«Web 2.0 und Geschichtswissenschaft» in Siegen (III): Nachlese

Rüdiger Hohls hat im Docupedia-Blog einen ausführlichen Kommentar zum Thema der Siegener Tagung veröffentlicht. Darin geht er auf verschiedene grundsätzliche Probleme der Tagung ein: So stellt er die Frage (die ich mir auch gestellt habe), wieso es im Titel der Tagung «Geschichtswissenschaft» und nicht «Geschichte» oder wenigstens «Geschichtswissenschaften» geheissen hat. Mit «Geschichte» hätte man das [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3233

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Zur Tagung Web 2.0 und die Geschichtswissenschaft in Siegen 2009/10/14

Zur Tagung Web 2.0 und die Geschichtswissenschaft in Siegen
Von: Dr. Rüdiger Hohls
Veröffentlicht am: 14.10.2009

Ende letzter Woche (09.10.2009-10.10.2009) fand auf Initiative von Angela Schwarz und Jürgen Beine an der Universität Siegen eine Tagung unter dem Titel «Web 2.0 und Geschichtswissenschaft. „Social Networking“ als Herausforderung und Paradigma» statt. Schon im Vorfeld der Veranstaltung wiesen die Organisatoren darauf hin, dass die mit dem Begriff Web 2.0 umrissenen Konzeptionen und Internetapplikationen nicht exakt festgelegt seien, jedoch meist eine Reihe interaktiver und kollaborativer Elemente des Internets damit assoziiert würden. Unter „Soziale Netzwerken“ werden hier indifferente Formen von netzbasierten Gemeinschaften angesehen, welche technisch durch Web-2.0-Anwendungen oder Portale gestiftet werden. Auf der technischen Ebene werden damit vor allem Wikis und Blogs verbunden, jedoch ging es den Organisatoren der Tagung weniger um technische Aspekte als vielmehr um Formen der sozialen und kulturellen Aneignungen und um die Veränderung geschichtswissenschaftlicher Diskurse und Methoden, wenn sich die bisherige eindeutige Beziehung zwischen Text und Autor durch Web 2.0-Anwendungen aufzulösen beginnt. Den beiden Organisatoren ist für ihre Initiative zu danken, denn bisher haben sich vor allem einzelne wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen wie Bibliotheken oder Gedächtniseinrichtungen und Erinnerungsorte wie Museen des Themas angenommen. Einzelne Bibliotheken (u.a. BSB München) und Museen (u.a. Dresdener Gemäldegalerie) verfügen sogar über eine virtuelle Existenz in der Online-Welt von Second Life.

Peter Haber hat in Weblog histnet.ch schon eine erste Zusammenfassung und Einschätzung der spannenden Siegener Tagung geliefert, weshalb ich hier auf einen nochmaligen Bericht verzichten kann (s. a. Tagungsankündigung). Aus der Perspektive eines Historikers und Akteurs der Web 1.0-Generation sowie als Begleiter der sich über viele Jahre erstreckenden Informatisierung unserer Disziplin möchte ich jedoch einige Anmerkungen ergänzen, die allerdings nur zum Teil einen unmittelbaren Bezug zu Vorträgen und Diskussionen auf der Siegener Tagung haben.

Im Verlauf der Veranstaltung wurden viele Fragen aufgeworfen und nicht selten spekulative Szenarien entworfen. Letzteres vor allem wohl auch deshalb, weil es allen Teilnehmern mehr oder weniger noch an fundierten Erfahrungen im fachlichen Kontext mit echten Web 2.0-Anwendungen mangelt, die empirisch valide abgeklopft werden können, denn diese sind in den Geschichtswissenschaften bisher eher Mangelware. Viele der im Verlauf der Tagung angeführten und diskutierten Beispiele hatten zwar etwas mit „Geschichte“ und „historischen Quellen“ zu tun, aber wenig mit den gängigen Fragestellungen, mit virulenten Konzepten und konkreten Forschungsvorhaben der professionell an Hochschulen und Forschungseinrichtungen betriebenen „Geschichtswissenschaften“. Deshalb wäre es passender gewesen, wenn im Veranstaltungstitel entweder vereinfachend „Geschichte“ wegen der unübersehbaren Nähe zum laienhistorischen Engagement oder der Plural „Geschichtswissenschaften“ angesichts der epochalen, regionalen und thematischen Spezialisierung gestanden hätte. Es macht nämlich einen großen Unterschied, über welche Zielgruppe, welche Kohorten und über welchen Erfahrungs- und Referenzraum der Akteure und Rezipienten diskutiert wird. Die kommunikativen Prozesse innerhalb einer spezialisierten und vergleichsweise homogenen Expertenkultur folgen anderen Erwartungen und Regeln als die in einer Lehr- und Vermittlungssituation von Seminaren und wiederum anderen, wenn es um Teilhabe und Integration eines historisch interessierten Laienpublikums geht. Web 2.0 scheint mir derzeit vor allem Anwendungen bereitzustellen, die für eine Wiederbelebung von Geschichtswerkstätten im globalen Dorf des Internets besonders geeignet sind, also für eine neue Art partizipatorischer „Geschichte von unten“. Für dieses Phänomen liefert dann der divergente systemtheoretische „Netzwerk“-Begriff aus der Soziologie geeignete Anknüpfungspunkte. Diese kritische Einschätzung schließt nicht aus, dass es sinnvolle und hoffentlich auch erfolgreiche Web 2.0-Anwendungen unter „kontrollierten“ Bedingungen, wie es Manfred Thaller ausdrückte, in den Geschichtswissenschaften geben wird. Mit Docupedia-Zeitgeschichte bemühen wir uns, eine solche Anwendung zu etablieren. Und diese Lösung darf dann auch gerne, wie Peter Haber es tat, mit dem Label „Web 1.5“ charakterisiert werden.

Aktuelle Debatten um Web 2.0-Anwendungen in den Wissenschaften erinnern mich auf vielen Ebenen (u.a. habituelle Formen, Selbstreferenzialität, Inklusions-/Exklusionsschemata, generatives Muster) an die Diskussionen zwischen Enthusiasten und Traditionalisten bei der Einführung und Etablierung von Web 1.0-Diensten und ‑Publikationsverfahren in unserem Fach und in den zugehörigen Infrastruktureinrichtungen (Bibliotheken) vor mehr als zehn Jahren. Entlang einer imaginären (generativen) Grenze scheint ein Graben zwischen experimentierfreudigen Enthusiasten und zurückhaltenden Praktikern der historischen Fachinformation zu verlaufen, wobei die große Mehrheit der Historikerinnen und Historiker noch gar nicht in die Debatte einbezogen wurde und sich vermutlich auch nicht einbeziehen lassen wird. Inspiriert von Wikipedia zeigt sich die eine Seite begeistert von der Vorstellung eines stetig anwachsenden „User Generated Content“ in den Geschichtswissenschaften und den damit einhergehenden „Community-Building“-Prozessen, an denen sich ein jeder fortwährend und überall beteiligen könne. Nur wenn diese Schlagworte eingelöst würden, könne überhaupt von Web 2.0-Anwendungen gesprochen werden, und alles andere ist mehr oder weniger vormodern und uninteressant. Diese selbstreferentielle Definitionshoheit funktioniert in Form einer affirmativen Aufladung, die ihre normative Kraft und Energie aus dem unbestreitbaren Erfolg von Wikipedia zieht. Ideologiekritische Einwände scheinen gegenwärtig noch schlicht abzuprallen. Gut möglich, dass es einer solchen selbstreferentiellen Begrenzung bedarf, um die selbstgesteckten Ziele zügig erreichen zu können und sich dabei nicht durch Eingehen auf Einwände und irgendwelche Ablenkungen aus dem Takt bringen zu lassen. Aus meiner Sicht handelt es sich bei den zahlreichen Artikeln, Beiträgen und Rezensionen, die fortlaufend in Fachzeitschriften oder elektronischen Foren veröffentlicht werden, selbstredend ebenfalls um „User Generated Content“, wenn auch überwiegend nur von einer Autorin oder einem Autor verfasst. Und angesichts der Tendenz zu neopositivistischen „Häppchen-Texten“ der originären Hyper-Text- und Web 2.0-Sphäre, die sich angeblich durch das komplementäre Engagement vieler laufend verbessern, sei hier kritisch nachgefragt, was denn einen publikationswürdigen geschichtswissenschaftlichen Text auszeichnet? Etwa der „neutral point of view“, wie ihn Wikipedia einfordert? Und ist bei getwitterten wissenschaftlichen Minitexten nicht längst die Grenze zum unzumutbaren Spam überschritten worden?

Eine letzte Anmerkung zu den neuen bzw. veränderten sozialen und kulturellen Kompetenzen, den sogenannten Soft Skills, die von den Enthusiasten der neuen „sozialen Medien“ häufig angemahnt werden. Studierenden und Absolventen der Universitäten fehle es an notwendigen Informationskompetenzen und weiteren Sekundärqualifikationen angesichts des aufscheinenden Web 2.0-Zeitalters. Passende Angebote sollten vermehrt in den universitären Lehrkanon aufgenommen werden, so die Forderung. Einerseits stimmt diese Feststellung so nicht, denn längst haben andere Schreibformen jenseits der traditionellen Haus- und Seminararbeit Einzug in die Universitäten gehalten, und unterschiedliche Lehrformate werden seit Jahren von vielen erprobt. Andererseits werden weitergehende Wünsche vor dem Hintergrund der laufenden Diskussion um die Studierfähigkeit vieler Bachelor- und Masterstudiengänge angesichts straffer Stundenpläne, die wenige Freiräume lassen, und mit fachwissenschaftlichen Inhalten vollgestopfte Curriculare, wohl weitgehend unbeachtet verhallen. Anders stellt sich dies im Rahmen spezialisierter Studiengänge wie „Public History“ oder „Fachjournalistik Geschichte" dar, deren Zahl zuletzt zugenommen hat, die jedoch ausdrücklich ergänzend zur Aufgabe der Vermittlung des eigentlichen Kerngeschäfts der Geschichtswissenschaft konzipiert sind.

Quelle: http://docupedia.de/zg/Blog:Zur_Tagung_Web_2.0_und_die_Geschichtswissenschaft_in_Siegen_2009/10/14

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«Web 2.0 und Geschichtswissenschaft» in Siegen (II)

In Siegen fand dieser Tage die vermutlich erste öffentliche Veranstaltung im deutschen Sprachraum zum Thema «Web 2.0 und Geschichtswissenschaft» statt. Mit dem Untertitel «’Social Networking’ als Herausforderung und Paradigma» wollten die beiden Organisatoren Jürgen Beine und Angela Schwarz einen Fokus auf die sozialen Komponenten des Web 2.0 legen. Die Beiträge allerdings hatten das Phänomen «Web [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3212

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«Web 2.0 und Geschichtswissenschaft» in Siegen (I)

Kleine Tagung, angenehme Atmosphäre, einige Überschneidungen in den Themen – man kann gespannt sein. Immerhin die erste Veranstaltung im deutschen Sprachraum zum Thema Web 2.0 und die Geschichtswissenschaft. Wir melden uns wieder, diesmal aber ohne Gezwitscher. Verwandte Posts «Web 2.0 und Geschichtswissenschaft» in Siegen (II) (5) Zwerge auf den Schultern von Riesen: Geschichtsblog des Monats November 2007 (0) Yahoo [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3207

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Das digitale Archiv des Bundes ist in Betrieb

So wirklich klar ist uns nicht geworden, was das Bundesarchiv in diesen Tagen in Betrieb genommen hat. Aber wir sind zuversichtlich, dass für 8,5 Millionen Franken etwas anständiges gebaut wurde. Seltsamerweise schweigt sich die Website des Bundesarchivs über diese Neuigkeit aus, vermeldet wird sie lediglich von der Bundeskanzlei. Einen knappen Hintergrundbericht zum Projekt gibt es [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3190

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Renaissance der Hochschuldidaktik?

Da uns Kollega Hodel seinen Bericht von der diesjährigen GMW-Tagung «E-Learning 2009 – Lernen im Digitalen Zeitalter» in Berlin vorzuenthalten scheint, verweisen wir auf einen Rückblick aus der Feder von Wolfgang Neuhaus. Aufgefallen ist uns, dass der Vorschlag des Basler Learntechnets, den Begriff e-Learning zu verabschieden, auf grosses Interesse gestossen zu sein scheint – ein Thema, [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3186

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Das digitale Archiv des Bundes ist in Betrieb

Gestern hat das Schweizerische Bundesarchiv (BAR) offiziell den Betrieb seines digitalen Archivs aufgenommen. Damit ist das BAR einen guten Schritt weiter gekommen, um für die Herausforderungen der näheren Zukunft gerüstet zu sein. Ab dem Jahr 2012 führt die Bundesverwaltung nämlich die elektronische Geschäftsverwaltung ein, d.h. ab diesem Zeitpunkt werden Unterlagen nur mehr in digitaler Form archiviert werden. Für weitere Angaben siehe hier

Quelle: http://www.infoclio.ch/de/node/9873

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