Die Auswirkungen des Leistungsschutzrecht auf Wissenschaft und Kultur

Die Kampagne der Digitalen Gesellschaft gegen das Leistungsschutzrecht

Seit dem 01.08.2013 gilt in Deutschland das Leistungsschutzrecht (LSR) für Verlage und all jene, die regelmäßig eigene journalistische Texte im Internet für wirtschaftliche Zwecke nutzen. Zu denjenigen, die das neue Gesetz schützen soll, gehören nach dieser Definition auch die Pressestellen von Kultureinrichtungen und Forschungsinstitutionen, Blogs, die Teil beruflicher Tätigkeit sind, oder Autoren kultur- und wissenschaftsjournalistischer Beiträge. Sie haben nun das Recht, Informationsdienste abzumahnen, wenn diese kurze Textauszüge, sogenannte Snippets, ohne Einwilligung der Verfasser, Journalisten und Verlage für ihre News-Sammlungen verwenden. Wie die zahlreichen Reaktionen auf das Inkraftreten des LSR zeigen, ist dies gerade aus Marketing-Sicht jedoch nicht unbedingt anzuraten.Die Begründung des Leistungsschutzrechtes ist zum einen, dass auch kurze Textauszüge unter das Urheberrecht fallen. Zum anderen verdienen die Informations-Aggregatoren ihr Geld damit, die Texte anderer zu sammeln, sortieren und gebündelt anzubieten, ohne den Urhebern einen finanziellen Anteil daran zu gewähren. Zu diesen Anbietern gehören Google News, Rivva und auch fachliche Dienstleister wie Google Scholar, der Nachrichtendienst für Historiker oder die Presseschau von Archäologie Online. Um rechtlichen Konsequenzen vorzubeugen, haben die drei letztgenannten ihre in der Fachwelt geschätzten Dienste eingestellt. Google hingegen hat die Initiative ergriffen und wird in den News nur noch diejenigen Presseerzeugnisse zitieren, die sich dazu durch eine Meldung bei Google bereit zeigen. Die Problematik des Leistungsschutzrechtes wird hier sehr deutlich:

  • Es ist uneindeutig bezüglich der Länge der Textauszüge. Während Twitter- oder Facebookeinträge (scheinbar) ausgenommen sind, fallen Beitrags-Teaser, aber auch Überschriften oder Wortgruppen in den Schutzbereich.

  • Auch News-Sammler bieten eine Dienstleistung an, da sie die Vielzahl täglich neuer Nachrichten zusammenbringen, aber auch aufarbeiten, thematisch sortieren und damit dem Nutzer eines solchen Services, gerade auch im fachlich zum Teil sehr breit gefächerten eingegrenzten Wissenschafts- oder Kulturbereich, viel Zeit und Mühe ersparen.

Dieser Service bringt nicht nur den Anbietern, sondern auch den Autoren der hierfür genutzten Textauszüge Marketing-Vorteile. Denn während z.B. gerade die Pressemeldungen kleinerer Kultur- oder Forschungseinrichtungen häufig über den lokalen oder regionalen Rahmen nicht hinausgelangen, bieten fachliche und thematische Informationssammlungen ihnen die Möglichkeit, ihre Informationen neben den direkten auch den indirekten Zielgruppen mit geringem Aufwand zugänglich zu machen. Gleiches gilt für die nach wie vor steigende Anzahl an Fachblogs. Auch die Snippets, die Google Scholar bei der Suche nach online publizierten Fachbeiträgen anzeigt, könnten unter das LSR fallen. Problematisch ist ohnehin die Einordnung solcher Open-Access-Artikel, die, wenn sie in regelmäßigen Online-Fachzeitschriften erscheinen, ebenfalls unter den Begriff Presseerzeugnis fallen könnten. Auch die Zitation journalistischer Texte in wissenschaftlichen Publikationen ist im Kontext des Leistungsschutzrechtes noch nicht einzuordnen.

Um sich von der Nutzung des Leistungsschutzrechtes für die eigenen Presseerzeugnisse zu distanzieren, gibt es im Moment noch keine einheitliche Lösung. Trotzdem scheint es notwendig, sich aktiv zu äußern, da nicht nur der NfH und Archäologie Online die Konsequenzen umsetzen, sondern über Google News hinaus auch filtr.de und Rivva angekündigt haben, die Beiträge von Verlagen und Autoren, die keinen eindeutigen Standpunkt zum LSR geäußert haben, nicht mehr einzubeziehen. Um dies zu tun, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Als Statement:

  • mit einer spezifischen, gut sichtbaren Äußerung auf der eigenen Website, die jedoch nicht automatisch ausgelesen werden kann und eine weitere Einbeziehung keinesfals garantiert, sondern vielmehr ein Statement darstellt,

  • mit einem Website-Banner der „Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht“ (IGEL), das man auf http://leistungsschutzrecht.info herunterladen kann.

Als Maßnahme mit (wahrscheinlicher) Wirksamkeit:

  • mit einer Meldung bei Google News selbst,
  • mit dem Hashtag #lsrfrei und einer Eintragung auf der zugehörigen Internetseite http://mediainfo.de/index/lsr-frei,

  • sowie mit dem Begriff „snippet“ als Metatag, also unsichtbare Hintergrundinformation, auf der eigenen Website, der von den Suchrobotern der Anbieter gefunden werden kann. Dieser Metatag hat sich, im Gegensatz zu seinem Pendant „nosnippet“ jedoch noch nicht durchgesetzt, hier sind weitere Ideen abzuwarten.

Zu denjenigen, die sich bereits gegen eine Nutzung des LSR zugunsten der Fremdvermarktung ihrer Inhalte entschieden haben, gehören der Spiegel und die FAZ, Gruner+Jahr, t3n, und der Axel Springer Verlag, Creative Commons (CC), Wikimedia Deutschland und die Heinrich Böll Stiftung sowie zahlreiche Blogs. Sollte dieser Blog nach der uneindeutigen Formulierung im Gesetz auch unter das LSR fallen, distanziere auch ich mich davon, vom Leistungsschutzrecht Gebrauch zu machen, da ich gern weiterhin auffindbar und zitierbar bleiben und mit Lesern und Interessierten in Kontakt kommen möchte. Zudem wäre ich auch bereit, für die Dienste von Archäologie Online und dem Nachrichtendienst für Historiker zu zahlen, wenn sie auf diese Weise weiter arbeiten und ggf. anfallende Kosten für die Nutzung von Snippets tragen könnten.

Ausführliche Informationen zum LSR gibt es unter anderem von Thomas Schwenke, Anwalt für Social Media Recht und gewerblichen Rechtsschutz, hier oder von iRights hier. Auf die möglicherweise viel weiterreichenden Folgen des Leistungsschutzrechtes für die Wissenschaft verwies zudem Anatol Stefanowitsch.

Dieser Beitrag ist die leicht abgewandelte Form eines auf kulturmanagement.net am 01.08.2013 erschienen Artikels.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1041

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Wie man das Leistungsschutzrecht auch nutzen kann: Google dreht den Spieß um

http://www.internet-law.de/2013/06/google-reagiert-auf-das-leistungsschutzrecht.html Die Verlage haben durch ihr aggressives Lobbying in Sachen Leistungsschutzrecht nun genau das erreicht, was sie vermeiden wollten — auch wenn es jeder vorhergesagt hat: Google nimmt fortan nur noch Angebote von Verlagen in seinen Newsreader auf, welche ausdrücklich ihre Zustimmung hierzu erteilt haben. Die Verlage haben sich nun ins eigene Bein geschossen: Entweder […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/06/4533/

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Nachrichtendienst für Historiker wieder online

http://www.nfhdata.de Es ist erfreulich, dass der NFH sich durch das neue Leistungsschutzrecht hat nicht in die Knie zwingen lassen. Unerfreulich ist hingegen, wenn man betrachtet, welche Blüten das neue Gesetz trägt: Um sich rechtlich nicht angreifbar zu machen, sind die Artikel-Snippets auf 20 Zeichen begrenzt, die Titel auf 60 Zeichen. Inwiefern sich die Verlage damit […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/05/4190/

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Das Leistungsschutzrecht und der Weltuntergang – ein Kommentar von Florian Freistetter

http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/03/04/das-leistungsschutzrecht-und-der-weltuntergang Nachdem der Unterzeichnete sich im Beitrag zum durch das neue Leistungsschutzrecht verursachten vorläufigen Ende des Nachrichtendienstes für Historiker (http://www.einsichten-online.de/2013/03/3909/) jeglicher Polemik enthalten wollte, soll dem geneigten Leser der durchaus polemische Beitrag des Astronomen und Wissenschaftsbloggers Florian Freistetter nicht vorenthalten werden. Es sei vorausgeschickt, dass das Wort “absurd” in dem seiner Größe nach überschaubaren Beitrag […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/03/3967/

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Der Nachrichtendienst für Historiker stellt aufgrund des Leistungsschutzrechts für Verlage seinen Betrieb ein

http://www.facebook.com/pages/Nachrichtendienst-f%C3%BCr-Historiker/115531158459138 Nach nunmehr 17 Jahren muss einer der etabliertesten Informationsdienste der Geschichtswissenschaft seinen Betrieb einstellen. Das neue Leistungsschutzrecht für Verlage, welches die auszugsweise, der Aggregierung von Inhalten dienende Zitation urheberrechtlich geschützter Materialien lizenzpflichtig macht, hat somit eines seiner ersten Opfer gefunden. Sich getreu der bisherigen Tradition dieses Blogs weiterer Polemik zu enthalten fällt durchaus schwer […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/03/3909/

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Lauwarme Semmel in der Neuen Zürcher Zeitung

Auf der heutigen Medienseite hat der ostschweizer Verleger Norbert Neininger einige alte Semmelchen aufgewärmt. Das liest sich dann als Einstieg so: «Genau erinnert sich keiner mehr, wann und warum das Internet zum rechtsfreien Raum wurde. Es mag mit der Vervielfältigung von Computerprogrammen und den Musiktauschbörsen begonnen haben oder mit den ersten Manuskripten von noch nicht [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/4192

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