China-Bilder 2015: Cebit, der China-Kracher

Bei der CeBIT 2015 war die Volksrepublik China Partnerland. Der Auftritt stand unter dem Motto “Innovation, Convergence, Cooperation”((Partnerland China. Neue Impulse für deutsche und chinesische Unternehmen, abgerufen am 21.3.2015.))  Die ZDF-Satire heute-show konnte an der Messe, “die das seltene Talent hat, immer falsche Partnerländer zu finden,” nicht vorbeigehen.

In der Sendung vom 20.3.2015 kam “CeBit, der China-Kracher”[1], der einmal mehr auf dem Klavier von Klischee und Stereotyp vor sich hin klimpert.

Den Hintergrund für Oliver Welkes Anmoderation (00:00-00:30)  bilden “3 Chinesen mit dem CeBIT-Pass” – die “drei Chinesen mit dem Kontrabass” müssen also wieder herhalten.

In einem Satz wird die Internet-Zensur in der VR China gestreift[2] – untermalt mit einem Clip von “New Tang Dynasty Television Deutschland”[3] (00:30-00:42)). Der Clip ist inzwischen fast 3 Jahre alt.[4].

Quelle: Screenshot ZDF (heute-show, 20.3.2015)
Quelle: Screenshot ZDF (heute-show, 20.3.2015)

Vor dem Hintergrundbild”Netz des himmlischen Friedens” (00:43-01:10) sinniert Oliver Welke über Internetzensur und Pressefreiheit. “Netz des himmlischen Friedens” zeigt einen Mann mit einer Einkaufstüte in der linken Hand  vor einem riesenhaften, etwas altertümlich anmutenden PC. Das Motiv verweist auf den ‘Tank Man’, jenen Unbekannten, der sich am 5. Juni 1989 den Panzern in den Weg stellt – und dessen Bild in einer Aufname von Jeff Widener um die Welt ging. [5]. Es sei dahingestellt, ob die Anspielung vom Publikum erkannt und spontan dekodiert wird, super-originell ist nicht gerade.[6] Die Szene mit dem Panzer kommt übrigens in einer Folge der Zeichentrick-Serie The Simpsons vor: in  “Goo Goo Gai Pan” (Season 16, Episode 12, Erstausstahlung am 13.3.2005.)).

Dann geht es um das Thema Produktpiraterie – Stichwort: “Die kopieren alles” (01:11) mit Beispielen aus dem Automobilsektor. Verantwortlich ist “Der Spion der mich kopierte”[7].

Der zum Themenkomplex Menschenrechte wird von Albrecht von Humboldt kurz gestreift (1:58); Menschenrechte wären “eine feine Sache”, aber dann kommt ein Schnitt, und ein Chinese sagt: “[…] eine Zuvielbetonung von Menschenrechte ist auch nicht gesund”. (2:12). Die Quelle des Clips wird nicht angegeben, der Sprecher wird in dem Clip nicht identifiziert, im Insert bleibt nur “Zentrum für Globale Studien, Universität Bonn” stehen.  Ursprünglich stammen die Äußerungen aus einer von Frank Sieren moderierten Diskussion zwischen Altbundeshkanzler Helmut Schmidt und Gu Xuewu, dem Direktor des Center for Global Sudies der Universität Bonn, über “„Wandel durch Annäherung: Der Aufstieg Chinas verändert die Welt — wie gehen wir in Europa damit um?” vom 31. 1. 2012. [8], die Passage beginnt bei 2:30.

Schnell geht es wieder zum “Ideenklau” zurück (2:30): “Industriespionage ist natürlich ein Problem. Die Chinesen haben eigentlich ja nichts mehr selber erfunden seit dem Glückskeks.” Das ist nicht unoriginell, denn Glückskekse sind wohl eine japanisch-amerikanische Erfindung[9]

Und es geht um das Nachmachen und Nachbauen, denn Ulrich von Heesen berichtet von der “Cheebit in der Nähe von Peking” – die haargenau so aussieht wie die CeBIT, von der Albrecht Humboldt berichtet: Die Chinesen hätten nicht nur die Messe, sondern ganz Hannover nachgebaut inklusive der ‘nachgebauten Hannoveraner’ (Christian Wulff, Bettina Wulff, die Scorpions und Veronika Ferres).  Ulrich von Heesen redet sich immer mehr in Rage und meint dann: “Welke, ich sage Ihnen, die Chinesen machen uns platt. Die kopieren nach und nach alles, was Deutschland stark macht.” Oliver Welke wiegelt ab, Industriespionage sei zwar ein Problem, aber man dürfe sich nicht reinsteigern. Aber beim nächsten Schnitt auf Ulrich von Heesen bei der “Cheebit” ist dieser verschwunden, an seiner Stelle steht ein Chinese, der ansonsten so aussieht wie der Außenreporter der heute-show (und die Zuschauer in chinesischer Sprache herzlich bei der Chebit begrüßt).

Der “China-Kracher” in Kurzfassung:

  • “drei Chinesen mit dem Kontrabass”
  • (Internet-)Zensur
  • Industriespionage
  • Umgang mit Menschenrechten
  • Produktpiraterie
  • Kopiermaschine China

Und es bleibt die Frage: Worüber hat das Saalpublikum beim Glückskeks-Gag gelacht?

 

 

 

 

  1. In der ZDF-Mediathek ist der Beitrag “CeBit, der China-Kracher” bis inkl. 27.3.2015 abrufbar. Der Clip findet sich derzeit auch auf youtube.
  2. Zu den blockierten Begriffen s. Jason Q. Ng: Blocked on weibo : what gets suppressed on China’s version of Twitter (and why) (New York : The New Press[2013) und Ng’s tumblr “Blocked on Weibo” mit einer Liste blockierter Wörter, die (Stand 21.3.2015) 9054 Begriffe enthält..
  3. New Tang Dynasty Television 新唐人電視臺 wurde 2001 gegründet. Der Sender mit Hauptsitz New York, steht Falun Gong nahe.
  4. Der Clip “‘Die Wahrheit’ hinter Chinas ‘Great Fire Wall’” wurde im youtube-Kanal von NTD.de am 20.07.2012 veröffentlicht. [Zuletzt abgerufen am 21.3.2015].
  5. S. Kate Picket: “Tank Man at 25: Behind the Iconic Tiananmen Square“, TIME Magazine: Light Box: The Backstory Wednesday, June 4, 2014. Zu anderen Versionen siehe u.a. Te-Ping Chen: “The Other ‘Tank Man’ Photographs“. Wall Street Journal,  May 30, 2014, 8:10 AM HKT.
  6. S. dazu die Beispiele bei Jonahan Kaiman: “Tiananmen Square online searches censored by Chinese authorities“. The Guardian Tuesday 4 June 2013 13.55 BST [abgerufen am 21.3.2015].
  7. Der Spion, der mich liebte (R: Lewis Gilbert, 1977) ist der zehnte Film der James-Bond-Reihe, s. The Spy Who loved Me in der Internet Movie Database. In Martin Kilians “Der Spion, der mich kopierte” (Tages-Anzeiger, 09.09.2014 [abgerufen am 21.3.2015] geht es nicht um China, sondern um Nachrichtendieste und Wirtschaftsspionage.
  8. Das Video wurde im youtube-Kanal der Robert-Bosch-Stiftung am 3.2.2012 veröffentlicht [abgerufen am 21.3.2015].
  9. S. dazu: Jennifer 8. Lee: The Fortune Cookie Chronicles. (New York City: Twelve Books 2008). Eine Kurzversion findet sich in: Jennifer 8. Lee: “Solving a Riddle Wrapped in a Mystery Inside a Cookie”, The New York Times, January 16, 2008 [abgerufen am 21.3.2015].

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/2054

Weiterlesen

China-Bilder im Oktober 2013: “Die chinesische Prinzessin”

Der WDR-Tatort “Die chinesische Prinzession” (Erstausstrahlung: Das Erste, 20.10.2013, 20:15) trug ziemlich dick auf. Im Drehbuch von Orkun Ertener werden viele Handlungsstränge miteinander verquickt. Der Münster-Tatort stellt die Protagonisten, Hauptkommisar Thiel (Axel Prahl) und Gerichtsmediziner Börne (Jan Josef Liefers) vor ganz neue Herausforderungen, die mit dem sonst für das Münsteraner Duo üblichen Slapstick-Akzenten, die sich aus der Gegensätzlichkeit des Duos ergeben, wenig zu tun haben; Die chinesische Künstlerin Songma stellt ihre Werke im Westfälischen Landesmuseum aus – und Börne ist begeistert. Am Morgen nach der Vernissage ist die Künstlerin tot – und Börne steht unter dringedem Tatverdacht …

In die ca. 80 Minuten von der Auffindung der Leiche bis zur Lösung des Falles sind viele Themen gepfercht:

  • eine ‘chinesische Prinzession’ – und “Nessun dorma” aus Puccinis Turandot
  • China und Chinesisches als ‘das Andere’ und ‘das Fremde’ schlechthin
  • chinesische Kunst – hier Installationen von Bergen roter Lampions und Kissen und Wäldern aus grünen Bambusstangen[1] – als dissidente Stimme
  • Kunsttransporte als Möglichkeit, Dokumente über Landesgrenzen zu bringen
  • Triaden, die ihre dunklen Geschäfte unter dem Deckmantel des Export/Import-Unternehmens “Long” betreiben
  • undurchsichtige chinesische Diplomaten und die Aktivitäten des chinesischen Geheimdiensts
  • Amerikas Krieg gegen Terror  (ein nach jahrelanger Inhaftierung in Guantanamo freigelassener Uigure mit einem Pass der Palau taucht in Münster auf, wo er ermordet wird)[2]
  • Uiguren und ihre bedrohte kulturelle Identität

Trotz (oder wegen) des an sich ambitionierten Stoffes bleiben die ‘chinesischen’ Akteure stereotyp/schablonenhaft:
Die ‘chinesische Prinzessin’, die Künstlerin Songma (dargestellt von der in Taiwan geborenen, in Kaohsiung 高雄市 und Madrid ausgebildeten Huichi Chiu 邱惠祺) ist laut Drehbuch eine Nachfahrin des chinesischen Kaisers und der “Kaiserinnenwitwe”[3] und damit genau genommen eine mandschurische Prinzessin.[4] Ihre Aufmachung entspricht dem Abziehbild einer asiatischen Schönheit: tiefroten Lippen, sanft geschwungene tiefschwarze Brauen, das weiße Gesicht von tiefschwarzem Haar gerahmt.
Die Schläger des Triaden-Bosses sind großflächig tätowiert und besonders grausam gegen ‘Verräter’.
Die Diplomaten sind undurchsichtung und missbrauchen die diplomatische Immunität, um Regimegegner auszuschalten.
Die Verfolgten, wie z.B. die Assistentin der Künstlerin und ein Uigure, der ermordet wird, sind besonders bemitleidenswert.
Die Lösung hat – soviel sei angedeutet[5] – mit den ‘großen’ Themen wenig zu tun …

Last, but not least: Auch in diesem Setting bleiben die Gegensätze zwischen dem kultivierten Gerichtsmediziner  Prof. Börne und dem eher hemdsärmeligen Kommissar Thiel bestehen: Börne zeigt – vor allem in den ersten Minuten des Films – seine Begeisterung für die chinesische Kunst, er spricht die Künstlerin in chinesischer Sprache an. Thiel hingegen hat Probleme, sich die Namen der Chinesinnen und Chinesen zu merken, zunehmend genervt nennt er sie dann nicht mehr beim Namen, sondern spricht von  “Miau” oder “Tsching-Tschang-Tschung”.

China-Bilder im Herbst 2013 …

 

 

 

  1. Die grünen Stangen erinnern an Szenen aus Shí miàn mái fú 十面埋伏 (“House of Flying Daggers”) von Zhang Yimou aus dem Jahr 2004.
  2. “Palau to take Guantanamo Uighurs”. BBC News. 2009-06-10 <abgerufen am 23.10.2013>.
  3. “Die chinesische Prinzession” <abgerufen am 23.10.2013>.
  4. Dazu auch Holger Gertz: Münster-Tatort “Die chinesische Prinzessin” Großzügig aufgetragen (sueddeutsche.de 20. Oktober 2013 12:28).
  5. Die Folge ist noch bis Ende der Woche in der ARD-Mediathek abrufbar.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1078

Weiterlesen

TV-Serie ‘Person of Interest’ auf RTL

Ab heute Abend, Donnerstag 13.09.2012 läuft die von uns bereits erwähnte US TV-Serie Person of Interest auf RTL mit dem Pilot an. RTL zeigt alle 23 Episoden der ersten Staffel immer donnerstags um 21.15 Uhr in deutscher Free TV Erstausstrahlung. Zuvor lief die Serie bereits auf RTL Crime an. Hier der Trailer auch auf deutsch:

Quelle: http://www.univie.ac.at/identifizierung/php/?p=3991

Weiterlesen

Digitales Landesmuseum, Service Public und die gesellschaftliche Erinnerung

Am Montag, 17. Oktober wird Theo Mäusli unter dem Titel «Digitales Landesmuseum: Die Archive der Service public Medien als gesellschaftliche Erinnerung» an der Univeristät Basel einen öffentlichen Vortrag halten. Die Veranstaltung findet statt im Rahmen der Ringvorlesung «Mediengeschichte Schweiz» des Historischen Seminars und des Instituts für Medienwissenschaft, Beginn: 17:15 im Hörsaal 1 des Kollegiengebäudes, Eintritt [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/5865

Weiterlesen