”) schrieb, wurden damals 90% der Tusche aus Kiefernruß und nur 10 % aus Lampenruß gewonnen[4]

Für die Veredelung der Tusche stand ein breites Repertoire erlesener Ingredienzen zur Verfügung:

Der Abrundung von Farbe und Glanz der Tusche diente die Zugabe von feinst zerstoßenen Perlen, die Beimengung von Schweine- und Karpfengalle sowie von Extrakten aus Galläpfeln, Granatapfelschalen, Päonienrinde usw. Das Rosinchen für den Kenner war die olfaktorische Aufbesserung mit Hilfe von Kampfer, pulverisierten Nelken, Sandelholzaroma, Moschus, etc.[5]

Wie wichtig die Herstellung der Tusche war, spiegelt sich nicht zuletzt darin, dass vor allem ab der Tang-Zeit (618-906) eine ganze Reihe von bedeutenden Produzenten namentlich bekannt sind.[6]

Die Masse, die nach längerem Bearbeiten in einem Mörser entstand, wurde schließlich in Formen gepreßt und getrocknet, so dass feste Tuschestücke entstanden. Vor dem Schreiben mussten diese Tuschestücke – im Laufe der Geschichte zunächst Kugeln oder Halbkugeln, später dann rechteckig – in einem Reibstein unter Hinzufügen von angerieben werden. [7]

  1. Tsien Tsuen-hsuin: Paper and Printing (= Joseph Needham (Hg.): Science and Civilisation in China. Volume 5: Chemistry and Chemical Technology, Part 1; Cambridge 1985) 237 f.
  2. Vgl. ebd., 238.
  3. Vgl. Klaus Flessel: “Die Erfindung des Buchdrucks in China sowie einige Anmerkungen zu seiner frühen Nutzung” In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 57 (2003) 267 f.
  4. Tsien: Paper and Printing, 241. Zu Song vgl. Dagmar Schäfer: “Der Außenstehende. Song Yingxing 宋應星 (1587-1666?). In: Heiner Roetz (Hg.): Kritik im alten und modernen China (Jahrbuch der Deutschen Vereinigung für Chinastudien 2, Wiesbaden 2006) 165-178.
  5. Flessel, “Erfindung des Buchdrucks”., 268. Vgl. dazu auch Tsien: Paper and Printing, 246 sowie Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte (München 2008) 219 “Pflanzliche Beimengungen der Tusche (zusammengestellt nach den Erwähnungen im Mopu fashi)
  6. Vgl. dazu Tsien: Paper and Printing, 245 f.
  7. Vgl. Roland G. Knapp (Text), Michael Freeman (Fotos): Things Chinese. Antiques – Crafts – Collectibles (Tokyo/Rutland/Singapore, 2011) 41 f.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/523

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Vier Schätze des Studierzimmers (I)

Entsprechend der großen Bedeutung von Schrift und Schriftlichkeit maßen die Gelehrten-Beamten im traditionellen China den zum Schreiben benötigten Utensilien große Bedeutung bei. Diese Bedeutung von Schriftlichkeit und Schriftkunst spiegelt sich nicht zuletzt in dem für die im Frühjahr 2004 an der Pariser Bibliothèque Nationale gezeigte Ausstellung gewählten Titel “Chine: l’Empire du trait” wider. In diesem Sinne würdigt “De rebus sinicis” die kulturgeschichtlichen Bedeutung dieser Utensilien im Rahmen einer Serie, die mit der Erläuterung des Begriffs der “Vier Schätze” und mit einem Überblick über frühe Abhandlungen darüber beginnt.

Papier (zhi 紙), (Schreib-)Pinsel (bi 筆 bzw. maobi 毛筆), Stangentusche (mo 墨) und Reibstein (yan 硯) wurden gemeinhin als die “vier Schätze des Studierzimmers” (wenfang sibao 文房四寶) bezeichnet.[1]

“Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, daß die Schreibutensilien des Gelehrten nicht nur zu höchster Verfeinerung entwickelt wurden, sondern sich auch eine Kennerschaft und Liebhaberei um das Schreibgerät herausbildete, wie sie sich in diesem Maße in keiner anderen der uns bekannten Kulturen finden.”[2]

Die intensive Beschäftigung mit diesen “vier Schätzen” führte schließlich auch zu deren ausführlicher Beschreibung.

Vier Schätze

“Vier Schätze” | Foto: Monika Lehner

Der aus der heutigen Provinz Sichuan stammende Autor Su Yijian 蘇易簡 verfasste im 10. Jahrhundert (das Nachwort ist auf das Jahr 986 datiert) das Wenfang sipu 文房四譜 (d. i. “Abhandlung über die Vier Schätze des Studierzimmers”; in einigen Bibliographien auch mit dem Titel Wenfang sibao pu 文房四寶 gelistet). Su präsentierte darin Informationen über jeden dieser Vier Schätze, unter anderem zur Herstellung sowie zu “historischen Begebenheiten”[3].

Später folgte das von Lin Hong 林洪 verfasste Wenfang tuzan 文房圖贊 (“Illustrierte Huldigungen zur Studierstube”, Vorwort aus dem Jahr 1237). Auch wurden einzelnen dieser Vier Schätze ähnliche Abhandlungen gewidmet, so widmete sich Gao Sisun 高似孫 im 13. Jahrhundert den Tuschereibsteinen (Yan jian 硯箋, 1223)[4].

Weitere Autoren beschrieben die Herstellung von Tusche beziehungsweise den qualitativen Aspekten. Von besonderer Bedeutung ist beispielsweise das vermutlich im späten 11. Jahrhundert 李孝美 verfasste Mopu fashi 墨譜法式, das detaillierte Angaben zur den bei der Herstellung von Tusche erforderlichen Arbeitsschritten enthält.[5]

  1. Vgl. u.a. die Bemerkungen zu “The Scholar’s Desk” in The British Museum/Online Tours: “Mountains and Water: Chinese landscape painting”. Die “vier Schätze” durften auch bei der von Juni bis Oktober 2012 an der Universitätsbibliothek Marburg gezeigten Ausstellung “Kulturgeschichte des chinesischen Buches” nicht fehlen.
  2. Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte der chinesischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart (München, 2. Aufl., 1999) 84 f.
  3. Vgl. dazu Martina Siebert: Pulu 譜錄. “Abhandlungen und Auflistungen” zu materieller Kultur und Naturkunde im traditionellen China (Opera Sinologica 17; Wiesbaden 2006) 218 sowie chinaknowledge.de: “Wenfang sipu. Notes on the Four [Tools] of the Study”
  4. Vgl. dazu Siebert: Pulu, 218 (Yan jian) und 233 (Wenfang tuzan).
  5. Vgl. dazu ebd., 183, zur Übersetzung des Titels vgl. ebd., 139 Anm. 246. Zum Mopu fashi vgl. auch Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte (München 2008) 220 f.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/497

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