Ein Bild sagt mehr …: Die Bilderwelten der “Galerie agréable du Monde” (1728/1729)

Eine kleine Anzeige im Leydse Courant vom 5. November 1728 kündet von Großem:

Pierre vander Aa à Leide, a nouvellement imprimé et vend, l’Ouvrage considerable, nommé: La Galerie agréable du Monde […]  divisées en LXVI. Tomes, in folio, Les Estampes ayant été dessinées sur les Lieux, & gravées exactement par Luyke Mulder, Goeree, Baptist, Stoopendaal & autres renomez. Nota: De cet Ouvrage ne sont plus Imprimées que cent exemplaires, & ne sera Jamais reimprimé. Le prix est de 416 Florins, Il coûtera avec le tems double à cause du petit nombre d’Exemplaires qui sont Imprimé. […][1]

Der Verleger, Buchhändler und Buchdrucker Pieter van der Aa (1659-1733) war für Atlanten und Kupferstiche von Stadtansichten berühmt – die er detailgetreu (und hemmungslos) aus den Werken anderer kopierte.  Seine Galerie Agréable du Monde von 1729[2] folgte diesem Muster. Das Monumentalwerk versammelt in 66 Teilen/Bänden auf rund 2500 Seiten etwa 4000 Karten und Illustrationen von Europa, Afrika, Amerika und Asien.

[...]

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/2242

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Ein Bild sagt mehr als …: Der Fall von Fort Zeelandia

In den Wirren des Übergangs von der Míng– zur Qīng 清-Dynastie etablierte Zhèng Chénggōng 鄭成功 (1624-1662), der in europäischen Quellen meist Coxinga (Guóxìngyé 國姓爺) genannt wird, im Südwesten Chinas eine Art Staat im Staat. Zhèng Chénggōng 鄭成功 landete 1661 auf Táiwān 臺灣 und begann die Belagerung von Fort Zeelandia, dem wichtigsten Stützpunkt der Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) auf der Insel. Am 1. Februar 1662 kapitulierte Frederick Coyett, (1615/1620-1687), nachdem ihm und der Besatzung  des Forts freies Geleit zugesichert worden war.
Die Ereignisse in Ostasien waren in Europa Thema von Flugblättern, ausführlichen Darstellungen und Theaterstücken.

Verovering van Fort Zeelandia op Formosa door de Chinezen en de marteling en moord op de gereformeerde predikanten, 1661, anoniem, Marx Anton Hannas, 1663
Verovering van Fort Zeelandia op Formosa door de Chinezen en de marteling en moord op de gereformeerde predikanten, 1661 (Augsburg: Hannas 1663) Quelle: Rijksmuseum | Objectnummer RP-P-OB-75.331

Am Anfang stand  das Flugblatt Kort en Bondigh Verhael, van ‘t gene op het schoone Eylandt Formosa misgaders op het by-gelegen Eylandt Tyawan en ‘t Fort Zeelandia, op den 5 Juli 1661. is voorgevallen, mitsgaders de Overgevinge van ‘t gemelde Fort aan de Chinesen (1662/1663)[1], von dem zeitnah in Augsburg eine deutsche Version erschien unter dem Titel Kurtzer und warhafftiger Bericht dess Jenigen / was auff dem schönen Eyland Formosa, wie auch dem darbey ligenden Eylandt Tyawan, und der Vöstung Seelandia am 5. Julij 1662.

[...]

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/2114

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Ein Bild sagt mehr …: Das “Alte Observatorium von Beijing” vom 17. Jh. bis ins 21. Jh.

Der aktuelle Header von mind the gap(s) basiert auf einem Foto, das im September 2011 in Beijing entstand:

Beijing, September 2011

Beijing, September 2011 | © Georg Lehner

Das Bild blickt vom Straßenniveau hinauf auf das Běijīng gǔ guānxiàngtái 北京古觀象台, auf das “Alte Observatorium von Beijing”, genauer: zu den Instrumenten auf dem Beobachtungsturm dieses Observatoriums. Dieser Beobachtungsturm  stammt aus der Ming明-Dynastie 1442, doch schon in der Yuan 元-Zeit befande sich in dem Bereich ein Observatorium.

Das Observatorium wurde laufend erneuert und seine Ausstattung verbessert, zuletzt im siebtzehnten und achtzehnten Jahrhundert durch Jesuitenmissionare, die für die Berechnung des Kalenders zuständig waren. Nach der Unterdrückung der Yihetuan 義和團-Bewegung wurde das Observatorium von den Alliierten Truppen geplündert.[1] Die Beutestücke wurden von Frankreich 1902 zurückgegeben, von Deutschland 1921.[2]

Heute befinden sich auf der Plattform acht Instrumente aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert:

  • die Neue Armillarsphäre (1744)
  • ein Quadrant (1673)
  • ein Himmelsglobus (1673)
  • eine  ekliptische Armillarsphäre (1673)
  • ein Altazimut-Instrument (1673)
  • ein Azimutal-Theodolit (1715)
  • ein Sextant (1673)
  • eine äquatoriale Armillarsphäre (1673)

Die Instrumente aus dem 17. Jahrhundert stammen von Ferdinand Verbiest, S.J., der 1669 die Leitung des kaiserlichen Kalenderamtes übernommen hatte und 1673 einige der Instrumente erneuerte (Altazimut, Himmelsglobus, ekliptische Armillarsphäre, äquatoriale Armillarsphäre, Quadrant und Sextant), der Azimutal-Theodolit von Kilian Stumpf (1655-1720) und die Neue Armillarsphäre von Ignaz Koegler, S.J. (1680-1746) und Augustin Hallerstein, S.J. (1703-1774).

Das Bild im Header zeigt Teile von drei Instrumenten: (von links:) der äquatorialen Armillarsphäre[3], des Altazimut-Instruments[4] und des Azimuth-Theodoliten[5].

Die äquatoriale Armillarsphäre und das Altazimut-Instrument sind in einigen von Ferdinand Verbiests Werken abgebildet, unter anderem im  新製儀象圖 [Xinzhi yixiang tu[6], und im Compendium proponens XII posteriores figuras Libri observationum, nec non priores VIII figuras Libri organici. Astronomia europaea sub imperatore Cám Hý ex umbra in lucem revocata][7], s. äquitoriale Armillarsphäre 赤道經緯儀 [chìdào jīngwěiyíund Altazimut-Instrument  地平經儀 [dìpíngjīngyí].

Einen Gesamteindruck von der Situation 1673 gibt Verbiest mit einer Abbildung der Beobachtungsplattform:.

新製儀象圖 Xin zhi yi xiang tu. Liber organicus Astronomię Europęę apud Sinas

新製儀象圖 Xin zhi yi xiang tu. Liber organicus Astronomię Europęę apud Sinas (1668) | Quelle: gallica[8]

Im Atlas général de la Chine, de la Tartarie chinoise, et du Tibet (1790 ?)[9], einer um einige Tafeln ergänzten Neuauflage des Nouvel atlas de la Chine, de la Tartarie chinoise, et du Thibet (1737)[10],  findet sich eine Abbildung des “Observatoire de Peking” … allerdings seitenverkehrt:

Jean-Baptiste Bourguignon d’Anville: Observatoire de Peking. Via Wikimedia Commons.

Im 19. Jahrhundert machten einige der ersten Photographen, die in China arbeiteten, Aufnahmen vom Observatorium, darunter: John Thomson (1837-1921) “Peking Observatory.” (1874), Thomas Child (1841-1898): “Bronze armillary, Peking Observatory, 1875″ (1875) und “Some instruments on top of the observatory (Pekin).” (1890). Damals ragte der Beobachtungsturm über die Umgebung hinaus, während dermächtige Bau heute neben Stadtautobahnen und Hochhäusern fast unscheinbar wirkt und sich erst auf den zweiten Blick (und nach dem Aufstieg über eine steile Treppe) erschließt.

  1. Eine englische Aufnahme gibt einen Eindruck vom Observatorium vor der Plünderung: National Archives, Image ID 26564: Astronomical instruments in the Imperial Observatory on the city wall, Peking (1900).
  2. Vgl. die kurzen Anmerkungen bei Joseph Needham, Science and Civilisation in China: Volume 3, Mathematics and the Sciences of the Heavens and the Earth (Cambrige et al., Cambridge University Press 1959) p. 451 n. g. Zu der Debatte um die Rückgabe der Instrumente in den 1910er Jahren s. W. W. Campbell: “Kaiser Wilhelm as a Pillager in Boxer Days; He Refused to Return China’s Astronomical Instruments, Though France Set an Example, and Used Them to Ornament Potsdam Palace Grounds”. New York Times, January 06, 1918, , Section The New York Times Magazine, Page 71. Zu den Instrumenten in Potsdam s. Rolf Müller: “Die astronomischen Instrumente des Kaisers von China in Potsdam”, in: Atlantis, Heft 2 (Februar 1931), S. 120 f.
  3. S. dazu: Marilyn Shea: Equatorial Armilla – 1673 – 赤道经纬仪 <zuletzt abgerufen am 28.6.2014>.
  4. S. dazu: Marilyn Shea: Altazimuth – 地平经仪 <zuletzt abgerufen am 28.6.2014>.
  5. Marilyn Shea: Azimuth Theodolite 地平经纬仪 <zuletzt abgerufen am 28.6.2014>.
  6. 新製儀象圖 Xin zhi yi xiang tu. Liber organicus Astronomię Europęę apud Sinas Restitutę sub Imperatore Sino-Tartarico Cām-Hȳ appellato Auctore P. Ferdinando Verbiest Flandro-Belga Brugensi E Societate Jesu Academię Astronomicę In Regia Pekinensi Pręfecto Anno Salutis MDCLXVIII ([Beijing] [1674] – Digitalisat: gallica. Digitalisate aller Drucke: Museum of the History of Science [in sehr guter Qualität].
  7. Ferdinand Verbiest: Compendium proponens XII posteriores figuras Libri observationum, nec non priores VIII figuras Libri organici. Astronomia europaea sub imperatore Cám Hý ex umbra in lucem revocata (Pekini: [s.n.] 1678) – Digitalisate: gallica, [relativ bescheidene Bildqualität] Universiteit Antwerpen, Erfgoedbibliotheek Hendrik Conscience [gute Bildqualität].
  8. Diese Abbildung findet sich auch im [Compendium proponens XII posteriores figuras Libri observationum, nec non priores VIII figuras Libri organici. Astronomia europaea sub imperatore Cám Hý ex umbra in lucem revocata].
  9. Jean Baptiste Bourguignon d’Anville: Atlas général de la Chine, de la Tartarie chinoise, et du Tibet : pour servir aux différentes descriptions et histoires de cet empire  (Paris : Dezauche [1790?].
  10. Jean-Baptiste Bourguignon Anville:  Nouvel atlas de la Chine, de la Tartarie chinoise et du Thibet (La Haye: Scherleer 1737) – Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1581

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Geschichte Chinas im Bild (V)

Die ersten vier Teile der (losen) Reihe ‘Geschichte Chinas im Bild’ (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4) stellten Foto-Sammlungen/Archive zusammen. In diesem Teil geht es um Holzschnitte, Kupferstiche etc., die in China entstanden und in Sammlungen in aller Welt gelandet sind.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1516

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Frühe Stimmen über das Chinesische (VI): Orientalisch- und occidentalische[r] Sprachmeister (1748)

In den sogenannten Vaterunser-Sammlungen des 17. und 18. Jahrhunderts wurde versucht,  Versionen des Gebets in möglichst vielen Sprachen zusammenzutragen. Zur Kompilation wurden häufig die von Missionaren gesammelten Sprachproben herangezogen, in einigen Fällen kommen dazu Bemerkungen zu den unterschiedlichsten Sprachen.[1]
Keine Ausnahme bildet dabei der Orientalisch- und occidentalische[r] Sprachmeister[2], in dem 100 Alphabete und das Vaterunser in 200 Sprachen und Dialekten zusammengetragen sind. Die für China angeführten Vaterunser-Versionen (S. 111 f.) sind teilweise der 1710 erschienen Sammlung Oratio dominica …[3] entnommen – inklusive der dort enthaltenen Quellenangaben (S. 6 (Transkription) und S. 11 (Schriftzeichen)).

Doch von den Vaterunser-Auflistungen abgesehen, finden sich im Sprachmeister einige Bildtafeln mit chinesischen Schrfitzeichen (die nur teilweise und mit viel Phantasie zu entziffern sind)

Orientalisch- und occidentalischer Sprachmeister

Orientalisch- und occidentalischer Sprachmeister (1748)
Internet Archive

Im Abschnitt “Das Sinesische Alphabet” (S.102) gibt es  kurze Bemerkungen – allerdings nach einer wenig verheißungsvollen Einleitung:

Sie [d.h. die chinesische Sprache] ist eben nicht nöthig zu lernen [...]
Bey dieser Sprache ist anzumerken, daß in dem weitläuffitigen Sinesischen Reiche selbst 20 Sprachen, welche aber alle voneinander unterschieden, gefunden werden, die Mandarinische aber hat vor andern einen Vorzug, welche in der Zierlichkeit und Gelehrsamkeit im gantzen Reiche gebraucht wird.[4]

Auch hier findet sich der Verweis auf den (vermeintlichen) Mangel and Wörtern und den Monosyllabismus:

Ob gleich die Sprache reich an ·Characteurs·, so leidet sie dennoch grossen Mangel an Wörtern [...]
Denn die Sprache hat kaum 1500 ·Vocabula·, und dieselben sind ·Monosyllaba· (ob gleich zwey oder dreysylbigte Wörter zzu sein scheinen, so sind selbige doch zusammen gesetzt) und endigen sich in einen ·Vocalem· oder in ·m· und ·n· (manchmahl auch ·ng·) niemahls aber anders. Daher denn die ·Homonymia· (vielfältige Bedeutung der Wörter) in der Sprache sehr stark vorhanden, dergestalt daß manchmahl ein Wort wohl 20 bis 30 ·diverse Significationes· in sich enthält und andeutet, welche manchmahl durch die ·Characteurs· und Aussprache ·distinguiret· ewerden. Denn die Sineser erheben bald die Stimme im Reden, bald aber lassen sie solche wieder fallen, und scheinet gleichsam als wenn sie singen. Weil nun sothane ·Pronunciation· denen Redenden nöthig ist, so hat ·P. Jacobus Pautoja· [sic] fünff Merckmahle, so in der Music bekannt sind, ·ut, re, mi, fa, sol,· erdacht, welche er Sinesisiche ·Accente· nennet, mit welchen er die Stimme, und wie der Klang gegeben werden müsse anzeigt, welches ·Kircherus in Chin. Illustr. p. 236·  referiret.[5]))

Hier vermischen sich – wie so oft – Fakten uund Phantasie:

  • “1500 Vocabula”: In der Modernen Chinesischen Hochsprache sind 1338 Sprachtonsilben realisiert (von etwa 1600 theoretisch) möglichen.[6]
  • “dieselben sind ·Monosyllaba·”: Jedes Schriftzeichen entspricht einer Silbe. Aber  – aber nicht jede Silbe ist gleich ein vollständiges Wort, die Zahl der zwei-, drei- und mehrsilbigen Wörter steigt im Laufe der Sprachgeschichte.[7]
  • “und endigen sich in einen ·Vocalem· oder in ·m· und ·n· (manchmahl auch ·ng·) niemahls aber anders”: In der Modernen chinesischen Hochsprache enden Silben auf einen Vokal (oder Diphthong) oder auf -n oder -ng. Endung auf -m existiert in der Modernen chinesischen Hochsprache nicht
  • “manchmahl ein Wort wohl 20 bis 30 ·diverse Significationes· in sich enthält und andeutet”: zu manchen Sprachtonsilben gibt es unzählige Schriftzeichen, die vollkommen unterschiedlich aussehen, vollkommen unterschiedliche Bedeutungen haben – aber eben alle gleich ausgesprochen werden.
  • “Denn die Sineser erheben bald die Stimme im Reden, bald aber lassen sie solche wieder fallen, und scheinet gleichsam als wenn sie singen.”: Die Töne sind bedeutungsdifferenzierend – das klassische Beispiel aus dem Anfängerlehrbuch.
    • 1. Ton: 媽 “Mutter”
    • 2. Ton: 麻 “Hand”
    • 3. Ton: 馬 “Pferd”
    • 4. Ton: mà 罵 “schimpfen”
    • neutraler Ton: ma 嗎 [Partikel zur Bildung von Fragesätzen]
  • “Weil nun sothane ·Pronunciation· denen Redenden nöthig ist, so hat ·P. Jacobus Pautoja· [sic] fünff Merckmahle, so in der Music bekannt sind, ·ut, re, mi, fa, sol,· erdacht, welche er Sinesisiche ·Accente· nennet, mit welchen er die Stimme, und wie der Klang gegeben werden müsse anzeigt,”: Wie oben gesagt, sind die Töne bedeutungsdifferenzieren. In der Transkription werden sie in der Regel durch diakritische Zeichen markiert, mitunter finden sich auch Hochzahlen = ma¹ etc.
  • “welches ·Kircherus in Chin. Illustr. p. 236·  referiret”: Gemeint ist hier Athanasius Kirchers China … illustrata[8] – dort findet sich auf Seite 236 tatsächlich der Hinweis auf die Bezeichnung der Töne wie Musiknoten und mit diakritischen Zeichen – allerdings einem “P.  Jacobus Pantoja” zugeschrieben. Gemeint ist wohl Diego de Pantoja/Diego Pantoja (1571-1618), einer der Begleiter Matteo Riccis[9]

Zum Schluss kommt noch einmal die eingangs geäußerte Skepsis zum Ausdruck, ob es sinnvoll ist, sich dem Studium dieser Sprache zu widmen:

Uebrigens kan kein sonderlicher Nutzen von dieser Sprache erlangt werden, wenn man nicht den Umgang dasigen Ortes mit ihnen hat.[10]

Bisherige Beiträge in der Reihe “Frühe Stimmen über das Chinesische”: I, II, III, IV, V.

  1. Vgl. dazu die Bemerkungen bei Georg Lehner, Der Druck chinesischer Zeichen in Europa. Entwicklungen im 19. Jahrhundert (Wiesbaden: Harrassowitz 2004) 19.
  2. [Johann Friedrich Fritz/Benjamin Schultze:] Orientalisch- und occidentalischer Sprachmeister, welcher nicht allein hundert Alphabete nebst ihrer Aussprache, so bey denen meisten europäisch- asiatisch- africanisch- und americanischen Völckern und Nationen gebräuchlich sind, : auch einigen Tabulis Polyglottis verschiedener Sprachen und Zahlen vor Augen leget, : sondern auch das Gebet des Herrn, in 200 Sprachen und Mund-Arten mit dererselben Characteren und Lesung, nach einer geographischen Ordnung mittheilet. (Leipzig: Gessner 1748) – Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.
  3. Oratio dominica … plus centum linguis reddita   d.i. das Gebet des Herrn oder Vater Unser (Augspurg, editio novissima, 1710) VD18 14404427-001, Online: BSB / Google Books. – Die erste Auflage erschien 1700 in London, vgl. Lehner (2004) 19, Fußnote 96.
  4. Orientalisch- und occidentalische[r] Sprachmeister (1748), 101.
  5. ((Orientalisch- und occidentalische[r] Sprachmeister (1748), 102.
  6. Vgl. dazu den Abschnitt “Phonetik und Phonologie” in: Otto Ladstätter: “Sprache”, in Wolfgang Franke (ed.): China Handbuch (Düsseldorf: Bertelsmann 1974), 1274 f.
  7. S. dazu Endymion Wilkinson, Chinese History. A Manual (Harvard-Yenching Monograph Series 35, Cambridge, Mass./London: Harvard University Press 2000) 31 f: “Polysyllabic Words in Classical Chinese”.
  8. Athanasii Kircheri E Soc. Jesu China Monumentis, Qua Sacris quà Profanis, Nec non variis Naturæ & Artis Spectaculis, Aliarumque rerum memorabilium Argumentis Illustrata, auspiciis Leopold Primi, Roman, Imper. semper Augusti, Munificentißimi Mecænatis (Amstelodami : Janssonius a Waesberge ; Weyerstraet, 1667) – Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.
  9. Vgl. – auch zu den Transkriptionssystemen zur Zeit Riccis: Otto Zwartjes: Portuguese Missionary Grammars in Asia, Africa and Brazil, 1550-1800 (= Amsterdam studies in the theory and history of linguistic science., Series III,, Studies in the history of the language sciences, v. 117; Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins Publishing, 2011), 287.
  10. Orientalisch- und occidentalische[r] Sprachmeister (1748), 102.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1230

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Formosanisch – Eine Fiktion des 18. Jahrhunderts

Die ‘Formosianischen Sprachen’ (langues formosanes, Formosan languages), die Sprachen der indigenen Völker Taiwans, sind für die Historische Linguistik von höchster Bedeutung. Sie bilden nach Blust mit etwa 300.000 Sprechern und 21 Sprachen 8-10 primäre Zweige des Austronesischen, während alle anderen austronesischen Sprachen (mehr als 1.100 Sprachen mit etwa 300 000 000 Sprechern) zu einem einzigen Primärzweig, dem Malaio-Polynesischen, gehören.[1] Während Blusts Theorien nicht unumstritten sind, herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass Taiwan einer der Ursprungsorte der austronesischen Sprachen ist.[2]

Im Jahr 1703 -  lange bevor die Sprachen Taiwans in den Fokus der Wissenschaft rückten – war ein exotischer Fremder mit bizarren Gewohnheiten die Sensation in London. Er nannte sich George Psalmanazar (oder Psalmanaazaar) und behauptete, ein ‘Ureinwohner’ von Formosa (Taiwan 臺灣) zu sein, von wo ihn Jesuiten nach Frankreich verschleppt hätten, wo er allerdings die Konversion zum Katholizismus verweigert hätte. In London bekehrte er sich zum Anglikanismus, was ihm bei Henry Compton (1632-1713, Bischof von London 1675-1713) Ansehen brachte und ihm die Türen zur Londoner Gesellschaft öffnete,  die nach Berichten aus exotischen Gegenden gierte. Psalmanazar spielte geschickt mit dieser Neugierde, aber auch mit antikatholischen und antijesuitischen Strömungen.[3]

1704 veröffentlichte Psalmanazar An historical and geographical description of Formosa[4] In dieser ‘Beschreibung’ Taiwans, die reine Erfindung ist, finden sich auch Bemerkungen zur Sprache und eine Tafel “The Formosan Alphabet” (Tafel nach S. 268).[5]

Psalmanaazaar: An historical and geographical description of Formosa (1704)

Psalmanaazaar: An historical and geographical description of Formosa (1704)

Während Psalmanazar bald als Schwindler entlarvt war, zogen seine Bemerkungen zum ‘Formosanischen’ noch in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts weite Kreise durch Bücher, die fremde Spachen und Schriften vorstellten, aber auch durch die sogenannten Vaterunser-Sammlungen, also Bücher, die das Vaterunser in 100 und mehr Sprachen abdrucken.

Ein Beispiel ist Benjamin Schultzes Orientalisch- und Occidentalisches A, B, C-Buch aus dem Jahr 1769.[6] Schultze (1689-1760), dem auch der Orientalische und okzidentalische Sprachmeister (1748) zugeschrieben wird,  bringt zunächst das “Alphabetum Formosanum” (S. 103).

Orientalisch- und Occidentalisches A,-B,-C.-Buch (1769)

Orientalisch- und Occidentalisches A,-B,-C.-Buch (1769)

Im Anschluss präsentiert er (weitestegehend) wortident Auszüge des entsprechenden Kapitels (S. 468-474) aus der deutschen Version von Psalmanazars Description, die 1716 von Philipp G. Hübner vorgelegt wurde..[7]

Das Wissen darum, dass Psalamanazar ein Schwindler war, verbreitete sich bald. Trotzdem blieb Psalamanzars Description im 18. Jahrhundert eine der Quellen für alles, was die Insel betraf. Auch der Verfasser des Artikel “Formosa” in Zedler’s Universal-Lexikon[8] merkt jedoch an:

Man hat aber nicht Ursache, auf dieses Auctoris [d.i. Psalmanazar] Beschreibung von FORMOSA viel zu bauen.[9]

Trotzdem stützt sich der Artikel primär auf Pslamanazar (ablesbar an der Wiedergabe der Ortsnamen), die anderen Quellen, die am Ende des Artikels genannt werden und die wesentlich ergiebiger und verlässlicher gewesen wärhen, scheinen nicht verwendet worden zu sein.

  1. Robert Blust: “Subgrouping, circularity and extinction: some issues in Austronesian comparative”. In Zeitoun, E.; Li, P.J.K. Selected papers from the Eighth International Conference on Austronesian Linguistics. (Taipei: Academia Sinica 1999) 31–39.
  2. Vgl. Ethnologue: Languages of the World, Fifteenth Edition (2005), vor allem der Abschnitt “Austronesian” <abgerufen am 21.12.2013>.
  3. Zu Psalamanzar u.a.: Benjamin Breen: “No Man Is an Island: Early Modern Globalization, Knowledge Networks, and George Psalmanazar’s Formosa”. In: Journal of Early Modern History, Volume 17, Issue 4 (2013) 391-417 – DOI: 10.1163/15700658-12342371; Michael Keevak, The Pretended Asian: George Psalmanazar’s Eighteenth-century Formosan Hoax (Detroit, Michigan: Wayne State University Press, 2004.
  4. [George Psalmanaazaar:] An historical and geographical description of Formosa … Giving an account of the religion, customs, manners, &c., of the inhabitants. Together with a relation of what happen’d to the author in his travels; particularly his conferences with the Jesuits, and others, in several parts of Europe. Also the history and reasons of his conversion to Christianity, with his objections against it (in defence of paganism) and their answers … By George Psalamanaazaar, a native of the said island … (London 1704), Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0  (verschiedene Ausgaben und Übersetzungen).
  5. Zur Sprache vgl. Keevak (2004), ch. “Psalmanazar’s Language” (S. 61-97).
  6. Benjamin Schultzes Orientalisch- und Occidentalisches A, B, C-Buch (Naumburg 1769) Online: Google Books.
  7. George Psalmanazar, Philipp G. Hübner [transl.]: Historische und Geographische Beschreibung der Insel Formosa, Nebst beygefügten Ursachen, warum sich derselbe zur Christl. Religion bekannt. Mit verschiedenen Kupfern  (Franckfurt und Leipzig: Verlegts Daniel Walder/Buchhändler in Augspurg, Coburg/druckts Moritz Hagen 1716). – Digitalisat → Bibliotheca Sinica 2.0.
  8. Zedler 9 (1735) Sp. 1497 f..
  9. Zedler 9 (1735) Sp. 1497 f. s.v. “Formosa”

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1208

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China-News: Tee und der Handel mit China (5.9.1767)

Die Rubrik ‘China-News’ sammelt Zufallsfunde und (frühe) Zeitungsartikel zu China und Chinathemen. Diesmal geht es um den Tee (Camellia sinensis) und seine wirtschaftliche Bedeutung. In den “Gelehrten Beiträgen zu dem Wienerischen Diarium, oder Auszüge aus verschiedenne ausländischen Monat- und Wochenschriften” findet sich am 5.9.1767 ein Beitrag  “Vom Thee, und den großen Summen, welche dadurch für Europa verloren gehen”.

ANNO: Wienerisches Diarium 5.9.1767

ANNO: Wienerisches Diarium 5.9.1767

Vor allem ist die Handlung nach China, welcher alle Nationen so nachstreben, in vielem Betracht die allerverderblichste. Für unser schönes Gold und Silber erhalten wir nichts weiter von den Chinesern zurück, als eine Menge der entbehrlichsten Waaren, und unter diesen vornämlich zerbrechlichen Thon, und getrocknete Blätter von einem ihrer Sträuche, Thee nämlich und Porcellain:[1]

Der Verfasser hält offensichtlich sehr wenig vom Tee – und von ‘den Chinesern’, die seiner Darstellung nach nichts anders im Sinn haben, als die Europäer zu übervorteilen:

Sie lassen sich durch keine neuen Moden hinreißen, wie es bey uns zu geschehen pflegt, und sehn alle ausländischen Waaren mit großer Gleichgültigkeit an. Sie trinken gern Caffee und Wein, aber sie kaufen sich keinen, und lassen sich von den Europäern damit traktiren. [...] Überdieß sind sie sehr listig, und mit allen ihren Sachen außerordentlich geheim. Soblad sie merken, daß ein Europäer sich zu genau wornach erkundigt, und etwas nicht in seinem Lande hat, so brechen sie die Unterredung ab, oder suchen ihn mit falschen Nachrichten zu betrügen.[2]

Dann geht es darum, dass der Teestrauch in Europa nicht und nicht gedeihen will – trotz aller Bemühungen, selbst Linné hätte es nicht hingekriegt. Es wäre allerdings den Engländern gelungen, Tee in South Carolina zu kultivieren[3] – was die Lage allerdings kaum verbessert, denn so würde ‘unser Geld’ eben nicht ‘den Chinesern’, sondern ‘den Engländern’ in den Rachen geworfen.

Es gibt allerdings eine Möglichkeit, das zu verhindern:

[...] wenn wir nähmlich unserer Vernunft Gehör gäben, den Thee als ein bloß überflüssiges Getränk ganz abschaften [sic!], oder an dessen Stelle einen Thee aus einheimischen Kräutern oder Blättern machten, und ihn allgemein einzuführen suchten. Die herrn Aerzte und die Vornehmen eines Landes könnten viel hiezu beytragen; die erstern, wenn sie uns den chinesischen Thee zuwider machten; und den einheimischen für besser erklärten; und die zweyten, wenn sie durch den Gebrauch des einheimischen zuerst ein gutes Beyspiel geben wolltne. [...][4]

Stimmen wie diese – mit Vorschlägen für Pflanzen, die den teuren chinesischen Tee ersetzen sollen – finden sich seit dem späten siebzehnten Jahrhundert häufiger. [5] Diese Bemühungen blieben erfolglos – der Tee war bis ins 19. Jahrhundert die begehrteste Ware, die aus China nach Europa kam.

  1. Geleherte Beyträge zu dem Wienerischen Diarium, oder Auszüge aus verschiedenen ausländischen Monat- und Wochenschriften. Sonnabends, Nro. 71. den 5ten Herbstmonat im Jahre 1767, [S. 1 f.] Online bei ANNO [dort S. 9 f.]
  2. Ebd. [S. 3]; online bei ANNO [dort S. 11].
  3. Dieser angebliche ‘amerikanische Tee’ hatte allerdings – wie Zeitgenossen bald erfuhren – mit dem chinesischen wenig gemeinsam, vgl. Gothaische gelehrte Zeitungen (10.9.1774) 560, online bei ANNO.
  4. Ebd. [S. 4]; online bei ANNO [dort S. 12].
  5. Ein Beispiel unter vielen: Johann Francke schlug vor, Veronica (Ehrenpreis) zu verwenden und widmete sich dem Thema in mehreren Schriften, u.a.: Johann Francke: Die preißwürdige Veronica oder europäischer Thee : wie selbige an statt der indianischen Thee mit Fug gebrauchet werden kan, auch worinnen derer, wie auch des Coffi Nutz und Eigenschafft bestehe … (Lübeck: Wiedemeyer 1695 [erste Aufl. 1694]; VD17 12:641673P, URN: urn:nbn:de:bvb:12-bsb10913515-0.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/820

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Ein Bild sagt mehr … (VIII): Alexander, The costume of China (1805)

Die Macartney Mission (1792-1794) sollte – unter Leitung von George Macartney (1737-1806[1] )
W. Alexander: The Costume of China (1805)

W. Alexander:
The Costume of China (1805)
Internet Archive

Zur Mission gehörte neben Diplomaten, Übersetzern, dem Arzt und Bediensteten auch die Maler Thomas Hickey (offiziell als ‘Maler’ (‘painter’)[2] und  William Alexander (offiziell als ‘Zeichner’ (‘draughtsman’)[3] ).

William Alexander (1767-1816) arbeitete nach seiner Rückkehr einige seiner Studien und Skizzen für eine Ausstellung in der Royal Academy aus; seine Zeichnungen illustrierten dann den offiziellen Bericht der Mission[4] und er veröffentlichte zunächst einige der auf der Reise entstandenen Arbeiten in Views of Headlands, Islands, &c. taken during a voyage to, and along the eastern coast of China, in the years 1792 & 1793, etc. (London: W. Alexander 1798).

1805 erschien The Costume of China, containing forty-eight coloured engravings (London: Miller 1805)[5], als Teil  einer Reihe The Costume of …[6].Darin wird jeweils eine ganzseitige Abbildung mit einer kurzen Beschreibung kombiniert.

Unter den 48 Darstellungen finden sich Porträts von chinesischen Beamten, die der Mission beigeordnet worden waren, Bilder von Soldaten und Schauspielern in Kostüm und Maske, Darstellungen von Körperstrafen, Ansichten von Booten und Schiffen, Landschaften und Bauten und Chinesinnen und Chinesen in Alltagsszenen.  Während diese Darstellungen sehr ‘bunt’ sind, bleibt ein Bild fast monochrom.
Der Titelkupfer zeigt ein kleines Bauwerk mit zweistufigemWalmdach, das auf einer Plattform steht. Links auf der Plattform steht ein Gefäß, aus dem eine dicke Rauchsäule aufsteigt.
Am Fuß des Podests liegen unter anderem Waffen und eine Fahne mit (angedeuteten) Schriftzeichen, die die nicht zu entziffern sind.
Im Hintergrund – in sehr großer Entfernung von dem eigenartigen Baumwerk – ist ein Schiff auf dem Wasser zu sehen, dahinter eine ‘chinesische’ Landschaft.

An dem Bild sind einige Elemente merkwürdig/bemerkenswert:

  • Das Walmdach werden von Säulen getragen, von denen eine von Blattwerk umrankt wird.
  • Auf der unteren Stufe des Dachs sind die Grate mit deutlich erkennbaren Drachenfiguren geschmückt, auf der obereren mit nur eben angedeuteten Wächterfiguren (yánshòu 檐獸  oder zǒushòu  走獸 oder dūnshòu 蹲獸). Diese Figuren schmückten in der Ming-Zeit (1368-1644) und Qing-Zeit (1644-1912) die kaiserlichen Paläste sowie Amtsgebäude in ganz China, aber auch an den Toren/Durchgängen der Großen Mauer.  Die Zahl der Figuren variiert je nach Rang – je höher der Rang, desto mehr Figuren hatte die Prozession.
  • Dem Duftrauchbrenner (xiānglú 香爐) scheint der Deckel zu fehlen, die Rauchsäule selbst ähnelt eher der aus einem Fabriksschlot denn der aus einem Räuchergefäß.[7]
  • Die Schriftzeichen auf der Fahne sind – obwohl Alexander ein sehr aufmerksamer Beobachter war – nicht zu entziffern.

Das Bild passt nicht so recht zu den übrigen Darstellungen, die dokumentarischen Charakter haben – denn wirkt wie eine Collage von things Chinese: Bauwerke, Räuchergefäß, Waffen, etc.

  1. Zur Biographie: Roland Thorne, ‘Macartney, George, Earl Macartney (1737–1806)’, Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004; online edn, May 2009 [http://www.oxforddnb.com/view/article/17341, accessed 28 June 2013]; DOI: doi:10.1093/ref:odnb/17341) – die Beziehungen zwischen Großbirtannien und China neu ordnen. Großbritannien wollte Handelserleichterungen, unter anderem durch eine ständige Vertretung in Beijing 北京, die Überlassung eines Handelsstützpunkts auf einer Insel des Zhoushan 舟山-Archipels, wo Händler sich dauerhaft niederlassen, ihre Waren stapeln und Schiffe ausrüsten konnten, und die Senkung der Zölle in Guangzhou 廣州. Diese Erwartungen erfüllten sich nicht, die Mission scheiterte kläglich – was sich in den zahlreichen gedruckten Berichten allerdings nicht so drastisch anhörte. ((Zur Macartney-Mission: Robert A. Bickers (ed.): Ritual and Diplomacy: The Macartney Mission to China, 1792–1794 (London: British Association for Chinese Studies 1993); James L. Hevia: Cherishing Men from Afar: Qing Guest Ritual and the Macartney Embassy of 1793 (Durhma: Duke Univ. Pr. 19959 – dazu die Rezension: Joseph W. Esherick: “Cherishing Sources from Afar.” Modern China Vol. 24, No. 2 (1998): 135–61 [http://www.jstor.org/stable/189414] bzw. Hevias Antwort: James L. Hevia: “Postpolemical Historiography: A Response to Joseph W. Esherick.” Modern China Vol. 24, No. 3 (1998): 319-327 [http://www.jstor.org/stable/189407] und Eshericks Reaktion: Joseph W. Esherick: “Tradutore, Traditore: A Reply to James Hevia.” Modern China Vol. 24, No. 3 (1998): 328-332 [http://www.jstor.org/stable/189408].
  2. Zu Hickey (1741-1824): John Ingamells, ‘Hickey, Thomas (1741–1824)’, Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004 [http://www.oxforddnb.com/view/article/13208, accessed 28 June 2013]; DOI: doi:10.1093/ref:odnb/13208.
  3. Zur Biographie: Richard Garnett, ‘Alexander, William (1767–1816)’, rev. Heather M. MacLennan, Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004 [http://www.oxforddnb.com/view/article/337, accessed 28 June 2013]; doi:10.1093/ref:odnb/337.
  4. George Staunton: An Authentic Account of an Embassy from the King of Great Britain to the Emperor of China [...] (London 1797) – Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.
  5. William Alexander: The costume of China, illustrated in forty-eight coloured engravings (London: W. Miller 1805) – Digitalisate: Bibliotheca Sinica 2.0.
  6. Vgl. dazu die Anmerkungen bei Mason: Punishments of China.
  7. Vgl. dazu die Abbildung in Staunton, An Historical Account of the Embassy to the Emperor of China … (1797) Tafel zwischen S. 212 und 213.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/763

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Ein Bild sagt mehr … (VII): Mason: The Punishments of China (1801)

Johan Nieuhof hatte im 17. Jahrhundert eine Form von Standard für die Darstellung Chinas etabliert: ‘exotische’ Formen, ‘exotische’ Kleidung, ‘exotisches’ Dekor – dem der Augenzeugen-Bonus Autorität verlieh. Mit den verstärkten Ambitionen Großbritanniens, Handelsbeziehungen mit China zu etablieren, setzte eine neue Phase intensiver Beschäftigung mit China ein. Die Gesandtschaft unter Macartney (1792) sollte Handelsbeziehungen etablieren und den Zugang zum chinesischen Markt öffnen. Eines der Mitglieder dieser Gesandtschaft war der  Maler William Alexander (1767-1816), der die Reise in Skizzen dokumentieren sollte.
Die Zeichnungen, die er auf der Reise durch China anfertigte, illustrierten den Reisebericht von George Staunton[1] und wurden vom Verleger William Miller 1805 unter dem Titel The Costume of China[2] noch einmal auf den Markt gebracht. Damit griff Miller einen Titel wieder auf, den er wenige Jahre vorher schon für einen anderen Band mit Skizzen aus China verwendet hatte – damals für einen Band, der auf Bildern chinesischer Maler basierte.

George H. Mason (fl. um 1800) hatte einige Jahre in China gelebt und die Bilder wohl aus Guangzhou 廣州 nach England gebracht[3]. Die Genrebilder wurden mit Erklärungen in englischer und französischer Sprache versehen[4].

A culprit before a magistrate. Digital ID: 1565308. New York Public Library

“A culprit before a magistrate.” (1804)
Digital ID: 1565308. New York Public Library

Während Masons The Costume of China den ersten Band einer ganzen Reihe ähnlicher Bände bildete (u.a. zu Russland, zur Türkei und zu Österreich), steht Masons zweiter Titel zu China singulär: Ein Jahr nach The Costume of China brachte Miller The Punishments of China (1801)[5]. Gezeigt werden – ohne Hintergrund – Gerichtsszenen und die Anwendung von Folterinstrumenten, jeweils ergänzt durch kurze erklärende Texte.

Diese für den europäischen Betrachter eigenartig anmutende Form der Präsentation trägt dazu bei, China als fremdartig und die chinesische Justiz als besonders grausam darzustellen. Damit wird das nach Reed das Bild vom grausamen Chinesen verstärkt[6]. Eric Hayot sieht Darstellungen als Reaktion auf die gescheiterte Macartney-Mission[7].

Der Ursprung der Bilder ist ungeklärt, Marcia Reed vermutet, dass es sich um Massenware für den Export handelt[8] – Aquarelle, die in Studios in Guangzhou produziert wurden und von Ausländern gekauft und nach Europa gebracht wurden.

 

  1. [George Leonard Staunton/George Macartney/Erasmus Gower:] An authentic account of an embassy from the King of Great Britain to the Emperor of China [...] Taken chiefly from the papers of His Excellency the Early of Macartney, Knight of the Bath, His Majesty’s Embassador Extraordinary and Plenipotentiary to the Emperor of China; Sir Erasmus Gower, Commander of the Expedition, and of other Gentlemen in the several departments of the Embassy. By Sir George Staunton, Baronet … In Two volumes, with engravings …; beside a folio Volume of Plates. (London: Printed by W. Bulmer and Co. For G. Nichol. 1797). Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.
  2. Digitalisat → Bibliotheca Sinica 2.0.
  3. Zu Aquarellen, die für den Export produziert wurden s. Craig Clunas: Chinese Export Watercolours (London: Victoria & Albert Museum, Far Eastern Series 1984).
  4. George Henry Mason: The Costume of China, illustrated by sixty engravings: with explanations in English and French. (London: W. Miller 1800) [ESTC Citation No. T97026].
  5. George Henry Mason/Dadley (graveur): The punishments of China. Illustrated by twenty-two engravings, with explanations in English and French (London: Printed for William Miller 1801) [Digitalisat → Bibliotheca Sinica 2.0]; 2. Auflage 1804.
  6. Marcia Reed: “A Perfume Is Best from Afar: Publishing China for Europe.” In: China on Paper. European and Chinese Works form the Late Sixteenth to the Early Nineteenth Century. Ed. by Marcia Reed and Paola Demattè ( Los Angeles: Getty Research Institute 2007), 9-28, hier 22.
  7. S. dazu das Kapitel “The Compassion Trade: Punishment, Costume, Sympathy.” in: Eric Hayot: The Hypothetical Mandarin: Sympathy, Modernity, and Chinese Pain (Oxford/New York et al.: Oxford University Press 2009)  60-94.
  8. Marcia Reed: “A Perfume Is Best from Afar: Publishing China for Europe.” In: China on Paper. European and Chiense Works form the Late Sixteenth to the Early Nineteenth Century. Ed. by Marcia Reed and Paola Demattè ( Los Angeles: Getty Research Institute 2007), 9-28, hier 22. Vgl. auch: Antonia Finnane: Changing Clothes in China. Fashion, History, Nation (London: Hurst & Company 2007) 27.

Quelle: http://de.hypotheses.org/71955

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