Kulturelle Pluralität des Rechts?


Eine Podiumsdiskussion

 

Copyright: Akademienunion, Foto: Trautvetter

Copyright: Akademienunion, Foto: Trautvetter

Am 29. April fand in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin eine Podiumsdiskussion der Reihe Geisteswissenschaften im Dialog zum Thema „Recht, Kultur, Rechtskultur“ statt.

Auf dem Podium debattierten Christoph Möllers (HU Berlin/Wissenschaftskolleg), Christian Tomuschat (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften), Richard Wittmann (Orient-Institut Istanbul) und Nadjma Yassari (Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht) zum Einfluss kultureller Vielfalt auf die aktuelle Rechtsentwicklung. Moderiert wurde die Veranstaltung von Stephan Detjen, bekannt aus dem Hauptstadtstudio des Deutschlandradios.

 

Integration in bestehende Rechtsordnungen



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Quelle: http://trafo.hypotheses.org/4497

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Transnationale Rechtswissenschaft und die Notwendigkeit methodologischer Selbstvergewisserung

von Anna Katharina Mangold, Goethe-Universität Frankfurt/Main

Als Rechtswissenschaftlerin mit einem Schwerpunkt im nationalen öffentlichen Recht (dieses umfasst Verfassungs- und Verwaltungsrecht), dem Europarecht und völkerrechtlichen Menschenrechtsverträgen fallen mir immer wieder vielfältige transnationale Zusammenhänge auf. In der Rechtswissenschaft geht es weniger um transregionale denn um transnationale Fragen, weil nach wie vor der Nationalstaat als Rechtsquelle von überragender Bedeutung begriffen wird, wohingegen regionales Recht auch im traditionellen Nachdenken über Recht jedenfalls seit der Mitte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung stark verloren hat.

Transnationale Rechtsfragen

Unter transnationalen Rechtsfragen verstehe ich solche, die nicht mehr allein aus einer, etwa der nationalen Rechtsordnung beantwortet werden können, sondern mit Blick auf die Verflechtung verschiedenster Rechtsquellen zu lösen sind. So gibt es neben dem klassischen nationales Recht inzwischen anerkanntermaßen auch supranationales (EU) Recht und internationales Recht (Völkerrecht). Daneben finden sich private Regelungsregime. Im transnationalen Handelsrecht etwa, oftmals als lex mercatoria bezeichnet, entstehen durch standardisierte Verträge zwischen privaten Parteien (z.

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Quelle: http://trafo.hypotheses.org/3454

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Commodification of everything – das Ende der Rechte?

Alles wird zur Ware, und was Ware ist, ist (ver)handelbar – auch grundlegende Rechte. Der Blog Klima der Gerechtigkeit der Heinrich-Böll-Stiftung verweist auf ein neues Gesetz zur Nachhaltigkeit in Ghana (Sustainable Development Law, SDL), das die Regierung dort am 1. August 2014 beschlossen hat. Dieses sieht vor, einen Markt für Nachhaltigkeitskredite zu schaffen  – Firmen, die etwa bei der Rohstoffförderung natürliche Resourcen zerstören oder Ökosysteme verändern, können dies dann durch Maßnahmen an anderen Orten oder anderen Feldern “ausgleichen”. Diese Art der (äußerst umstrittenen) Ausgleichsmaßnahmen gibt es bereits in vielen westlichen und südlichen Staaten, insbesondere im Bereich Biodiversität und Klimaschutz, sie sind Teil der Maßnahmen, mit denen die Umweltgesetzgebung seit den 1990er Jahren “flexibilisiert” wurde. So verwundert es auch nicht,  dass von der Europäischen Kommission finanzierte Experten an der Ausarbeitung der Details und der Umsetzung in Ghana beteiligt sind.

Bemerkenswert ist jedoch, dass sich das Gesetz nicht auf mehr auf Umweltgesetze beschränkt – in den neu zu schaffenden Kreditmarkt werden auch Menschen- und Gemeinschaftsrechte einbezogen.

Neben carbon credits, biodiversity credits und ecosystem credits sollen durch Projekte, die der Nachhaltigkeit dienen, auch community capital credits geschaffen werden können, definiert, wie eine Analyse der NGO FERN zitiert, als die “sum of
the natural and cultural assets belonging to a
community.” Ein jährliche Studie soll den Gesamtbestand an Nachhaltigkeitskapital erfassen und in einem nationalen Register mit dem zugehörigen Wert verzeichnen, und die darauf basierenden Kredite (generiert durch soziale oder Umweltprojekte) sind dann frei handelbar – und können etwa von anderen Firmen, im In- oder Ausland, gekauft werden, etwa um die Zerstörung von Ressourcen oder negative Effekte auf lokale Gemeinschaften “auszugleichen”.

Dies widerspricht geltenden Auffassungen von Recht, wonach Rechte eben nicht “veräußerbar” sind – aber es ist auch in anderer Hinsicht bedeutsam:

1) Die Austauschbarkeit verschiedener neu geschaffener (immatrieller) Waren, die  bereits im Bereich “natürlicher” und “systemischer” Komponenten zu beobachten ist, erreicht damit eine ganz neue Dimension – und damit die Frage, wie und durch wen diese Austauschbarkeit konkret hergestellt wird. Das Gesetz enthält noch keine Details, wie genau der Wert der einzelnen Kredite berechnet werden soll. Dennoch ist bereits klar, dass dies die “Be-Wertung” kultureller, natürlicher oder menschlicher Eigenschaften verschiebt: Der Wert, den ein Ort wie ein Wald für eine ansässige Gemeinschaft hat, die von seinen Ressourcen lebt oder ihm eine bestimmte spirituelle Bedeutung zuschreibt, mag sich eklatant unterscheiden von dem Wert, den ihm eine nationale Agentur im Zuge ihrer Berechnung des Nachhaltigkeitskapitals zuweist – und dieser wird wiederum, bei einer Integration in internationale Märkte, von den höchst abstrakten und schwankenden Bewertungen internationaler Finanzmärkte abhängen. Dies gilt aber, im Fall von Ghana, dann nicht mehr nur für Tierarten oder seltene Ökosysteme, sondern auch für den “Wert” von Bildung, medizinischer Versorgung oder dem Recht vor Enteignung. Diese sind nicht mehr von der Perzeption der Träger der Rechte oder nationalem Recht abhängig, sondern werden ebenfalls in die Bewertungs-Maschinerie globaler Märkte einbezogen – mit der Folge, das sie sozusagen “zerbrechen” in jene kapitalisierbaren Aspekte, die der Markt bewerten kann, und diejenigen Aspekte von (Menschen)Recht, die dabei ausgeschlossen werden.

2) In letzten Zeit wurde vielfach über die Auflösung bzw. die Verschiebungen diskutiert, die eine assemblage oder more than human-Perspektiven auf den Rechtsbegriff haben. Traditionell unterscheidet das liberale, westliche Recht strikt zwischen Menschen, die unveräußerliche Rechte haben, und nicht-menschlichen Entitäten, die diese nicht (im gleichen Maß) besitzen, auch wenn diese starre Trennung durch die Entstehung von Umweltgesetzen, aber auch durch kritische Betrachtung des Begriffs der Menschenrechte faktisch, diese Trennung bereits über die letzten Jahrzehnte aufgeweicht wurde (bzw. gezeigt wurde, dass diese nie wirklich in dieser Form bestanden hat). Während aber die theoretischen Diskussionen in Richtung einer möglichen Ausweitung von Rechten auf nicht-menschliche Wesen zielen, zeigt sich faktisch eine ganz andere Tendenz: nämlich eine Integration des Humanen in die (marktförmigen) Netzwerke nicht-menschlicher Waren, eine Auflösung der Grenze, die das Mensch-Sein der Verwertung in Teilen noch geboten hat.

Quelle: http://gclf.hypotheses.org/121

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