Der aktuelle Header von mind the gap(s) basiert auf einem Foto, das im September 2011 in Beijing entstand:
Beijing, September 2011 | © Georg Lehner
Das Bild blickt vom Straßenniveau hinauf auf das Běijīng gǔ guānxiàngtái 北京古觀象台, auf das “Alte Observatorium von Beijing”, genauer: zu den Instrumenten auf dem Beobachtungsturm dieses Observatoriums. Dieser Beobachtungsturm stammt aus der Ming明-Dynastie 1442, doch schon in der Yuan 元-Zeit befande sich in dem Bereich ein Observatorium.
Das Observatorium wurde laufend erneuert und seine Ausstattung verbessert, zuletzt im siebtzehnten und achtzehnten Jahrhundert durch Jesuitenmissionare, die für die Berechnung des Kalenders zuständig waren. Nach der Unterdrückung der Yihetuan 義和團-Bewegung wurde das Observatorium von den Alliierten Truppen geplündert.[1] Die Beutestücke wurden von Frankreich 1902 zurückgegeben, von Deutschland 1921.[2]
Heute befinden sich auf der Plattform acht Instrumente aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert:
- die Neue Armillarsphäre (1744)
- ein Quadrant (1673)
- ein Himmelsglobus (1673)
- eine ekliptische Armillarsphäre (1673)
- ein Altazimut-Instrument (1673)
- ein Azimutal-Theodolit (1715)
- ein Sextant (1673)
- eine äquatoriale Armillarsphäre (1673)
Die Instrumente aus dem 17. Jahrhundert stammen von Ferdinand Verbiest, S.J., der 1669 die Leitung des kaiserlichen Kalenderamtes übernommen hatte und 1673 einige der Instrumente erneuerte (Altazimut, Himmelsglobus, ekliptische Armillarsphäre, äquatoriale Armillarsphäre, Quadrant und Sextant), der Azimutal-Theodolit von Kilian Stumpf (1655-1720) und die Neue Armillarsphäre von Ignaz Koegler, S.J. (1680-1746) und Augustin Hallerstein, S.J. (1703-1774).
Das Bild im Header zeigt Teile von drei Instrumenten: (von links:) der äquatorialen Armillarsphäre[3], des Altazimut-Instruments[4] und des Azimuth-Theodoliten[5].
Die äquatoriale Armillarsphäre und das Altazimut-Instrument sind in einigen von Ferdinand Verbiests Werken abgebildet, unter anderem im 新製儀象圖 [Xinzhi yixiang tu[6], und im Compendium proponens XII posteriores figuras Libri observationum, nec non priores VIII figuras Libri organici. Astronomia europaea sub imperatore Cám Hý ex umbra in lucem revocata][7], s. äquitoriale Armillarsphäre 赤道經緯儀 [chìdào jīngwěiyí] und Altazimut-Instrument 地平經儀 [dìpíngjīngyí].
Einen Gesamteindruck von der Situation 1673 gibt Verbiest mit einer Abbildung der Beobachtungsplattform:.
新製儀象圖 Xin zhi yi xiang tu. Liber organicus Astronomię Europęę apud Sinas (1668) | Quelle: gallica[8]
Im Atlas général de la Chine, de la Tartarie chinoise, et du Tibet (1790 ?)[9], einer um einige Tafeln ergänzten Neuauflage des Nouvel atlas de la Chine, de la Tartarie chinoise, et du Thibet (1737)[10], findet sich eine Abbildung des “Observatoire de Peking” … allerdings seitenverkehrt:
Im 19. Jahrhundert machten einige der ersten Photographen, die in China arbeiteten, Aufnahmen vom Observatorium, darunter: John Thomson (1837-1921) “Peking Observatory.” (1874), Thomas Child (1841-1898): “Bronze armillary, Peking Observatory, 1875″ (1875) und “Some instruments on top of the observatory (Pekin).” (1890). Damals ragte der Beobachtungsturm über die Umgebung hinaus, während dermächtige Bau heute neben Stadtautobahnen und Hochhäusern fast unscheinbar wirkt und sich erst auf den zweiten Blick (und nach dem Aufstieg über eine steile Treppe) erschließt.
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- Eine englische Aufnahme gibt einen Eindruck vom Observatorium vor der Plünderung: National Archives, Image ID 26564: Astronomical instruments in the Imperial Observatory on the city wall, Peking (1900).
- Vgl. die kurzen Anmerkungen bei Joseph Needham, Science and Civilisation in China: Volume 3, Mathematics and the Sciences of the Heavens and the Earth (Cambrige et al., Cambridge University Press 1959) p. 451 n. g. Zu der Debatte um die Rückgabe der Instrumente in den 1910er Jahren s. W. W. Campbell: “Kaiser Wilhelm as a Pillager in Boxer Days; He Refused to Return China’s Astronomical Instruments, Though France Set an Example, and Used Them to Ornament Potsdam Palace Grounds”. New York Times, January 06, 1918, , Section The New York Times Magazine, Page 71. Zu den Instrumenten in Potsdam s. Rolf Müller: “Die astronomischen Instrumente des Kaisers von China in Potsdam”, in: Atlantis, Heft 2 (Februar 1931), S. 120 f.
- S. dazu: Marilyn Shea: Equatorial Armilla – 1673 – 赤道经纬仪 <zuletzt abgerufen am 28.6.2014>.
- S. dazu: Marilyn Shea: Altazimuth – 地平经仪 <zuletzt abgerufen am 28.6.2014>.
- Marilyn Shea: Azimuth Theodolite 地平经纬仪 <zuletzt abgerufen am 28.6.2014>.
- 新製儀象圖 Xin zhi yi xiang tu. Liber organicus Astronomię Europęę apud Sinas Restitutę sub Imperatore Sino-Tartarico Cām-Hȳ appellato Auctore P. Ferdinando Verbiest Flandro-Belga Brugensi E Societate Jesu Academię Astronomicę In Regia Pekinensi Pręfecto Anno Salutis MDCLXVIII ([Beijing] [1674] – Digitalisat: gallica. Digitalisate aller Drucke: Museum of the History of Science [in sehr guter Qualität].
- Ferdinand Verbiest: Compendium proponens XII posteriores figuras Libri observationum, nec non priores VIII figuras Libri organici. Astronomia europaea sub imperatore Cám Hý ex umbra in lucem revocata (Pekini: [s.n.] 1678) – Digitalisate: gallica, [relativ bescheidene Bildqualität] Universiteit Antwerpen, Erfgoedbibliotheek Hendrik Conscience [gute Bildqualität].
- Diese Abbildung findet sich auch im [Compendium proponens XII posteriores figuras Libri observationum, nec non priores VIII figuras Libri organici. Astronomia europaea sub imperatore Cám Hý ex umbra in lucem revocata].
- Jean Baptiste Bourguignon d’Anville: Atlas général de la Chine, de la Tartarie chinoise, et du Tibet : pour servir aux différentes descriptions et histoires de cet empire (Paris : Dezauche [1790?].
- Jean-Baptiste Bourguignon Anville: Nouvel atlas de la Chine, de la Tartarie chinoise et du Thibet (La Haye: Scherleer 1737) – Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.
Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1581