15 Jahre nach dem von Seite der Politik gefassten Beschluss, die Studiengänge an den europäischen Universitäten zu vereinheitlichen, wird wieder einmal Bilanz gezogen: So etwa in einem Beitrag der F.A.Z. vom 27.8.2014. Hiernach halten nur 23% der Studierenden des Bachelorabschluss für berufsqualifizierend. Dabei stellt sich meines Erachtens zunächst einmal die Frage, was genau eigentlich mit “berufsqualifizierend” gemeint ist.
Es sollte auf jeden Fall vermieden werden, die Fähigkeiten von BachelorabsolventInnen mit denen der AbsolventInnen früherer Magister- oder Diplomstudiengänge zu vergleichen oder gar gleichzusetzen: Wenn hier schon Parallelen gezogen werden, dann sollten Master und Magister einander gegenüber gestellt werden. Heutigen Studierenden zu suggerieren, sie stünden nach nur 6 Semestern Bachelorstudium auf dem gleichen Niveau wie früher ein Magister oder eine Magistra, hieße schlicht, sie zu belügen. Der Bachelorabschluss ist etwas Neues; im den alten Magister- und Diplomstudiengängen gab es nichts Vergleichbares.
Dieses Problems waren sich auch VertreterInnen verschiedener archäologischer Berufszweige und damit potentieller Arbeitgeber sowie VertreterInnen der Universitäten bewusst, als sie sich im vergangenen Jahr auf Einladung der Kommission für Archäologische Landesforschung in Hessen zu einer Podiumsdiskussion getroffen haben. Im Rahmen der Veranstaltung “BA/MA – Die archäologische Ausbildung an den Universitäten versus archäologische Praxis” fand am 8. November 2013 in Marburg ein reger Gedankenaustausch statt. Auch hier wurde recht schnell festgestellt, dass nicht klar ist, was im Falle der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie mit einem berufsqualifizierenden Bachelorabschluss gemeint ist oder gemeint sein kann, bzw. zu welchen fachspezifischen Tätigkeiten der Bachelor befähigt. Ein Fazit der Diskussion war, dass Empfehlungen darüber, was von den BachelorabsolventInnen in der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie beim Berufseinstieg erwartet werden kann, am besten von archäologischen Berufsverbänden formuliert werden sollten. Damit könnte zugleich für außerfachliche Kreise etwa aus Politik oder Verwaltung transparent gemacht werden, in welchen Gebieten sich BachelorabsolventInnen sinnvoll einsetzen lassen, und in welchen nicht.
Ein Problem ist sicherlich auch, dass die potentiellen Arbeitgeber das Bachelor/Master-System vor allem aus den Medien kennen, und dass Wissen darüber, wie die einzelnen archäologischen bzw. vor- und frühgeschichtlichen Studiengänge die Vorgaben der Bologna-Reform umgesetzt haben, oftmals nicht vorhanden ist. Damit ist es für diejenigen, die von fachlicher Seite darüber entscheiden, ob für bestimmte Tätigkeiten bereits BachelorabsolventInnen geeignet sind, schwierig, eben diese Entscheidung zu treffen. Noch gibt es keine AbsolventInnen des Bachelor/Master-Systems in höheren Positionen innerhalb der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie, so dass in den Reihen der fachlichen EntscheidungsträgerInnen die ehemals studentische Innenperspektive aus diesen Studiengängen fehlt. Zudem war zu den Zeiten der Magister- und Diplomstudiengänge in einem kleinen Fach wie der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie bekannt gewesen, wo die Stärken der Studiengänge an den einzelnen Universitäten lagen, und welche Fähigkeiten man daher von den AbsolventInnen dieser Universitäten besonders erwarten konnte. Da mit der Umstellung auf Bachelor und Master die vor- und frühgeschichtlichen Studiengänge völlig neue Zuschnitte bekommen haben, ist auch dieses Wissen verloren gegangen.
Ein Tagungsbericht zur Podiumsdiskussion “BA/MA – Die archäologische Ausbildung an den Universitäten versus archäologische Praxis” findet sich auf H-Soz-u-Kult unter http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=5162
Quelle: http://archiskop.hypotheses.org/45