Sensation, Provokation, Illusion? Plädoyer gegen den Zeitschriftenvergleich

Vor Kurzem hatte die geisteswissenschaftliche Blogosphäre einen Grund, sich selbst zu feiern! Klaus Graf veröffentlichte am 10. Februar 2015 im Frühneuzeit-Blog der RWTH Aachen, einem Blog der hiesigen Plattform, seine Analyse eines Handschriftenfundes. Das wird deswegen als bemerkenswert betrachtet, weil der Fund in seiner Wichtigkeit – Sensation – für Forscher vom Fach nicht zu umgehen ist und weil er in seiner Wichtigkeit die Kommunikationsform adelt, in der die Analyse öffentlich gemacht wurde. Am 28. Februar 2015 kommt es mit leichten Überarbeitungen auf dem Mittelalter-Blog zu einer erneuten Publikation, die auch eine 43-seitige PDF-Version bereitstellt. Beide unter einer CC BY 3.0 DE-Lizenz, die vor allem zur Namensnennung verpflichtet.

Wie Mareike König im Redaktionsblog kommentiert, wird (inner-)wissenschaftliches Bloggen vor allem als Möglichkeit zur Diskussion von work in progress betrachtet. Das macht es der Print-Community leicht, wissenschaftliches Bloggen zu übersehen oder zu ignorieren. Deswegen wertet sie Grafs Blogeinträge sowohl als “Geschenk” für die Plattform hypotheses.org und das wissenschaftliche Bloggen allgemein, als auch als “Provokation” an die Print-Wissenschaft, weil dieser wichtige Fund bzw. seine Beschreibung und Analyse nicht in einer gedruckten Fachzeitschrift veröffentlicht wurde.

Natürlich entfacht sich in den anschließenden Kommentaren gleich eine Diskussion darüber, wie provokativ der Blogeintrag Klaus Grafs vor dem Hintergrund anderer Blogprojekte und ihrer Veröffentlichungen von wichtigen Funden und Erkenntnissen wirklich sei und ob er sich nicht vielmehr einreihe in eine – gerade für die Geschichtswissenschaft recht rege – Bloggingpraxis, die wesentliches zu disziplinären und gegenstandsbezogenen Diskursen beitrage.

König stellt im oben erwähnten Eintrag des Redaktionsblogs aber die Vorzüge des Publizierens im Blog heraus:

“Das Blog ermöglichte die schnelle Publikation, die frei zugänglich ist und keine Beschränkungen (Inhalt, Textlänge, Verlinkungen, Abbildungen) aufweist. Eine Zweitpublikation in einer Fachzeitschrift oder das Einstellen in einem Repositorium (Vorschlag Eric Steinhauer) kann auch später noch erfolgen, sofern überhaupt gewünscht. Denn das Frühneuzeit-Blog der RWTH ist bibliothekarisch gesehen eine vollwertige fortlaufende Publikation, sie besitzt eine eigene ISSN, die Inhalte werden von OpenEdition archiviert.”

Ein Blogeintrag steht also einer Zeitschriftenpublikation in nichts nach? Publikationsgeschwindigkeit, Open Access, Darstellungspotenzial, Archivierbarkeit, mit paginierter PDF sogar einfach zu zitieren… das alles spricht für sich selbst. Zumindest scheinbar. Im Diskussionsverlauf wird auch gleich der Vergleich zwischen Blogeinträgen und Peer-Review-Artikeln gezogen. Gewissermaßen das Zünglein an der Wage.

Mag die Stilisierung der betreffenden Publikationsformenwahl gerechtfertigt sein oder nicht; Einträge in Weblogs werden über kurz oder lang keine vollumfänglich gleichwertigen Veröffentlichungen darstellen, wie Beiträge in Zeitschriften oder Sammelbänden. Und es schiene mir auch absurd, sie in gleicher Weise “bei Berufungsverfahren [zu] berücksichtig[en]” (König, s.o). Wollte man das, müsste man sie wohl ihrer medialen Spezifik berauben, ihre Offenheit, Flexibilität und Heterogenität zähmen, indem man sie in die Publikations- und Organisationsinfrastrukturen des innerwissenschaftlichen Diskurses einfädelte. Was bliebe dann noch vom Bloggen übrig?

Ich frage mich auch, in wie weit die Wahl zum Blog als bevorzugten Publikationsort einer originären Arbeit dieses Gewichts nicht wesentlich auch deswegen möglich wurde, weil Klaus Graf nun mal ein schon gestandener Historiker ist. Hätte ein solcher wissenschaftlicher Artikel auch von einem Nachwuchswissenschaftler in einem vielleicht noch recht frischen Blog gepostet werden können und dabei dieselbe Aufmerksamkeit genossen und dasselbe Vertrauen gewonnen?

Viel plausibler scheint es mir da zu sein, dem in der Diskussion ebenfalls erwähnten Credo zu folgen:  “Vergesst die wissenschaftliche Anerkennung von Blogs!” Wenn man versuchen wird, Blogs und ihre Einträge in die Anerkennungs-, Vergleichbarkeits- und Qualitätssicherungsmaschinerie der Wissenschaft einzufädeln, werden ihre spezifischen und noch nicht ausgeschöpften diskursiven Potenziale massiv verschoben, wenn nicht aufgehoben werden. Artikel wie der von Klaus Graf zeigen: Fertige Arbeiten werden anders kommentiert als work in progress.

Weblogs mit Zeitschriften zu vergleichen, erscheint mir immer unfruchtbarer, je länger ich an meiner Diss sitze und analysiere, wie ihr Potenzial ‘hier und da’ und auf welche Weise ausgenutzt wird. Weblogs mehr zu behandeln, als ‘wären’ sie Tagungen oder Workshops, scheint mir ihnen gerechter zu werden. Der SozBlog bspw. ist voller Versuche, eine solche Auffassung mal mehr, mal weniger explizit in die Tat umsetzen.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/906

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“Sir, To perform my late promise to you, I shall without further ceremony acquaint you, that …”

… schreibt Isaac Newton 1671 in den Philosophical Transactions of the Royal Society. Nein! Eigentlich ist das falsch. In diesem Zusammenhang kann man noch gar nicht von ‘jmd. schreibt etw. in” sprechen. Wir befinden uns vielmehr gerade auf dem Weg dorthin und sehen im Zitat ein Interim.

Nein, Newton schrieb nicht in den Transactions, er schrieb vielmehr an den Herausgeber Henry Oldenburg. Wir befinden uns am Beginn der Entstehung des wissenschaftlichen Artikels und es zeigt sich, dass diese Entstehung eng damit verknüpft ist, dass sich ein Bewusstsein für eine neue Kommunikationsform herausbildet. Die Überreste der alten Kommunikationsform, dem Brief an den Herausgeber nämlich, zeigen sich noch in reduzierter Form. Und vielleicht lässt sich hier eine Parallele ziehen zum Kommentar im (wissenschaftlichen) Weblog?

newton_new theory about light and colors

Aus: Philosophical Transactions 6 (80), 1671, S. 3075.

Die oben beschriebene Konstellation zwischen Newton, Oldenburg, den Transactions und der Royal Society, sowie der lesenden Community wird im Absatz vor Beginn des ‘Papers’ von Oldenburg noch sichtbar gemacht.1 Es wird von einem “Letter” gesprochen, “containing his New Theory“, der dem Herausgeber am 6. Februar geschickt wurde, “in order to be communicated to the R. Society“.

Sprachlich schlägt sich das Kommunikationsformenwissen und die Sprechsituation des Briefes noch in der reduzierten Anrede nieder. Aber dass diese nur noch formal eine Rolle spielt, zeigt sich im unmittelbar angestrebten Beginn der Ausführungen “without further ceremony”. Newton ist sich sehr bewusst, dass es dieser Brief ist, der abgedruckt werden wird. Das zeigt auch der Verweis auf die Vorgeschichte: “To perform my late promise to you”. Interessant ist, dass er als Prädikat “acquaint” nutzt. Newton setzt Oldenburg in Kenntnis, informiert ihn. Ob darin die Umwegskonstellation zum Ausdruck kommt, in der Newton durch Oldenburg zur Community spricht oder ob es Teil der rhetorischen Strategie Newtons ist, wie sie Bazerman (1988, 90) herausarbeitet als Strategie

“to give an account of his findings so that they appear as concrete fact, as real as an earthquake or ore found in Germany, even though the events that made these facts visible to Newton occured in a private laboratory as the result of speculative ponderings and active experimental manipulations.”

Das Spannungsverhältnis zwischen der zunehmenden Privatheit der Erkenntnisproduktion und der In-Kenntnis-Setzung der Community stand ganz am Anfang der Herausbildung der Transactions und bringt mit der Zeit die wissenschaftliche Öffentlichkeit als solche erst hervor.

Die Frage, die sich mir gerade aufdrängte, als ich den Bazerman (1988) las, war die nach der sprachlichen Gestalt von Kommentaren in (wissenschaftlichen) Weblogs. Bisher bin ich noch nicht über Untersuchungen gestolpert, die das genauer im Blick haben, aber es findet sich von Zeit zu Zeit eine Musterhaftigkeit in Blogkommentaren wieder, die sich von Briefen über E-Mails, Newsletter und Mailinglisten auch in Kommentaren in Weblogs durchhält. Es ist die simple Reihe ‘Anrede-Hauptteil-Grußformel’, um die es hier geht. Aus meinem persönlichen Eindruck heraus finde ich es durchaus ungewöhnlich, diese Struktur in einem Kommentar zu verwenden, aber da treffen vielleicht einfach unterschiedliche Generationen Kommunikationsformenwissen (bzw. -konvention) aufeinander. Günther/Wyss (1996, 66) sprechen von den “konstitutiven Elementen, die funktional die Kontaktaufnahme, den Abbruch des Kontaktes und die Übermittlung der Information regeln: Anrede + Text + Gruss“.

Interessant ist nun, wann und warum es zum Wegfall dieser funktionalen Elemente kommt? Bei den Transactions ist das recht einfach zu erklären: Die Kommunikationsform Zeitschrift wurde für Zwecke der Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse funktionalisiert, die spezifische institutionelle Abwicklung (samt Peer Review) muss erst noch entstehen, die Rolle des Herausgebers ist noch viel präsenter, seine medialisierende Rolle ist noch wenig eingeschränkt – er ist noch einer der gewichtigen obligatorischen Passagepunkte (vgl. Star/Griesemer 1989), die zur wissenschaftlichen Öffentlichkeit führen. Im Zuge der Formierung dieser Öffentlichkeit entwickelt sich die eigenständige Gattung des wissenschaftlichen Artikels, der den Zwecken der Briefform entwächst. Mit der Formierung der wissenschaftlichen Öffentlichkeit ergibt sich also eine ganz andere zu bearbeitende Konstellation, die anderer sprachliche Mittel bedarf (vgl. Graefen/Thielmann 2007).

Warum aber, gibt es Kommentare auf Weblogs mit und ohne diese Elemente der Kontaktbearbeitung? Entgegen der Beteiligungsstruktur der Einträge, die man durchaus als massenmedial (1:n) charakterisieren kann, sind die Kommentare oft primär von einem 1:1 eingeprägt: der Kommentator spricht den Blogger an. Das ermöglicht es erst, dass eine ‘Anrede-Text-Gruß’-Form gewählt werden kann, um eine Kontaktsituation explizit zu etablieren.

Hat sich nun unter Bloggern ein Kommunikationsformenwissen ausgebildet, dass solche funktionalen Elemente obsolet macht? Ich denke nicht, dass sie obsolet geworden sind. Ich denke aber, dass sie gewissermaßen abgegeben oder besser delegiert wurden. Kommentatoren, die selber Bloggen, geben sich über die Kommentareingabemaske oft mit ihrem Blogaccount zu erkennen. Bild und Name (als Link) erscheinen dann über dem Kommentar und weisen die sprechende Person aus. Bei hypotheses.org wird das zum Beispiel so artikuliert “H says: [Datum, Uhrzeit] KOMMENTAR [Antwort-Button]“. In der verdauerten Textoberfläche wird der Kommentator auf diese Weise präsentisch als Diskurspartner vorgehalten (vgl. zu Charakteristika des Diskursiven in Weblogs: Schlobinski/Siever Hg. 2007). Interessanterweise anders als der Autor des Eintrags, der in typischer Schriftlichkeitsmanier unter dem Titel mit “Posted on [Datum] by S” genannt wird. Hier scheint auch eine genauere Datierung nicht notwendig zu sein (zumindest bei hypotheses.org).

Was man also vielleicht sagen könnte, ist, dass die kommentatorenseitige Adresse, die Origo des Kommentierenden schon durch die Metadaten des Kommentars zur Darstellung kommen, dass sie nicht eigens, sprachlich hergestellt werden müssen. Das erklärte zumindest die fehlende Grußformel. Das Fehlen der Anrede könnte (gerade bei wiss. Weblogs) als Sachbezogenheit interpretiert werden: Beziehungspflege ist nicht derart vordergründig, als das sie explizit konturiert werden müsste. Aber dazu braucht es noch aussagekräftige Untersuchungen, die einen solchen Zusammenhang unterstützten. Intuitiv würde ich das nicht auf sachbezogene Blogs reduzieren. Vielmehr habe ich den Eindruck, als würde die Kommunikationsform Weblog sich durch eine gewisse Vororientiertheit von Adressanten-Adresse und Adressaten-Adresse (Meiler 2013) auszeichnen. Die Identitäten der Kommunizierenden sind entweder nicht von Belang oder hinreichend ans Hypertextgeflecht angebunden, in dem sie als solche auch immer präsent, gewissermaßen immer erreichbar sind. Der verdauerte Diskurs der Kommentare braucht u.U. eine präzise Temporalisierung2 und ist deswegen nicht nur von präzisen Zeitangaben, sondern mittlerweile auch von hierarchischen Zuordnungen gekennzeichnet.3 Das scheint der wichtigere, zu bearbeitende Zweckbereich zu sein, der der diskutierten Sache gewissermaßen mehr Priorität einräumt, wenn die Kontaktpflege mehr oder weniger automatisiert ist.

Die vorsichtige These, die seit einiger Zeit in meinem Kopf steckt, wäre also, dass es Kommunikationsformen gibt, wie bspw. Weblogs, bei denen die funktionalen Elemente der Kontaktbearbeitung sich wesentlich aus dem Verbund der Soziotechnik ergeben, an sie delegiert werden und dann nicht mehr sprachlich expliziert werden müssen. Es ist dies vornehmlich eine Frage der Adressenkonstitution.4 Der Übergang, den wir darin also heute beobachten können, könnte dem Interim vergleichbar sein, das wir oben bei Newton sahen…

Bazerman, Charles (1988): Shaping Written Knowledge. The Genre and Activity of the Experi­mental Research Article in Science. Madison: The University of Wisconsin Press.

Graefen, Gabriele/Thielmann, Winfried (2007): Der Wissenschaftliche Artikel. In: Auer, P./Baßler, H. (Hg.): Reden und Schreiben in der Wissenschaft.Frankfurt/New York: Campus, S. 67-98.

Günther, Ulla/Wyss, Eva Lia (1996): E-Mail-Briefe – eine neue Textsorte zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. In: Hess-Lüttich, Ernest W. B. (Hg.): Textstrukturen im Medienwandel. Frankfurt/Main etc.: Lang, S. 61-86.

Meiler, Matthias (2013): Kommunikationsformenadressen oder: Prozeduren des Situationsvollzugs am Beispiel von Weblogs. In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik 59/2. S. 51-106.

Schlobinski, Peter/Siever, Torsten (Hg.) (2007): Sprachliche und textuelle Merkmale von Weblogs: ein internationales Projekt. In: Networx 46.

Star, Susan Leigh/Griesemer, James R. (1989): Institutional Ecology, ‘Translations’ and Boundary Objects: Amateurs and Professionals in Berkeley’s Museum of Vertebrate Zoology, 1907–1939. In: Social Studies of Science 19. S. 387–420.

Wichter, Sigurd (1991): Zur Computerwortschatz-Ausbreitung in die Gemeinsprache. Elemente der vertikalen Sprachgeschichte einer Sache. Frankfurt/Main: Lang.

  1. Was ich hier beschreibe, ist keine Neuigkeit, sondern schon wunderbar herausgearbeitet von Bazerman (1988) und z.B. auch Graefen/Thielmann (2007).
  2. Und eigentlich braucht es keinerlei Lokalisierung, als vielleicht nur die im Hypertext – was schon eine spezifische vor allem zeitbezogene Adressenordnung darstellt; vgl. Meiler (2013).
  3. Insofern wird das sog. “Mühlen-Prinzip” (Wichter 1991, 78) noch thematisch ergänzt.
  4. Die Vorstellungen oder besser: das gemeinschaftliche Wissen, das die Kommunizierenden von diesen Adressen haben und die Frage, wie sie diese im Verhältnis zum Kommunizierten einschätzen, ist natürlich nicht vollständig von Gattungs- und Domänencharakteristiken zu trennen.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/516

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Sammelband: “Deutsch in der Wissenschaft” — Deutsch in Wissenschaftsblogs?

Heute hat mich ein – gemessen an Blogkonventionen – nicht mehr ganz aktueller Sammelband erreicht. Nichtsdestotrotz ist die besprochene Sache von ungebrochener Aktualität und Dringlichkeit, weswegen ich auch auf diesen Sammelband hinweisen möchte, bevor ich ihn in Gänze zur Kenntnis nehmen konnte.

Im Olzog-Verlag ist 2012 erschienen:

Deutsch in der Wissenschaft. Ein politischer und wissenschaftlicher Diskurs [Auf die Freigabe für das Cover warte ich noch.]

Herausgegeben wurde der Band von Heinrich Oberreuter, Wilhelm Krull, Hans Joachim Meyer und Konrad Ehlich. Er dokumentiert die Tagung “Deutsch in der Wissenschaft”, die mit Unterstützung von “Deutsch Plus – Wissenschaft ist mehrsprachig” (einem Programm der Volkswagenstiftung) vom 10.-12. Januar 2012 in der Akademie für Politische Bildung (Tutzing) stattfand.

Wesentliches Anliegen der Tagung war es, die Wissenschaftssprachendebatte aus der Wissenschaft heraus hinein in die Politik zu tragen, wofür auch eine Reihe Politiker gewonnen werden konnten. So hat Norbert Lammert z.B. den Eröffnungsvortrag gehalten.

Thematisiert wurden in aller Breite und programmatisch nicht nur

  • gesellschaftlich-kulturelle Folgen einer Monolingualisierung der Wissenschaft für die nicht-englischen Muttersprachen (Abschnitt: “Chancen und Grenzen einer Lingua franca für die Wissenschaft”),
  • die Sprachfrage aus je disziplinären Perspektiven (Abschnitte: “Deutsch in den Natur- und Ingenieurwissenschaften” & “Deutsch in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften”),
  • und die Förderungsmöglichkeiten einer “Mehrsprachigkeit in der Wissenschaft”

- um nur einiges zu nennen – sondern vor allem auch:

  • die Frage nach Sprachpolitik!

Diese scheint sich in Deutschland vermeintlich in Zurückhaltung zu üben. Aber eben nur vermeintlich! In einem Beitrag arbeitet Hans Joachim Meyer (vgl. 2012, 37-48) u.a. heraus in welchem sprachpolitischem Widerspruch z.B. Integrationspolitik und Wissenschaftpolitik zueinander stehen. Meyer und Konrad Ehlich (2012, 33) weisen auch nicht zum ersten Mal in ihren “Thesen zur künftigen Rolle des Deutschen in der Wissenschaft” auf den weit verbreiteten Irrtum hin “Sprache entwickle sich autonom” und Sprachpolitik wäre folglich unnötig. Ein Blick in wissenschaftspolitische Bestrebungen hin zu einer Internationalisierung um jeden (auch manchmal noch so sinnlosen) Preis macht das schnell augenfällig. Mit Unsummen z.B. DFG-geförderte Spitzenforschung (natur- wie kulturwissenschaftliche) in Deutschland auf Englisch zu betreiben, um international vernetzt und anerkannt zu werden, ist dabei nur ein kleines Beispiel.

Die Langzeitfolgen solcher Politik werden massiv auf die Gesellschaft und ihre Möglichkeiten der diskursiven Auseinandersetzung zurückschlagen, wenn der Stellenwert der Wissenschaft für und ihre Verwobenheit mit politischen, wirtschaftlichen, ethisch-moralischen, künstlerischen, … also im Allgemeinen mit dem öffentlichen Diskurs nicht erkannt wird und damit in der Konsequenz die deutsche Sprache insgesamt ihrem Schicksal überlassen wird – einem Schicksal, das man irgendwann als eine Folge politischer und gesellschaftlicher Entscheidungen wird rekonstruieren können.

Mir liegt aber nicht daran, hier – mehr schlecht als recht – zu paraphrasieren, was im genannten Sammelband viel besser auf den Punkt kommt und den ich jedem zuforderst vor allem zur Selbstpositionierung nur ans Herz legen kann und danach vielleicht zur Reflexion der Frage nach der Preisgabe von mehrsprachigen Erkenntnisvermögen, die die Menschheit in Zukunft vorhalten sollte, um Probleme zunehmend globaler Reichweite zu bearbeiten…

Ebenso möchte ich den Verlag und auch die Autoren der “Thesen zur künftigen Rolle des Deutschen in der Wissenschaft und  zu den Chancen wissenschaftlicher Mehrsprachigkeit” (Meyer/Ehlich 2012) fragen, ob sie an einer Wiederveröffentlichung des knappen Textes im Internet (z.B. hier in meinem Blog) interessiert sind. Dort habe ich ihn bisher nicht finden können. Sind diese Thesen doch zwischen zwei Buchdeckeln in einer Bibliothek nicht ganz so gut aufgehoben und wirksam wie vielleicht in der sog. Blogosphäre, in der sie einfacher und weitreichender zirkuliert, adressiert und gelesen werden können.

Zum Schluss möchte ich noch zur angehängten Frage im Titel des Eintrags kommen: “Deutsch in Wissenschaftsblogs?” Seit einiger Zeit habe ich den Gedanken im Kopf, den ich aber noch nicht weiter prüfen konnte, dass es doch mal nötig wäre, die deutschsprachige wissenschaftliche Blogosphäre zu vermessen! Wie viele deutschsprachige Wissenschaftsblogs gibt es eigentlich? Welche deutschen Wissenschaftler bloggen in einer anderen und in welcher Sprache?

Ich weiß nicht, ob es Möglichkeiten einer solchen Vermessung gibt. Ich müsste mich diesbezüglich mal mit meinem Kollegen Johannes Paßmann kurzschließen oder vielleicht weiß ja auch der eine oder andere Leser einen Rat. Ich ahne, dass das nur praktikabel wird, wenn man Plattformen (wie hypotheses.org oder scilogs.de) in den Blick nimmt. Was allerdings hypotheses.org betrifft, verzweifelte ich erst vor kurzem daran, einer vollständige Liste aller ‘deutschen Blogs’ einsichtig zu werden. Hier kann sich die Redaktion durchaus angesprochen fühlen ;) – wäre es doch für die Vernetzung und die Anschließbarkeit hilfreich, eine gute und vollständige Übersicht über die existierenden Blogs sich verschaffen zu können. Wie dem im Einzelnen aber auch sei…

Worum es mir bei der Vermessung der wissenschaftlichen Blogosphäre Deutschlands geht, ist es, einen Eindruck vom Stellenwert des Blogs, seiner Zwecke und damit Sprachlichkeit in der deutschen Wissenschaft zu bekommen. Diesbezüglich kämen der Kommunikationsform Weblog – je nachdem welche Entwicklung sie in der Zukunft bezüglich ihrer institutionellen Relevanz nehmen wird – nicht unerhebliche Implikationen für die Vitalität disziplinärer Entfaltungen zu: Wo werden innovative Erkenntnisse und Paradigmen geboren bzw. sagbar, wenn Zeitschriften immer mehr verkrusten? Mit welchen Sprachlichkeit füttern diese Sagbarkeiten den wissenschaftlichen Diskurs? Wie wird (Populär-)Wissenschaft weiterhin in Verbindung mit der Sprache der übrigen Diskurse treten können? Kurz: Könnte es sein bzw. ist es plausibel, sich vorzustellen, Blogs könnten einem neuerlichen Aufschwung der vernakulären Wissenschaftssprachen Vorschub leisten?

Oberreuter, Heinrich/Krull, Wilhelm/Meyer, Hans Joachim/Ehlich, Konrad (Hg.) (2012): Deutsch in der Wissenschaft. Ein politischer und wissenschaftlicher Diskurs. München: Ozlog. 
Daraus:
Ehlich, Konrad/Meyer, Hans Joachim (2012): Thesen zur künftigen Rolle des Deutschen in der Wissenschaft und zu den Chancen wissenschaftlicher Mehrsprachigkeit. S. 30-34.
Meyer, Hans Joachim (2012): Trägt die deutsche Politik Verantwortung für die deutsche Sprache? S. 37-48.

 

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/357

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Kommunikationsformenadressen oder: Prozeduren des Situationsvollzugs am Beispiel von Weblogs : Zeitschrift für angewandte Linguistik

Was lange währt, wird endlich… alt? Wie das so bei Printpublikationen ist, spiegeln sie nicht mehr so richtig den aktuellen Überzeugungsstand wider. Dennoch freue ich mich, zu sehen, dass endlich dieses lang gehegte und gepeer-reviewte Kleinod online gegangen ist und bald auch im ZfAL-Heft erscheinen wird.

Using the example of weblogs the paper raises the question what kind of procedures are necessary to enable speech acts (written or spoken), pictures (moving or static), typography, layout, etc. – i.e., procedures that are considered to be possibility conditions for acts of communication. To answer that question a category from early Textual Linguistics – Forms of Communication (initially: Ermert 1979) – is reconstructed in its development throughout the history of Textual and Media Linguistics (cf. Brinker 6[1985] 2005; Dürscheid 2005; Holly 1996, 2011b; Domke 2010a) and is reconceptualized with a more pragmatic resp. praxeological approach. In order to do this, the concept of Speech Procedures – developed by the Functional Pragmatics approach (cf. Ehlich [1986] 1991) – is chosen, conceptually located, and adapted to enable a description that addresses all the actions which establish – quite similtaneously to acts of communication – the possibility to communicate and which are clustered and differentiated as Medializing and Addressing Procedures. In a body they work on the tasks of situating communication in space and time and between communicators. Hereby going beyond Genre Theory (cf. e.g. Puschmann 2013), it is possible to conceive of weblogs ever so adequately as being situated on an average level of communicational knowledge.

via Kommunikationsformenadressen oder: Prozeduren des Situationsvollzugs am Beispiel von Weblogs : Zeitschrift für angewandte Linguistik 2 (2013), S. 51-106.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/337

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Mensch-Computer-Interaktion: zur Produktionsseite von Weblogs und ihrer Infrastrukturierung

Auf der GfM-Jahrestagung habe ich Anfang Oktober einen Vortrag gehalten. Dort habe ich Weblogs aus medienwissenschaftlicher Perspektive praxeologisch betrachtet. Mit dem Begriff der Infrastruktur (vgl. Star/Bowker 2002; Schabacher 2013) kann man sich so der ‘Kommunikationsform’ Weblog nähern, indem man sie als eine spezifisch verfestigte Auswahl und Kombination von Infrastrukturschicht(ausschnitt)en begreift. In dieser Weise erscheinen die list- und systematisierbaren Eigenschaften von Kommunikationsformen (vgl. Holly 2011, Meiler 2013a) dann als Effekte und Zwecke ihrer Infrastrukturierung. Mein Vortrag hat also einen Gedanken herausgearbeitet, der im Navigationen-Artikel (vgl. Meiler 2013b, auf dem der Vortrag eigentlich basieren sollte) nur angedeutet wurde.

Infrastrukturierung von Weblogs als Selektion und Kombination von Internet-Infrastruktur-Schichten

Eine der Infrastruktur-schichten ist die Weblog-Software selber. Häufig, wie auch hier auf hypotheses.org, ist das WordPress. Die Produktionsseite von Weblogs betreffend stellt sich diese Schicht dann als eine Form der Mensch-Computer-Interaktion dar, wie sie aus sprachwissenschaftlicher Perspektive Jörg Wagner (2002) in seiner Dissertation anhand von MS Word untersucht hat. Einige Gedanken zu diesem Buch und diesem Komplex, der auch für die Analyse von Weblogs eine Rolle spielt, möchte ich im Folgenden festhalten. 

Wagner (2002, 22ff.) gibt in seiner Monografie eine umfangreiche Übersicht über all die kommunikativen Ereignisse und Anlässe, die bei der Nutzung von Software möglich sind. Ebenso gibt er auch eine Sichtung darüber, welche “Instanzen der Mensch-Computer-Interaktion” über den Entwicklungsprozess der Software durch die Hardware mit dem Nutzer in einer Verbindung stehen (ebd., 37; hier listend, d.h. stark vereinfacht wiedergegeben):

Programmierer,
Designer,
Manager
Computer-System
(Hardware, Docuware, Software) mit den entsprechenden Interfaces
Benutzer

Trotz der sichtenden Systematisierung lässt Wagner (vgl. ebd., 36f.) aber diesen komplexen Vermittlungszusammenhang für die Analyse nicht wirksam werden. Als analyseleitend fasst er vielmehr die “Metapher des Dialogs zwischen Mensch und Maschine” (ebd., 31) und die Beobachtung, dass die Nutzer selber ihre Auseinandersetzung mit dem Computer als eine Erfahrung modellieren, die im Computer keine Medialisierung der Softwareentwickler erblickt, sondern den Computer bzw. das jeweilige Programm selber als interaktives Gegenüber konzeptualisiert. Für die empirische Analyse hat das nachhaltige Folgen. Wagner arbeitet sich nämlich im Kapitel 4 in nicht unerheblichen Maßen an Erkenntnissen der Gesprochenen-Sprache-Forschung ab (u.a. der Konversationsanalyse, den Griceschen Maximen und auch der weithin bekannten und für sinnvoll erachteten Unterscheidung von medialer und konzeptueller Mündlichkeit/Schriftlichkeit). Selbstverständlich ist es nicht falsch, ganz im Gegenteil: sogar fruchtbar die Verschiebungen und Ableitungen im Blick zu haben, die hinsichtlich sprachlicher Handlungen zwischen Kommunikationsituationen unter Kopräsenz der Interaktanten und Kommunikationsituationen unter deren Depräsenz (Verdauerung) stattfinden. Dabei aber den Computer bzw. die Software selbst als sprechendes Subjekt zu begreifen, wird der beobachtbaren sprachlichen Charakteristik nicht gerecht.1

Bevor also Charakteristika von Gesprächen an die sprachliche Front-End-Gestalt von Software herangetragen werden, müsste einerseits die Präferenzorganisation der semiologischen Oberfläche der Software selbst in den Blick kommen. Dafür hat man auch schon in der KA Arbeiten vorgelegt, die die Präferenzorganisation von Texten analysieren (vgl. z.B. Knauth/Wolff 1991).2 Andererseits müsste die Kommunikationssituation, die mit den sprachlichen und anderen kommunikativen Mitteln der Software zugänglich wird, selbst systematisch rekonstruiert werden. Damit wären verschiedene Vagheiten, Irrläufer und inadäquate Meldungen nicht als defizitäre Kommunikation zu betrachten, sondern als wohl unausweichliche Randerscheinungen, die sich aus der Charakteristik der Kommunikationssituation ergeben: Die mannigfaltigen Arten und Weisen der Nutzung und die damit möglich werdenden Probleme bei der Nutzung einer Software durch unterschiedlich versierte Nutzer muss und kann weitgehend nur antizipiert werden. Diese Probleme kann auch ein Participatory-Design-Prozess nicht vollkommen ausräumen (vgl. Pipek/Wulf 2009, 9).3

Eine Software wie WordPress stellt nun den Endpunkt eines soziotechnischen Verfestigungsprozesses dar. Die unterschiedlichen, historischen Vorläufer und Frühformen von Weblogs haben entsprechend dieser Prägung Eingang in die Struktur der Software gefunden, da sich im Verlauf ihrer (Aus-)Formung bestimmte Aspekte als vorteilig, bestimmte andere Aspekte als nachteilig bei der Bearbeitung der entsprechenden Kommunikationsbedürfnisse erwiesen haben, für die die entsprechende (Interims-)Form genutzt wurde (vgl. Holly 1996). Das, was wir heute als Weblogsoftware WordPress vorfinden, ist also Resultat eines langen Verfestigungs- oder medienwissenschaftlich präziser: Infrastrukturierungsprozesses. Sie macht es möglich vornehmlich bereits verfestigte gesellschaftliche Bedürfnisse bezüglich des Bloggens zu bearbeiten und leistet damit der Stabilisierung (d.h. sowohl Standardisierung wie auch Konventionalisierung) des Bloggens Vorschub, indem sie den Spielraum für Veränderungen durch die gegebene Struktur einschränkt.4

In diesem Lichte ist es dann auch sinnvoll von einem Affordanz-Charakter einer Kommunikationsform zu sprechen (vgl. Pentzold/Fraas/Meier 2013): Bestimmte Nutzungsweisen werden von der Weblog-Software nahegelegt, da ein gesellschaftlich mehr oder weniger stabilisiertes Wissen um die stereotype Nutzungsweise von Weblogs aufgebaut wurde/sich herausgebildet hat. Dieses Wissen prägt auch die kommunikative Oberfläche der Software, die in der produktionsseitigen Mensch-Software-Interaktion beim Bloggen notwendig zu ‘nutzen’ ist.

Diese Nutzung kann als vorstrukturierte Kommunikation betrachtet werden. Ihre historischen Vorbilder findet sie wohl in Formularen – einer Form des zerdehnt-dialogischen Modus der Themenentfaltung qua sequenziertem Frage-Antwort-Muster (vgl. Ehlich/Rehbein 1979). Und diese Form ist älter, als man auf den ersten Blick vermuten würde, wie das Marculfi Formulae, ein ‘Formularbuch’ aus dem 7. oder 8. Jahrhundert, zeigt.

Für Weblogs ist kennzeichnend, dass ein Großteil dieses Formularcharakters produktionsseitig und rezeptionsseitig nur asymmetrisch zugänglich ist (im Vergleich etwa zu Social Network Systems wie Facebook, bei denen Nutzer zwangsläufig die Produktions- und Rezeptionsbedingungen kennen). Rezipienten ist – sofern sie nicht selber Bloggen – nur die Kommentarfunktion und dessen Formular zugänglich. Dem Blogger selber hingegen steht mit dem sog. Dashboard eine umfangreiche Schnittstelle zur Softwareinfrastruktur seines Blogs zur Verfügung, mit dem er einen Großteil der Einstellungen vornehmen kann, die die Front-End-Gestalt seines Blogs, also seiner Kommunikationen betreffen.

Wird der Blog auf einem eigenen Webspace betrieben, kommt mit dem nötigen FTP-Programm eine weitere Schnittstelle zu einer weiteren Infrastruktur-Schicht hinzu, mit dem WordPress auf dem Webspace installiert werden muss, bevor es (wiederum als Infrastruktur) nutzbar werden kann. Um den Webspace selber – also den physikalischen Speicherplatz – für WordPress operational zugänglich zu machen, bedarf es weiterer Schichtungen: die Webserver-Software (z.B. Apache); die Skriptsprache PHP, die on demand HTML-Seiten generiert sowie eine MySQL-Datenbank, auf die WordPress zugreifen kann. Das Ineinandergreifen dieser Infrastrukturen in ihrer spezifischen Kombination macht die Infrastrukturierung von Weblogs aus und bildet die Möglichkeitsbedingung für Kommunikation mit der Kommunikationsform ‘Weblog’.5

Die Navigationsleiste eröffnet den Zugang zu den einzelnen formularisch bearbeitbaren Optionen: Artikel (Blogeinträge), Mediathek (Datenbank eingebundener Bilder), Links (Blogroll), Seiten (Reiter des Weblogs), Kommentare, Design, Benutzer(verwaltung), Einstellungen und anderes mehr. Diese Bearbeitungskomplexe werden – nach meiner eigener Erfahrung – je nach Bedarf und Kompetenz handlungspraktisch relevant und müssen keineswegs alle erschlossen werden, um den Blog funktionabel zu machen. Standardisierte Voreinstellungen gewährleisten vor allem für WordPress-Unerfahrene ein unkompliziertes Handling und einen schnellen Start. Die spezifische Infrastrukturierung ist damit nicht mehr notwendigerweise eine individuell zu leistende Aufgabe, sondern eine gesellschaftlich verfestigte Problemlösung, um die Möglichkeitsbedingungen für einen Kommunikationsstart zu gewährleisten (vgl. Meiler 2013a). Plattformen wie hypotheses.org leisten dem – für das wissenschaftliche Bloggen – besonderen Vorschub und bilden für die spezifische Domäne der Wissenschaft eine spezifische Lösung, wie z.B. die Google-Anwendung blogger.com eine allgemeine und noch einfachere Lösung ohne Domänenspezifik darstellt.

Deppermann, Arnulf (2013): Analytikerwissen, Teilnehmerwissen und soziale Wirklichkeit in der ethnographischen Gesprächsanalyse. In: Hartung, Martin/Deppermann, Arnulf (Hg.): Gesprochenes und Geschriebenes im Wandel der Zeit. Festschrift für Johannes Schwitalla. Verlag für Gesprächsforschung. S. 32-59.
Ehlich, Konrad (1984): Zum Textbegriff. In: Rothkegel, Annely/Sandig, Barbara (Hg.): Text – Textsorten – Semantik. Buske. S. 9-25.
Ehlich, Konrad/Rehbein, Jochen (1979): Sprachliche Handlungsmuster. In: Soeffner, Hans-Georg (Hg.): Interpretative Verfahren in den Text- und Sozialwissenschaften. Metzler, S. 243-274.
Holly, Werner (1996): Alte und neue Medien. Zur inneren Logik der Mediengeschichte. In: Rüschoff, Bernd/Schmitz, Ulrich (Hrsg.): Kommunikation und Lernen mit alten und neuen Medien Lang, S. 9-16.
Holly, Werner (2011): Medien, Kommunikationsformen, Textsortenfamilien. In: Habscheid, Stephan (Hrsg.): Textsorten, Handlungsmuster, Oberflächen. Linguistische Typologien der Kommunikation. de Gruyter, S. 144-163.
Knauth, Bettina/Wolff, Stephan (1991): Zur Fruchtbarkeit der Konversationsanalyse für die Untersuchung schriftlicher Texte – dargestellt am Fall der Präferenzorganisation in psychiatrischen “Obergutachten”. In: Zeitschrift für Soziologie 20/1, S. 36-49.
Meiler, Matthias (2013a/i.Dr.): Kommunikationsformenadressen oder: Prozeduren des Situationsvollzugs am Beispiel von Weblogs. In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik 2, S. 51-106.
Meiler, Matthias (2013): Geoberg.de – ein wissenschaftlicher Weblog. Kommunikationsform und institutionelle Position. In: Navigationen. Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaften 2. S. 87-99.
Paßmann, Johannes/Gerlitz, Caroline (2013/i.Dr.): ‚Good‘ platform-political reasons for ‚bad‘ platform-data. Zur sozio-technischen Geschichte der Plattformaktivitäten Fav, Retweet und Like. In: Mediale Kontrolle unter Beobachtung. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die strittige Gestaltung unserer Kommunikation. Dez. 2013.
Pentzold, Christian/Fraas, Claudia/Meier, Stefan (2013): Online-mediale Texte. Kommunikationsformen, Affordanzen, Interfaces. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik, 41(1), S. 81-101.
Pipek, Volkmar/Wulf, Volker (2009): Infrastructuring: Towards an Integrated Perspective on the Design and Use of Information Technology. In: Journal of the Association of Information Systems 10/5, S. 306-332 [zitiert nach dem PDF: 1-54].
Schabacher, Gabriele (2013): Mobilizing Transport. Media, Actor-Worlds, and Infrastructures. In: Transfers. International Journal of Mobility Studies 3 (1), S. 75-95.
Star, Susan Leigh/Bowker, Geoffrey C. (2002): How to Infrastructure. In: Lievrouw, Leah A./Livingstone, Sonia (Hg.): Handbook of New Media. Social Shaping and Consequences of ICTs. London et al., S. 151-162.
Wagner, Jörg (2002): Mensch-Computer-Interaktion. Sprachwissenschaftliche Aspekte. Lang.

  1. Die ethnografische Prämisse “Follow the natives!” erweist sich hier also als analytischer und vor allem konzeptueller Holzweg. Ethnokategorien und -methoden können den Blick für die beobachtbaren Sachverhalte auch verstellen.
  2. Wenngleich die analytischen Prämissen der KA gerade der Institutionsspezifik von Kommunikation aus dem Blick zu verlieren drohen (vgl. Deppermann 2013, 47).
  3. Im Übrigen sprechen gerade solche Ansätze der Sozioinformatik für eine Konzeptualisierung der Softwarenutzung als spezifisch zerdehnte Kommunikationssituation (vgl. Ehlich 1984) zwischen Entwicklern und Nutzern und nicht als Kommunikation zwischen Software und Nutzer.
  4. Dieser dispositive Charakter schließt selbstverständlich Veränderungen, die bottom up angeregt werden, nicht aus. Gerade Internetkommunikationsformen sind aufgrund ihrer Digitalität für solche Veränderungen besonders empfänglich. Eine bottom-up-Unidirektionalität trifft aber diese komplexen (dispositiven) Wirkzusammenhänge nicht zwangsläufig (vgl. Paßmann/Gerlitz 2013).
  5. Selbstverständlich stellen Browser, Betriebssystem und unterschiedliche Front-End-Devices weitere Infrastrukturschichten dar, die standardisiert ineinander greifen können müssen.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/275

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Was ist eigentlich (alles) Eristik? oder: Weblogs as Academic Communication Practices

Am 18.07.2013 habe ich im Rahmen der internationalen Summer School Situating Media. Ethnographic Inquiries into Mediation (15.-19. Juli 2013) von Locating Media mein Dissertationsprojekt vorgestellt (Vortragstext und PPP auf Seite 2). Die anschließende Diskussion stieß einige Überlegungen zu meinem zentralen Untersuchungsgegenstand, den eristischen Kommunikationshandlungen, an. Die grundlegende Frage ist: Was ist eigentlich (alles) Eristik?

Schaut man in die funktional-pragmatische Literatur hinein, findet man da – so weit ich das zur Zeit überblicken kann – nur bedingt die Präzision, die man sonst gewohnt ist. Die konzeptuelle Gründungsurkunde zur ‘Eristik’ wissenschaftlicher Kommunikation wurde 1993 von Konrad Ehlich vorgelegt: Was er darin in ersten wenngleich fundamentalen Überlegungen durchsichtig macht, ist die Komplexität wissenschaftlicher Text, die nicht als bloße Assertionsverkettungen verstanden werden können. Zwei Aspekte sind dabei wesentlich: (1) – und das gilt nicht nur für wissenschaftliche Texte – sind Texte in ihrer Abgeleitetheit von Gesprächen zu rekonstruieren. (2) sind wissenschaftliche Texte von spezifischen Gesprächen abgeleitet, die ihr Gepräge vom – wenn man so sagen will – Funktionssystem der Wissenschaft bekommen und damit zu spezifischem verdauerndem/tem Kommunikationshandeln  führen.

Ehlichs Beobachtungen gehen dabei aus von einer Auffälligkeit sprachlicher Mittel in wissenschaftlichen Texten und er bindet diese Auffälligkeit zurück an eine allgemeine Zweckbestimmung wissenschaftlicher Kommunikation nämlich der Einbringung eines (neuen) Wissens in den wissenschaftlichen Diskurs (im Foucaultschen Sinne). Ausgehend von der damals vorherrschenden Auffassung, Wissenschaftskommunikation sei aufgrund der “Weltwiedergabe-Funktion” von Assertionen/Aussagen (in Form von Aussagesätzen) durch Assertionsverkettung gekennzeichnet, die eine “Weitergabe von Wissen bzw. [...] dessen Expansion zu neuem Wissen” ermöglichten (Ehlich 1993, 24), macht er in exemplarischen wissenschaftlichen Texten eine Reihe von sprachlichen Mitteln aus, die die vermeintlichen Aussagesätze illokutiv modifizieren. Eines seiner Beispiele ist folgendes:

“Die Oberrheinische Tiefebene ist streng genommen nur teilweise eine Ebene.” (aus: Semmel, Arno: Geomorphologie der Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden: Steiner 1972, 38; zitiert nach Ehlich 1993, 36; Typografie von mir)

“Dieses ‘strenggenommen’ ist [...] kein Teil einer einfachen Assertion, die dadurch illokutiv einen ganz anderen Stellenwert erhält, eine andere Charakterisierung bekommt.” (ebd., 26) Es handelt sich vielmehr um eine Modalisierung, deren Funktionalität nicht im Rahmen einer ‘bloßen’ Aussage erklärt werden kann, da diese Modalisierung ein spezifisches Wissen des wissenschaftlichen Diskurses und damit Auffassungen anderer Wissenschaftler der entsprechenden Provenienz fokussiert und eine differenziertere Haltung dazu einnimmt bzw. ankündigt, als das bisher offenbar der Fall war.

Und selbst für die Assertion im Allgemeinen stellt sich schon die Frage, wie sie in Texten – und das heißt für Ehlich (z.B. 1984) in verdauerter/gespeicherter, Raum und Zeit überwindender Kommunikation – prozessiert werden kann. Ist die Assertion doch aufs engste mit dem Handlungsmuster Frage-Antwort verknüpft.

“Aufgrund der engen Verknüpfung von A s s e r t i o n und F r a g e als über ihre Zwecke miteinander wesentlich verkoppelten Sprechhandlungen stellt sich für die illokutive Qualifizierung von Wissenschaftstexten die Frage nach dem interaktionalen Verbleib dieser F r a g e n.” (Ehlich 1993, 24)

Ein anderes Beispiel aus dem oben schon zitierten geomorphologischen Fachbuch:

“Die Rheinaue soll vom holozänen Rhein in das Hochgestade eingeschnitten worden sein (so z.B. STÄBLEIN 1968, 11).” (zitiert nach Ehlich 1993, 36; Typografie von mir)

Auch hier wieder eine Modalisierung und eine direkte Adressierung/Adresse dieser Modalisierung. Die sprachlichen Mittel, die hier an der kommunikativen Oberfläche sichtbar werden, sind

“Teil eines komplexen Prozesses, der in der sprachlichen Formulierung aufscheint, und zwar eines Komplexes der Urteilsbildung in bezug auf Gewährsleute, die aber sozusagen gerade keine Authentizität und Verläßlichkeit haben.” (ebd., 26)

“Es finden sich immer wieder Passagen, in denen der Autor in einen imaginären Diskurs [= Gespräch; MM.] eintritt mit anderen Autoren, also zum Beispiel in der Qualifizierung als ‘zunächst’, in der Bestimmung des ‘gilt nur’ oder des ‘bietet sich dazu an’.” (ebd., 28)

Ehlich resümiert aus den oben angedeuteten und anderen Beobachtungen wie folgt:

“Wir finden also als illokutive Qualität neben der a s s e r t i v e n Struktur eine weitere Grundstruktur, nämlich eine Struktur der E r i s t i k.” (ebd., 29)

Um die Frage nocheinmal zu stellen: Was ist nun eigentlich (alles) Eristik? Das letzte Zitat fährt wie folgt fort (für das Verständnis sind die hervorgehobenen Passagen ausreichend):

Wenn dem aber so ist, dann sind wissenschaftliche Texte selbst gleichsam immer auch Ausdruck einer Streitkultur. Ich verwende den Ausdruck ‘Streit’ dabei in einem durchaus positiven Sinn. Streit hat nichts mit Gezänk zu tun, sondern Streit ist, wie es in verschiedenen wissenschaftstheoretischen Positionen, etwa bei Popper, sehr explizit ausgearbeitet wurde, für den Wissenschaftsbetrieb als eine wissenschaftssoziologisch erfaßbare Größe insgesamt gekennzeichnet. Dies gilt bereits für die Wissenschaft vor der neuzeitlichen, wenn auch dort in einer ganz anderen Weise hinsichtlich dessen, was die Entscheidungsgründe für den Streit ausmachte. Diese Streitkultur als diskursive Struktur findet sich keineswegs nur in Texten, die den sozialen Wissenschaften nahestehen, sie findet sich ganz genauso in Texten der Naturwissenschaften oder der Mathematik. [...]

Wenn wissenschaftliche Texte also in diesem Sinne Kombinationen von einerseits Sachverhaltswiedergaben in der Familie der a s s e r t i v e n illokutiven Typen, andererseits ein Niederschlag von jeweils wissenschaftshistorisch und wissenschaftstheoretisch spezifisch geprägten und ausgeprägten Streitkulturen sind, dann, denke ich, erweisen sich diese Texte als außerordentlich komplexe Einheiten, Einheiten, die praktisch das schwierige Verhältnis von Diskurs [= Gespräch; MM.] und Text in der textuellen Oberfläche abbilden [...].

Wir sehen in diesen Texten also weit mehr als das einfache ‘mapping’ von Wirklichkeit über mentale Verarbeitung hinein in ein Stück Sprache. Wir erleben in den sprachlichen Formen den Prozeß der Diskussion der Wissenschaft selbst. In den Texten ist die diskursive Qualität des Wissenschaftsprozesses als eines Prozesses der streitenden Auseinandersetzung eingeschrieben. Mit anderen Worten: Der Wissenschaftsprozeß schlägt sich in der Textstruktur in einer illokutiven Vielfalt nieder, die eine Einschränkung auf Assertionsqualität illokutiv weder sinnvoll noch möglich macht. Vielmehr tragen die wissenschaftlichen Texte als ein wesentliches Strukturkennzeichen in sich ihren diskursiven Charakter, der durch die Textualität verfremdet worden ist. Die wissenschaftlichen Texte sind sozusagen Residuen und Petrefakte von diskursiven, insbesondere von eristischen Strukturen, die in den textuellen Strukturen aufgehoben sind.” (ebd. 29f.; Herv. als fett von mir)

Diese doch etwas redundanten Passagen können pointiert zu den zwei Aspekten vom Anfang zusammengefasst werden: (1) die illokutive Qualität von Texten ist ein Schlüssel zum Verhältnis von Gespräch und Text im Allgemeinen und (2) für das Verhältnis von wissenschaftlichem Gespräch und wissenschaftlichem Text im Besonderen. Die sprachhandlungsorientierte Rekonstruktion von Ehlich, die hier referiert wurde, legt es nahe, ein Verhältnis des Abgeleitet-Seins oder des Hineinwirkens des Einen vom Anderen oder des Einen ins Andere anzunehmen. Für dieses Verhältnis von Gespräch und Text zueinander als Grundformen menschlicher Kommunikation verwendet Ehlich die folgenden Ausdrücke und Prädikationen:

Ausdruck sein, findet sich, Niederschlag, Verhältnis abbilden, eingeschrieben sein, schlägt sich nieder, tragen in sich, verfremdet sein, Residuen und Petrefakte sein, aufgehoben sein (dem letzten Zitat entnommen)

Wenngleich ich die Annahme des phylo- und ontogenetischen Primäts der gesprochenen Sprache für sinnvoll halte, stellt sich hier doch die Frage des präzisen Verhältnisses zwischen diesen Grundformen und damit unmittelbar die Frage, welchen Einfluss bei diesem Transpositionsprozess die spezifische Medialität von flüchtiger und verdauerter Kommunikation haben. Was die beiden Aspekte (1) und (2) unmittelbar miteinander verknüpft. Ich werde auf diesen Komplex unten zurückkommen.

Zuvor soll die Frage der Extension und Intension des Eristikbegriffs angesprochen werden, womit wir wieder beim Ausgangsimpuls zu diesem Blogeintrag ankommen, der auf der eingangs erwähnten Summer School angestoßen wurde.

Zusammenfassend gesagt (und da ist die Wortbildung ‘Eristik’ irreführend) sind eristische Strukturen eine Menge von sprachlichen oder allgemeiner kommunikativen Mitteln, die für den Zweck gesellschaftlich erarbeitet wurden bzw. sich herausgebildet haben, ein (neues) Wissen in den bestehenden und aktuellen Diskurs (Foucault) einzubringen. Entsprechend dieser (sehr) allgemeinen und übergreifenden Zweckbestimmung wissenschaftlicher Kommunikation ist auch die Menge der Mittel, die diesen Zweck bearbeiten quasi (noch) nicht eingegrenzt, wie da Silva (2010)1 mit ihrem Konzeptualisierung eristischer Strukturen zeigt. Sie hat quasi (fast) alle  genuin linguistische Analyseebenen im Blick (Morphem, Wort- und Phrasenebene, Satz und Satzfolge, Textabschnitte, Kapitel, ganze Texte, nicht aber Textverbünde), wenn sie die Funktionalität sprachlicher Mittel im Hinblick auf den ‘eristischen Zweck’2 mit den Faktoren “Gradualität”3 und vor allem “Komulativität” charakterisiert (ebd., 130ff.). Beim ersten Faktor geht es kurz gesagt um Perspikuität vs. Opazität, also um die “Erkennbarkeit auf der sprachlichen Oberfläche” von eristischen Handlungen (ebd., 130). Beim zweiten Faktor geht es um die Kombinatorik einzelner Mittel im ‘Verlauf’ der wissenschaftlichen Texte und wie diese den ‘eristischen Zweck’ zusammen/im Zusammenwirken/im Verbund: eben kombinatorisch und komulativ bearbeiten (vgl. ebd., 133f.). Die Sprachhandlungsqualität, also die Vermittelung zwischen Sprecher und Hörer/zwischen Produzent und Rezipient kommunikativer Handlungen ist in dieser Konzeptualisierung bzw. diesem Konzeptausbau nicht bzw. nur indirekt fokussiert. Die Differenzierung des Ehlichschen Begriffes trifft eher seinen strukturellen und weniger seinen pragmatischen Anteil.

Eine handlungs- bzw. handlungsmusterbezogene Differenzierung dessen was alles Eristik ist, fehlt – soweit ich das momentan überblicken kann, aber noch. Für eine Rekonstruktion des oben angesprochenen Verhältnisses zwischen Gespräch und Text wäre diese Differenzierung aber unerlässlich. Dafür könnte sich die Arbeit von Trautmann (2004) zum Argumentieren als äußerst fruchtbar erweisen. In ihrer Dissertation nimmt sie ausgehend vom Handlungsmuster Begründen (vgl. Ehlich/Rehbein 1986) eine empirisch angeleitete Bestimmung des Musters Argumentieren vor,4 das im Kontrast zum Begründungsmuster nicht von einem Nicht-Verstehen, sondern von einem divergierenden Verstehen konstitutiv abhängt.

Konstitutiv ist dabei für das Argumentieren – und Trautmann (vgl. 2004, 123ff., 187ff.) arbeitet das nicht nur für wissenschaftliche Gespräche heraus5, sondern nimmt auch erste Analysen für wissenschaftliche Texte vor -, dass aufrund eines divergierenden Verständnisses beider systematischer Interaktantenpositionen S und H bezüglich einer Sprechhandlung C von Sprecherseite (S) vorliegt. Dies setzt auf Hörerseite (H) einen mentalen Einschätzungsprozess voraus, der auf Basis hörerseitigem Wissen zu dem Schluss führt, dass eine Divergenz vorliegt, was wiederum H eine Äußerung (Prä-E) tun lässt, die diese Einschätzung verbalisiert, um eine Synchronisierug zwischen dem Wissen von S und H ermöglichen soll. Eine Einschätzung der Prä-E-Äußerung auf Sprecherseite löst dann Äußerungen (D) aus, die diesen Versuch der Wissens(um/neu)strukturierung durch H bearbeitet, indem weitere Wissenselemente von S geliefert werden, um C zu stützen oder auch die Einwände, Vorschläge, Zweifel etc. von H zu bearbeiten, zu bewerten, zu übernehmen und dergleichen mehr. Dies kann wieder zur Prä-E-Äußerungen führen und so weiter. Das Argumentieren in Texten ist durch die spezifische Medialität von verdauerter Distanzkommunikation nun durch spezifische Bedingungen geprägt.

“Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass Texte generell aus dem oben genannten Gründen für das Argumentieren eher schlecht geeignet sind: Es gibt – außer im Brief – meist keinen persönlich bekannten Adressaten; der Text ist eine in sich geschlossene Verkettung von Sprechhandlungen miteinander, in die der Leser nicht eingreifen kann – allenfalls kann er mit einem eigenen Text darauf antworten.” (Graefen 22003, 49)

Als “(protracted) dialogues” oder “quasi-dialogues” (Dascal 1989, 147), die als ”activity” dadurch charakterisiert sind, umgehen zu müssen mit “uncertainty regarding the opponent’s reactions”, machen wissenschaftliche Texte es notwendig “[to] anticipate [these reactions] to some extent” (Dascal 1998, Abs. 16). Und ‘some’ ist dabei noch eine zu schwache Formulierung – basiert doch jede Form zerdehnter Kommunikationssituationen (vgl. Ehlich 1984) konstitutiv auf der Antizipation von depräsenter Hörertätigkeit, um überhaupt eine verstehbare Handlungsverkettung möglich zu machen. Davon ist das wissenschaftliche Argumentieren in seiner dargestellten Musterhaftigkeit im selben Maße geprägt, wenn es “aus dem Bereich des persönlichen Streitens herausgenommen und zu öffentlich beachteten Vorgängen” wird (Graefen 22003, 50).

Hier wird nun auch – wie an manch anderen Stellen andeutungsweise (Ehlich/Graefen 2001, 369; kursiv von mir) – die Verbindung deutlich, die Eristik als “Praxis des wissenschaftlichen Argumentierens” ausweist und somit die Möglichkeit aufscheinen lässt, eristische Kommunikationshandlungen einerseits musterbezogen und illokutionsbezogen zu konzeptualisieren. Gerade durch das Fort- und Hineinwirken dialogischer Kommunikationsformen der Wissenschaft in ihre monologischen Kommunikationsformen, wie es oben mit Bezug auf Ehlich (1993) dargestellt wurde, muss die Annahme aber wohl korrigiert werden, es können zwei Arten des Argumentierens in Texten unterschieden werden (die für Trautmann (2004) analyseleitend gewesen sind): nämlich ein Argumentieren erster Stufe und ein Argumentieren zweiter Stufe (vgl. Graefen 22003, 50).

“Unterscheidungskriterium ist dabei die zugrundeliegende Aktantenstruktur, ob nämlich der Schreiber eine eigene Position bezieht, die er gegenüber einem Leser durchsetzen bzw. plausibel machen will, oder ob er die Position Dritter wiedergibt, die ihrerseits argumentieren.” (Trautmann 2004, 188)

In ihrer Analyse begeht Trautmann (vgl. 2004, 197ff.) dann meines Erachtens aber den Fehler, den Schreiber eines wissenschaftlichen Textes in der Sprecherposition halten zu wollen und somit zu unplausiblen Rekonstruktionen von Musterpositionen im analysierten Text kommt. Wird aber – wie in ihrem analysierten Beispiel auf S. 200 – ein Zitat eines anderen Wissenschaftlers argumentativ bearbeitet, begibt sich der Autor des Textes in Bezug auf das Handlungsmuster Argumentieren in die Hörerrolle und bringt Prä-Es bezüglich C (dem Zitat) vor. So stellt sich das Verhältnis von Gesprächsstrukturen und Textstrukturen im Falle des wissenschaftlichen Schreibens als (noch) komplexer heraus, als die Unterscheidung von Graefen (s.o.) es deutlich macht. Die allgemeine, kommunikationsstrukturelle Verteilung von S als Schreibenden und H als depräsenten Lesenden wird – so ist wohl anzunehmen und empirisch zu prüfen – durch die allgemeine Verfahrensweise kooperativer und gleichsam konkurrenzieller dialogischer Wissensproduktion der neuzeitlichen Wissenschaft überlagert von musterbezogen (stellenweise) vertauschten S-H-Positionen, die “sozusagen Residuen und Petrefakte” des dialogischen Streitprozesses im monologischen Text darstellen.

Wenn eristisches Kommunikationshandeln also vom Muster des Argumentierens wesentlich bestimmt ist, stellt sich die Frage, welche Illokutionen (typischerweise) für die Prä-E- und die D-Äußerungen getätigt werden, um ein (neues) Wissen in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen. Gefragt werden könnte dann, ob diese gruppierbar sind in z.B. offensive und defensive Züge des streitenden Positionierens eines Wissens im Diskurs. Damit könnte die ‘Eristik’ in ihrer Funktionalität und Qualität detaillierter herausgearbeitet werden.

Durch die angesprochene Verschränkung von kommunikationsstruktureller Beteiligungsstruktur (1:n) und musterbezogener Beteiligungsstruktur (S:H) im wissenschaftlichen Text kommt man nun nicht umhin sich differenzierter mit den Medialitäten der Kommunikationsformen (vgl. Holly 2011, Meiler 2013) der Wissenschaft auseinanderzusetzen. Und da scheint mir die einzige von Ehlich (1984) in seinem Textbegriff angelegte Unterscheidungskategorie Ko/Depräsenz als Einfluss nehmend auf den (wissenschaftlichen) Kommunikationsprozess zu kurz zu greifen.

Ebenso wie der Kommunikationsformenbegriff hebt auch Ehlichs (1984) Bestimmung von Text und Diskurs auf die Möglichkeitsbedingungen von Kommunikation ab, wobei sein Erkenntnisinteresse ausschließlich auf sprachliche Kommunikation beschränkt ist. Die Kommunikationsformenkategorie wendet sich dieser Analyseebene umfassender zu (zuerst Ermert 1979, später Holly 1996, aktuell Domke z.B. 2013), indem sie die unterschiedlichen Möglichkeitsbedingungen jeglicher Kommunikation als Kontinua begreift, die für die einzelnen Ausformungen (wie etwa F2f-Gespräch, Veranstaltung (wie Seminar und Vorlesung), Brief, Buch, Zeitschrift, graue Literatur, Weblog, …) in ihrer kommunikationsprägenden Spezifik charakterisierbar sind. Ich habe an anderer Stelle den Versuch unternommen die bisher noch weitgehend statisch und strukturell konzeptualisierte Kategorie pragmatisch/praxeologisch zu rekonzeptualisieren (vgl. Meiler 2013). Dabei habe ich drei Prozedurengruppen (durchaus im funktional-pragmatischen Sinne) unterschieden:

  • semiologische Prozeduren unterschiedlicher kommunikative Zeichenarten (bearbeitende, nennende, zeigende, lenkende, malende Prozeduren),
  • mediale Prozeduren (linien-, flächen-, und raumbezogene Herstellung von Wahrnehmbarkeit der Kommunikation),
  • adressierende Prozeduren (Temporalisierung, Lokalisierung und Identifizierung der Adressanten und Adressaten durch die Origo des Kommunikats).

Dabei sind es nicht unbedingt nur die Medialitätsspezifika im engeren Sinne

  • technische Medien mit ihrer speichernden, übertragenden, verstärkenden Funktionsweise
  • sowie Kommunikationsrichtung und Beteiligungsstruktur,
  • Wahrnehmungsmodalität, Materialität, Zeichen- und Transkriptionspotenzial,
  • Raum-, Zeit- und Ortsgebundenheit (vgl. Domke 2010),

die systematischen Einfluss auf das Sprachhandeln in diesen Kommunikationsformen haben, sondern gerade die Aspekte

  • des sozialen Status (öffentlich vs. nicht-öffentlich) und
  • der Institutionalisierung und Organisation (Infrastrukturen) der Kommunikationsformen in einzelnen Domänen wie der Wissenschaft,

die von prägendem Einfluss auf die Spezifik der darin vollzogenen Kommunikationshandlungen, Handlungsmuster und Gattungen haben.6 

Nimmt man nun das oben angesprochenen Verhältnis der Kommunikationsformen Gespräch und Text im Hinblick auf die Verschiebungen in den Blick, die vom (phylo- und ontogenetischen) Wechsel des Sprachhandelns von einer in die andere Kommunikationsform wirksam werden, darf die Frage nach diesem Verhältnis nicht mehr dichotomisch (im Ehlichschen Sinne Diskurs vs. Text) gestellt werden, sondern im Hinblick auf die Vielfalt von Kommunikationsformen entsprechend der verfestigten Ausprägungen der Kontinua von Möglichkeitsbedingungen für Kommunikation.

Wissenschaftliche Weblogs, wie ich sie untersuche, scheinen wesentlich davon bestimmt zu sein, noch keine feste institutionalisierte und organisationale Position im Wissenschaftsbetrieb gefunden zu haben. Andererseits stehen sie aufgrund der Internetmedialität dem Open-Access-Paradigma nahe und erleben dadurch einen gewissen Aufschwung nicht nur in den Natur-, sondern auch den Kulturwissenschaften. Als Kommunikationsform der internen Wissenschaftskommunikation erfreuen sie sich einer gewissen Popularität (nicht nur) unter den Nachwuchswissenschaftlern, die sich auch versprechen mit einer solchen Internetpräsenz größere Aufmerksamkeit im wissenschaftlichen Diskurs zu erlangen. Der Interimszustand, in dem sich (wissenschaftliche) Weblogs und die Gattungen, die in ihnen kommuniziert werden, zweifelsfrei noch befinden, zieht – so ist zu erwarten – eine veränderte Art innerwissenschaftlich zu kommunizieren nach sich.

Welche Maßstäbe gelten für Blogs? Wie präzise muss zitiert werden? Sollten wissenschaftliche Weblogs zitierfähig sein? Welches Wissen kann bei den Lesern vorausgesetzt werden? Wie ‘fertig’ sollten die Texte sein? Wird es als Work-in-progress-Plattform verwendet? Als Arbeits- und Schreibwerkzeug? Für wissenschaftliche Kleinformen? Als Diskussionsplattform?

Diese und andere Fragen, die sich unweigerlich – auch aus meiner eigenen Perspektive – stellen und die Tatsache, das das doch nicht zeitunaufwändige Bloggen quasi neben dem ‘normalen’ Wissenschaftsbetrieb unternommen wird, wirken direkt hinein in das eristische Handeln also in die Art und Weise, wie mit anderen und dem eigenen Standpunkt und dem darauf bezogenen (neuem) Wissen in den Weblogtexten umgegangen wird.

Neben der breiteren und erleichterten Sichtbarkeit und Findbarkeit und den kurzen Zeiträumen, die zur Publikation führen (per Klick), stellt die viel beschworene Kommentarmöglichkeit ebenso einen interessanten Untersuchungsapekt dar, der eristisches Argumentieren in einen ‘neuen’ kommunikativen Aggregatzustand überführt, der als Hybrid zwischen Text und Gespräch nur unzureichend charakterisiert ist.

Allgemeiner sollten folgende Fragen für die empirische Untersuchung vorgehalten werden: Wie wird – entsprechend der dargestellten Musterpositionen des Argumentierens – mit C-, Prä-E- und D-Äußerungen umgegangen? Wie sind sie positioniert? Was für eine propositionale Reichweite haben sie? Welche Illokutionen realisieren diese Musterpositionen? Wie verschiebt oder verändert sich das Muster in verdauerter Dialogizität unbestimmter zeitlicher Zerdehnung (wie sie in der Kommentarfunktion gegeben ist)?

In diesem Licht bekommen Ehlichs (1993, 31; kursiv von mir) Ausführungen noch eine weitere Ebene, die als vinculum alle anderen Ebenen zusammenhält…

“Der Zusammenhang zwischen Wissenschaftstext, wissenschaftlichem Diskurs [= Gespräch?; MM.], Wissenschaftssprache und den Grundlagen des wissenschaftlichen Handelns als einer spezifischen Form gesellschaftlicher Praxis ist intensiver und deutlicher miteinander vermittelt, als üblicherweise angenommen wird.”

… die Ebene der kommunikationsermöglichenden Medialität.

Dascal, Marcelo (1989): Controversies as Quasi-Dialogues. In: Weigand, Edda/Hundsnurscher, Franz (Hg.): Dialoganalyse II, Bd 1. Tübingen: Niemeyer. S. 147-159.
Dascal, Marcelo (1998): Types of Polemics and Types of Polemical Moves. In: Cmejrkova, S./Hoffmannova, J./Mullerova, O. /Svetla, J. (eds.): Dialogue Analysis VI, Bd. 1. Tubingen: Niemeyer, S. 15-33. (zitiert nach der Online-Fassung, gezählt nach Absätzen)
Domke, Christine (2010): Texte im öffentlichen Raum: Formen medienvermittelter Kommunikation auf Bahnhöfen. In: Bucher, Hans-Jürgen/Gloning, Thomas/Lehnen, Katrin (Hg.): Neue Medien – neue Formate. Ausdifferenzierung und Konvergenz in der Medienkommunikation. Frankfurt a.M., New York: Campus. S. 256–281.
Domke, Christine (2013): Ortsgebundenheit als distinktives Merkmal in der Textanalyse. In: Zeitschrift für Germanistische Linguistik 41/1, S. 102-126.
Ehlich, Konrad (1984): Zum Textbegriff. In: Rothkegel, Annely/Sandig, Barbara (Hg.): Text – Textsorten – Semantik. Hamburg: Buske. S. 9–25.
Ehlich, Konrad (1993): Deutsch als fremde Wissenschaftssprache. In: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 19. S. 13–42.
Ehlich, Konrad/Graefen, Gabriele (2001): Sprachliches Handeln als Medium diskursiven Denkens. Überlegungen zur sukkursiven Einübung in die deutsche Wissenschaftskommunikation. In: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 27, S. 351-378.
Ehlich, Konrad/Rehbein, Jochen (1986): Muster und Institution. Untersuchungen zur schulischen Kommunikation. Tübingen: Narr.
Ermert, Karl (1979): Briefsorten. Untersuchungen zu Theorie und Empirie der Textklassifikation. Tübingen: Niemeyer.
Graefen, Gabriele (22003): Schreiben und Argumentieren. Konnektoren als Spuren des Denkens. In: Perrin, Daniel/Böttcher, Ingrid/Kruse, Otto/Worbel, Arne (Hg.): Schreiben. Von intuitiven zu professionellen Schreibstrategien. 2., überarbeitete Auflage. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag. S. 47-62.
Holly, Werner (1996): Alte und neue Medien. Zur inneren Logik der Mediengeschichte. In: Rüschoff, Bernd/Schmitz, Ulrich (Hg.): Kommunikation und Lernen mit alten und neuen Medien. Beiträge zum Rahmenthema „Schlagwort Kommunikationsgesellschaft“ der 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Angewandte Linguistik GAL e.V. Frankfurt a. M. et al.: Lang. S. 9–16.
Holly, Werner (2011): Medien, Kommunikationsformen, Textsortenfamilien. In: Habscheid, Stephan (Hg.): Textsorten, Handlungsmuster, Oberflächen. Linguistische Typologien der Kommunikation. Berlin, New York: de Gruyter. S. 144–163.
Meiler, Matthias (2013): Kommunikationsformenadressen oder: Prozeduren des Situationsvollzugs am Beispiel von Weblogs. In: Zeitschrift für Angewandt Linguistik 59/2. S. 51-106.
da Silva, Ana (2010): Überlegungen zum Stellenwert und zur Konzeptualisierung eristischer Strukturen in wissenschaftlichen Texten. In: Heller, Dorothee (Hg.): Deutsch, Italienisch und andere Wissenschaftssprachen – Schnittstellen ihrer Analyse. Frankfurt a.M. et al.: Peter Lang. S. 125–136.
Trautmann, Caroline (2004): Argumentieren. Funktional-pragmatische Analysen praktischer und wissenschaftlicher Diskurse. Frankfurt a.M. et al.: Lang.

  1. Ich freue mich sehr auch ihre hoffentlich bald erscheinende Dissertation.
  2. Hier ad hoc gebildete Phrase, die den gesellschaftlichen Zweck komprimiert benennen soll, ein (neues) Wissen in den bestehenden und aktuellen Diskurs (Foucault) einzubringen.
  3. An einer Stelle ‚übersetzt‘ sie Gradualität als „Körnigkeit“ (da Silva 2010, 132), was Granularität besser getroffen hätte. Für die Beschreibung, dass eristische Strukturen „unterschiedlich deutlich erkennbar“ seien, trifft eine Terminologie, die auf Grade und graduelle Abstufungen abhebt freilich schon.
  4. Ob Argumentieren aufgrund häufiger Musterdurchläufe und -rekursionen aber systematisch nicht als Muster sondern als Verfahren zu bezeichnen ist, bin ich mir nicht sicher.
  5. Bezüglich der gesprochenen Sprache untersucht Trautmann (vgl. 2004, 65ff.) auch nicht-wissenschaftliche Kommunikation.
  6. Auf prozeduraler Ebene ist scheinen vor allem, was Weblogs betrifft, die Digitalität und die Hypertextualität unmittelbare Verschiebungen der semiologischen Prozeduren vorzunehmen, was z.B. Phorik und Textdeixis betrifft (am Beispiel des Links Meiler 2013, 77).

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/166

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Projektvorstellung (Exposé)

ARBEITSTITEL:
Wissenschaftskommunikation und Kommunikationsformengeschichte: 
ein kommunikationshistorischer Vergleich zwischen Zeitschriften und Weblogs der wissenschaftlichen Öffentlichkeit

Einleitend

Wie jüngst anhand der „Groebner-Kontroverse“ (Hodel 2013) oder, wie sie auch genannt wurde: der „Masturbations-Debatte“[1] (Graf 2013a, 1) deutlich wurde, ist die Rolle des Internets im Allgemeinen und die Rolle von Weblogs im Besonderen für die Wissenschaft in ihrer erkenntnisstiftenden und Erkenntnisse kommunizierenden Funktion noch nicht erkennbar verfestigt. Die Auseinandersetzung von wissenschaftlichen Bloggern mit dem „Buch-Fetischisten“ (Graf 2013b, 12) Valentin Groebner nahm ihren Anfang in einem Vortrag auf der Münchener Konferenz „Rezensieren – Kommentieren – Bloggen: Wie kommunizieren Geisteswissenschaftler in der digitalen Zukunft“[2] und wurde durch seinen FAZ-Artikel vom 06.02.2013 „Muss ich das lesen? Ja, das hier schon. Wissenschaftliches Publizieren im Netz und in der Überproduktionskrise“ wesentlich befeuert. Was in diesem Diskurs deutlich wurde, ist etwas Typisches: Das sind die Vorbehalte einerseits gegen die Qualität und Haltbarkeit von Online-Publikationen und es sind die Hoffnungen andererseits auf einen Wandel des wissenschaftlichen Publikationssystems, dessen Heil im Open-Access-Bereich gesehen wird (vgl. z.B. Graf 2003).[3] Es sind die typischen Kennzeichen eines Interims sich etablierender Kommunikationstechnologien und der Frage nach ihrer Nutzbarkeit für domänenspezifische Zwecke.

Die erwähnten Konferenzen und Workshops, aber auch die bloggenden Wissenschaftler selbst sind Ausdruck dieses Interims und der mehr oder weniger reflektierten und tastenden Suche danach, was Weblogs für die (Kultur-)Wissenschaft zu versprechen und einzulösen vermögen, nachdem sie vor allem in der englischsprachigen (Natur-)Wissenschaft scheinbar zu einem festen Bestandteil der Wissenschaftskommunikation geworden sind (vgl. Fischer 2012).

Trotz des Interimszustands gibt es aber genügend verfestigte Vorstellungen und Ratgeber darüber, was Weblogs für die Wissenschaft zu leisten vermögen und wie gutes wissenschaftliches Bloggen auszusehen habe. Der Impetus der Ratgeber liegt dabei häufig auf der nötigen Blogspezifik wissenschaftlicher Weblogs und nicht auf ihrer möglichen Wissenschaftsspezifik (vgl. z.B. Scheloske 2012a). Damit einher gehen untersuchungsleitende Erwartungen in Bezug auf die Möglichkeiten der Popularisierung wissenschaftlichen Wissens durch Weblogs: Sie seien heute das geeignete Mittel der externen Wissenschaftskommunikation (vgl. Mahrt/Puschmann 2012, Scheloske 2012b). Nicht oder nur selten gerät in den Blick, welche Rolle Weblogs in einer veränderten, da zunehmend digitalisierten internen Wissenschaftskommunikation spielen können (vgl. Fritz 2011) und das, obwohl genau diese Kommunikationen in ebenso starkem Maße (auch) in den (deutschsprachigen) Weblogs und der Blogosphäre zu beobachten sind.

Diese Engführungen sind einerseits Ausdruck der blogosphäreninternen Selbstbeschreibung, aber andererseits Ausdruck einer Weblogforschung, die – vor allem in genretheoretischer Tradition (vgl. Puschmann 2013) – einzelne Ausprägungen von Webloggattungen hypostasiert (vgl. Schmidt 2006, 172), damit aber übersieht, dass Weblogs als Gattung(en) nicht widerspruchsfrei zu beschreiben sind (vgl. Miller/Shepherd 2009). Die in der Forschung oft beklagte Heterogenität von Weblogs ergibt sich aus ihrer „Multifunktionalität“ (Brinker 1985/62005, 148). Damit sind Weblogs selbst nicht als funktional bestimmte Gattungen zu begreifen, sondern als „Kommunikationsformen“ (Holly 2011), die als kulturelle Praktiken die Bedingungen der Möglichkeit für Kommunikation immer simultan zum Vollzug der Kommunikation (i.d.R. im Gepräge diverser Gattungsmuster) herstellen (vgl. Meiler i.V.).

Die Frage nach der Rolle von Weblogs im Wissenschaftsbetrieb ist also sekundär eine gattungsbezogene Frage und primär die Frage nach der Kommunikationssituation, die mit Weblogs  hergestellt wird und wie sich diese von anderen Kommunikationssituationen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit unterscheidet. Diese Fragerichtung erlaubt eine Einschätzung des Bloggens als Teil der Wissenschaftskommunikation, indem sie die Gattungsspektren aufzeigt, die Weblogs im wissenschaftlichen Zweckgefüge verorten. Dies wurde im Rahmen einer Pilotstudie an vier Weblogs unternommen (s.u.). Diese Studie bereitet damit das Fundament für die spezifischere komparative Fragestellung nach den kommunikationsformenabhängigen Charakteristika der Darstellung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und der interaktiven Auseinandersetzung mit diesem strittigen Wissen, also einem Kernbereich der Wissenschaft: der Eristik (Ehlich 1993).

Es gehört zudem zu den institutionellen Tatsachen der Wissenschaft, dass Universitäten einer „Ökonomisierung“ und damit einer „Quantifizierung von Forschungsleistungen“ unterworfen wird (Kieser 2010, 347), die den (früheren) „Wettbewerb um Reputation“ partiell transformieren (ebd., 356). Die diversen Rankings haben dabei steigenden Einfluss auf das Publikationsverhalten. Folgt man Kieser (ebd., 358), so verdrängt eine „extrinsische Motivation“, „Punkte für Ranglisten“ zu sammeln, die  „intrinsische“ Motivation zu forschen. Auch in diesem Lichte müssen (die Potenziale von) Weblogs betrachtet werden gerade, weil sie außerhalb dieses ver-rank-ten Publikationsbetriebs stehen.[4]

Es ergeben sich damit für das Projekt die folgenden, zu bearbeitenden Fragen:

  • Welche Möglichkeiten wissenschaftlichen Streitens bringen Weblogs hervor und in welcher Weise werden diese Möglichkeiten im Rahmen sich verändernder institutionalisierter Wissenschaft genutzt?
  • Wie gestaltet sich das prinzipiell dialogische, wissenschaftliche Streiten, wenn es sich von unidirektionalen in potenziell bidirektionalen aber ebenso verdauernden Kommunikationsformen bewegt?
  • Erweitert das medientechnisch und damit semiologisch veränderte Dispositiv der Weblogs (im Vergleich zu wissenschaftlichen Zeitschriften) auch die Mittel wissenschaftlichen Streitens?
  • In welcher Art werden Weblogs zur wissenschaftlichen Gemeinschafts(ab)bildung genutzt?

Forschungsstand: Wissenschaftssprache und Wissenschaftskommunikation

Das kooperative Unterfangen, Wissen d.h. Erkenntnisse über die „als befragbar“ gesetzten „Instanzen der Wirklichkeit“ hervorzubringen (vgl. Thielmann 1999, 371), ist nur eine Seite des Kerngeschäftes der Wissenschaft (vgl. Graefen 1997, 85ff.). Das zweite, fast wesentlichere Kerngeschäft ist das des Streitens um die adäquatere Erkenntnis, die richtigere Erklärung, den geeigneteren Ansatz, letztendlich des Streitens um die Wahrheit (im Sinne Foucaults z.B. 1977). Diesen Zweckbereich der Wissenschaft wurde Anfang der 1990er Jahre unter dem Begriff Eristik[5] zusammengefasst (vgl. Ehlich 1993), benannt nach der griechischen Göttin der Zwietracht und des Streites: Eris. Diese Erkenntnis, dass Wissenschaftssprache wesentlich nicht durch das Assertieren von Erkenntnissen, sondern von illokutionsmodifizierenden, eristischen Streitstrukturen bestimmt ist (vgl. da Silva 2010, 125f.), emanzipierte die Linguistik der Wissenschaftssprachen wegweisend von der hauptsächlich terminologieorientierten Fachsprachenforschung (vgl. Ehlich 1994, 339f.).

Neben den allgemeineren gemeinschaftsstiftenden Aspekten der wissenschaftlichen Communitys wie einer gemeinsamen Zweckorientierung auf Wissen bzw. Erkenntnis hin und spezifischen allgemeineren kommunikativen Prämissen (vgl. Graefen 1997, 82f.) ist es gerade die Eristik (in einem weit gefassten Sinne) wissenschaftlicher Auseinandersetzung, die die wissenschaftlichen Gemeinschaften, Lager, Schulen stiftet und sichtbar macht. Dazu ein Beispiel:

Assertive Struktur: Aussagen
Eristische Struktur: Streiten
(1) „Durch eine Explikation des mit dem Verb gegebenen elementaren Charakteristikums wird eine komplexe Prädikation aufgebaut, es entsteht in der Form eine Verbalphrase.“
(Hoffmann 2003, 34)

(2) „Syntax gilt als Kern der Grammatik, als Zentrum formorientierter Sprachanalyse. Sinn und Gegenstandsbereich werden allerdings kaum diskutiert.“
(ebd., 18)

Während in (1) eine komplexe, aber allgemein beschreibende Aussage über Verbalphrasen getätigt wird, verbergen sich in (2) hinter dem unscheinbaren „gilt als“ und dem „allerdings kaum“ massive Vorwürfe gegen eine strukturalistische Syntaxforschung, die weder genau wisse, was sie untersucht, noch warum. Hoffmann (2003) markiert damit eine Position im wissenschaftlichen Diskurs, die es im Verlauf seines Artikels gegen zu antizipierende Einwände vor allem aus einer bestimmten Community zu verteidigen gilt. Es zeigen sich hier also in der monologischen Form des wissenschaftlichen Artikels verdauerte sprachliche Handlungen eines prinzipiell dialogischen Streitens.

Als Forschungsbereich ist die Linguistik der Wissenschaftssprache und allgemeiner die Analyse von Wissenschaftskommunikation ein noch recht junger Teilbereich der – grob zusammengefasst – kommunikationsbezogenen Wissenschaften. Und gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden internationalen Mobilität, der zunehmenden Angloamerikanisierung und der zunehmenden Digitalisierung können u.a. die Fragen der Erforschung und Didaktisierung der deutschen Wissenschaftssprache für (nicht-muttersprachliche) Studierende, Fragen der Wissenschaftssprachenkomparatistik und Fragen die digitale Wissenschaftskommunikation betreffend nicht ungestellt und unbeantwortet bleiben.

Den ersten beiden Bereichen widmet sich vor allem die Linguistik der Wissenschaftssprachen, wie sie seit den 1990er Jahren federführend unter Anregung von Konrad Ehlich betrieben wird. Die Emanzipierung von der Fachsprachenlinguistik, eine konsequent handlungstheoretische Konzeptualisierung von grammatischen bis hin zu institutionellen Zusammenhängen (Ehlich 1986/1991; Rehbein 2001), die Entdeckung der wissenschaftlichen Alltagssprache (Ehlich 1994) und eine große Bandbreite (auch kontrastiver) Untersuchungen traditioneller wissenschaftlicher Offline-Gattungen (z.B. Thielmann 2009) sowie ihr Fruchtbarmachen für die (Fremd-)Sprachen-lehre (Graefen/Moll 2011) können als das Verdienst dieser Forschungsrichtung angesehen werden.[6]

Mit den Möglichkeiten der Wissenschaftskommunikation im Internet befasst sich aktuell u.a. der von der Volkswagenstiftung geförderte Forschungsverbund „Interactive Science“, der zwar die Forschungsergebnisse der deutschen Wissenschaftssprachenforschung nicht zur Kenntnis nimmt, aber mit medienwissenschaftlich m.E. ausreichend adäquaten Unterscheidungen arbeitet, um Anknüpfungspunkte bereitzustellen (vgl. Gloning/Fritz Hg. 2011). Die vorwiegend explorativen, inventarisierenden und oft quantitativen Ergebnisse geben einen guten Überblick über die aktuelle, wenn auch schwerpunktmäßig englischsprachige Situation. „Kontroversen“ scheinen aber im Gegensatz zur „Kooperation“ (Dascal 2006, 19) im 2011er Sammelband des Forschungsverbundes nicht als alltägliches Geschäft der Wissenschaft begriffen zu sein, sondern als ein Sonderfall wissenschaftsinterner Auseinandersetzung (vgl. Fritz 2011, 195): So lassen einige Untersuchungen dieses Sammelbandes die Wissenschaftsspezifik ein wenig vermissen.

Daneben gibt es Untersuchungen aus den Bereichen der Kommunikationswissenschaft (z.B. Tokar et al. 2012; Robertson-von Trotha/Morcillo 2012; Voigt 2012; Donk 2012), der Bibliotheks- und  Informationswissenschaft (z.B. Stempfhuber 2006; Ball 2007; Kjellberg 2009, 2010; Bukvova et al. 2010; Ockenfeld et al. 2012), der Informatik (z.B. Seidenfaden 2007) und der Technikfolgenabschätzung (z.B. Nentwich 2009; Nentwich/König 2011). Das jüngst erschienene Handbuch Wissenschaftssoziologie (Maasen et al. 2012) wiederum geht auf das Internet gar nicht ein. Die anderen Disziplinen sind an qualitativen Analysen von Kommunikationshandeln i.d.R. nicht interessiert und untersuchen größere Zusammenhänge mit Befragungen zu und Nutzungsstatistiken und Inhaltsanalysen von u.a. Twitter, Weblogs und Social Network Sites, den Zusammenhang von Open Access und traditionellem Verlagswesen (vgl. auch Hedlund/Tonta 2010) und zu einem großen Teil externe Wissenschaftskommunikation (vgl. auch Dernbach et al. 2012). Dies aufgreifend verspricht ein kommunikationslinguistischer Blick auf interne Wissenschaftskommunikation eine präzise Positionierung und Qualifizierung von Weblogs im Gefüge institutionalisierter Wissenschaft.

Weblogs: Kommunikationssituation – Kommunikationsform

Seitdem sich die Linguistik mit Kommunikation beschäftigt, also mit Sprache als einem wesentlichen Teil kommunikativen Handelns, arbeitet sie an einer tragfähigen Beschreibung unterschiedlicher Kommunikationssituationen (vgl. Heinemann 2000, 530f.). Die Textlinguistik und die Gesprächslinguistik sind die etablierten Subdisziplinen, die die analytische Relevanz einer Unterscheidung von Kommunikationssituationen zum Ausdruck bringen. Die 2001 gestellte Preisfrage des GAL e.V. „Brauchen wir einen neuen Textbegriff?“ (Fix et al. 2002) ist zudem ein Schlaglicht der fortdauernden Auseinandersetzung mit dieser Unterscheidung v.a. auch im Hinblick auf den medialen Wandel. Diese Auseinandersetzungen machen aber ebenso deutlich, dass eine Dichotomisierung von Text und Gespräch durch den Parameter ±Kopräsenz: also (aufgrund von materialer oder mentaler Verdauerung) zerdehnte Kommunikationssituation vs. geteilte Kommunikationssituation, wie sie einflussreich von Ehlich (z.B. 1984; 2007) rekonstruiert wurde, nicht hinreichend ist. Zur Überwindung dieser simplifizierenden Dichotomie hat sich die Kategorie der Kommunikationsform (erstmals Ermert 1979, federführend Holly 1996; 2011, aktuell Domke 2010; Meiler i.V.) als produktiv erwiesen: ist sie doch in der Lage, das ausgeblendete Kontinuum medialer Qualität zwischen Kopräsenz und Depräsenz mit ihrem flexiblen gegenstandssensitiven Beschreibungsapparat auf den Begriff zu bringen. Damit erlaubt sie es, die Praktiken[7] und Prozesse medialer Situierung[8] (sowohl im technischen wie im vortechnischen Sinne) in ihrem unterschiedlichen dispositiven Zusammenwirken zu rekonstruieren. Die „Transkriptionspotenziale“ (Holly 2011, 159) also die Potenziale intra- und intermedialer Semantisierungs-handlungen einzelner Kommunikationsformen (vgl. z.B. Jäger 2008) können damit im Hinblick auf ihre die Kommunikationen strukturierende Eigenlogik (historisch) komparativ herausgearbeitet werden, um damit eine „Kommunikationsgeschichte unter dem Aspekt der Kommunikationsformen“ schreiben zu können (Holly 2011, 160).

Wie einleitend schon bemerkt, sind Weblogs (ebenso wie Zeitschriften) erst einmal als Kommunikationsformen zu begreifen, die mit ihren je eigenen Medialitäten aufwarten, die von min. zwei Akteuren als eine spezifische, soziokulturell geprägte Kontaktqualität – als Kommunikationssituation – zwischen ihnen konstituiert wird. Erst in einem zweiten Schritt ist es dann sinnvoll, unterschiedliche Gattungen in den Blick zu nehmen, für die diese Kommunikationssituationen adäquat erscheinen. Die Kommunikationsform Weblog zeichnet sich vor allem über zweierlei strukturierende Qualitäten aus: (1) Die Akteure produzieren periodisch (oft unregelmäßig) und können demgemäß nur periodisch rezipieren. Diese Zeitgebundenheit stellt eine sowohl historisch als auch aktuell weit verbreitete Praktik der Adressenkonstitution dar. (2)  Zu dieser – man kann sagen: persistenten – Praktik tritt kommunikationshistorisch rekombinant die Inter-netmedialität hinzu (vgl. Schönberger 2005),[9] die bei Weblogs die Vernetzung mit der sog. Blogosphäre, aber auch mit anderen Kommunikationsformen des Internets oft unweigerlich zur Folge hat (vgl. Meiler i.V.). Und obwohl die Möglichkeit zur Dialogizität für Blogs nicht konstitutiv zu sein scheint, werden die u.a. mit der Kommentarfunktion einhergehenden Möglichkeiten der Rückkopplung als der entscheidende Mehrwert dieser Kommunikationsform diskutiert (vgl. z.B. Domke 2007; Schmidt 2006). Selbiges gilt für Wissenschaftsblogs (vgl. Mahrt/Puschmann 2012).

Mit Blick auf das Dissertationsvorhaben sind es also – so die These – gerade die unterschiedlichen Kommunikationssituationen: Zeitschrift und Weblog, die den Unterschied in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit strittigem Wissen machen. Dabei scheinen es vor allem die folgenden Kommunikationsformenbeschreibungsaspekte zu sein, die von Relevanz sind:

  • unterschiedliche Grade zeitlicher Zerdehnung zwischen Produktion und Rezeption,
  • unterschiedliche (mediale, institutionelle) Produktions- und Rezeptionsbedingungen,
  • unterschiedliche Möglichkeiten der Rückkopplung,
  • unterschiedliche Sicherheit der Verdauerung der Kommunikate,
  • unterschiedliche Transkriptionspotenziale der verfügbaren semiologischen Ressourcen,
  • unterschiedliche institutionelle Prägungen der Kommunikationsformen,
  • unterschiedliche Grade von Öffentlichkeit.

Pilotstudie: Gattungsspektrum wissenschaftlicher Weblogs

Für die Pilotstudie wurden vier Weblogs herangezogen, die aus unterschiedlichen Disziplinen herkommend und in unterschiedlicher Weise institutionell eingebunden unterschiedliche Formen wissenschaftlichen Bloggens aufzeigen können. Sie verorten sich selber unterschiedlich stark und unterschiedlich klar in den Bereichen der internen und externen Wissenschaftskommunikation (vgl. Hagendoff et al. 2007, 4ff.). Die leitende Frage für den sondierenden Blick der Studie war: Welchen Schluss lässt das Gattungsspektrum wissenschaftlicher Blogs auf die kommunikationsgeschichtliche Verwandtschaft zu historisch älteren, z.B. auch periodischen Kommunikationsformen zu? Daran schließt sich die Frage an, welche Zwecke des institutionalisierten Wissenschaftsbetrieb Weblogs bearbeiten (vgl. Graefen 1997, 79)?

Weblog Blogger Disziplin Institution
geoberg.de
http://www.geoberg.de/
Diplom-Geologe Lutz Geißler Geo- & Montan-wissenschaft privat
SOZBLOG
http://soziologie.de/blog/
ProfessorInnen der Soziologie (zweimonatlich wechselnd) Soziologie Deutsche Gesellschaft für Soziologie
LIBREAS.Library Ideas
http://libreas.wordpress.com/
Gemeinschaftsblog Bibliotheks- & Informations-wissenschaft Weblog der gleich-namigen elektron. Zeitschrift
Archivalia
http://archiv.twoday.net/
Gemeinschaftsblog, Leitung von Dr. Klaus Graf (Universität Freiburg) Geschichts-wissenschaft privat

Wie zu erwarten war, hat allein der Blick in diese vier unterschiedlichen Weblogs ein großes Maß an Heterogenität ans Licht gebracht. Nicht nur lassen sich eine große Menge unterschiedlicher Gattungen feststellen, ebenso lässt sich auch beobachten, dass strikte Gattungsgrenzen aufgehoben sind und neue, auch blogspezifische Gattungen sich zu konstituieren scheinen. Diese Befunde können einerseits ein Reflex auf die Multifunktionalität sein, die Kommunikationsformen immer eingeschrieben ist, andererseits scheinen sie ebenso Ausdruck des Interimszustandes, der (noch?) keine verfestigten Nutzungsformen hervorgebracht hat, die sich im kommunikativen Haushalt der Wissenschaftsgemeinschaft durchgesetzt hätten (vgl. Luckmann 1988).

Das Spektrum erstreckt sich also von der internen bis zur externen Wissenschaftskommunikation und ist schon allein deswegen aber auch im Bereich der internen Wissenschaftskommunikation durch ganz unterschiedliche Punkte in den Handlungsmustern des institutionalisierten Betriebs der Wissenschaft, aber auch des individuellen Forschungsprozesses vertreten, die natürlich über unterschiedliche Kommunikationsinteressen charakterisiert sind (vgl. Ehlich/Rehbein 1972/ 21975; 1994). Es erscheint sinnvoll die Kommunikationen an diesen unterschiedlichen (Entscheidungs-)Punkten als boundary objects zu begreifen (Star/Griesemer 1989), sofern man deren Medialität und ihre historische Veränderbarkeit im Blick hat. In dieser Weise kann die Institutionsspezifik von Weblogs bzw. dem Blogging als „cooperative work in the absence of consensus“ (Star 2010, 604) im Vergleich zu Zeitschriften und anderen wissenschaftlichen Kommunikationsformen aufscheinen. Nicht nur verschieben sich die Quantität und Qualität der am boundary object (d.h. hier am Kommunikat) Anteil habenden Parteien, auch die „several obligatory points of passage“ (Star/Griesemer 1989, 390), die die „Inskriptionen“ durchlaufen müssen (Latour 2002, 68), bis sie an die (wissenschaftliche) Öffentlichkeit gelangen, werden von anderen Infrastrukturen getragen,[10] die (noch?) eine differente institutionelle Einbettung von Weblogs in den wissenschaftlichen Betrieb bedingen und sie z.B. nur in Ausnahmefällen zitierbar machen.[11]

Für den hier interessierenden Bereich der internen Wissenschaftskommunikation zeigten sich durch die Rekonstruktion der zentralen kommunikativen Funktion der Weblogeinträge also die folgenden Gattungen: Hinweise auf andere Webseiten/Weblogs, Hinweise auf Empirie, Beschreibung von Empirie, Synopsen, Forschungsberichte, Essays, Artikel, Peer-Review-Publikationen von Artikeln, Rezensionen, Ankündigung von Neuerscheinungen und Tagungen, Formen von Tagungsberichten, Bitten um Mitarbeit (an Projekten unterschiedlichster Art), (kritische) Berichte über institutionelle Entscheidungen. Die „pragmatische Nützlichkeit“ eines Teils dieser Gattungen (Hausendorf/Kesselheim 2008, 23) – das zeigt schon dieser kurze Einblick – ist wesentlich an die (veränderte) Kommunikationssituation des Weblogs angepasst: Sind sie doch abhängig von der Kommunikationsumgebung des Internets, von der einfachen hypertextuellen Einbindung von (u.U. multikodalen) Inhalten, der Aktualität und geringen Zeitverzögerung der Publikation.

Aber ein großer Teil dieser Gattungen bestimmt bis heute auch noch die wissenschaftlichen Zeitschriften, die – über die Akademien als ihre Herausgeber – im 17. und 18. Jh. wesentlich an der Konstitution der wissenschaftlichen Öffentlichkeit, wie wir sie heute kennen, beteiligt waren (vgl. Graefen 1997, 53ff.). Im Zuge der Etablierung der Zeitschrift[12] als Mittel wissenschaftlicher Kommunikation, gab es „nicht nur praktische“, die Handhabung und Bewältigung der nicht mehr zu überschauenden Publikationsmengen betreffende, „sondern auch symbolische Fragen darüber […], ob dem gewaltigen, auseinanderlaufenden Sortiment an spezialisierten Reihen alle jene Verwendungszwecke anvertraut werden könnten, die ihm jetzt auferlegt wurden, ob zur Ergänzung dieser Publikationen neue synthetisierende Gattungen (synthesizing genres) erforderlich sein könnten und sogar, ob die wissenschaftlichen Publikationspraktiken von Grund auf zu erneuern seien“ (Csiszar 2012, 22). Eine neuerliche „Zeitschriftenkrise“ zeitigt mittlerweile ihre Folgen immer umfangreicher (vgl. Hagendoff et al. 2007, 10ff.) und ähnliche Vorbehalte wie die gegen die „ephemerische Existenz“ von Zeitschriften (Campe 1788, 34) artikuliert heute u.a. Groebner (vgl. 2012, 26ff.) gegenüber dem Internet/Weblogs.

Mit dem ‚Schritt‘ dieser Gattungen von einer Kommunikationsform in eine andere, also von der Medialität des Drucks in die Internetmedialität beginnt sich das Transkriptionspotenzial vom Internet im Allgemeinen und von Weblogs im Speziellen in den Kommunikationshandlungen der wissenschaftlichen Kommunikation Geltung zu verschaffen. Wirken einerseits verfestigte Gattungsmuster fort, verspricht andererseits die digitale Verfasstheit jeglicher, am Kommunikationsprozess beteiligter Zeichen eine vereinfachte Nutzbarmachung für die jeweiligen Zwecke einer Gattung. Und es ist durchaus ein extensiver Bild- und Videogebrauch in allen obigen Weblogs zu beobachten. Spricht man im Wesentlichen mit Blick auf die Medialität des Drucks von einer konstitutiven Handlungsverkettung (im Vergleich zur Handlungssequenzierung des Gesprächs; vgl. z.B. Rehbein 2001, 929; Schegloff 2012, 248ff.), wenn Kommunikationshandlungen verdauert werden, so scheint spätesten mit Blick auf das Internet der Begriff der Verkettung nicht mehr angemessen. Wenngleich die grundlegende Linearität nicht unterlaufen werden kann, so scheint doch eine Multilinearität der Transkriptionshandlungen innerhalb eines Textes aber auch zwischen verlinkten Texten ausschlaggebender für die semiologische Konstitution eines Kommunikats und damit der Begriff der ‚Handlungsvernetzung‘ vielleicht der treffendere zu sein. Die Ausschöpfung dieser Möglichkeiten einer internettypischen semiologischen Vernetzung scheint – mit Blick auf das Korpus – gerade für das wissenschaftliche Streitgeschäft noch an einem Anfang zu stehen. Auf diesen, notwendigerweise weiter geöffneten Blick auf eristische Strukturen im Gesamtkommunikat neben dem fokussierten Blick auf grammatische Prozeduren weißt auch Ana da Silva (vgl. 2010, 133f.) hin.

Mit dem ‚Schritt‘ in die Weblogs kommt den Zwecken wissenschaftlicher Kommunikation aber aufgrund der Erweiterung der erreichbaren Öffentlichkeit über die wissenschaftliche hinaus die verstärkte Aufgabe differenzierter Adressierung zu. In den beobachteten Blogs geschieht dies hauptsächlich implizit bzw. thematisch, obwohl auch eindeutig externe Wissenschaftskommunikationen intendiert sind und betrieben werden. Durch das Zusammenkommen sowohl wissenschaftlicher wie auch populärwissenschaftlicher Einträge in den untersuchten Blogs schien sich Adressierung dort oft rezipientenseitig vollziehen zu müssen: Findet der nichtwissenschaftliche Leser im Kommunikat nicht ausreichend Anschlussfähiges vor, kann er nicht gemeint sein. Explizite Adressierungen fanden sich in keinem der Blogs. Strukturen eristischer Adressierung, wie es das obige Beispiel aus Hoffmann (2003) zeigte, werden im Bereich interner Wissenschaftskommunikation auf Weblogs wie erwartbar ungebrochen übernommen und werden z.B. mit Verlinkungen unterstützt. Aber die wechselseitige streitende Bezugnahme aufeinander in Kommentaren scheint noch interimstypisch unsicher zu sein: Spricht man zueinander (sequenziell dialogisch) oder spricht man zur wissenschaftlichen Öffentlichkeit übereinander (sequenziell monologisch)? Weitere Untersuchungen müssen hier – neben Detailanalysen – zeigen, ob sich hier schon blogspezifische Typiken herausgebildet haben, die mit diesem schmalen Blick noch nicht sichtbar wurden, oder ob hier auch andere internettypische Muster greifen. Ebenso über die Pilotstudie hinausgehen, muss die Frage nach weblogspezifischen Um- und Neuprägungen der vorfindbaren Gattungsmuster.

Vorhaben: Weblogs und Zeitschriften

Wie die Pilotstudie gezeigt hat, ist ein kommunikationsgeschichtlicher Vergleich der beiden Kommunikationsformen Zeitschrift und Weblog in ihrer Nutzung für wissenschaftliche Zwecke ein begründeter Ansatz für eine komparative Untersuchung von Wissenschaftskommunikation. Um dabei die Wissenschaftsspezifik im Fokus zu halten, wird das Dissertationsprojekt sich auf Gattungen (interner) wissenschaftlicher Kommunikation beschränken, die mit der Weitergabe, Kritik und Durchsetzung wissenschaftlichen Wissens im Diskurs der jeweiligen Disziplin beschäftigt sind. Das schließt Gattungen wie Hinweise auf andere Webseiten, Hinweise auf Empirie, Synopsen, Ankündigung von Neuerscheinungen und Tagungen, Bitten um Mitarbeit, Berichte über institutionelle Entscheidungen aus dem Korpus der interessierenden Daten aus, sofern sie nicht in den Kommentaren zum strittigen Gegenstand gemacht werden.

Die Vorstudie hat ebenso gezeigt, dass es aus kulturwissenschaftlicher Perspektive in einem solchen Projektzuschnitt mir nicht möglich ist, die Streitkultur einer Naturwissenschaft (geoberg.de) und ihren wissenschaftlichen Unterbau in dem Umfang zu rekonstruieren, dass eine adäquate kommunikationslinguistische Analyse komparativ geleistet werden kann. So werden für die Dissertation fünf Weblogs kulturwissenschaftlicher Provenienz herangezogen werden, die für interne Wissenschaftskommunikation Verwendung finden, um sie entsprechend der darin auffindbaren Daten/Blogeinträgen über eine Paralleltextanalyse mit (deutschsprachigen) wissenschaftlichen Zeitschriften der jeweiligen Disziplinen zu vergleichen. Was sich einer Paralleltextanalyse entziehen sollte wie z.B. Gattungen, die sich nicht in Zeitschriften finden, chat-artige Kommunikationsstrukturen in den Kommentaren, audiovisuelle Präsentationsformen u.Ä., kann im Rahmen des Projekts nicht kommunikationshistorisch erschlossen werden, sondern nur im Lichte der verfügbaren Forschungsliteratur untersucht werden.

Dem ist selbstverständlich eine Kommunikationsformenanalyse für Weblogs und Zeitschriften nebengelagert,[13] die die historisch gewachsenen Möglichkeitsbedingungen von Kommunikation in diesen Formaten herausarbeitet, um sie mit den konkreten Kommunikationsanalysen und den institutionellen Rahmenstrukturen in Beziehung setzen zu können. Dafür ist auch ein Blick auf andere, quasi paratextuelle Gattungen dieser wissenschaftlich geprägten Kommunikationsformen sinnvoll (vgl. Genette 42001), um deren institutionsspezifische Position bzw. Rolle zu erfassen.

Es wird sich dann u.a. zeigen lassen, wie und in wie weit Weblogs ihre Sonderstellung außerhalb oder am Rande einer (sich zunehmend ökonomisierenden) universitären Wissenschaft einnehmen und gestalten. Vor allem aber wird eine Medialitätsvarianz wissenschaftlichen Streitens, seiner Mittel und deren Strukturierung sichtbar, die bisher noch Desiderat ist, und damit wird eine Einschätzung davon möglich, welches Potenzial Weblogs und anderen, vergleichbaren Kommunikationsformen in der internen Wissenschaftskommunikation kommen kann

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[1] Groebner (2013a) beschrieb das Bloggen in seinem Münchener Vortrag als ‚einsame, aber rastlose Masturbation‘, die nur der Selbstdarstellung diene und keine leserorientierte Vermittlungsfunktion im wissenschaftlichen Diskurs übernehmen könne.

[2] Die gleiche Frage nach einer Selbstbestimmung der deutschen Digital Humanities stellte auch der Würzburger Workshop „Wissenschaftliches Bloggen in Deutschland: Geschichte, Perspektiven, praktische Umsetzung“ (vgl. Meiler 2013).

[3] Zu bedenken ist, dass Weblogs strenggenommen mit dem Open-Access-Paradigma nichts zu tun haben.

[4] Wenngleich zu bemerken ist, dass auch Weblogs über (auch sichtbare) Quantifikatoren verfügen, die als Reputations-, Qualifikations- aber auch Legitimationsinstrumente zu betrachten und zu untersuchen sind.

[5] Negativ bzw. ironisch kommt der Begriff der Eristik bei Platon, Aristoteles, Schopenhauer mit dem Tenor des „Um-jeden-Preis-recht-haben-Wollens“ zur Anwendung, was für die Übertragung auf die Wissenschaftssprache manchmal nicht unbedingt als ganz unpassend erscheint.

[6] Mit didaktischen Aspekten beschäftigt sich z.B. auch Feilke/Lehnen (2012). Mit Kontroversen im Hinblick auf ihre Vermittlung an die nicht-wissenschaftliche Öffentlichkeit ist Liebert/Weitze (2006) befasst. Eine oft an Foucault anschließende diskursorientierte Perspektive auf wissenschaftliche Kontroversen, wie sie darin zu finden ist (vgl. z.B. Keller 2006; aber auch Latour 2006b; Latour/Mauguin/Teil i.Dr.), abstrahiert von den kommunikativen Einzelhandlungen und rekonstruiert im Wesentlichen epistemische Strukturen und Verläufe einzelner Diskurse/Kontroversen. Sie ist daher für das Erkenntnisinteresse dieses Projekts weniger relevant.

[7] Gerade die konsequente Konzeptualisierung von Kommunikationsformen als Praktiken des Situationsvollzugs steht dabei noch an einem Anfang, der auch einer kritischen Überprüfung der Kategoriengeschichte bedarf (vgl. Meiler i.V.).

[8] In interaktionstheoretischer Perspektive rekonstruiert Hausendorf (2010, 169) „Situierung als Interaktionsaufgabe“, für die die aus der Medialität der Kopräsenz erwachsenden Praktiken der Situationskonstitution herausgearbeitet werden (vgl. Kesselheim/Hausendorf 2007; mit Perspektive auf verdauerte Kommunikation vgl. Meiler 2012). In erweiterter Perspektive ist Situierung immer auch Kommunikationsaufgabe und so mit einer praxeologischen Konzeptualisierung von Kommunikationsformen systematisierbar.

[9] Hier ist freilich noch zu prüfen, welche medien- bzw. kommunikationshistorischen Modelle, die weder sozial- noch technikdeterministisch argumentieren, für den Kommunikationsformenvergleich produktiv sind.

[10] Für Zeitschriften werden hier z.B. relevant: allgemeine Herausgeber, Herausgeber von Sonderheften, das Peer-Review-Verfahren und schließlich das umfangreiche Verlags-, Vertriebs- und Bibliothekswesen. Mit Blick auf Weblogs fallen dabei augenscheinlich natürlich in jedem Falle Verlage, Vertrieb und Bibliotheken weg, deren Positionen u.a. von Weblog- und/oder Serveranbieter und den individuellen Kommunikatoren ausgefüllt werden und vollkommen andere Kommunikationsbedingungen schaffen.

[11] Hier zeigt sich die konzeptuelle Verwandtschaft der OPPs mit den Latourschen (2009, 137) „Rechen-(schafts)zentren“. Die konzeptuelle Konvergenz zwischen der Kommunikationsformenkategorie und dem Konzept der Inskriptionen bzw. der immutable mobiles kann an dieser Stelle nicht dargestellt werden, wird aber u.a. in Latours (2006a, 285ff.) Ausführungen in Drawing Things Together deutlich: Ausführungen, die eine Heranziehung der ANT für die Institutionsanalyse im Kommunikationsformenzusammenhang fruchtbar erscheinen lassen (vgl. dazu auch Callon 2006), gerade weil darin die Flexibilitäten gegenüber den Verfestigungen betont werden, die gerade für eine rezent-historische Perspektive wichtig sind.

[12] Wissenschaftliche Zeitschriften können sogar als Pioniergattung bzw. -gattungsfamilie erachtet werden, die wesentlich zur „Entwicklung des Zeitschriftenwesens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts“ beigetragen hat (Straßner 1997, 4) und im Wissenschaftsbetrieb zunehmend Monografien und Briefwechsel verdrängte (vgl. Franzen 2011, 38ff.).

[13] Diese ist für die Kommunikationsform Weblog zum großen Teil schon in Meiler (i.V.) geleistet.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/123

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