Mit dem im Juni 2017 erschienenen Buch „Arbeit transformieren!“ präsentiert die Kommission der Hans-Böckler-Stiftung zum Thema „Zukunft der Arbeit“ zentrale Ergebnisse ihres zweijährigen Schaffensprozesses. Das Buch positioniert sich als Überblickswerk in dem noch recht jungen Forschungsfeld zur Digitalisierung der Arbeitswelt zwischen aktuellen arbeits- und industriesoziologischen, bildungssoziologischen, aber auch ökonomischen, betriebswirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Studien, welche oft mit dem Kürzel „4.0“ ergänzt werden (z.B. als Arbeit 4.0, Wirtschaft 4.0, Industrie 4.0, Bildung 4.0) und zielt in seiner interdisziplinären Herangehensweise auf eine ganzheitliche Darstellung der Veränderungsprozesse.
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Rezension „Gewerkschaften und Wanderarbeit. Von Saisonarbeit, Werkverträgen und migrantischer Organisation in der Baubranche und im Grünen Bereich“ von Berit Schröder – verfasst von Patrick Witzak
Der supranationale Raum der Europäischen Union verstrebt die Lebenszusammenhänge von Subjekten. Damit wird die Chance mannigfaltige Institutionen neu zu verhandeln oder zu etablieren gegeben. Darunter fällt auch der Bereich der Regulierung von Arbeit und Migration, welcher durch die Entstehung neuer transnationaler Bezugsräume neue Risiken enthält und ebenso vielfältige Chancen aufzeigt. Im Spannungsfeld zwischen Migration, Arbeit und Regulierung ist die Dissertation Gewerkschaften und Wanderarbeit. Von Saisonarbeit, Werkverträgen und migrantischer Organisation in der Baubranche und im Grünen Bereich von Berit Schröder einzuordnen mit der sie 2013 an der Philipps-Universität Marburg im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften promoviert wurde. Schröder ist derzeit für die Berliner Netzwerkstelle [moskito] gegen Rechtsradikalismus tätig.
Schröders Fokus liegt auf den Gewerkschaften als regulierende Akteure innerhalb der europäischen Erwerbsregulierung. Ein spezieller Fokus liegt auf der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Dabei richtet sich der analytische Blick der Autorin auf die Frage, inwiefern die IG BAU ihre ehemals ausschließenden Handlungen hinsichtlich temporärer Arbeitsmigrant_innen verändert hat.
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Zahlen, Zahlen, Zahlen
Steffen Mau: Das metrische Wir. Über die Quantifizierung des Sozialen. Berlin: Suhrkamp 2017.
Ein Buch über das, was Scrores, Rankings und Likes aus uns machen. Und ein Buch über die Rolle, die Medien dabei spielen, traditionelle und soziale.
Steffen Mau ist Soziologe. Das heißt: Ihm geht es um Status, Hierarchie und sozialen Wandel. Mit Leon Festinger (1954) ist der Mensch bei Mau ein „geborener Komparatist“ (S.
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Moral Iconographies: Bild und Moral in der Moderne
Ob in den Debatten zur Flüchtlingspolitik, in der Berichterstattung zu terroristischen Anschlägen oder bei globalen Konflikten und humanitären Katastrophen: Bilder, Moral und Politik sind aufs engste miteinander verbunden. Moral Iconographies will diese Zusammenhänge beispielhaft historisch einordnen. Spätestens seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und insbesondere mit der Durchsetzung der Fotografie ist die visuelle Kommunikation zu einem zentralen Feld des öffentlichen Diskurses geworden. Damit sind grundlegende moralische Deutungen auch durch massenmediale Bilderwelten geprägt worden.
Moral Iconographies, Screenshot der Website, Juli 2017
Das Blog nimmt unter dieser Perspektive aktuelle Bilder des gesellschaftlichen und medialen Diskurses in den Blick und fragt nach historischen Traditionslinien, Deutungskontinuitäten und wiederkehrenden visuellen Topoi. Die Blogeinträge greifen jeweils ein aktuelles Bild auf, dessen Motiv, Bildsprache und Bildintention hinsichtlich moralischer Deutungsangebote analysiert wird. Für die historische Verortung werden jeweils drei bis fünf weitere Bilder – Fotografien ebenso wie andere visuelle Medien – herangezogen.
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Quelle: https://www.visual-history.de/2017/07/24/moral-iconographies-bild-und-moral-in-der-moderne/
NEUE REZENSIONEN: H-SOZ-KULT
Frontispiz der Essaysammlung „Die Bibliothek“, Andrew Lang, 1881. Quelle: Wikimedia Commons public domain
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017
Rezensiert von Jens Jäger, redaktionell betreut durch Kai Nowak
Verbrechen lohnt sich nicht. Dieser Satz könnte auch für die Beschäftigung mit Kriminalität in den historischen Wissenschaften in Deutschland dienen.
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Quelle: https://www.visual-history.de/2017/07/17/neue-rezensionen-h-soz-kult-7/
Jacke wie Hose?
Titelseite: Die Welt, 12. Juli 2016
Nicht erst seit der Vereidigung des ehemaligen Außenministers Joschka Fischer in Turnschuhen ist der Dresscode auf dem politischen Parkett ein Thema. Wie lebendig diese Diskussion ist, zeigt u.a. das Cover der „Welt“ unter dem Titel „Schuhe der Macht“ im Sommer 2016. „Unauffällig sieht anders aus“, ist in der Bildunterschrift zu lesen, die sich auf die Schuhe der zukünftigen britischen Premierministerin Theresa May bezieht. Nicht nur an diesem Beispiel lässt sich klar erkennen, dass äußerliche Faktoren als Chiffre für politische Bilder, Nachrichten und Ereignisse dienen. In ihrer im Verlag ebersbach & simon erschienenen Dissertation „Das Kostüm der Macht“ untersucht Viola Hofmann das Wirkungsspiel von Macht und Erscheinungsbild anhand von Fotografien von Politikerinnen und Politikern im Magazin „Spiegel“ von 1949 bis 2013.
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Quelle: https://www.visual-history.de/2017/05/23/jacke-wie-hose/
Passive Revolution und das „Türkische Modell“
Cihan Tugal: Das Scheitern des Türkischen Modells. München: Kunstmann 2017
Cihan Tugal will die Ursachen der aktuellen Krise der Türkei erklären. Jenseits von „Erdogans Wesen ist böse“-Schemata liegt für den Professor aus Berkeley die Erklärung in der Krise des neoliberal-islamischen Demokratie-Modells, das er „Türkisches Modell“ nennt (S. 31).
Das hört sich lesenswert an. Doch warum muss ein solch interessantes Buch so schlecht aus dem Englischen (!) übersetzt sein? Der Lesefluss wird durch holprige Satzkonstruktionen und Wortzusammensetzungen immer wieder unterbrochen (z.
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Rezension: Annette Vowinckel, Agenten der Bilder
Fotohistorikerinnen und -historiker – deren Perspektive auch diese Rezension folgt – machen seit vielen Jahren darauf aufmerksam, dass die Geschichtsschreibung des 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts Bildquellen in die historische Analyse einbeziehen muss. Wie Fotografien politik-, sozial- und kulturgeschichtliche Prozesse in der Vergangenheit mit gestaltet haben, kann man seit den 1980er-Jahren in den Fachzeitschriften „Fotogeschichte“ und dem „Rundbrief Fotografie“, in unzähligen Monografien und Tagungsdokumentationen, seit einigen Jahren auch in geschichtswissenschaftlichen Zeitschriften wie den „Zeithistorischen Forschungen“ und nicht zuletzt an dieser Stelle nachlesen. Der Fokus liegt dabei zumeist auf den Bildern selbst: Was zeigen sie? Auf welche älteren Bildvorstellungen greifen sie zurück? Wie werden sie in Bild-Text-Zusammenhänge eingebunden? Zu welchen Zwecken wurden sie von wem eingesetzt? Was lässt sich über ihre Aneignung durch die BetrachterInnen in Erfahrung bringen?
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Quelle: https://www.visual-history.de/2017/04/24/rezension-annette-vowinckel-agenten-der-bilder/
Wie aus Risiken Hoffnung wird
Ulrich Beck: Die Metamorphose der Welt. Berlin: Suhrkamp 2017.
Keiner kann sich dem Globalen entziehen, sagt Ulrich Beck aus dem Off des Lebens. Eine „Kopernikanische Wende 2.0“ (S. 18), ausgelöst unter anderem durch Internet und Klimarisiko. Eine Wende, die unser „nationalzentriertes Weltbild“ herausfordert (S. 18). Eine Wende, für die herkömmliche Kategorien zur Beschreibung des sozialen Wandels zu klein sind.
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Rezension | Matthias Noller: Kirchliche Historiographie zwischen Wissenschaft und religiöser Sinnstiftung. David Cranz (1723–1777) als Geschichtsschreiber der Erneuerten Brüderunität
Matthias Noller: Kirchliche Historiographie zwischen Wissenschaft und religiöser Sinnstiftung. David Cranz (1723–1777) als Geschichtsschreiber der Erneuerten Brüderunität (= Jabloniana. Quellen und Forschungen zur europäischen Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit 6), Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2016, VIII + 184 S., ISBN 978-3-447-10573-6.
Thomas Stockinger (Wien)
Die 2015 approbierte Stuttgarter Dissertation verbindet mehrere Forschungsschwerpunkte des Erstgutachters Joachim Bahlcke: Historiographiegeschichte, Religionsgeschichte sowie die Erforschung der deutsch-böhmischen und deutsch-polnischen Beziehungen. Im Schnittbereich dieser Felder beleuchtet sie Leben und Werk von David Cranz, der „zu den produktivsten und bedeutendsten Geschichtsschreibern“ (S. 2) der Erneuerten Unitas Fratrum, auch bekannt als ,Herrnhuter Brüdergemeine‘, zählte. Die Besprechung nimmt aufgrund der Kenntnisse und Interessen des Rezensenten vorrangig den historiographiegeschichtlichen Aspekt in den Blick.
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