Was ist ein Wissenschaftsblog? Abstract des Vortrags von Cornelius Puschmann
Was ist ein Wissenschaftsblog? Form, Funktion und Ökonomie einer emergenten Kommunikationsform. Abstract des Vortrags von Cornelius Puschmann auf der Tagung “Weblogs in den Geisteswissenschaften oder: Vom Entstehen einer neuen Forschungskultur” am 9. März 2012 in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München.
Abstract
Weblogs existieren seit den späten 1990er Jahren, wo sie zunächst als einfache Linklisten genutzt wurden, durch die ihre Eigentümer Hinweise auf interessante Seiten im noch überschaubaren World Wide Web miteinander austauschten. Inzwischen hat sich das einfach bedienbare Publikationswerkzeug von einem subkulturellen Phänomen zu einer alltäglichen Technologie gewandelt, die ihren subkulturellen Anstrich weitgehend verloren hat. Blogs werden von einer Vielzahl von Akteuren zu einer großen Bandbreite von Themen rezipiert und geschrieben, vom Politik- über das Restaurant- bis zum Modeblog. Institutionen und Unternehmen personalisieren durch Blogs ihre Kommunikation mit Partnern und Kunden, während Privatpersonen sie alternativ als persönliche Kommunikationsplattform, als Werkzeug des Wissensmanagements, oder als Raum für private Reflexionen interpretieren.
Wissenschaftliche Blogs sind ein vergleichsweise junges Phänomen, welches sich aus sehr unterschiedlichen Perspektiven beschreiben lässt (siehe u.a. Bonetta, 2007; Kjellberg, 2010). Zum einen konkurrieren Blogs zumindest potenziell mit traditionellen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Sammelbänden und Monographien, in denen üblicherweise die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung vorgestellt werden. Zum anderen ergänzen sie aber auch eher informelle Kommunikationskanäle wie etwa E-Mail, Mailinglisten und soziale Netzwerke, die Wissenschaftler ebenfalls berufsbezogen nutzen, welche aber zumeist eher dem fachinternen Austausch und der Vernetzung dienen (vgl. Borgman, 2007, S.47). Neben unterschiedlichen Nutzungsansätzen unter Karrierewissenschaftlern spielen Blogs aber auch bei der zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Wissenschaft durch ein breites Spektrum weiterer Akteure eine Rolle, etwa für Journalisten, Studenten, interessierte Laien und Personen in wissenschaftsnahen Berufen, die ebenfalls zu wissenschaftlichen Themen und mit wissenschaftlichem Anspruch schreiben, kommentieren und diskutieren.
In meinem Vortrag werde ich eine grobe Typologie verschiedener Wissenschaftsblogs vorstellen und zugleich das Spannungsfeld zwischen institutionalisierter Wissenschaft und den in ihr akzeptierten Publikationsformen einerseits und dem partizipativen Anspruch von Blogs andererseits beschreiben.
Blood, R. (2000). Weblogs: A history and perspective. Rebecca’s Pocket. Abgerufen von http://www.rebeccablood.net/essays/weblog_history.html
Borgman, C. (2007). Scholarship in the digital age: Information, infrastructure, and the Internet. Cambridge, MA: MIT Press.
Bonetta, L. (2007). Scientists Enter the Blogosphere. Cell, 129(3), p. 443-445.
Kjellberg, S. (2010). I am a Blogging Researcher: Motivations for Blogging in a Scholarly Context. First Monday, 15(8). Abgerufen von http://firstmonday.org/htbin/cgiwrap/bin/ojs/index.php/fm/article/view/2962/2580
Cornelius Puschmann
Dr. Cornelius Puschmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Informations- und Bibliothekswissenschaften der Humboldt Universität zu Berlin (IBI) und Projektmitarbeiter am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). Er beschäftigt sich primär mit computervermittelter Kommunikation aus sprach- und informationswissenschaftlicher Sicht, und mit den Auswirkungen des Internets auf die wissenschaftliche Kommunikation. Sein Blog: http://blog.ynada.com, Twitter: @coffee001
Zum Programm der Tagung “Weblogs in den Geisteswissenschaften” http://redaktionsblog.hypotheses.org/136
Tweets zur Tagung unter @dehypotheses / Hashtag: dhiha4