Eine Menge Details! | Karikatur von Ferdinand Schröder: „Wat heulst’n kleener Hampelmann“ (April 1849)

Die bekannte Karikatur zu Friedrich Wilhelms IV. Ablehnung der Reichsverfassung und Kaiserkrone 1849 wird häufig im Geschichtsunterricht eingesetzt. Ferdinand Schröders Lithographie erschien im April 1849 in der Satirezeitschrift “Düsseldorfer Monatsblätter”.  Bei näherem Hinsehen wird klar: Diese Karikatur lässt sich schwer auf den Punkt bringen. Sie steckt voller Details und Symbole, die sich 166 Jahre nach Ihrem Erscheinen teilweise nur noch schwer entschlüsseln lassen und einige Fragen aufwerfen.

Bei der Vorbereitung eines segu-Moduls zu dieser Karikatur hatte ich wegen einiger Details bei twitter nachgefragt und eine Menge Hinweise erhalten – dank an @lehrerperle, @teachermoeller, @hskzoom, @sommersposseSte, @Hokeys, @socksdoll und @FrauKreis. Die Ergebnisse sind in folgender ThingLink-Bilddatei zusammengefasst.



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Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/3063

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Lesetipp | Geschichte Lernen 159/160 | Historisches Lernen mit digitalen Medien

Die neue Ausgabe der Zeitschrift Geschichte Lernen “Historisches Lernen mit digitalen Medien”  gibt einen Überblick zum fachdidaktischen Stand der Diskussion sowie zu verschiedenen Lernangeboten und Unterrichtsbeispielen für den Geschichtsunterricht. Herausgeber Daniel Bernsen macht in seinem Basisartikel “Geschichtsdidaktik 2.0″ deutlich, dass der digitale Wandel nicht nur zu einer “Optimierung des Unterrichts durch den Medieneinsatz” führe. “Historisches Lernen unter den Bedingungen der Digitalität” greife tiefer, bedeute eine “inhaltliche und methodische Öffnung des Unterrichts, die Lernende mit ihren Fragen ins Zentrum stellt und die eigene Sinnbildung fördert”. Ein zweiter, grundsätzlicher Beitrag von Ulf Kerber über das Web2.0 rückt “Kompetenzbereiche einer historischen Medienkompetenz” in den Mittelpunkt und zeigt vielfältige Möglichkeiten für den Geschichtsunterricht auf – weit über die von Jugendlichen meist genutzten Angebote wie Facebook oder Youtube hinaus. Weitere Basisartikel beschäftigen sich mit Interaktiven Whiteboards und persönlichen Lernumgebungen für Geschichtslehrer/innen. Die Unterrichtsbeispiele sind im Inhaltsverzeichnis aufgelistet. Es finden sich sowohl konkrete Unterrichtsplanungen zur attischen Demokratie oder zur digitalen Visualisierung einer Pfalzanlage (das Unterrichtsmaterial kann teils heruntergeladen werden) als auch Anleitungen zur Nutzung von Online-Tools wie Etherpads, WebQuests, Street View oder die Erstellung digitaler Fotostorys. Andere Beiträge verdeutlichen die digitalen Möglichkeiten zur geschichtskulturellen Öffnung des Geschichtsunterrichts – beispielsweise mit der Europeana-Sammlung zum Ersten Weltkrieg oder dem Zeitzeugenportal Gedächtnis der Nation. Im Forum werden verschiedene Online-Angebote vorgestellt, u.a. segu Geschichte, Fernsehen macht Geschichte, Learning Apps, Historiana, App in die Geschichte, Lernen aus der Geschichte und Public History Weekly. Was im Heft fehlt, aber auf dem Cover abgebildet ist: ein Beispiel für Augmented Reality, der Überblendung realer Orte mit historischen Fotos via Smartphone. Das liegt vor allem daran, dass es gute Anwendungsbeispiele für den Geschichtsunterricht (noch) nicht gibt.

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/2511

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#OED13 | OER-Lernmaterialien zum Ersten Weltkrieg | segu | Workshop am Freitag, 13.12.2013, in Berlin

Die Werkstatt_bpb veranstaltet am 13.12.2013 den Workshop #OED13 Open Educational Development: Erster Weltkrieg | Bildungsmaterial selber machen. Hier vorab die Folien zur Präsentation OER-Lernmaterialien zum Ersten Weltkrieg. Im Mittelpunkt des Beitrags von Christoph Pallaske steht die Modulserie Erster Weltkrieg von segu Geschichte.

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/2313

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17. März | segu wird zwei | Positionsbestimmungen und Fragen

Am 17. März 2011 ging die Seite segu-geschichte.de online. segu war seinerzeit kaum mehr als eine Idee für ein Konzept Offenen Geschichtsunterrichts; anfangs gab es nur eine Handvoll Module. Zwei Jahre später stehen auf der Lernplattform insgesamt über 130 und damit etwa zwei Drittel der geplanten Module zur Verfügung.[1]

 


segu-geschichte.de | Screenshot vom 17. März 2011

 

Die ursprüngliche Idee zum segu-Konzept hatte mit Geschichtslernen im Internet nichts zu tun. Aus Erfahrungen der Schulpraxis, dass individuelles Lernen und Differenzierung zwar überall gefordert und durch die Umstellung auf den Ganztag an vielen Schule auch notwendig wurden, dennoch selten Anwendung fanden, erwuchs (mit Antritt der Stelle als abgeordneter Lehrer an der Universität zu Köln im Februar 2011) die Idee, ein tragfähiges Lehr- und Lernkonzept für Offenen Unterricht[2] im (meist) zweistündigen Nebenfach Geschichte (bzw. Gesellschaftslehre) der Sekundarstufe I zu erstellen. Weil schnell klar wurde, dass hierfür umfassend Lernmaterialen benötigt, in Papierform aber schwer zu organisieren sein würden, entwickelte sich erst im zweiten Schritt die Idee, diese online zur Verfügung zu stellen.

Die Programmierung der Lernplattform mit inzwischen zwei umfassenden relaunches erfolgte mit einer einfachen, im Detail dann doch nächteverzehrenden Webdesign-Software in Handarbeit. Weil sich die Funktionalität der Seite im Wesentlichen auf die Verlinkung von pdf- und Textdateien beschränkt, erfüllt sie ihren Zweck gut, bleibt in der vorliegenden Version aber klar ein Web1.0-Angebot. Im März 2012 wurde zusätzlich der Medientyp der (zurzeit 8) segu-Videomodule eingeführt, die als Screencast-Videos erstellt und extern in einem eigenen Youtube-Kanal hochgeladen werden. Die meiste Arbeit benötigt die Erstellung der einzelnen segu-Module, die hauptsächlich mit den Kapazitäten der abgeordneten Lehrerstelle unter Mitarbeit studentischer Hilfskräfte entstanden sind.[3] segu verfügt ansonsten über keine Ressourcen.[4] Knapp 10 Module stammen von anderen Autoren, darunter drei auch von Studierenden der Universität zu Köln.[5]

Zu Beginn des Projekts waren die Vorbehalte, die Materialen online zu stellen, aufgrund der Befürchtung gegen Urheberrechte zu verstoßen groß. Bis zur Erkenntnis, dass es möglich ist, Lernmaterialien bedenkenlos im Netz zu veröffentlichen, hat es einige Monate gedauert. Es wurde beispielsweise klar, dass es dank der in der Wikimedia vorhandenen, unter CC (Creative Commons)-Lizenz oder gemeinfrei (Public Domain) bereitgehaltenen Bildmedien kein Problem darstellt, Bilder in Lernmaterialien einzufügen, wenn man einen korrekten Bildnachweis führt. Einen weiteren wichtigen Anstoß gab Daniel Bernsen im November 2011, die segu-Lernmaterialien selbst auch unter CC-Lizenz zu stellen und als OER (Open Educational Resources)[6] zu labeln. Seither stehen die Module nicht mehr nur als pdf, sondern auch als Textdateien zur Verfügung.[7]

 

segu-Benutzerstatistik bei Google Analytics | Samstags haben Lehrer & Schüler anderes zu tun…

 

Die Resonanz auf die Lernplattform ist erfreulich. Die mittels google analytics erhobenen Zugriffszahlen belaufen sich auf etwa 150-200 (s. Foto), die vom Hoster ausgewiesenen Zugriffe auf etwa 600 Zugriffe täglich (Die Abweichung bedarf einer Erklärung; wir haben keine). Die Zahl der monatlich (entweder als pdf, doc oder odt) heruntergeladen Module lag laut Hoster im Oktober 2011 bei ca. 2.500, im Mai 2012 bei 13.000 und zuletzt bei 22.000. segu hat sich durch Vernetzung via twitter, facebook, iTunesU, Youtube, LearningApps und durch das segu-Magazin bei Scoopit ohne jede kommerzielle Bewerbung von selbst verbreitet.

Eine empirische Stichprobe zur Arbeit von Schüler_innen mit segu hat gezeigt: Das Konzept funktioniert im Unterricht und zeigt eine pragmatische Lösung für die Arbeit mit digitalen Geräten und dem Internet auf. Auch in den Medien hat segu Erwähnung gefunden. So berichtete die Süddeutsche Zeitung im Januar, segu sei der „einzige OER-Leuchtturm in Deutschland“ – eine schmeichelhafte, aber übertriebene Aussage. Der (mit Abstand) höchste OER-Leuchtturm in Deutschland ist (seit 15 Jahren) die ZUM.de. segu und die ZUM (Schwerpunkt Geschichte) sind seit Sommer 2012 Kooperationspartner.

Nach zwei Jahren kommt die Arbeit an den Modulen wesentlich langsamer voran. Das hat auch damit zu tun, dass universitäre Stellenprofile – je länger man auf dem Platz steht – nicht kleiner werden. Die Arbeit mit segu hat sich zudem stärker in eine Richtung verlagert, wie in Zukunft mit digitalen Medien sinnhaftes digitales Geschichtslernen stattfinden kann. Zum Stellenprofil gehörte in diesem Zusammenhang die Organisation der Tagung #gld13 | Geschichte Lernen digital am 8. und 9. März 2013 in München, die als interaktive Netztagung live zu sehen war, reichlich betwittert wurde und bald auf L.I.S.A. als Video bereit gehalten wird. Deshalb gab es im vergangenen Monat – leider –  fast keine Aktivitäten auf der Lernplattform.

 

Die segu-Plattform im März 2013

 

Die erzwungene Pause bietet aber auch die Möglichkeit, zu einigen Punkten Positionsbestimmungen zum Stand nach zwei Jahren vorzunehmen und nach möglichen Entwicklungen zu fragen:

1 | segu versteht sich als Beitrag für Offenen Geschichtsunterricht.[8] Die einzelnen Module legen i.d.R weniger geschlossene und mehr offene Aufgabenstellungen zugrunde. Dennoch leiten die Aufgaben meist formelle Lernwege an. Module zu stärker informellem Lernen (im Sinne solchen Lernens, in dem die Schüler_innen ihre Fragen selbst suchen und beantworten) bilden eher die Ausnahme (in einigen Forschermodulen und allen freien Forschermodulen). Damit ist der Grad der Öffnung des Geschichtsunterrichts im segu-Lernkonzept oft eher gering; er betrifft eher Aspekte der Organisation offener Lernformen.

2 | Etwa die Hälfte der bisherigen Module soll mit Hilfe des Schulbuches bearbeitet werden, die andere im Internet. Wichtig wäre für uns der Hinweis, ob die Arbeit mit Schulbüchern in der Breite gut klappt, denn segu ist ja nicht auf ein bestimmtes Schulbuch ausgelegt.

3 | segu bietet zurzeit wenig Möglichkeiten web-basierter Interaktion.[9] Angesichts der zahlreichen Anregungen zu Web2.0-basiertem Lernen wäre zu überlegen, wie Methoden kooperativen und kollaborativen Lernens stärker eingebracht werden können.[10]

4 | Die Arbeit mit segu soll nicht dazu führen, dass Schüler_innen quasi atomisiert nur noch einzeln vor dem PC lernen. Erstens eignen sich die Materialien gut zur Partner- oder Teamarbeit, zweitens braucht Offener Unterricht immer Phasen zur Präsentation von Ergebnissen – und vor allem zur Diskussion. Eventuell findet diese Phase in der Form, wie sich die Lernplattform im Internet präsentiert, zu wenig Berücksichtigung.[11]

5 | Welche Angebote von segu lassen sich gut verwenden (resp. in welche Richtung sollen wir weiterdenken)? ModuleVideosLearning Apps – andere? Und: Werden die Materialien auch im „normalen“ Geschichtsunterricht oder tatsächlich unter Zugrundelegung des segu-Planers verwendet?

6 | Es ist unterschiedliche Kritik zu einzelnen Modulen und Aufgaben eingegangen. Die Einwände reichen von viel zu schwer bis viel zu leicht. Die Qualität der Module steht und fällt mit der Qualität der Aufgaben. Häufig wurden diesbezüglich schon Vorschläge von außen und auch Korrekturen umgesetzt.

7 | Die relativ aufwändigen bilingualen Unterrichtsmaterialien haben bislang nur wenig Beachtung gefunden.

8 | Schließlich ist der Aspekt der OER (s. Fußnote 6) von Interesse – hier besonders die Frage, ob es seitens der Benutzer bereits ein Bewusstsein für die Bedeutung der OER gibt – und ggf. bereits an anderen Orten OER-Angebote zum Geschichtslernen mit dem Internet entstehen, mit denen man sich ggf. vernetzen könnte.

Rückblickend hat sich segu als „work in progress“-Projekt deshalb gut entwickelt, weil immer Hinweise und Diskussionen sowohl über einzelne Module als auch über grundsätzliche Entscheidungen zur Konzeption und Darbietung der Lernmaterialien sowie zur Etablierung als Open Educational Resources „von außen“ eingegangen sind.

Gelegentlich gehen hier Fragen ein, wo denn der Haken bei der Verwendung von segu sei. „Ist das noch „umsonst“ – und in einem halben Jahr muss man auf einmal doch etwas bezahlen?“ Hierzu eine klare Aussage: segu ist und bleibt OER, bleibt online und wird auch in Zukunft nichts kosten!

Zu weiteren Anregungen, Kritik, Fragen: Bitte Kommentare (gerne auch unter diesen Beitrag ins Blog – Anmeldung nicht erforderlich – auch anonym) posten! Oder – gerne auch nicht öffentlich – an kontakt@segu-geschichte.de senden.

[1] segu liegt deshalb  – wie auf der Startseite vermerkt – bis heute in einer beta-Version vor.

[2] Eine vertiefende Beschreibung des Projekts findet sich auf der Projekthomepage der Universität zu Köln.

[3] An dieser Stelle besten Dank an Astrid Wegner, Lisa Philippen und Johannes Jansen!

[4] Die bisherigen laufenden Kosten beschränken sich auf einen kleinen dreistelligen Betrag.

[5] segu ist ein Autorenprojekt. Sie können mit einer guten Idee Autor bei segu (und auf dem Modul namentlich erwähnt) werden.

[6] Einen Bericht in diesem Blog zu den OER hier. Die Werkstatt_bpb hat jüngst ein Dossier über OER veröffentlicht.

[7] Weil OER-Materialien mit einem Open-Source-Programm erstellt werden müssen, werden alle Module als Open-Office-Dokument erstellt. Gelegentlich wird Kritik am etwas konventionellen Layout der Module geübt. Sie sind aber bewusst schlicht gehalten, weil somit gewährleistet bleibt, dass die Dateien auch noch in einigen Jahren zu benutzen sind.

[8] Einen Überblick zum Offenen Geschichtsunterricht geben: Kühberger, Christoph; Windischbauer, Elfriede: Individualisierung und Differenzierung im Geschichtsunterricht. Schwalbach/ Ts. 2012; zum Offenen Unterricht allgemein und zum Forschungsstand: Bohl, Thorsten; Kucharz, Diemut: Offener Unterricht heute. Konzeptionelle und didaktische Weiterentwicklung. Weinheim, Basel 2010.

[9] Die Unterseite Forum, auf der sich über Fragen usw. ausgetauscht werden könnte, wird fast gar nicht genutzt.

[10] Zu Aspekten digitalen Lernens allgemein:  Hugger, Kai-Uwe; Walber, Markus (Hg.): Digitale Lernwelten. Konzepte, Beispiele und Perspektiven. Wiesbaden 2010; zu Aspekten digitalen Geschichtslernens: Bernsen, Daniel; König, Alexander; Spahn, Thomas: Medien und historisches Lernen. Eine Verhältnisbestimmung und ein Plädoyer für eine digitale Geschichtsdidaktik. In: Zeitschrift für digitale Geschichtswissenschaften, H. 1 (2012).

[11] Weiterführende Hinweise in der Datei: Hinweise zum Unterrichtseinsatz.

 

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2013): 17. März | segu wird zwei | Positionsbestimmungen und Fragen. In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 13.3.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/1564, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/1564

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#kgd_nwt | Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik | PH Ludwigsburg | 2.-4. Oktober 2012 | Sektion: Vernetzung – Geschichte in den digitalen Medien


An der PH Ludwigsburg fand vom 2. bis 4. Oktober 2012 die Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik Neue Wege, Themen, Methoden statt, auf der über zwanzig Nachwuchsprojekte vorgestellt wurden (s. tweets unter #kgd_nwt). Die Beiträge behandelten mehrheitlich empirische und pragmatische Forschungsvorhaben; Schwerpunkte waren (lt. Sektionstiteln) geschichtskulturelle Aspekte, historisches Vorwissen, digitale Medien, Inklusion, Filme sowie Aspekte inter- und transkulturellen historischen Lernens.

Die Sektion Vernetzungen – Geschichte in den digitalen Medien und ihre Nutzung für das historische Lernen, die hier kurz zusammengefasst werden soll, eröffnete Manuel Altenkirch (Heidelberg), der sein Konzept zur empirischen Erforschung der Wikipedia vorstellte. Um die Frage zu beantworten, wie Wikipedia-Artikel mit historischen Inhalten, die aufgrund ihrer häufigen Nutzung inzwischen von großer geschichtskultureller Bedeutung sind, zustande kommen und welche Konstruktionsprozesse historischer Narrationen sich vollziehen, hat Altenkirch erstens Wikipedia-Einträge, die Versionsgeschichte und die Diskussionsseiten auf breiter empirischer Basis untersucht sowie zweitens Wikiedia-Autoren typologisiert. Jonathan Peter (Kassel) untersucht in privater Initiative geschaltete französischsprachige Internetseiten, die den Zweiten Weltkrieg beispielsweise mit Blick auf Familiengeschichten, regional bedeutsamen Ereignisse oder Militaria thematisieren. Sein Projekt will deren geschichtskulturelle Bedeutung als „Kampf um Erinnerung im WWW“ untersuchen. Ulf Kerber (Karlsruhe) stellte ein Konzept historischer Medienkompetenz vor und brachte Modelle zu historischen Lernprozessen mit Konzepten aus der Medienpädagogik in Deckung. Seine These, dass es zwar begriffliche Unterschiede, dennoch weitreichende konzeptuelle Überschneidungen gibt, lässt sich in die Diskussion einreihen, ob und wie sich der geschichtsdidaktischen Medienbegriff angesichts des digitalen Wandels verändern könnte. Zweitens stellte Kerber das Projekt an der PH Karlsruhe DisKAver zum mobilen e-Learning vor. Alexander König (Saarbrücken) referierte über sein Projekt zur empirischen Analyse von Webquests, die Aufgabenformate zum Lernen mit Internet-Ressourcen vorgeben. König nimmt unter Zugrundelegung des Kompetenz-Modells nach Gautschi eine qualitative und quantitative Analyse zahlreicher im Netz verfügbar Wequests vor. Schließlich berichtete Christoph Pallaske (Köln) von der Entwicklung der Lernplattform segu und möglichen empirischen Forschungsstrategien zum offenen Geschichtsunterricht.

Das Themenspektrum zeigt erstens, dass – wie Sektionsleiter Marko Demantowsky (Basel) bilanzierte – der digitale Wandel in der Geschichtsdidaktik endgültig angekommen ist. Der Aspekt der Vernetzung wurde in der Sektion nicht thematisiert; dazu ist anzumerken, dass die geschichtsdidaktischen Nachwuchsprojekte und -akteure über Blogs und social media nicht nur gut vernetzt sind, sondern auch in verschiedenen Projekten und Veröffentlichungen kooperieren. Die fünf vorgestellten Projekte zielten auf aktuelle Fragen des digitalen Geschichtslernens: erstens die grundsätzliche Diskussion eines geschichtsdidaktischen Medienbegriffs, zweitens neue Formen historischen Erzählens, drittens eine stärkere Hinwendung zu geschichtskulturellen Themen sowie viertens die durch Lernen mit digitalen Medien stärkere Subjektorientierung und neue methodische Konzepte. In der Sektion wurde auch das auf der Nachwuchstagung häufig gehörte Problem deutlich, zielorientierte empirische Forschungsdesigns zu entwickeln, beispielsweise historische Kompetenzen bezüglich konkreter Forschungsfragen zu operationalisieren und mittels geeigneter Parameter zu messen.

 

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2012): #kgd_nwt | Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik | PH Ludwigsburg | 2.-4. Oktober 2012 | Sektion: Vernetzung – Geschichte in den digitalen Medien.  In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 4.10.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/1214, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/1214

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OER | Open Educational Resources | Freie Bildungsmedien in Deutschland | #OERcamp in Bremen, 14.-16. September 2012


Die „Schultrojaner“-Debatte machte vor knapp einem Jahr die Idee der Open Educational Resources (OER) in einem relativ begrenzten Kreis “netzaffiner” Lehrer und anderer Akteure im Bildungsbereich populär. Online-Bildungsmedien und Lernmaterialien, die sich als OER labeln, müssen drei Bedingungen erfüllen; sie sind 1. frei verfügbar, dürfen 2. urheberrechtlich unbedenklich weiterverbreitet und sogar verändert werden (Public-Domain- oder Creative-Commons-Lizensierung) und  sind 3. mittels Open-Source-Software zu öffnen und zu bearbeiten. In anderen Ländern, z.B. den USA, in Norwegen oder Polen sind OER weithin bekannt und anerkannt, auch weil sie dort von staatlicher Seite unterstützt und finanziert werden; zudem versucht die Unesco gemeinsame Standards für die OER zu entwickeln. In Deutschland stehen die OER (oft übersetzt als “freie Bildungsmedien”) erst am Anfang; über die derzeitige Entwicklung kann man sich im Whitepaper OER und auf der Seite cc your edu informieren.

In Bremen findet vom 14. bis 16. September 2012 das #OERcamp statt, das erstens “die Debatte um die OER im deutschsprachigen Bereich erweitern” und zweitens in “Workshops für Einsteiger” Tipps geben will, wie man OER-Lernmaterialien erstellen und verbreiten kann. Aus Sicht des Projekts segu (Lernplattform für Offenen Geschichtsunterricht, die sich seit Dezember 2011 als OER labelt) sei das OERcamp ausdrücklich empfohlen – und (da selbst verhindert) hier fünf Anmerkungen bzw. Diskussionsanregungen.

1 | Ja! Es ist heute problemlos möglich, anspruchsvolle Lernmaterialien als OER online zu veröffentlichen. segu gibt ein Beispiel dafür, wie man mittels OpenOffice (also einem Open-Source-Programm) Arbeitsblätter (wahlweise als odt, doc oder pdf-Datei) erstellen kann, die von Lehrern und Schülern aufgrund der CC | Creative Commons-Lizensierung urheberrechtlich unbedenklich heruntergeladen und verändert werden können. Eingeschränkt wird die Erstellung von OER durch urheberrechtlich geschützte Texte oder Bildmedien mit Copyright-Lizensierung. Es gibt aber bereits einen großen Fundus an CC-lizensierten Materialien – z.B. bezogen auf Bildmedien bei Wikimedia.

2 | Nach einem Jahr Diskussion ist die anfängliche OER-Begeisterung inzwischen wieder etwas abgekühlt. Das Problem: Der Zuwachs an neuen OER-Lernmaterialien hält sich bislang in engen Grenzen. Und die oft geforderte zentrale OER-Datenbank, auf der Benutzer die Lernmaterialien zur Qualitätskontrolle bewerten können, steht immer noch aus. Bisher betonen viele OER-Akteure, dass sich die OER aus dezentralen, staatlich unabhängigen Netzwerken heraus entwickeln und verbreiten sollen. Diskussionsanregung für das #OERcamp: Festhalten an der Unabhängigkeit (und die OER-Bewegung ggf. stagnieren oder wieder einschlafen sehen) vs. Forderung nach staatlicher Unterstützung überdenken (s. hierzu das norwegische Beispiel der professionellen OER-Plattform NDLA, auf der Lehrer ihre OER-Materialien hochladen können)

3 | Reicht im deutschsprachigen Raum die Bezeichnung “OER”, um einen ausreichenden Wiedererkennungswert zu schaffen? Was sich im Englischen ja noch ganz interessant anhört (sprich “Oh – Ih – Ahr”) führt im Deutschen eher zu Aussprach-Schwierigkeiten  (“Oh – Ähh – Wat?”) Diskussionsanregung für das #OERcamp: “OER”: neuer Name oder Namenszusatz?

4 | Was ist der Nutzen der OER? Oft wird der Vorteil betont, dass Lernmaterialien auf papierlosem Weg frei verfügbar resp. kostenlos sind. Aber soll es angesichts der in Deutschland im OECD-Vergleich relativ geringen Bildungsausgaben vorrangiges Ziel sein, dass Bildungsmedien nichts mehr kosten? Aus Sicht des Projekts segu war dies nicht der Grund, die Lernmaterialien als OER zu labeln. Vielmehr eröffnen die OER großes didaktisches Neuland. Erstens bieten verschiedene digitale Medien, die sich urheberrechtlich unbedenklich herunterladen, neu zusammenstellen und im Unterricht weiterverbreiten lassen, für Lehrer große Vorteile und auch neue Möglichkeiten zur Kommunikation über Lernmaterialien. Zweitens ermöglichen OER-gestützte Lernkonzepte mehr Methodenvielfalt – beispielsweise bei differenzierendem aufgabenbezogenen Lernen oder auch bei geöffneten Lernmethoden wie Projektlernen. Schüler können in OER-Lernumgebungen endlich sinnvoll mit PC oder Tablet im Unterricht arbeiten. Diskussionsanregung für das #OERcamp: Um OER zu eigenem Selbstbewusstsein zu verhelfen, muss die Diskussion über Nutzen und Nachteile der OER speziell in Deutschland (im Vergleich zu anderen Ländern) geführt und auf Begriffe gebracht werden. Dabei könnte ggf. mehr die Frage im Mittelpunkt stehen: Welche neuen didaktischen Potenziale bieten die OER?

5 | Wie positionieren sich die OER zu den etablierten kommerziellen Anbietern von Bildungsmedien resp. Schulbuchverlagen? Zunächst einmal: Der Stellenwert der OER in der Bildungsmedien-Landschaft ist noch gering; es gilt also, die Kirche im dOERf zu lassen. Weder digitale Medien und das Web2.0 noch die OER werden die Schulbuchverlage – wie in den letzten Monaten gelegentlich zu hören – in absehbarer Zeit überflüssig machen. Diese stehen angesichts der digitalen Veränderungen vor großen Herausforderungen und sicher ist die Frage berechtigt, ob der restriktive Umgang mit Urheberrecht (s. Schultrojaner) nicht kontraproduktiv ist. Dennoch scheint eine Abgrenzung: hier die “guten” OER, dort die “bösen” profitorientierten Verlage (welches Unternehmen will kein Geld verdienen?), weder angemessen noch zielführend. Diskussionsanregung für das #OERcamp: Will man sich von den kommerziellen Anbietern abgrenzen oder Dialoge und sogar Kooperationen (in deren Rahmen die OER-Lernmaterialien ihre Unabhängigkeit bewahren) zulassen. Kann Dialog dazu führen, dass die Verlage von den OER lernen? Selbiges gilt im Übrigen auch für die Frage nach dem Umgang mit Kooperationen zum Beispiel mit Geräte- oder Softwareanbietern und kommerziellen Internetportalen; segu ist z.B. bei Youtube und bei iTunesU, die aber beide CC-Lizenzen unterstützen.

Gutes Gelingen und hoffentlich gute Ergebnisse beim #OERcamp!

 

Bildnachweis    OER-Logo

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2012): OER | Open Educational Resources | Freie Bildungsmedien in Deutschland | #OERcamp in Bremen 14. bis 16. September 2012. In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 30.8.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/847, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/847

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Flipped Classroom | #flipclass | Lernvideos @segu_Geschichte | nachgefragt: Welches Potenzial bieten Lernvideos für den Geschichtsunterricht?

Der Spiegel berichtet in seiner jüngsten Print-Ausgabe über den Computereinsatz in der Schule (“Gefangen in der Kreidezeit”, Nr. 20/2012, S. 124-127) im Allgemeinen und über Lernvideos nach dem Flipped Classroom-Prinzip im Speziellen. Auch Focus Schule hat neulich wegen der segu-Lernvideos bei segu angeklingelt. Das Thema Flipped Classroom oder (etwas verkürzt) vorbereitendes Lernen mittels Online-Videos scheint also in der Öffentlichkeit angekommen.

Kurz einige Informationen zu Flipped Classroom: Wie im Spiegel dargestellt, kommt die Idee aus den USA, wo sie bereits weite Verbreitung gefunden hat; von dort ist die Bezeichnung Flipped Classroom oder Inverted Classroom entlehnt. Was “umgekehrtes Klassenzimmer” bedeutet, wird im ZUM Wiki erklärt:

Die ursprüngliche Idee ist, dass die Lehrer ihre Vorträge, die sie sonst als Frontalunterricht vor den Schülern gehalten haben, aufnehmen. [...]  Die Filme oder Screencasts werden im Internet zur Verfügung gestellt und die Schüler haben als Hausaufgabe, sich diese Filme anzuschauen. In der Schule bekommen die Schüler Aufgaben gestellt, die zu den Vorlesungen passen. Es werden also Unterricht und Hausaufgaben vertauscht.

In Deutschland gibt es noch relativ wenige Angebote zum Flipped Classroom; wichtige Informationen geben der Blog Inverted Classroom in Deutschland (und die dazugehörige jährliche Tagung in Marburg; die nächste: #icm13), sowie bereits mit einem Fokus auf den Geschichtsunterricht die einschlägigen Beiträge im Blog Medien im Geschichtsunterricht; darunter eine Anleitung zum Erstellen von Geschichtslernvideos.

Beim Edu-Camp im März 2012 in Köln wurde segu auf die Möglichkeiten von Lernvideos aufmerksam, ist auf den (bereits rollenden) Zug aufgesprungen und hat inzwischen fünf Lernvideos produziert. In die segu-Lernvideos sind schriftliche Aufgaben für individuelles Lernen im Offenen Geschichtsunterricht integriert, sie lassen sich aber auch für das Lernen nach dem Flipped Classroom-Prinzip im lehrerzentrierten Unterricht einsetzen. Die Erfahrungen aus Sicht des segu-Projekts zeigen: Es ist zwar aufwändig, eigene Lernvideos zu erstellen (und es braucht vor allem ein gutes Mikrofon!), aber erstens war es ein interessanter Prozess und zweitens finden die Videos (gemessen an den Klicks) Zuspruch. Ein wichtiger Hinweis: Die segu-Lernvideos zeigen keine bewegten Bilder (etwa von einer dozierenden Lehrperson), sondern bedienen sich der Methode des Screencastings (im Grunde eine abgefilmte PowerPoint-Präsentation) und benutzen dabei Public Domain- oder Creative Commons-Bildmedien. Erfreulich aus Sicht der OER (Open Educational Resources | freie Bildungsmedien) ist, dass sowohl Youtube als auch iTunesU die Creative Commons Lizenzierung unterstützen. Die segu-Lernvideos sind jeweils unter CC abgelegt und eignen sich insbesondere auch für die Verwendung auf Tablets oder Smartphones; dabei sollten Kopfhörer verwendet werden (die Schüler_innen heute meist selbst mit in die Schule bringen).

Sicher: Das auditiv-visuelle Lernen mittels Lernvideos nach dem Flipped Classroom Prinzip bietet Schüler_innen einen motivierenden Zugang zum historischen Lernen. Aber es handelt sich um ein stark gelenktes und tendenziell auf reproduktives Lernen ausgerichtetes Lernarrangement (auch wenn die Aufgaben in den segu-Lernvideos immer Anforderungsbereich II und teilweise auch Anfordeurngsbereich III erreichen). Kurz eine Frage zu Flipped Classroom bzw. zum Einsatz von Lernvideos im Geschichtsunterricht: Welches Potenzial bieten Lernvideos für den Geschichtsunterricht? Die Frage richtet sich sowohl auf Aspekte des praktischen Einsatzes als auch grundsätzlich auf lerntheoretische Überlegungen. Für den weiteren Ausbau der segu-Lernplattform sind Ihre/Eure Kommentare interessant – um herauszuhören, ob sich die Mühe lohnt, weitere Lernvideos zu erstellen.

Bildnachweis: Screenshot

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/563

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