Im Jahr 1625 trat der Dreißigjährige Krieg in eine neue Phase, als der Konflikt mit König Christian IV. eskalierte. In dieser Situation beschloß der Kaiser, eine neue Armee aufzustellen; der Auftrag dafür ging an Wallenstein, der schon zu dem Zeitpunkt der größte Kriegsgewinnler und Aufsteiger par excellence war. Bekanntermaßen überraschte der neue Feldherr des Kaisers vor allem mit der Größe des Heeres. Entsprechend groß gestalteten sich auch die Probleme, die Truppen einzuquartieren – und ebenso die Klagen über die Quartierlasten. Im Herbst suchten Wallensteinische Regimenter unter anderem im Erzstift Magdeburg Winterquartiere. Um sich davor zu schützen, baten betroffene Städte und landsässige Adlige in zahlreichen Bittschreiben um Verschonung. Noch besser war es, wenn man einen prominenten Reichsstand gewinnen konnte, Fürsprache einzulegen. Genau dies tat Johann Georg, Kurfürst von Sachsen, als er Wallenstein am 5. November 1625 darum bat, die im Magdeburgischen gelegenen Güter Ludwigs von der Asseburg d.Ä. zu Wallhausen nicht mit Soldaten zu belegen.
Ein Vorgang, der so üblich war, daß man kein weiteres Wort darüber zu verlieren bräuchte. In dem Fall fällt jedoch auf, daß der Brief eben nicht in der Registratur des kaiserlichen Heeres auftaucht, sondern in der kurbrandenburgischen Überlieferung – und dies auch nicht in Abschrift, sondern in der Ausfertigung, die aus Dresden an Wallenstein geschickt wurde. Die Erklärung für diese kuriose Provenienz findet sich in einer Notiz am oberen Rand des Schreibens. Derzufolge reichte Wallenstein diesen Brief an den Kurfürsten von Brandenburg weiter, damit dieser den „gleichen stylum wie der Churfurst zue Sachßen an Jhme [=Wallenstein] fuhren möchte.“ Der frisch gebackene Feldherr schickte also beispielhafte Schreiben, damit andere Reichsfürsten entsprechende Muster für korrekte Anschreiben an ihn hatten. Der kursächsische Brief an Wallenstein begann mit der Anrede: „Vnser freundlich dienst zuuor, Hochgeborner, insonders lieber Herr vnd Freund“. Und die Adresse lautete: „Dem Hochgebornen, vnserm insonders lieben herrn vnd freund, herrn Albrechten, Regirern des Hauses Wallstein, Herzogen zu Fridland, Röm:Key:Maith: KrigsRath, Cämmerern, Obersten zu Prag, vnd Generaln über dero Armée.“ (GStA PK I. HA GR, Rep. 41 Nr. 735)
Das alles hat Wallenstein gefallen, ja er fand diese Version der Anrede offenbar nachahmenswert. Ob die kurbrandenburgische Kanzlei einer solchen Form der Nachhilfe bedurfte, weil sie womöglich Wallenstein gegenüber bereits eine andere, weniger ehrenvolle Adresse verwendet hatte, wissen wir nicht. Deutlich wird aber daran, wie sehr Wallenstein auch schon zu diesem frühen Zeitpunkt in Fragen der Titulatur unnachgiebig auf die Wahrung des ihm gebührenden Rangs und aller ihm zustehenden Ehrenbezeugungen Wert legte. Sein Stern sollte bekanntermaßen noch weiter aufsteigen und ihn zum Herzog von Mecklenburg und damit zum Reichsfürsten machen – was dann bei einigen Reichsständen erst recht für Unmut sorgte. Der Zank um die korrekte Titulatur sollte also noch größer werden. Nun war die Streitlust in diesem Punkt sicher auch das Gebaren eines Aufsteigers. Doch deutlich wird schon an dieser Episode das unerbittliche Rangsystem der ständischen Gesellschaft, in der man den sozialen Aufstieg eben auch dadurch manifestierte, daß einem die neu zustehende Ehrbezeugung tatsächlich zuteil wurde.
Und was geschah mit den Gütern Ludwigs von der Asseburg? Wir erfahren in diesem Zusammenhang nicht, ob die kursächsische Interzession die Einquartierung dort hat verhindern können. Aber nach dem, was wir über das Gebaren der Wallensteinschen Regimenter auch schon in ihrem ersten Kriegsjahr wissen, dürften die Chancen nur gering gewesen sein, der Belegung mit Soldaten zu entkommen. So viel bewirkte die korrekte Anrede des Herzogs von Friedland dann auch nicht.
Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/87