Wie sollen Rentenzahlungen zur Beschäftigung in Ghettos erfolgen? Eine Stellungnahme von Stephan Lehnstaedt

Dr. Stephan Lehnstaedt, DHI Warschau
Am 10. Dezember 2012 fand im Sozialausschuss des Bundestages eine vielbeachtete Anhörung statt. Verhandelt wurden Anträge der Bundestagsfraktion von SPD, Bündnis90/Die Grünen und der Linken. Hiermit sollen Rentenzahlungen für die Arbeit in den Ghettos während des Zweiten Weltkrieges gesichert werden. Dr. Stephan Lehnstaedt, Historiker am Deutschen Historischen Institut Warschau, war als Sachverständiger zur Anhörung geladen. Wir dokumentieren hier seine schriftliche Stellungnahme, die sich in der Ausschussdrucksache 17(11)1022neu ab S. 37 findet. 

Stellungnahme von Dr. Stephan Lehnstaedt, Deutsches Historisches Institut Warschau, zur Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des 17. Deutschen Bundestags am 10. Dezember 2012.

Inhalt:

1. Arbeitsbedingungen in nationalsozialistischen Ghettos

2. Die Umsetzung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus
Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) durch Rentenversicherer und Justiz

3. Ghettoarbeit und Ghettorenten aus Sicht der Überlebenden

4. Das ZRBG und die Bundesministerien

Zusammenfassung

  • Die Juden, die während des Zweiten Weltkriegs in den deutschen Ghettos gearbeitet haben, haben dies in der weit überwiegenden Mehrzahl aus eigenem Willensentschluss und gegen Entlohnung getan, allerdings unter allgemeinen äußeren Bedingungen von Zwang, Verfolgung und Holocaust. In vielen Fällen wurden sogar Rentenbeiträge abgeführt.
  • Rentenversicherer und Sozialgerichtsbarkeit haben diese historischen Gegebenheiten bis 2009 weitgehend ignoriert. Mit dieser Einstellung gegenüber fachwissenschaftlichen Erkenntnissen konstruierten sie auf laienhafter Basis ein verzerrtes Bild der historischen Wirklichkeit. Im so entstandenen Schema hatten die Erfahrungen von zehntausenden Antragstellern keinen Platz, die Kläger wurden dadurch systematisch benachteiligt. Eine zusätzliche Ungleichbehandlung entstand dadurch, dass Überlebende aus Israel bei der DRV Rheinland weniger Erfolg hatten als die aus den USA bei der DRV Nord.
  • Bundesregierung und Ministerialverwaltung haben diese Praxis auch gegen starke nationale wie internationale Kritik verteidigt, weil sie keine Schieflage eingestehen wollten und vor allem nicht bereit waren, die höheren Kosten einer nicht systematisch benachteiligenden ZRBG-Auslegung zu tragen.
  • Paradoxerweise argumentieren alle in die Umsetzung des ZRBG involvierten Seiten mit dem Willen des Bundestags: Ministerium und Rentenversicherer verteidigten damit die harte Auslegung, Opfervertreter und die parlamentarische Opposition ihre Forderungen nach kulanteren Regelungen. Nach sieben Jahren Ghettorenten gab 2009 das Bundessozialgericht eine eindeutige Interpretation vor, die eine klare Abkehr von der bisherigen Anwendung des ZRBG darstellte – und legte damit u.a. aufgrund neuerer historischer Erkenntnisse einmal mehr fest, was der Bundestag 2002 gewollt haben könnte. Die restriktive Praxis von Rentenversicherern und Sozialgerichten wurde dabei eindeutig verworfen und als falsch gekennzeichnet.
  • Nach § 44 SGB X ist eine Korrektur dieser rechtswidrigen Praxis zum Nachteil der jüdischen Ghettoarbeiter aber nur für die zurückliegenden vier Jahre möglich. Deshalb werden den Überlebenden, denen bis 2002 jegliche Renten für Ghettoarbeit verwehrt wurden, seit 2009 die vollständigen Renten verwehrt. Die Antragsteller hatten erwartet, im Rahmen des ZRBG für tatsächlich geleistete Arbeit eine Rente zu erhalten wie andere Beschäftigte auch, und nicht bloß eine Entschädigung oder Wiedergutmachung, deren einziger Grund darin bestand, dass sie Opfer gewesen waren. Doch die erhoffte Gleichstellung von jüdischen und deutschen Arbeitern blieb aus.

1. Arbeitsbedingungen in nationalsozialistischen Ghettos

Arbeit heißt Leben! Diese Gleichung galt während des Zweiten Weltkriegs für die allermeisten jüdischen Insassen nationalsozialistischer Ghettos, denn die nicht Arbeitenden waren fast nie in der Lage, sich selbst mit dem Überlebensnotwendigen zu versorgen. Aus der Perspektive der deutschen Besatzer waren diejenigen, die keiner Beschäftigung nachgingen, schlicht unnütze Esser und daher nicht nur einem Arbeitszwang ausgesetzt, sondern fielen auch als erste den Deportationen in die Vernichtungslager zum Opfer. Arbeit nahm daher einen, wenn nicht sogar den zentralen Platz im Leben der Juden in den Ghettos ein und bestimmte zu einem großen Teil die Ökonomie dieser Einrichtungen.

Diese Kausalitäten in der ersten Phase des Holocaust schienen lange Zeit so offensichtlich, dass sie keiner näheren Untersuchung wert waren, weshalb sich neuere Studien beispielsweise nur der Ausbeutung der Juden in Lagern widmeten.[1] Ansonsten dominierte in Deutschland die Auseinandersetzung mit den nichtjüdischen Zwangsarbeitern, die zu Millionen in der Industrie des Reiches eingesetzt worden waren, während die deutsche Geschichtswissenschaft überhaupt erst in den letzten Jahren begann, sich mit Ghettos zu beschäftigen,[2] wobei wesentliche Impulse von den – wenigen – Sozialrichtern ausgingen, die für ihre Entscheidungen in ZRBG-Verfahren Gutachten in Auftrag gaben.

Dabei stellte sich schnell heraus, dass die Wissensgrundlage keineswegs besonders umfassend und die konkreten Fragen zur Ghettoarbeit oft nur schwer zu beantworten waren. Neben vereinzelten synthetisierenden Überblicksdarstellungen lagen lediglich für die besetzten polnischen Gebiete gewisse Erkenntnisse vor, die vor allem Forscher des Warschauer Jüdischen Historischen Instituts (Żydowski Instytut Historyczny) in den 1950er und 1960er Jahren vorgelegt hatten.[3] Neuere Untersuchungen waren weit weniger hilfreich, weil sich beispielsweise die in den letzten Jahren überaus ertragreiche Forschung zu den nationalsozialistischen Tätern nicht oder nur sehr peripher mit den Bedingungen in den Ghettos beschäftigt hatte.

Angesichts dessen begann eine intensive Auseinandersetzung mit der vorhandenen Literatur, zudem fuhren manche Gutachter sogar in osteuropäische Archive; Ende 2009 waren so in der zentralen Datenbank der Sozialgerichtsbarkeit (www.sozialgerichtsbarkeit.de) rund 200 Expertisen gespeichert. Darin konnte beispielsweise ganz grundlegend die Frage geklärt werden, was denn überhaupt ein Ghetto ist; die Rentenversicherer waren zunächst nur von rund 400 Ghettos in Osteuropa ausgegangen, aber die zu diesem Zeitpunkt bereits weit fortgeschrittenen Editionen zweier Ghetto-Enzyklopädien des US Holocaust Memorial Museums und der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem[4]  verwiesen diese Zahl schnell ins Reich der Mythen: Tatsächlich existierten rund 1150 Orte, für die man von einem Ghetto sprechen kann.

Zwar ist dieser Begriff keineswegs eindeutig besetzt, er hatte teilweise zeitgleich mehrere Bedeutungen und war außerdem im Laufe der Jahrhunderte einem semantischen Wandel ausgesetzt.[5] Während des Zweiten Weltkriegs definierte sich der Begriff zunächst über den Sprachgebrauch, der ein Gebiet als Ghetto, „Wohngebiet der Juden“, „Jüdisches Wohnviertel“ oder, z.B. auf Polnisch, als „dzielnica żydowska“ beschrieb. Darüber hinaus kennzeichnet Martin Dean, Herausgeber der Enzyklopädie des US Holocaust Memorial Museums, ein Ghetto als (1) einen separierten, explizit begrenzten Wohnbezirk, in dem Juden leben mussten und der ihnen in einem Vorgang der „Ghettoisierung“ zugewiesen worden war; (2) Nichtjuden durften dort nicht wohnen, während (3) den Juden das Verlassen unter Strafe untersagt war.[6]

Diese historische Definition war auch unter Juristen kaum umstritten. Ebenfalls akzeptiert war schnell, dass es längst nicht nur geschlossene, also mit einer Mauer oder einem Zaun umfasste Ghettos gab, sondern auch solche, in denen diese Elemente fehlten und demzufolge ein „offenes Ghetto“ gegeben war. Wesentlich komplexer war die Frage, was denn unter einem „eigenen Willensentschluss“ zu verstehen sei, den das ZRBG als rentenrechtliche Regelung unabdingbar erforderte – um damit eine Abgrenzung zur Zwangsarbeit zu schaffen, für die in den zurückliegenden Jahren die Stiftung „Erinnerung – Verantwortung – Zukunft“ Zahlungen geleistet hatte. Direkt mit diesem Problem verbunden war das „Entgelt“, welches die ehemaligen Ghettoarbeiter erhalten haben mussten, um sich nun für eine Rente zu qualifizieren.

Für beide Gesichtspunkte hatte die Geschichtswissenschaft vor den Gutachten für die Sozialgerichtsbarkeit keine gesicherten Erkenntnisse. In den wenigen Untersuchungen, in denen auf das Leben in Ghettos eingegangen wurde, war meist recht pauschal von „Zwang“ die Rede, der, von den allgemeinen Umständen der Inhaftierung ausgehend, genauso für die Arbeit gegolten habe.[7] Doch eine derartig undifferenzierte Sichtweise war für die durchaus artifizielle Betrachtung im Rahmen des ZRBG wenig nützlich. Tatsächlich herrschte in den Ghettos keineswegs immer nur unbezahlte Zwangsarbeit vor. Ganz im Gegenteil konnten die Gutachten vielfältige Arbeitsformen beschreiben, die Arbeitsbataillone, willkürliche Verhaftungen und Verschleppung in Arbeitslager – aber auch freiwillige Meldungen hierfür –, „shops“ der Judenräte und der Besatzer und sogar fortgesetzte Beschäftigungsverhältnisse beinahe wie vor dem Krieg umfassten. Und diese Varianten ergaben sich in unterschiedlich großen Ghettos mit je eigenen Rahmenbedingungen in verschiedenen besetzten Gebieten Osteuropas. Im Grunde war jedes Ghetto ein Sonderfall, der einzeln beschrieben werden musste und seine eigenen Spezifika aufwies. Dessen ungeachtet gab es zahllose wiederkehrende Phänomene, die sich besonders in der regionalen Unterteilung der deutschen Herrschaft spiegelten.

Hinzuweisen ist auch darauf, dass es aus Sicht der deutschen Besatzer durchaus rational war, die Juden zu bezahlen: Indem die Arbeitsämter etwa im Generalgouvernement (also dem nicht ins Reich eingegliederten Teil Polens, in dem etwa 2 Millionen Juden in insgesamt 342 Ghettos lebten) auf freiwillige Beschäftigungsverhältnisse setzten, maximierten sie den Nutzen für die deutsche Kriegswirtschaft, einfach weil Menschen, die aus eigenem Willensentschluss arbeiten, motivierter als Zwangsarbeiter sind. Der Leiter der Arbeitsverwaltung im Generalgouvernement, Dr. Max Frauendorfer, erklärte, dass es nur mit der Lohnzahlung möglich sei, „die Arbeitsfähigkeit der Juden zu erhalten, den nötigen Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen und Krankheiten und Seuchen zu vermeiden“[8] Von Mitte 1940 an bis Mitte 1942 waren 80 bis 90 Prozent der arbeitenden Juden weitgehend aus eigenem Willensentschluss und gegen Entlohnung in Form von Bargeld oder Nahrungsmitteln tätig. Das galt insbesondere für Frauen und Kinder, die weder der Lagerarbeit noch dem Dienst in den Arbeitsbataillonen unterlagen.[9] Die Arbeitsverhältnisse der Ghettoinsassen waren im Gebiet Ostoberschlesien tendenziell besser, im Warthegau und auch in den besetzten Teilen der Sowjetunion – mit der Ausnahme Litauens – schlechter.[10]

Für eine Generalisierung der Ghettoarbeit im Sinne des ZRBG lässt sich dennoch feststellen, dass der „eigene Willensentschluss“ in den allermeisten Fällen gegeben war: Arbeit zu haben stellte ein Privileg dar. Das galt nicht für die Arbeitslager, in denen die Bedingungen hart und die Todesraten hoch waren, aber doch für die Ghettos; selbst die Arbeitsbataillone, in denen niedere und schwere, aber entlohnte Hilfstätigkeiten ausgeübt wurden, konnten oft auf Freiwillige zurückgreifen. Von echter „Freiwilligkeit“ kann selbstverständlich nicht die Rede sein, vielmehr waren die Juden wegen der deutschen Hunger- und Beraubungspolitik gezwungen, jegliche Möglichkeit, etwas Essen zu erhalten, wahrzunehmen. Und da die Beschäftigungen in den Ghettos und selbst in den Lagern und Arbeitsbataillonen beinahe immer eine Gegenleistung in Form von Nahrungsmitteln beinhalteten – was die Gutachten klar zeigen –, waren sie begehrt, denn für Geld konnten Juden in den Ghettos nichts kaufen. Die Juden hatten also ein Interesse daran, eine Arbeit zu suchen. Und da es fast immer viel weniger Arbeitsplätze als Bewerber gab, war eine Stelle ein wertvolles Privileg. Die „Entlohnung“ mochte nicht angemessen sein sondern eher eine Ausbeutung dar, sie mochte oft über die Judenräte und nicht direkt von den Arbeitgebern ausgegeben worden sein, aber sie machte doch den Unterschied zwischen Überleben und Verhungern aus. Ihr Wert war insofern kaum hoch genug zu veranschlagen, und entsprechend begehrt war Arbeit, die später zudem über den längeren Verbleib im Ghetto oder die schnellere Deportation in die Vernichtungslager entschied. Hinzuweisen ist auch darauf, dass zumindest im besetzten Polen (also im Generalgouvernement, Warthegau und Ostoberschlesien) für die jüdischen Arbeiter regulär und regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge für die jüdischen Arbeiter an die damaligen Rentenkassen gezahlt wurden – selbst für die Arbeit in Zwangsarbeitslagern.
2. Die Umsetzung des ZRBG durch Rentenversicherer und Justiz

Die eben geschilderten historischen Bedingungen waren so weder 1997, zum Zeitpunkt des grundlegenden Urteils des Bundessozialgerichts am Beispiel des Ghettos Litzmannstadt, noch 2002, bei der Verabschiedung des ZRBG im Bundestag, im wissenschaftlichen Diskurs präsent. Dies gilt in weit größerem Maße für die nichtfachliche Öffentlichkeit, zu der auch die Ministerialverwaltungen, die Deutsche Rentenversicherung und die Sozialgerichtsbarkeit gezählt werden muss. Als das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in den Jahren 1997 und 2002 für den Deutschen Bundestag das ZRBG vorbereitete und dazu auch Rücksprache mit den Rentenversicherern hielt, wurden keine Historiker in das Verfahren eingebunden. Wie eine Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz in die Akten des BMAS zeigt, entstanden deshalb groteske Fehlannahmen über den zu erwartenden Umfang des ZRBG, die in dieser Form auch dem Bundestag als Entscheidungsgrundlage unterbreitet wurden: Die Schätzung über die zu erwartende Zahl der Antragsteller lag um den Faktor 100 zu niedrig: statt schlussendlich 70.000 Antragstellern rechnete das BMAS gegenüber dem Haushaltsausschuss des Bundestags Ende 2001 mit nur 700 Antragstellern, obwohl in internen Papieren auch Zahlen von bis zu 6.000 Antragstellern kursierten.[11]

Da der Zwangscharakter der Ghettos so offensichtlich erschien, waren Bundes- und Landesministerien sowie die Rentenversicherer höchst überrascht von den rund 70.000 Anträgen, die nach der Verabschiedung des Gesetzes gestellt wurden. Doch anstatt nun bei Wissenschaftlern Erkundigungen über die Arbeitsbedingungen in Ghettos einzuziehen, entwickelte die Deutsche Rentenversicherung ohne fachliche Beratung eigene pseudohistorische Kriterien, nach denen die Anträge zu bearbeiten waren, und gab dafür im September 2002 Anweisungen zur Bearbeitung von ZRBG-Fällen heraus. Auf 36 DIN-A5 Seiten sowie einem längeren Anhang, der einzelne Ghettos auflistete, wurde dort eine eigene Interpretation zu Arbeit in Ghettos vorgelegt, die auch eine Übersicht zu den Verhältnissen in den deutsch besetzten Gebieten Osteuropas enthielt. Im Januar 2006 erfuhr der Text eine Überarbeitung und Erweiterung.[12] Er diente als Grundlage für sämtliche Verwaltungsentscheidungen bis zu den Urteilen des Bundessozialgerichts von Juni 2009.

Die beiden Arbeitsanweisungen von 2002 und 2006 weisen in Bezug auf die Rezeption des historischen Forschungsstands keine Fortschritte auf. Andererseits beruhen die teilweise sehr weit reichenden Interpretationen der Rentenversicherung auf insgesamt nur acht fachwissenschaftlichen Büchern, davon vier Nachschlage- bzw. Überblickswerke. Zwar sind diese allesamt als Standardwerke zu bezeichnen, doch das älteste von ihnen ist von 1990, die zwei neuesten von 1999. Bedenkt man den Druckzyklus historischer Werke, so ist die Grundlage für die Entscheidungen der Rentenversicherung der Forschungsstand von Anfang 1998. Gleichwohl gilt selbst dies nur mit Einschränkungen, Referenz für das Reichskommissariat Ukraine sind lediglich drei Überblicksdarstellungen von 1990, 1991 bzw. 1993.

Die Auswertung der von der Rentenversicherung herangezogenen Werke geschah offensichtlich nicht durch einen Historiker, der auch eine fachliche Einordnung und Beurteilung hätte vornehmen können. So blieben zahlreiche einschlägige Studien unberücksichtigt, die gerade zu den speziellen Fragen von Ghettoisierung oder Arbeit weit detaillierter Auskunft geben als die vier Nachschlage- bzw. Überblickswerke, die die Rentenversicherung verwendet. So erklären sich zahllose Irrtümer, unzulässige Analogien und Pauschalisierungen bzw. Fehlinterpretationen. Die mangelhafte Auseinandersetzung mit den damaligen Gegebenheiten setzt sich in einem unkritischen Umgang mit den Sekundärquellen fort. Das Bild, das die Rentenversicherung in ihren Arbeitsanweisungen von der nationalsozialistischen Judenpolitik in Osteuropa zeichnet, entspricht nicht dem aktuellen historischen Forschungsstand, und entsprach ihm auch nicht zum Zeitpunkt der Entstehung der Anweisungen. Die Grundlage für das Verwaltungshandeln war eine laienhafte, ohne fachhistorische Anleitung durchgeführte Auswertung von lediglich acht unsystematisch zusammengestellten Werken.

Grundlage für die individuelle Entscheidungsfindung waren Fragebögen, die die Überlebenden auszufüllen hatten. Zwar ist dies aus Gründen der Operationalisierung bei vielen tausend Anfragen verständlich, doch die fachliche Kritik durch erfahrene Psychologen zeigt, dass die Gestaltung der Fragebögen kaum geeignet war, valide Daten zu erhalten,[13] schon alleine, weil sich Erinnerungen kaum in die starren Schemata von Vordrucken pressen lassen. Verwirrend war beispielsweise die Frage zum Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses, bei dem die Optionen „freiwillig“, „durch Vermittlung“ und „durch Zuweisung“ gegeben sind: Viele Überlebende kreuzten alle drei Punkte an, weil sie sich an den Judenrat mit der Bitte um eine Arbeit gewandt hatten, dieser ihnen einen Arbeitgeber vermittelte, wo schließlich eine konkrete Aufgabe zugewiesen wurde. Dieser vollkommen übliche und historisch auch kaum anders denkbare Vorgang führte indes regelmäßig zur Ablehnung des Antrags.

Relevant für die Bearbeitung der einzelnen Anträge waren ferner Dokumente aus den früheren Entschädigungsverfahren der Überlebenden (nach dem Bundesentschädigungsgesetz – BEG). Sie wurden in der weit überwiegenden Mehrzahl gegen die Antragsteller ausgelegt, weil sie angeblich im Widerspruch zu den Angaben im ZRBG-Verfahren rund 50 Jahre später stünden. Doch die Annahme, Angaben im Entschädigungsverfahren seien für ZRBG-relevante Sachverhalte wegen des kürzeren Abstandes zu den strittigen Zeiten größerer Beweiswert beizumessen als Angaben im ZRBG-Verfahren selbst, kann historisch-quellenkritischen, aber auch schlicht logischen Maßstäben nicht standhalten: In den BEG-Verfahren wurden andere Sachverhalte ermittelt, vor allem Schäden an Freiheit und Gesundheit, wobei man sich auf ein Minimum an relevanten Angaben beschränkte. Das verdeutlicht die Tatsache, dass in den BEG-Akten dem eigentlichen Verfolgungsschicksal in der Regel nur wenige Zeilen gewidmet sind.

Die Vorstellungen, die hinter der Argumentation der deutschen Rentenversicherer standen, beschränken sich auf ein weitgehend eindimensionales, von ihnen selbst geschaffenes Bild einer Ghettowelt. Sie konstruierten ihre eigene Geschichte der Ghettos, die durch andauernde Wiederholung perpetuiert wurde – und lehnten dementsprechend über 90 Prozent aller Anträge ab. Wie erfolgreich die Versicherer mit ihrem Vorgehen waren, zeigt die Überprüfung ihres Handelns durch die Sozialgerichtsbarkeit. Auch hier bestand bis Mitte 2009 kaum Aussicht auf eine erfolgreiche Klage gegen die Verwaltungsbescheide.

Blickt man auf das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, das als zweite Instanz für Kläger aus Israel zuständig war, wird deutlich, dass die Kläger in etwas mehr als 17 Prozent aller dort eingegangenen ZRBG-Fälle zumindest einen Teilerfolg erzielen konnten (zum Vergleich: die Erfolgsquote in Rentensachen außerhalb des ZRBG liegt etwa bei 27 Prozent).[14] Den Überlebenden gelang es nicht, ihre Ansprüche glaubhaft zu machen, weil an der Plausibilität ihrer Angaben gezweifelt wurde. Über 60 Jahre nach dem Ende ihrer Verfolgung konnten sie auch keine Dokumente mehr präsentieren, die ihr Vorbringen stützen könnten – denn es war schlechterdings unmöglich, irgendwelche Schriftstücke durch Ghetto, Lager und Vernichtung, durch DP-Camp und Auswanderung hindurch aufzubewahren. Die Überlebenden hatten keine andere Möglichkeit, als ihren ZRBG-Antrag ausschließlich durch eine nachträgliche Aussage zu untermauern. Selbstverständlich müssen sie bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken und sie tragen auch die Beweislast. Letztere schließt indes nicht die Amtsermittlungspflicht von Behörden und Gerichten aus. Wie in allen Fällen nach dem Sozialgerichtsgesetz muss die Verwaltung die relevanten Tatsachen von sich aus ermitteln, wobei sie nicht an das Vorbringen oder an Beweisanträge der Antragsteller gebunden ist. Angesichts dieser Grundsätze sticht ins Auge, dass insbesondere zwei Ermittlungsansätze kaum genutzt wurden: die persönliche Anhörung der Kläger und der Sachverständigenbeweis.

Trotz der enormen Bedeutung von Aussagen für die Urteile waren die im Ausland lebenden, durchweg betagten Antragsteller dadurch benachteiligt, dass in den Verfahren in der Regel keine Anhörung stattfand, weil dazu – wenn überhaupt – eine Anreise der hoch betagten Holocaustüberlebenden zum Gerichtsstandort erwartet wurde, die dazu nur selten bereit oder in der Lage waren. So wurden nur schriftlich niedergelegte Einlassungen herangezogen bzw. die Rechtsanwälte befragt. In mehr als einem Urteil war sogar davon die Rede, dass eine Anhörung des Klägers nichts zum konkreten Fall beitragen würde, da die Fakten ja bekannt seien.[15]

Ein ähnliches Problem ergab sich bei der Hinzuziehung von Sachverständigen. Die Verfahren haben durchweg historische Tatsachen zum Gegenstand, aber es wurde auf die Einholung historischer Sachverständigengutachten in der Regel verzichtet. Damit schrieben sich die Gerichte selbst die für die Bewertung historischer Tatsachen erforderliche Sachkunde zu. Das Bundessozialgericht hat demgegenüber in mehreren zum ZRBG ergangenen Entscheidungen[16] betont, ein Gericht müsse bei der Beurteilung historischer Tatsachen nicht nur darlegen, woher es die von ihm selbst behauptete besondere historisch-wissenschaftliche Sachkunde erlangt hat, sondern auch, wie weit diese nach Inhalt und Umfang reicht. Es genüge nicht, mitzuteilen, welche Unterlagen hinzugezogen worden sind, wenn nicht dargestellt werde, über welche speziellen Kenntnisse das Gericht verfügt, die es ihm seiner Ansicht nach erlauben, den historisch-wissenschaftlichen Wert der beigezogenen Unterlagen, ihre fachwissenschaftliche Stichhaltigkeit, die fachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der jeweils berücksichtigten Quellen sowie die Bewertung durch die verschiedenen Autoren zu beurteilen: „Auch die Lektüre umfangreicher historischer, zum Teil sogar wissenschaftlicher Veröffentlichungen, macht aus dem Leser im Regelfall keinen Sachverständigen der historischen Wissenschaft“.[17]

Das Urteil blieb indes folgenlos und wurde von den allermeisten Sozial- und Landessozialgerichten ignoriert, Historiker nur in Ausnahmefällen als Gutachter hinzugezogen – und die Vorstellungen der Richter über die Ghettoarbeit blieben entsprechend weit von der historischen Realität entfernt.[18] Dass in einem nationalsozialistischen Ghetto tatsächlich ein eigener Willensentschluss zur Arbeit und sogar eine Arbeitsentlohnung stattfanden, erschien angesichts der sonst bekannten Tatsachen über die Judenvernichtung eher unwahrscheinlich; das allgemeine Wissen über Ghettos ist fast ausschließlich mit Zwang assoziiert. Nur selten ist in den Urteilen eine Loslösung von diesem in der Bundesrepublik tradierten Bild zu beobachten. Es war für die meisten Richter kaum vorstellbar, dass im Ghetto überhaupt etwas aus freiem Willen geschah.

Für die ZRBG-Praxis bedeutete all das, dass ausschließlich Versicherungen und Justiz die Bedeutung bestimmter Begrifflichkeiten festlegten; davon abweichende Varianten führen beinahe automatisch zu einer Ablehnung des Klagebegehrens. Der Diskurs über die Ghettoarbeit, wie er von Verwaltung und Sozialgerichtsbarkeit geführt wurde, schuf eine eigene Wirklichkeit, die mit dem historischen Geschehen nichts gemein hatte. Die tatsächlichen Erfahrungen der Überlebenden hatten darin keinen Platz.

3. Ghettoarbeit und Ghettorenten aus Sicht der Überlebenden

Für die meist hoch betagten Antragsteller waren die ZRBG-Verfahren nur schwer zu begreifen. Sie hatten den Holocaust mit knapper Not überlebt und die Schrecken des Nationalsozialismus am eigenen Leib erfahren. Angesichts der mehrjährigen Verfolgung im Zweiten Weltkrieg, die eine permanente Ausnahmesituation voller Zwang darstellte, war auch in der subjektiven Wahrnehmung beinahe alle Arbeit „Zwangsarbeit“, zumal sie – gemessen an normalen Maßstäben – völlig unzureichend entlohnt wurde. Insbesondere in Nachkriegsaussagen wird der Terminus „Zwangsarbeit“ daher universell zur Benennung von Tätigkeiten während der nationalsozialistischen Verfolgung genutzt. Weder in der Perspektive der damaligen Ghettoinsassen noch der der heutigen Überlebenden, wie sie uns in überlieferten Nachkriegsaussagen zur Verfügung steht, spielte es eine Rolle, dass „Arbeitspflicht“ und „Arbeitszwang“ verschiedene Bedeutungen und Bedingungen implizierten, die aber beispielsweise nichts mit „Zwangsarbeit“ etwa in Lagern zu tun hatten. Hinzu kommt, dass nicht einmal die nationalsozialistischen Behörden und die Judenräte ihre unterschiedlichen Begriffe für die Arbeitsformen konsequent verwendeten, sondern sie häufig vermischten, was auch dem zeitlichen Wandel der Konnotationen geschuldet war.

Wenn also in den erwähnten BEG-Akten häufig von „Zwangsarbeit“ berichtet wird, steht dies nicht im Widerspruch zur später postulierten „Arbeit aus eigenem Willensentschluss“: Der seinerzeit gängige Begriff von Zwangsarbeit, wie er von Überlebenden der Shoah verwendet wird, zielte zuvorderst auf die allgemeine Zwangssituation des Ghettos ab. Einer Aussage in den Entschädigungsakten, in der der Terminus „Zwangsarbeit“ oder die Formulierung „zur Arbeit gezwungen“ vorkommt, ist nicht der Vorzug gegenüber anderen Aussagen oder Informationen zu geben, weil sie „zeitnäher“ getätigt worden ist. Bei dieser Argumentation wird von falschen Voraussetzungen ausgegangen, nämlich von der Existenz einer klaren, dem Alltagsverständnis zugänglichen begrifflichen Unterscheidung von erzwungenen und „freien“ Arbeitsverhältnissen. Der Münchener Historiker Jürgen Zarusky hat es als kafkaesk bezeichnet, dass die Anträge häufig daran scheiterten, dass die Überlebenden vor „vier oder fünf Jahrzehnten keine Antwort auf Fragen gegeben haben, die ihnen nicht gestellt wurden, und Begriffe nicht benutzt haben, die es noch nicht gab“.[19]

Dass die Glaubwürdigkeit der Kläger in den Urteilen oftmals anhand der Aktenlage abgetan wurde, war für die Überlebenden demütigend, zumal sich Vertreter der Bundesrepublik für ihr ganzes Schicksal nur selten interessiert haben.[20] Für sie schien gerade das ZRBG ein innovatives Gesetz zu sein, weil es ihnen endlich einen Anspruch zubilligte, der auf einer „normalen“, tatsächlich erbrachten Leistung beruhte: Sie erhielten eine Arbeitsrente wie andere Arbeiter auch, nicht bloß eine Entschädigung oder Wiedergutmachung, deren einziger Grund darin bestand, dass sie Opfer gewesen waren und – im Unterschied zu vielen Angehörigen – überlebt hatten. Die Zahlungen im Rahmen des BEG waren natürlich notwendig, denn viele Holocaustüberlebende sind nicht wohlhabend, weil sie während eines entscheidenden Abschnitts ihres Erwerbslebens unter deutscher Verfolgung litten und häufig seelische und körperliche Schäden davontrugen; sie sind daher auf das Geld angewiesen. Aber das ZRBG ist eben keine moralische Wiedergutmachung – und es ist sowieso fraglich, ob, und wenn ja, in wieweit der Horror des Holocaust „entschädigt“ oder „wieder gut gemacht“ werden kann – sondern schlicht eine Gleichbehandlung. Noach Flug, der 2011 verstorbene Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees und Vorsitzender der Organisation der Holocaust-Überlebenden in Israel, hat das ZRBG einmal als die Aufhebung der Nürnberger Gesetze bezeichnet,[21] denn damit würden Juden nicht mehr nur wegen ihrer Opfereigenschaft Geld aus Deutschland bekommen; die Ghettorenten stellten also – zumindest in der Theorie – eine Gleichstellung von jüdischen und deutschen Arbeitern dar.

4. Das ZRBG und die Bundesministerien

Mit dem ZRBG hat der Bundestag 2002 ein Gesetz beschlossen, das den ehemaligen Ghettoarbeitern die Möglichkeit einer Rente einräumte. Bei der Anwendung und Auslegung des Gesetzes wurden die Antragsteller von Rentenversicherern und Sozialgerichten indes systematisch benachteiligt, da historische Gegebenheiten ignoriert und die Perspektive der Überlebenden falsch interpretiert wurden. Die Aufsichtsbehörden in den Landes- und Bundesministerien waren über den Umfang der Ablehnungen genau informiert. Zweifel auch des BMAS, ob denn eine sachgemäße Behandlung der Einzelfälle gewährleistet sei, wiesen die Rentenversicherer allerdings zurück. Das Ministerium war andererseits aber auch nicht an einer Klarstellung des Gesetzes interessiert – die Auslegung durch die Rentenversicherer würden die Gerichte überprüfen, und dabei sei von einer Bestätigung auszugehen.[22]

Änderungswünsche wies die Bundesregierung zurück. Den Überlebenden weiter entgegen zu kommen, würde „Fiktionsregelungen“ schaffen und „der gesetzlichen Rentenversicherung Aufgaben zuweisen, die keinerlei Bezug mehr zur Versichertengemeinschaft haben“.[23] Tatsächlich war die Bundesregierung im August 2006 sogar der Ansicht, die hohe Ablehnungsquote resultiere aus der Unkenntnis der Antragsteller in Bezug auf die komplexe rechtliche Materie – und machte die Überlebenden damit indirekt für die geringen Bewilligungsquoten selbst verantwortlich.[24]

Versicherer und Verwaltung beriefen sich bei dieser Haltung stets auf eine Überprüfung, der die Rentenversicherung Rheinland unterzogen worden war und deren Abschlussbericht Anfang 2005 dem Bundestagsausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherheit vorgelegen hatte. Ausgehend von einer Dienstaufsichtsbeschwerde der Berliner Rechtsanwältin und Opfervertreterin Simona Reppenhagen hatte das Arbeits- und Sozialministerium Nordrhein-Westfalen knapp hundert Einzelfälle überprüft – allerdings unter Rückgriff ausschließlich auf Material der Rentenversicherer – und deren Auslegung bestätigt.[25] Damit attestierte sich die Verwaltung selbst ein tadelloses Verhalten im Rahmen der Gesetzesnormen und –intentionen.

Allerdings hatte die Bundesregierung Anfang 2006 gegenüber Israel eine Zusage gegeben, bei den Ghettorenten die Leistungen für die Holocaust-Überlebenden zu verbessern. Immer dringlichere Nachfragen, dieses Versprechen einzuhalten, brachten nach eineinhalb Jahren Wartezeit eine gewisse Bewegung in die verfahrene Situation. Im Sommer 2007 kamen Arbeits- und Finanzministerium zusammen, um über eine Anerkennungsleistung zu verhandeln. Sehr deutlich war ihnen die beinahe schizophrene Situation bewusst, nach der die Rente, die nach Argumentation der Bundesregierung vollkommen im Sinne des Gesetzgebers umgesetzt würde, eine zusätzliche Zahlung erforderte, diesmal allerdings als Wiedergutmachung. Fraglich war, was denn eigentlich anerkannt werden sollte: Die Haftzeit war durch das Bundesentschädigungsgesetz längst berücksichtigt; für Zwangsarbeit gab es die Stiftung „Erinnerung – Verantwortung – Zukunft“, und für sonstige Arbeit aus eigenem Willensentschluss gab es Renten. Eine Regelungslücke konnte eigentlich nicht existieren.

Trotzdem war das Bundesarbeitsministerium selbst 2008 weder willens noch in der Lage, von der offiziellen Linie der Bundesregierung abzuweichen. So äußerte man zwar für die „Absicht, den Menschen zu helfen, [...] volles Verständnis“, aber der Gesetzgeber sei bereits 2002 „an die Grenzen dessen gegangen, was in der gesetzlichen Rentenversicherung möglich ist. Die Bundesregierung hat deshalb mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass eine Novellierung des ZRBG nicht vorgesehen ist und eine Lösung außerhalb des ZRBG gesucht werde“.[26] Doch Anfang 2009 konnte sich nicht einmal das BMAS dem weiter wachsenden öffentlichen und außenpolitischen Druck noch länger entziehen. Zunächst intern plädierte das zuständige Referat dafür, eine Arbeitsgruppe mit Angehörigen von Ministerium und Versicherungen sowie israelischen Fachleuten und Vertretern der Conference on Jewish Material Claims against Germany (Claims Conference, JCC) einzurichten – offiziell mit der Absicht, eine einheitlichere Umsetzung des ZRBG zu erreichen. Dabei müsse einerseits der Eindruck vermieden werden, der Bund wolle den selbstverwalteten Versicherern Kompetenzen entziehen, andererseits aber „die nachdrückliche politische Erwartung des BMAS an die Träger deutlich werden, nicht nur – wie schon bisher – zu gemeinsamen Auslegungsrichtlinien zu kommen, sondern auch in Anwendung der Richtlinien zu möglichst einheitlichen Anerkennungsquoten, die sich an den bei der Anwendung des ZRBG ‚großzügigeren’ RV-Trägern orientieren.“[27] Deutlicher konnten Ministerialbeamte kaum formulieren, dass die Ghettorenten-Praxis nicht ihren Erwartungen entsprach.

Widerstand dagegen regte sich einmal mehr von Seiten des Bundesfinanzministeriums, das Präzedenzwirkungen und damit einhergehende finanzielle Belastungen ebenso fürchtete wie eine Revision der stillschweigenden Übereinkunft, die Ghettorenten als Erfolg zu deklarieren, der keiner Nachbesserung bedürfe. Nach sieben Jahren ZRBG und eineinhalb Jahren Anerkennungsrichtlinie, was „eine gewisse Befriedung der unterschiedlichen Gruppen“ bewirkt hätte, sei die Idee daher „unglücklich“; das BMAS solle überprüfen, ob diese Maßnahme „wirklich angezeigt“ sei.[28]

Die Rentenversicherer sahen ebenfalls keine Notwendigkeit für eine Kontrolle ihres Handelns und zeigten sich überrascht, dass das Bundesarbeitsministerium „entgegen sonst herrschender Meinung“ die Ansicht vertrete, ursächlich für die große Ablehnungsquote sei die Verwaltungspraxis und nicht das Gesetz selbst. Gleichzeitig musste die DRV Rheinland aber einräumen, tatsächlich durchaus restriktiver zu entscheiden, als ihre Kollegen in Hamburg. Man selbst orientiere sich an den Vorgaben der Gerichte – wenn restriktive Auslegungen akzeptiert würden, bestehe kein Grund, die eigene Praxis zu ändern; demgegenüber hätten die Kollegen in Hamburg akzeptiert, dass die dortigen Gerichte eine klägerfreundlichere Auslegung vornähmen und würden selbst entsprechend handeln.[29]

Möglich war dies, weil die verschiedenen Senate des Bundessozialgerichts vor 2009 keine einheitliche Interpretation des ZRBG vorgelegt hatten. Der 13. Senat hatte 2004 eine recht enge Auslegung gefordert, die im Wesentlichen das Vorhandensein einer tatsächlichen Versicherungspflicht für die Ghettoarbeiter sowie einen dafür notwendigen Vertragsabschluss verlangte.[30] Eine gegenläufige Auffassung des 4. Senats,[31] der bereits Ende 2006 eine großzügigere Interpretation des ZRBG durchzusetzen versuchte, war nicht auf Akzeptanz gestoßen. Der vom 4. Senat angerufene Große Senat des Bundessozialgerichts, der für die Klärung interner Auslegungsunterschiede zuständig ist, entschied in der Sache aus formellen Gründen nicht. Der Verweis auf die Meinung des 4. Senats diente aber dennoch manchen Richtern als Referenz für eine klägerfreundliche Spruchpraxis.

Das Sozialgericht München berief sich z.B. darauf, vor allem aber die Sozialgerichtsbarkeit in Hamburg, wo die Rentenversicherung Nord für Kläger u.a. aus den USA, und damit für die nach Israel zweitgrößte Überlebendengruppe zuständig ist. Die Richter am dortigen Sozialgericht waren es, die 2005 erstmals historische Gutachten bei Frank Golczewski anforderten. Nach eigenen Angaben veränderte sich der Umgang mit den ZRBG-Fällen ab diesem Zeitpunkt.[32] Seriöse Schätzungen der beteiligten Parteien belaufen sich auf 30 bis 40 Prozent für die Kläger erfolgreiche Fälle vor dem Urteil des Bundessozialgerichts im Juni 2009, wobei davon über zwei Drittel durch Anerkenntnis oder Vergleich zustande kamen.[33] Die regionalen Unterschiede beeinträchtigten indes die Gleichbehandlung der Antragsteller. Damit hatten Herkunft, sozialer Status und örtliche Nähe des Verfolgten in hohem Maße Auswirkung auf dessen Erfolgsaussichten.

Diese regionalen Unterschiede machen deutlich, wie pragmatisch letztlich das Vorgehen der Rentenversicherer war, und zeigen ferner, welch entscheidende Rolle die Sozialgerichtsbarkeit einnahm. Ganz offensichtlich waren klägerfreundlichere Deutungen, als sie in Nordrhein-Westfalen vorgenommen wurden, anderswo möglich. Weitere Auseinandersetzungen in dieser durchaus unangenehmen Lage blieben den Ministerien vor allem deshalb erspart, weil das Bundessozialgericht in seiner wegweisenden Entscheidung Mitte 2009 eine eindeutige Kehrtwende der bisherigen Ghettorenten-Auslegung anordnete.

In Berlin setzte unmittelbar darauf das große Rechnen ein. Besonders das Bundesfinanzministerium erwies sich als Widerpart gegen großzügigere Regelungen für die Überlebenden. Man fürchtete steigende Ausgaben und Präzedenzwirkungen, die auch andere Opfergruppen nach Geld verlangen lassen könnten. In einer internen Besprechung zwischen Finanz- und Arbeitsministerium hieß es im Sommer 2009: „Minister Steinbrück habe die Weisung gegeben, strikt auf Begrenzung der finanziellen Auswirkungen zu achten.“[34] Doch schon bei der Konzipierung des ZRBG vor 2002 waren für sämtliche Überlegungen stets Kostenfragen zentral gewesen.[35]

Nach 2002 haben sich die Bundesministerien nicht mit den Auslegungsfragen des ZRBG beschäftigt und verteidigten stets den eingeschlagenen restriktiven Weg, selbst wenn für die außenpolitische Rechtfertigung eine durchaus absurde „Anerkennungsleistung“ notwendig war. Erst als 2008 Opfergruppen und die israelische Regierung immer lauter protestierten und sogar das Arbeitsministerium in Nordrhein-Westfalen der DRV Rheinland Zügel anlegte, fingen in Berlin Planungen an, die ZRBG-Praxis zu reformieren – erneut gegen den Widerstand des Bundesfinanzministeriums. Aber auch in der Frage der Rückwirkung legte das BMAS kein besonderes Engagement an den Tag und wartete die nächste Entscheidung des Bundessozialgerichts ab. So erwies sich die Exekutive vorwiegend als hinhaltender Verteidiger einer Politik, die nicht vom Gedanken einer Gleichbehandlung jüdischer Arbeiter in der Rentenversicherung, sondern von den Finanznöten des Staates bestimmt wurde. Auch im Rahmen der Ghettorenten war die Auseinandersetzung mit den nationalsozialistischen Verbrechen lediglich eine von den Umständen diktierte Pflicht, die viele Probleme und Fehler aus dem 20. Jahrhundert wiederholte.


[1] Wolf Gruner, Der Geschlossene Arbeitseinsatz deutscher Juden. Zur Zwangsarbeit als Element der Verfolgung 1983-1943, Berlin 1996; erweitert u.d.T.: Jewish Forced Labor Under the Nazis. Economic Needs and Racial Aims, 1938-1944, New York 2006.

[2] Vgl. die Forschungsüberblicke bei: Christoph Dieckmann / Babette Quinkert, Einleitung, in: Im Ghetto 1939-1945. Neue Forschungen zu Alltag und Umfeld, hg. v. Christoph Dieckmann / Babette Quinkert, Göttingen 2009, S. 9-29; Dieter Pohl, Ghettos im Holocaust. Zum Stand der historischen Forschung, in: Ghettorenten. Entschädigungspolitik, Rechtsprechung und historische Forschung, hg. v. Jürgen Zarusky, München 2010, S. 39-50.

[3] Vgl. etwa Tatiana Berenstein, Praca przymusowa Żydów w Warszawie w czasie okupacji hitlerowskiej, in: Biuletyn Żydowskiego Instytutu Historycznego 45/46 (1963), S. 42–93; dies., Praca przymusowa ludności żydowskiej w dystrykcie Galicja, in: ebd. 69 (1969), S. 3-46; Adam Rutkowski, Hitlerowskie obozy pracy dla Zydów w dystrykcie radomskim, in: ebd. 17-18 (1956), S. 106-128.

[4]  The Yad Vashem Encyclopedia of the Ghettos During the Holocaust, hg. v. Guy Miron, Jerusalem 2009; The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of Camps and Ghettos 1933-1945. Volume II: Ghettos in German-Occupied Eastern Europe, hg. v. Martin Dean, Bloomington 2012.

[5] Dan Michman, Angst vor den „Ostjuden“. Die Entstehung der Ghettos während des Holocaust, Frankfurt 2011. Die folgende Charakterisierung auf S. 164-166.

[6] Dean, USHMM Encyclopedia of Camps and Ghettos, Volume II, Part A, S. XLIII.

[7] Vgl. etwa Gruner, Der Geschlossene Arbeitseinsatz, a.a.O.

[8] Archiwum Państwowe Lublin, Amt des Distrikts Lublin / 906. Protokoll über die Judeneinsatzbesprechung am 6.8.1940, vom 9.8.1940.

[9] Stephan Lehnstaedt, Die deutsche Arbeitsverwaltung im Generalgouvernement und die Juden, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 60 (2012), S. 409-440, hier S. 438f.

[10] Für eine Einordnung vgl. ders., Geschichte und Gesetzesauslegung. Zu Kontinuität und Wandel des bundesdeutschen Wiedergutmachungsdiskurses am Beispiel der Ghettorenten, Osnabrück 2011, S. 29-48.

[11] Bundesarchiv (künftig: BA), B 149 / 194039, unpaginiert (gesehen im BMAS im Dezember 2011). Sprechzettel für die 102. Sitzung des Haushaltsausschusses am 17.4.2002. Noch im Oktober 2003 waren die Rentenversicherer nicht in der Lage, auch nur eine ungefähre Schätzung über die Gesamtzahl der Antragsteller abzugeben: LVA Rheinprovinz, Az. IV Ausl. 445/03 (gesehen im MAIS NRW). LVA Rheinprovinz an Landesversicherungsamt NRW, 22.10.2003.

[12] Vgl. „Gemeinsame Arbeitsanweisungen LVA Rheinprovinz“ vom 6.9.2002 bzw. vom 6.1.2006. Abgedruckt in: Lehnstaedt, Geschichte und Gesetzesauslegung. a.a.O., S. 134-163.

[13] Kristin Platt, Bezweifelte Erinnerung, verweigerte Glaubwürdigkeit. Überlebende des Holocaust in den Ghettorenten-Verfahren, München 2012, S. 124-144.

[14] Schreiben des LSG NRW an den Verfasser, 18.3.2010.

[15] Statt vieler: SG Düsseldorf, S 22 R 327/05, Urteil vom 17.10.2006.

[16] BSG, B 13 R 28/06 R, Urteil vom 26.7.2007; BSG, B 4 R 29/06 R, Urteil vom 14.12.2006.

[17] BSG, B 4 R 29/06 R, Urteil vom 14.12.2006.

[18] Stephan Lehnstaedt, Ghetto-„Bilder“. Historische Aussagen in Urteilen der Sozialgerichtsbarkeit, in: Ghettorenten. Entschädigungspolitik, Rechtsprechung und historische Forschung, hg. v. Jürgen Zarusky, München 2010, S. 89-100, hier S. 98ff.

[19] Jürgen Zarusky, Hindernislauf für Holocaustüberlebende. Das „Ghettorentengesetz“ und seine Anwendung, in: Die Tribüne 47 (2008), S. 155-161, hier S. 159f.

[20] Vgl. „Geld nur gegen Geschichtsverfälschung? Zwangsarbeiterrichtlinie empört Holocaustüberlebende“, in: Jüdische Zeitung, Februar 2008, S. 2.

[21] Vortrag Noach Flugs auf der Tagung „’Ghettorenten’ und historische Forschung, Institut für Zeitgeschichte München, 9.4.2008. Vgl. auch Noach Flug, Shoah und Entschädigung, in: Zarusky (Hg.), Ghettorenten, a.a.O., S. 79-88.

[22] Exemplarisch: BMAS-Az. 43754/40, 41, 42. VDR an BMAS, 30.1.2003, auf Zeichen IVb1-43/2344 des BMAS.

[23] BMAS-Az. 43754/25. BMAS an MAIS NRW, 24.11.2004.

[24] Deutscher Bundestag, Drucksache 16/1955, 26.6.2006.

[25] Deutscher Bundestag, GS-Ausschussdrucksache 0825, 28.2.2005.

[26] BMAS-Az. 43754/93-96. BMAS an Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW, 21.10.2008.

[27] BMAS-Az. IVb 1 – 43754/103. Internes Schreiben des BMAS an den Minister, 9.4.2009.

[28] BMAS-Az. 43754/103. Bundesfinanzministerium (Minister) an BMAS, 28.4.2009. BMF-Az.: V B 4 – O 1473/08/10001.

[29] DRV Rheinland, Vermerk vom 31.3.2009, ohne Az. (gesehen im MAIS NRW). Handschriftlicher Vermerk: „Vertraulich“.

[30] BSG, B 13 RJ 59/03, Urteil vom 7.10.2004. In diesem Sinne auch BSG, B 13 RJ 370/04, Urteil vom 20.7.2005; B 13 RJ 28/06, Urteil vom 26.7.2007.

[31] BSG, B 4 R 29/06, Urteil vom 14.12.2006.

[32] Schreiben von Annett Wittenberg, Richterin am SG Hamburg, an den Verfasser, 3.3.2010.

[33] Eine unvollständige Liste mit 231 Anerkenntnissen bzw. Vergleichen liegt dem Autor vor.

[34] Gedächtnisprotokoll zur Ressortbesprechung, 16.6.2009, Aktenzeichen des Bundesfinanzministeriums: IV B 4 – O 1473/06/10001:002, sowie Klemm/2009/0412321/Caster.

[35] BA, B 149 / 194038, unpaginiert (gesehen im BMAS im Dezember 2011). Entwurf über ein Ghettorentengesetz), 13.12.2001; ebenda, B 149 / 194032. Internes Schreiben BMAS, 20.12.2001.

Dr. Stephan Lehnstaedt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Warschau

Quelle: http://mws.hypotheses.org/1614

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Genuine Internetdaten als historische Quellen

Catherina Schreiber von der Universität Luxembourg hat unter dem Titel ‘Genuine Internetdaten als historische Quellen – Entwurf einer korrealistischen Quellentheorie’ einen interessanten Artikel in der Zeitschrift für digitale Geschichtswissenschaften, Nr. 1 (2012), verfasst. Ein Abstract und der Volltext befindet sich auf der Webseite der Zeitschrift.

Der Beitrag fasst wunderbar zusammen, was eine digitale Quelle (‘born digital source’) definiert. Eine solche ist genuin digital, multimodal und –dimensional, veränderbar, prozessorientiert sowie zeitlich und räumlich unabhängiger. Zudem kann sie für einen grösseren Umfang an quantitativen und qualitativen Analysen verwendet werden. Dass damit die bisherige quellenkritische Methode nicht mehr ausreicht und einer Erweiterung bedarf, sollte für jeden Leser nachvollziehbar sein.

Was für mich jedoch nicht ganz plausibel erscheint, ist ihre Kritik an der Aufwertung der äusseren Quellenkritik, die nun zu stark mit der inneren Kritik verknüpft würde. Als Beispiel zitiert sie Eva Pfanzelter, welche die Wichtigkeit der Autorenangaben betont. Jedoch werden digital entstandene Texte und ‘Objekte’ (Graphiken, dynamischer Content etc.) leider selten mit einem Urheberhinweis versehen, ausser es ist damit ein finanzielles Motiv damit verbunden (Urheberrecht). Fachportale (bspw. hsozkult) bilden zwar meistens die Ausnahme, aber dies trifft auf Fachseiten (bspw. Universitätswebseiten) schon nicht mehr zu.

Meines Erachtens können auch nicht urheberidentifizierte Quellen, d.h. Quellen, deren Urheber nicht identifiziert werden kann, wissenschaftlich verwendet werden. Vor allem bei quantitativen Analysen können mit solchen ‘anonymen’ Daten und Informationen Aussagen erarbeitet werden. Sobald jedoch eine singuläres Objekt (mit seinen gesamten Beziehungen und Wechselwirkungen) als Quelle im wissenschaftlichen Kontext verwendet werden soll, dann müssen die äusseren ‘Werte’ genau geprüft werden. Eva Pfanzelters Bemerkung, dass die Angaben zu den Autorinnen und Autoren nach wie vor als zentrales Qualitätskriterium gelten, scheint mir deshalb immernoch korrekt zu sein, weil diese Informationen zur Bewertung der Plausibilität, Seriosität und Vertrauenswürdigkeit der Quelle sehr viel beitragen können. Wahrheitsgehalt und Originalität (im Punkt 3 aufgeführt) ist auch in der analogen Welt kein Kriterium die Quelle nicht zu verwenden, aber der Wahrheitsgehalt muss bekannt sein. Diese Anforderung bleibt auch in der digitalen Welt erhalten. Deshalb kann ich Punkt 2.3 nur bedingt zustimmen.

Was im Beitrag leider nicht erwähnt wurde, ist die Flüchtigkeit und Änderbarkeit eines digitalen Objektes: das Objekt kann zum Beispiel bei einem weiteren Zugriff verschwunden sein (eine URL-Angabe mit Datum ist deshalb nur als ‘hilfreicher Hinweis’ einzustufen und nicht als ‘wissenschaftlicher Verweis’). Schlecht steht es um die Nachvollziehbarkeit, wenn die Quelle vom Urheber unerkannt verändert und vom Nutzer verwendet wurde. Dies scheint mir ein wichtiger Aspekt der zu erweiternden Quellenkritik zu sein und entsprechend müssen solche Probleme von der Methodik aufgegriffen werden.

Die Kieslerschen Theorie des Korrealismus in die Quellenkritikdiskussion einzubringen finde ich einen guten Ansatz, dem man nur zustimmen kann. Jedoch hoffe ich auch, dass jeder Historiker in seiner Ausbildung methodisch gelernt hat, eine Quelle immer im grösseren Zusammenhang zu sehen. Deswegen ist der Ansatz nicht neu, aber trägt zum Verständnis der Methodik bei und sollte betont werden.

Catherine Schreiber: Genuine internet data as historical sources
Abstract

 

Quelle: http://hsc.hypotheses.org/123

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Untere Augartenstraße 1-3 – Ernst Jandls Wohnungsleiden

JandlErnst_Wien_UntereAugartenstr1-3

1020 Wien, Untere Augartenstraße 1-3: Hier wohnte Ernst Jandl in der ersten Hälfte der 1970er Jahre, und es war von hier aus, dass er in einem Inserat in der Presse (23./24.8.1975) "wegen akuten Raummangels und U-Bahn-Baulärms dringend [eine] ruhige private Zweitwohnung" suchte.

Gleich in der Nähe übrigens: Die franz hochedlinger-gasse.

Fetz, Bernhard/Schweiger, Hannes (Hg.): Die Ernst Jandl Show. (366. Sonderausstellung des Wien Museums). St. Pölten: Residenzverlag, 2010, S. 18.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/224317985/

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Rolle vorwärts. Warum Mikrofilme endlich aus den Archiven verschwinden müssen

Viel zu lange und trotz guter Alternativen haben Historikerinnen und Historiker geschwiegen. Doch jetzt muss es raus: Mikrofilme und Mikrofiches haben in den Archiven des 21. Jahrhunderts nichts mehr verloren. Meine momentane Recherche im Hauptstaatsarchiv München brachte das Fass zum Überlaufen. Was ich dort sehen will, ist auf den Mikrofilmen, die ich bekam, teilweise gar nicht und immer so abgelichtet, dass eine wissenschaftliche Rückverfolgbarkeit nicht gewährleistet werden kann. Dazu kommen die üblichen Schwierigkeiten mit dem Format Mikrofilm. In Zeiten des digitalen Wissensmanagements droht der status quo in deutschen Archiven in Vergessenheit zu geraten. Zeit also für ein Wutpamphlet in sechs Punkten.


Mikrofilm-Lesegeräte im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.
Quelle: www.landesarchiv-bw.de

1. Quellenbestände auf Mikrofilmen sind unübersichtlich und oft schlampig gespeichert. Was auf den langen Rollen abgelichtet ist, bleibt bisweilen unklar. Das liegt an ihrer schieren Länge – mitunter dutzende Aktenbestände wurden aneinandergereiht. Nummerierungen und Bezeichnungen stimmen nicht mit dem überein, was in den Findbüchern steht. Mehrmals ist es mir schon passiert, dass in den Schächtelchen falsche Rollen lagen. Zudem scheint mir die Verfilmung, die zumindest bei den mich interessierenden Beständen oft aus den 1960er Jahren stammt, ungenau und unsystematisch. Im aktuellen Münchner Fall wurden aus einer Bestandsgruppe Aktenteile fast willkürlich durcheinander aufgenommen. Es mangelt an einer klaren Führung durch den Mikrofilm.

2. Mikroformate sind oft unleserlich und lassen zentrale Quellenbestandteile verschwinden. Jeder, der schon mal eine Quelle auf Mikrofilm gelesen hat, kennt das Problem. Sie sind oft verwischt, undeutlich oder zu kleinformatig aufgenommen. Problematisch wird das besonders bei vormodernen Dokumenten, an denen die Zeit besonders genagt hat und deren Schrift und Sprache wissenschaftlich besonders anspruchsvoll sind. Für diese ist in puncto Analysefähigkeit der Mikrofilm die schlechteste Wahl. Allgemein problematisch ist die schwarz-weiß-Verfilmung. Unterschiedliche Schriftfarben oder farbige Vermerke – die entscheidend sind für die korrekte Quelleninterpretation – sind so nicht erkennbar. 

3. Die Arbeit an Mikroformat-Lesegeräten ist gesundheitsschädlich. Die Benutzer/innen sind an die Lage des Apparats gefesselt. Anders als bei Papierdokumenten oder am Netbook können sie die Position des Arbeitsgeräts oder die eigene Haltung nicht wirklich wechseln. Das geht auf den Rücken, genauso wie die oft schlechten Verfilmungen, die zum ständigen Vorbeugen zum Bildschirm zwingen. Die schaden auf Dauer den Augen. Oft stehen die Lesegeräte in separaten Kabinen, die durch die Apparate schnell warm werden. Die schlechte Luft, das ungünstige Sitzen und die schlechte Dokumentqualität erschweren die Konzentration. Es leiden Gesundheit und wissenschaftliche Qualität.

Kein guter Arbeitsplatz: Mikrofilm-Lesegerät.

4. Mikrofilme sind schwierig und teuer zu reproduzieren. Wenn schon die Verfilmungen schlecht sind, gilt das um so mehr für die Abzüge von den Filmen. Bedenkt man, dass die meisten Historikerinnen und Historiker heute nicht zum Exzerpieren, sondern zum Reproduzieren in die Archive gehen, hat das negative Folgen für den wissenschaftlichen output. Denn am heimischen Schreibtisch sind manche Mikrofilme so schlecht reproduziert, dass die Auswertung schwierig wird. Zudem sind meiner Erfahrung nach Mikrofilm-Kopien immer teurer als Kopien aus den Originalen. Warum, bleibt mir rätselhaft. Die Benutzerinnen und Benutzer zahlen mehr, bekommen aber eine schlechtere Qualität der Repros.

5. Die Lesegeräte sind störanfällig, die Technik ist oft veraltet. Auch dieses Phänomen kennen Archivbesucherinnen und -besucher. Gerade hat man sich auf der unübersichtlichen Filmrolle zurechtgefunden, in eine Handschrift eingelesen und angefangen zu kopieren oder zu exzerpieren – da geht das Licht aus und das Lesegerät macht schlapp. Alte Geräte überhitzen leicht und geräuschvoll. Moderne Lesegerät-Technik ist nicht Standard in deutschen Archiven.

6. Mikrofilme entfremden von den Quellen. Dieser Vorwurf wird von Traditionalisten gerne an Historikerinnen und Historiker gerichtet, die mit digitalisierten Quellen arbeiten oder selbst in Archiven (was in Deutschland selten genug der Fall ist) Quellen digitalisieren. Wo bleibt der Geschmack des Archivs? Der ist bereits seit den 1960er Jahren durch die Mikrofilme verloren gegangen. Wo hingegen Digitalisate authentischer abbilden oder die Reproduktion selbst am Original vorgenommen werden muss, ist der Kontakt mit den Quellen viel direkter, physischer und visuell nachdrücklicher. All das fällt bei Mikrofilmen weg. Sie stehen unüberwindlich zwischen Historiker/in und Quelle – zumal die Originaldokumente von den Archiven mit dem Hinweis auf die Mikrofilme hermetisch unter Verschluss gehalten werden.

Oft unübersichtlich und unsorgfältig: Mikrofilm-Rollen.

Mikrofilme eignen sich also nicht für eine qualitativ hochwertige, exakte, kostengünstige und effektive historische Arbeit. Sie schaden sogar dem Leistungsvermögen der Archivbesucher und verbauen den direkteren Gang ad fontes. Dennoch prägen sie vielfach den Archivalltag, v.a. in den großen Archiven. Darüber muss gesprochen werden. Denn es gibt Alternativen: Digitalisierung, Foto-Reproduktion durch die Benutzer/innen (wie es etwa in den Archives départementales in Frankreich auch für vormoderne Dokumente möglich ist) oder der direkte Zugriff auf die Quellen. Und schon vorweg: gerade für alte Dokumente dürfte die Bestellfrequenz ohnehin nicht sonderlich hoch sein. Zudem werden die Originale von geprüften und gut ausgebildeten Fachleuten eingesehen, die wissen, wie man mit altem Schriftgut umgeht. Alles ist besser als Mikrofilme.

Quelle: http://catholiccultures.hypotheses.org/348

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Der veſte Buchſtab. Digitale Editionen, ihre Erstellung und Darbietung

  Am 29. und 30.  November 2012 fand in der Geschäftsstelle der Max Weber Stiftung das Arbeitstreffen „digital humanities. Wissenschaftliche Datenbanken und Editionsprojekte“ statt. Zwar gibt es gibt noch keinen Königsweg, der in diesem weiten Bereich zu allen Zielen führt. Umso wichtiger sind Übergangsmöglichkeiten von einem Weg zum anderen. Die Überlieferung von Worten ist das wertvollste Kulturgut überhaupt. Bauten und Bilder, Geschmeide, Melodien und Maschinen können uns nützen, uns freuen, uns staunen und schaudern lassen ‒ aber sie reden nie so zu uns wie Worte, von Mensch zu Mensch. Kein Wunder, dass wir gerade auch dieser Überlieferung digitale Dauer zu geben bestrebt sind, kein Wunder aber auch, dass bei der Ausführung des Vorhabens Schwierigkeiten begegnen. Lösungen solcher Schwierigkeiten war das Arbeitstreffen gewidmet, freilich mit Schwerpunktsetzung: Es ging um schriftliche Überlieferung und das Eingeben, Abspeichern, Aufbereiten und Anzeigen von zugehörigen Metadaten (im weiteren Sinn verstanden, worunter auch schon das Transkript zu einer Abbildung fällt). Und es war wirklich fesselnd zu sehen, wie vielfältige und ausgefeilte Lösungsansätze vorgestellt, gelegentlich auch ‒ freundlich und erfreulich lebhaft ‒ gegenübergestellt wurden und wie sie einander ergänzen oder befruchten konnten.   Aus einer Hölderlinhandschrift mit der im Titel angeführten Stelle. Die Transkription (d oder D oder …?) ist ein primär philologisches, nur sekundär technisches Problem. Dazu unten etwas. (Quelle: Württembergische Landesbibliothek Stuttgart: Hs. Homburg.G,2-7: Blatt 6v: Zeile 6. http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz346526833. Lizenz CC BY-NC-ND.) FuD, vertreten von Marina Lemaire und Gisela Minn vom Trierer Kompetenzzentrum, zeigte sich als System mit einem erprobten Kern und einer Vielzahl von entwickelten oder in Entwicklung befindlichen Schnittstellen, um so gut wie alle Editionsschritte zu unterstützen ‒ von der kollaborativen Erfassung in einer MySQL-Datenbank der Uni Trier bis zur Veröffentlichung im Netz oder Druck ‒, aber auch den Wechsel hin zu anderen Systemen anbieten zu können. So gab Sebastian Felten vom DHI London einen interessanten Einblick ins Projekt „Pauper Letters and Petitions for Poor Relief in Germany and Great Britain, 1770 – 1914“ und wie dort sowohl FuD als auch das ‒ noch zu erwähnende ‒ DENQ zusammen genutzt werden, das eine zur Eingabe, das andere zur Anzeige im Netz. BASYS-Invenio, vorgestellt von Thekla Kleinschmidt und Branimir Kolev vom Bundesarchiv, wurde und wird auf der Grundlage von Islandora entwickelt, um Archivalien in einem riesigen Gesamtbestand von einigen hundert Terabytes rasch finden und anzeigen zu können. Eingebaut ist eine sehr lesefreundliche Anzeige in Gestalt des Internet-Archive-Viewers, zudem mit einer maschinellen Texterkennung über Tesseract, was eine Suche im Text der jeweils angezeigten Abbildung ermöglicht. Bei den meisten Bundesarchivalien, gedruckt im 20. bis 21. Jahrhundert, zeitigt eine maschinelle Texterkennung gute Ergebnisse. Peter Stadler stellte die Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe vor, die in bewunderungswürdig konsequenter und harmonischer Verbindung von philologischen Kardinaltugenden und modernen XML-Techniken erarbeitet wird: Mit Gründlichkeit und Genauigkeit und der echt philologischen Liebe zum Wort wird aus der sichtbaren Überlieferung, dem Bild, ein lesbarer, und zwar maschinenlesbarer Text, der bis zur Anzahl der Striche bei Unterstreichungen alles von der Überlieferung aufhebt, was irgendwie sinnunterscheidend sein könnte. Ruth und Borries von dem Bussche vom Düsseldorfer Unternehmen Fafalter skizzierten dagegen eine Lösung auf der Grundlage von HTML5, das mit RDF-Annotation angereichert wird ‒ eine Verbindung von Sinn- und Gestaltebene, die früher gemieden wurde, jetzt aber im Verlagswesen und überhaupt im geschäftlichen Umfeld mehr und mehr Anklang findet. Auch, um Netzseiten mit mehr maschinenlesbarem Inhalt im Sinne des „semantic web“ zu erstellen, ist HTML5 mit RDF-Anzeichnung die fortgeschrittenste Lösung. Charlotte Schubert von der Universität Leipzig führte eAQUA vor und machte anhand von Beispielen aus ihrer eigenen Forschung deutlich, welchen außerordentlichen Nutzen ein Korpus von diesem Umfang und Lemmatisierungsgrad, zudem versehen mit den Anzeigemöglichkeiten der Kookkurrenzanalyse und der raumzeitlichen Belegverteilung haben kann. Torsten Schrade von der Digitalen Akademie Mainz stellte einen editorischen Arbeitsablauf vor, der von Ausgangsdokumenten in verschiedenen (und nicht immer günstigen) Formaten hin zum Content-Management-System Typo3 führt. Eine besondere Herausforderung ist im Fall des Beispielprojektes „Medieval Ashkenaz“ die Mischung hebräischer und deutscher Teile, also links- und rechtsläufiger Schriftrichtung, was in besonders schweren Fällen mit einem Zusammenspiel aus weicher Auszeichnung (mit <span dir=”rtl”> … </span>) und harten Steuerzeichen (U+202B für ‘ab hier linksläufig’ und U+202A für ‘ab hier rechtsläufig’) gelöst wird. Die Steuerzeichen werden elegant über das CSS, nämlich über eine an die Anzeichnung dir gebundene content-Eigenschaft eingefügt. DENQ, vorgestellt von Jörg Hörnschemeyer (dem Entwickler) und Jan-Peter Grünewälder vom DHI Rom, ist ebenda entwickelt worden, also gleichsam innerhalb der Max Weber Stiftung. Ein Kernbestandteil ist die XML-Datenbank eXist. Gezeigt wurden eine Suche über mehrere Korpora, auch als Ähnlichkeitssuche auf der Grundlage des Lewenstein-Algorithmus, ferner die Anzeige von Belegen in räumlicher Verteilung, unterlegt mit einer geographischen Karte, sowie die Möglichkeit, die Abbildung eines Textes in Ausschnitte zu zerlegen, die im SVG-Format gespeichert und den je entsprechenden Textausschnitten zugeordnet werden können, was noch in Entwicklung ist. Es konnte aber bereits eine gerade für diese Aufgabe äußerst nützliche maschinelle Vorsegmentierung gezeigt werden, die schon erstaunlich gut war. Zur Dateneingabe sonst: In DENQ wurde oder wird für jedes gewünschte Format eine Überführung in eXist entwickelt. Unter anderem möglich ist die Nutzung eines vertrauten Editors wie Word, in dem dann über Formatvorlagen recht bequem eine semantische Auszeichnung bis auf die Ebene des Zeichens hinab vorgenommen werden kann. Es ist bewundernswert, wie viel Funktionalität und Flexibilität auf schmaler Personalbasis entwickelt und ermöglicht worden ist. TextGrid, vorgestellt von Oliver Schmid von der Technischen Universität Darmstadt, ist vielleicht das komplexeste der vertretenen Systeme und bietet einen zumal gemessen am Projektalter großen Umfang an Funktionen sowie Teilprogrammen, die modular entwickelt und vom Nutzer modular eingebunden werden können. Die Eingabeumgebung, TextGridLab, funktioniert als reines Java-Programm ohne Installation (wenn das Java-Runtime-Environment auf dem Rechner installiert ist, was ja meist zutrifft) und auch offline. Das TextGridRep wiederum dient sowohl der gemeinsamen Arbeit an derselben Datenbank, als auch der Langzeitarchivierung und der Veröffentlichung im Netz mit Suchmöglichkeiten. Zwei vielleicht miteinander zusammenhängende Eindrücke vom Arbeitstreffen: Erstens. Es gibt noch keinen Königsweg, der zu allen Zielen führt; umso wichtiger sind Übergangsmöglichkeiten von einem Weg zum anderen. Zweitens. Gerade als Austauschformat ist XML noch immer und bis auf weiteres „die reine Lehre“, wie Gregor Horstkemper von der Bayerischen Staatsbibliothek in seiner Moderation scherzte. Andererseits wurden hin und wieder die Unzulänglichkeiten von XML in den Randbereichen seiner Verwendung deutlich: Wann immer man Geltungsbereiche auszeichnen will, die unterbrochen sind oder einander überlappen, also nicht in die hierarchische Verschachtelung von XML-Dokumenten passen, muss man zu Behelfen greifen, von denen keiner der Standard ist ‒ die TEI-Richtlinien stellen mehrere gleichberechtigt nebeneinander. Und schlimmer: Um die Behelfslösung einzulesen, etwa bei Abfragen, muss man einen eigenen Parser schreiben (adé Standardkonformität) oder auf Reguläre Ausdrücke zurückgreifen (was sonst als blankes Versagen bei der XML-Verarbeitung gilt) oder XPointer verwenden, was noch kaum umgesetzt und überdies mit einem Patent belastet ist, das bei Sun lag, jetzt also bei Oracle liegen müsste (vgl. http://www.w3.org/TR/xptr-framework/, http://www.w3.org/2002/06/xptr_IPR_summary.html). Oracle hat bekanntlich schon wegen eines anderen von Sun geerbten Patentes einen Rechtsstreit begonnen. Dennoch: Stadler, Leiter der TEI-Interessengruppe „Correspondence“, hat XML mit pädagogischem Impetus hochgehalten: Geisteswissenschaftler sollen mit XML umgehen können, weil der Umgang mit Texten, Textstruktur und Textsemantik zum Kernbereich der Geisteswissenschaft gehört, weil die dabei anfallenden Entscheidungen auch nur der Fachwissenschaftler, kein hilfreich herbeieilender Techniker treffen kann und weil der Umgang mit XML auch gar nicht so schwierig ist wie die wirklich harten Probleme ‒ die sind bei einer Edition stets philologischer Natur. Wenn man von der XML-Frage verallgemeinernd absieht, wird der Impetus ein aufklärerischer: Es geht dann um den Ausgang des Geisteswissenschaftlers aus einer selbstverschuldeten Unmündigkeit, was Datenverarbeitung angeht. Besteht diese Unmündigkeit? Und ist sie selbstverschuldet ‒ aus denselben Ursachen, die Kants berühmter Aufsatz nennt? Hier liegt ein Problem, das unangenehmer ist als etwa das vergleichsweise harmlose Ansinnen, die Geisteswissenschaften im Social Web zu verankern. Dr. Stefan Müller ist Referent für Datenbanken in der Geschäftsstelle der Max Weber Stiftung in Bonn, Redaktion Perspectivia.  

Quelle: http://mws.hypotheses.org/1571

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Erster Wiener Protestwanderweg für Smartphones

Martin Auer hat für das Zentrum Polis/Politik Lernen in der Schule einen Ersten Wiener Protestwanderweg zusammengestellt, der an mehreren Stationen in Wien per mobile Tag Informationen für Smartphones zur Verfügung stellt, u.a. zur Geschichte der Gewerkschaften, dem Ersten Wiener Mädchengymnasium, der Arena-Besetzung, dem WUK und der Rosa Lila Villa. Weitere Stationen sind in Planung.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/222693796/

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