Ein Reitergefecht, II

Noch einmal möchte ich auf das Gemälde von Sebastian Vrancx zu sprechen kommen, vgl. Ein Reitergefecht, I. Das Bild hat als Quelle in jedem Fall ihren eigenen Wert, ist aber auch nicht leicht zu lesen. Mit nachstehenden Bemerkungen möchte ich daher versuchen, mich diesem Gemälde zu nähern.

Wie es für diese Art der Malerei typisch ist, gibt es kein konkretes historisches Vorbild für diese Szene; zumindest läßt sich nicht ermitteln, auf welche möglichen Ereignisse sich die Darstellung bezieht. Versuche, für das Bild einen konkreten historischen Bezug herzustellen, dürften jedenfalls ins Leere gehen. Vielmehr wird man Vrancx den Anspruch unterstellen können, hier eine typische Szene in Kriegszeiten festhalten zu wollen (eine der wenigen Ausnahmen hiervon ist der Kampf zwischen Bréauté und Leckerbeetje am 5. Februar 1600 in der Vughter Heide, vgl. den Ausstellungskatalog von 1998 „1648 – Krieg und Frieden in Europa„, S.

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Quelle: https://dkblog.hypotheses.org/1116

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Ein Reitergefecht, I

So viele Schlachten hat es im Dreißigjährigen Krieg gar nicht gegeben, was vielfach der praktizierten Strategie einer Schlachtenvermeidung entsprach. Stattdessen prägten die kleinen bewaffneten Zusammenstöße einzelner Trupps das Bild des Kriegs. Genau wie in diesem Gemälde von Sebastian Vrancx. Es zeigt den „Angriff einer Kavallerieabteilung“, zumindest ist es so auf dem Museumskärtchen beschrieben. Tatsächlich wird der Kampf zweier Reitertrupps dargestellt, wobei der Kampf schon entschieden scheint: die von der unteren rechten Bildseite aus angreifenden Reiter behalten die Oberhand, so daß die andere Partei nach links ausweicht. Auch wenn sie noch Widerstand leisten, setzen sich einige von ihnen bereits ab; mit der Fluchtbewegung in die Tiefe des Bildes entsteht ungefähr eine Diagonale von rechts unten bis links oben, die die Dynamik dieses Gemäldes ausmacht.

Sebastian Vrancx, Reitergefecht, ca. 1618



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Quelle: https://dkblog.hypotheses.org/1114

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Jeremy Black und der Dreißigjährige Krieg

Das Konzept der Militärischen Revolution ist längst in die Jahre gekommen. Zudem hat es eine thematische Überdehnung erfahren, die es vom ursprünglichen Ansatz weit weg geführt hat. Jeremy Black hat an dieser Entwicklung in den vergangenen Jahren kräftig mitgewirkt. In seinem zuletzt erschienenen Buch versucht er nun auch, das Konzept auf eine neue Ebene zu transformieren; vgl. dazu meine Rezension in: sehepunkte 12 (2012), Nr. 12 [15.12.2012], URL: http://www.sehepunkte.de/2012/12/20612.html.

Abseits von dieser Thematik bestechen die Publikationen von Black durch ihren breiten, weltweiten Horizont. Er vergleicht eben nicht nur englische mit der deutschen und russischen Geschichte, nimmt nicht nur osmanische Beispiele hinzu, sondern springt einfach weiter auf den indischen Subkontinent sowie nach Zentral- und Ostasien und vergißt dabei nicht, daß es auch eine afrikanische Geschichte gibt, die zu seiner Thematik etwas beizutragen hat. Natürlich fordert ein solcher welthistorischer Parforce-Ritt immer den Kritikaster heraus, der im Detail Unebenheiten und Unausgewogenes zu monieren findet. Aber das ist nicht der Punkt.

Vielmehr hat es einen ganz speziellen Verfremdungseffekt, den Dreißigjährigen Krieg nicht nur entsprechend reduziert (S. 59-71), sondern auch in ganz ungewohnten Vergleichskategorien vorzufinden. Ich gestehe, daß es mich durchaus irritiert, wenn binnen weniger Zeilen der Sprung von den Mandschu in China zum Dreißigjährigen Krieg und Englischen Bürgerkrieg vollzogen wird, um die allgemein bedeutsame Rolle der Kavallerie herauszustreichen (S. 53). Und mir ist im ersten Augenblick auch nicht wohl dabei, wenn dem Phänomen der schwindenden Rekrutenzahlen im Dreißigjährigen Krieg die zeitgleiche Tendenz der islamischen Reiche gegenübergestellt wird, „slave troops“ ins Feld zu führen (S. 67).

Aber genau damit ist ja schon etwas gewonnen: Wer jahraus, jahrein Wallenstein über die Schulter blickt, wie er seine Riesenarmeen zusammenstellt, und Gustav Adolf seine schwedischen Brigaden befehligen sieht, kann auch mal einen schrägen Blick auf Wohlvertrautes vertragen. Zumindest sollte man sich die Offenheit bewahren, solche ungewohnten Sichtweisen zuzulassen. Die Herangehensweise von Jeremy Black hilft dabei sehr. –

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/55

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