Das wahrgenommene Farbprofil verschiedener Künstler

Die Untersuchung der Farb-Tags zu verschiedenen Künstlern wurde bereits im Blogpost Welche Beachtung schenken ARTigo-Spieler der Farbe im Bild? dargestellt. Diese Information lässt sich auch in einem Netzdiagramm darstellen, so dass man quasi eine Art „Palette“ erhält. Sie zeigt die Unterschiede in der Verteilung der wahrgenommenen Farbverwendung bei den untersuchten Künstlern.

Deutlich sieht man die Schwerpunkte, die die Tags bei den Bildern eines jeden Künstlers bilden. Die Formen der folgenden vier Grafiken, die sich für Giovanni Giacometti, van Gogh, Macke und Marc ergeben, haben gewisse Ähnlichkeit miteinander. Zwischen ihnen ergeben sich darüber hinaus Verbindungen: Macke und Marc waren beide Expressionisten und standen über den Blauen Reiter in Verbindung. Giacometti und van Gogh werden dem Post-Impressionismus zugerechnet.



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Quelle: https://games.hypotheses.org/2216

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“Geheimnisvolle Farbe” aus China? “Das Geheimnis der Farben” neu gelesen

Auf die Bedeutung von Farben für die Kulturgeschichte wurde auch auf de rebus sinicis schon wiederholt hingewiesen[1]. Victoria Finlays Das Geheimnis derFarben. Eine Kulturgeschichte[2] enthält über die zehn Kapitel – Ocker, Schwarz und Braun, Weiß, Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo, Violett – verstreut so manche Passage mit “China-Bezug”.

Die Ausführungen über chinesische Tusche kreisen nicht nur um die Malerei, sondern auch um den Daoismus (S. 110-112). Auch über die Vorbereitungen zum Gebrauch der Tusche wird der Leser informiert: “In China erlebte ich, wie ein Kalligraph ein Stückchen Pinienrußtinte auf dem Tintenstein seines Großvaters zerrieb, noch bevor er sich für die Papiersorte entschied auf der er schreiben wollte.”  (S. 88)

Im Zusammenhang mit der Bedeutung von Farben für das gesellschaftliche Leben und für soziale Hierarchien wird einerseits das dem Kaiser vorbehaltene Gelb (S.

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Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1687

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Farben bei Twenty Fourteen ändern: Links, Menüs und Hintergrund

Neuerdings können bei Twenty Fourteen die Farben des Themas verändert werden. Im Menü “Design > Customize > Farben” können die entsprechenden Einstellungen vorgenommen werden (siehe rote Umrandung).

Bloghaus - Farben 1

Bloghaus - Farben 2

  • “Accent Color” entspricht dabei der Farbe der Verlinkungen und des ausgewählten Menüpunktes (rot in der unten stehenden Abbildung).
  • “Contrast Color” entspricht der Farbe der Widgets und des Menüs sowie der Hintergrundfarbe bei den hervorgehobenen Inhalten (blau in der unten stehenden Abbildung).
  • Bei besonders breiten Bildschirmen wird die Fläche rechts vom Blog mit der “Hintergrundfarbe” gefüllt (gelb in der unten stehenden Abbildung).

Bloghaus - Farben - Customize 2

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Textausschnitt aus dem französischen Originaltext Passer à Twenty Fourteen von Martin Clavey: http://maisondescarnets.hypotheses.org/1896

Übersetzung ins Deutsche und Anpassung: Lisa Bolz

Artikelbild: Mongolfiere innamorate 2008 von ecatoncheires, Lizenz CC BY-NC-SA 2.0

Quelle: http://bloghaus.hypotheses.org/1350

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Farbe vermittelt Spannung. Was sagen die ARTigo-Tags dazu aus?

DaumierGemälde sind statische Gegenstände und als Betrachter können wir sie über einen längeren Zeitraum studieren, den Blick darin schweifen lassen oder Objekte fixieren.

Schauen wir für einen längeren Zeitraum auf einen gleichmäßigen Farbfleck, kann dieser sich in unserer Wahrnehmung verändern und erscheint weniger gesättigt. Vertiefen wir uns in Linienzeichnung, erhält diese bei intensiver Betrachtung neue Aspekte. Ebenfalls tritt dieser Effekt bei der Betrachtung von vielschichtigen Formen auf. Daraus kann man schließen, dass Kunstbetrachtung im Betrachter psychologische und dynamische Prozesse auslöst.

Theorie3

In dem Artikel Das Psychologische in der Kunst: Über Spannung und Entspannung beim Kunsterlebnis habe ich bereits über die Spannung, die Kunstwerke vermitteln, berichtet. Ich möchte wissen, ob eine solche Spannung bei ARTigo-Spielern feststellbar ist. In der obigen Darstellung, die die These von Kreitler & Kreitler verdeutlichen soll, habe ich den für mich relevanten Anteil an Spannung mit einer grünen Ellipse gekennzeichnet. Den Grad dieser Spannung möchte ich ermitteln.

Die These von Kreitler & Kreitler besagt, dass ein Kunstwerk Spannung (grün) vermittelt, was dann dazu beiträgt, dass eine im Betrachter bereits bestehende Spannung (rot) ihre Auflösung findet, was von einem Lustempfinden begleitet ist.

Die Farbtags der Kategorie Landschaft

Bei der Betrachtung der Auswertungen für Landschaftsbilder fällt auf, dass der Anteil der Gelb-, Orange- und Rot-Tags in impressionistischen Bildern höher liegt als in Bildern des Klassizismus. Gleichzeitig ist der Wert für die braunen Farbtags für den Impressionismus deutlich niedriger. Das dürfte daran liegen, dass die impressionistische Malweise weitestgehend auf Zwischentöne verzichtet, was zur Steigerung der Spannung durch Farbe beiträgt. Der Anteil der braunen Farbtags, der zur Vermittlung zwischen Farbkontrasten den Ausgleich in diesen Farbtönen sucht, wurde weniger häufig getaggt als bei den Bildern des Klassizismus.

Impressionismus-LandschaftKlassizismus-Landschaft

Die Farbtags der Kategorie Porträt

Auch die Porträts der Impressionisten haben mehr Farbtags als die Porträts der Klassizisten. Im Gegensatz dazu ist aber die Differenz der Tags aus dem Beige-Braun-Ocker-Bereich bei weitem nicht so groß wie bei den Landschaftsbildern. Meine Erklärung hierfür wäre, dass Porträts insgesamt näher an der Realität orientiert sind als Landschaftsbilder und dass dafür mehr ausgleichende Farbtöne von den Malern verwendet wurden, deren Vorkommen dann mit den entsprechenden Farbtags aus dem Braun-Bereich getaggt wurden.

Impressionismus-PorträtsKlassizismus-PorträtsDie abschließende Auswertung (siehe unten) zeigt den prozentualen Anteil der Farbtags an der Gesamtmenge der Tags für die Bilder eines Künstlers oder einer Gattung bzw. Epoche. Den größten Anteil Farbtags haben die Bilder von Giovanni Giacometti, bei den Bildern Alfred Sisleys ist der Anteil mit 10% am niedrigsten. Schaue ich mir beide Maler in ARTigo an, so komme ich zu dem Schluss, dass im Allgemeinen die Farben der Bilder Giacomettis stark gesättigt sind, die Farben bei Sisley dagegen weit weniger, d.h. er mischte ihnen häufig Weiß bei.

Sättigung ist ein Faktor, der Spannung erhöht

„Sättigung der Farben ist ein Faktor, der die Spannungen einer spannungsgeladenen Farbkombination verstärkt, gleichgültig ob es sich bei den aufeinanderprallenden Farben um komplementäre oder höchst ähnliche Töne handelt. Akzeptieren wir die wahrscheinliche Annahme, dass Sättigung psychologisch mit der Intensität der Farbreize gleichzusetzen ist, so erhalten diese Ergebnisse eine große Bedeutung.“ (Kreitler, S. 54)

Die ARTigo-Spieler versehen Bilder mit gesättigten Farben mit mehr Farbtags. Daher würde ich folgern, dass die durch die gesättigten Farbtöne vermittelte Spannung von den Spielern aufgegriffen wurde und sich im vermehrten Taggen von Farbe ausdrückt.

Farbtags-Gesamt-Außerdem zeigt die Grafik, dass impressionistische Bilder der Gattungen Porträt und Landschaft deutlich mehr Farbtags erhalten haben, als Bilder dieser Gattungen aus der Epoche des Klassizismus. So beträgt der Anteil der Farbtags bei den impressionistischen Porträts 12,7 %, bei klassizistischen Porträts 9,9%. Die Differenz zwischen den Epochen beträgt bei den Porträts 2,8%. Die impressionistischen Landschaftsbilder haben 12,9% Farbtags, die klassizistischen Landschaftsbilder 8.1%. Das macht einen Unterschied von 4,5% zwischen den Epochen dieser Gattung.

„So ist es beispielsweise zu erwarten, daß Gemälde, die bekannte, gewohnte Szenen oder Gegenstände auf herkömmliche Weise darstellen, die Reaktionen auf Farben derart beschränken, daß sie den Assoziationen entsprechen, welche durch die wahrgenommenen Inhalte hervorgerufen werden.“ (Kreitler, S. 83)

Aus der Sicht von ARTigo kann ich diese Annahme bestätigen, denn Bilder aus dem Klassizismus – eine Epoche in der Farben in der „herkömmlichen Weise“ verwendet wurden, erhalten deutlich weniger Farbtags als Bilder aus dem Impressionismus. Impressionistische Bilder vermitteln mehr Spannung, weil in ihnen auf ausgleichende Farbtöne verzichtet wurde und Farbe hier in einer den Sehgewohnheiten heute noch widersprechenden Art und Weise verwendet wird. Zwar sorgen die Bilder nicht mehr wie zu ihrer Entstehungszeit für Skandale. Allerdings ist auch heute noch eine Farbwirkung, die Spannung im Betrachter hervorruft, feststellbar. Dies zeigt der erhöhte Anteil der Farbtags bei den impressionistischen Bildern im Vergleich zu Bildern aus dem Klassizismus.

Die Auswertung der Farbtags ist ein Versuch, die von Bildern erzeugte Spannung erstmals mittels eines quantitativen Ansatzes darzustellen.

Weitere Artikel zum Thema

Die Farbtags des Kunstgeschichtsspiels ARTigo unter der Lupe
Wie ARTigo-Spieler Farbe taggen: Eine abstrakte Betrachtung der Farbtags
Das Psychologische in der Kunst: Über Spannung und Entspannung beim Kunsterlebnis

Literatur:

Hans Kreitler und Shulamit Kreitler: Psychologie der Kunst, 1980

Bild: Honoré Daumier, Triste contenance de la sculpture placée au milieu de la peinture…, 1857, Paris, Bibliothèque Nationale des Arts décoratifs

Digitale Bildquelle: www.artigo.org

 

 

 

Quelle: http://games.hypotheses.org/1779

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Das Psychologische in der Kunst: Über Spannung und Entspannung beim Kunsterlebnis

Studienzeichnung Borghesischer Fechter - Friedrich von Gärtner - 1809Zur Analyse der ARTigo-Farbtags ist zunächst die Erläuterung folgender psychologischer Komponenten des Kunsterlebnisses nötig:

  • Theorien zum Kunsterlebnis
  • Das Modell der Homöostase
  • Die Theorie zum Kunsterlebnis von Kreitler & Kreitler (1972)

Danach werde ich in einem gesonderten Artikel darauf eingehen, wie sich der Aspekt der Spannung auf die ARTigo-Spieler und die von ihnen vergebenen Farbtags auswirkt. Um das richtig einordnen zu können, ist diese kurze Einführung in die Thematik nötig.

Theorien zum Kunsterlebnis – ein paar Basics

Die Psychologie ist die Wissenschaft, die das Erleben und Verhalten des Menschen erforscht. Dazu gehört auch das Kunsterlebnis, für dessen Erklärung man zunächst allgemeine Theorien, die zum Verständnis von Persönlichkeit und Verhalten des Menschen aufgestellt worden waren, heranzog.  Die folgenden Abschnitte geben einen kurzen Überblick über diese Theorien.

Die Psychoanalyse fragt nach der Ursache der Lust des Betrachters. Für sie stellt die Wahrnehmung von Kunstwerken eine Ersatzbefriedigung von kindlichen und primitiven Trieben dar, die auf diese Weise in sublimierter Form erfolgt. Für Freud war die Befriedigung dieser Lust aber lediglich eine „milde Narkose“, und er schrieb „Der Genuß an der Schönheit hat einen besonderen, milde berauschenden Empfindungscharakter.“ [1]

Der psychoanalytische Ansatz wurde in der Wissenschaft vielfach diskutiert und kritisiert und stellt keinen ernstzunehmenden Beitrag zur Erklärung des Kunsterlebnisses dar [2]. Trotzdem scheinen mir die Äußerungen Freuds interessant. Darauf werde ich in einem späteren Artikel gesondert eingehen.

Die Gestaltpsychologie (Ehrenfels, Köhler, Koffka, Wertheimer) postuliert, dass „das Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile oder der Relationen zwischen seinen Teilen“ ist. Hier geht es um die Wirkung der Gestalt, die nicht auf individuelle, sie ausmachende einzelne Elemente reduziert werden kann, sondern als Ganzes wirkt. Die Gestaltpsychologie sucht nach den Bestandteilen, die unsere Wahrnehmung organisieren.

Ihr Beitrag zum Verständnis des Kunsterlebnisses liegt in der Schaffung einer Ordnung der formalen Gesichtspunkte eines Kunstwerks. Trotz der Untersuchung der formalen Aspekte von Kunstwerken löste sie sich nicht vom Inhalt der Werke.

Der Behaviorismus postuliert, dass es sich beim Kunsterlebnis um „ein als Bevorzugungserklärung reflektiertes Geschmacksurteil handele, und dass der Grad der Bevorzugung für das Gesamtkunstwerk die Summe seiner Bevorzugungen für die vereinzelten und einzeln zu betrachtenden Elemente sei“. Ein Kunstwerk besteht also aus vielen einzelnen Elementen, deren positiver Eindruck bei der Betrachtung quasi aufaddiert wird. Die Gesamtsumme macht dann das Geschmacksurteil des Betrachters aus und führt wohl letztlich zu Aussagen wie:“ Das spricht mich an / das finde ich toll / oh wie schrecklich“.

Innerhalb des Behaviorismus nahm Berlyne an, eine besondere Eigenschaft eines Kunstwerks sei, dass es im Betrachter für einen Anstieg der Erregung mit einer nachfolgenden Entspannung sorgen würde. Das Ansteigen der Erregung kommt dabei über den Grad der Neuartigkeit und der Komplexität zustande. Das genaue Betrachten und Erforschen eines Werkes sorgt für Entspannung, wobei der Anstieg der Erregung von Lust begleitet sein kann. Berlyne stellte erstmals fest, dass ein Kunstwerk „Reizvariablen“ enthält, wie Neuartigkeit, Komplexität, Überraschung und Vielartigkeit von Elementen.

Die Informationstheorie betrachtet Kommunikation unter einem technisch-mathematischen Konzept. Das bekannte Sender-Empfänger-Modell von Shannon & Weaver (1949) beschreibt, wie Information zwischen einem Sender und Empfänger übertragen wird und nennt einige Bedingungen, wie passende Kodierung oder Störungen, unter welchen Information durch einen Kanal fließt.

Auf die Kunst angewandt bedeutet dies, dass bei ihrer Betrachtung Information übertragen wird. Beinhaltet die Information Ungewissheit, so kann dies zur Frustration (also Spannung) beim Betrachter führen. Ideal ist also Information, die über eine gewisse Dichte verfügt. D.h., enthält sie wiederholte Inhalte, die redundant sind, dann langweilt sie. Enthält die Information zu viel Inhalte, ist also zu wenig redundant, dann überfordert sie den Betrachter und löst Chaos aus.

Die Informationstheorie bietet nur in begrenztem Maß eine Erklärung für das Kunsterlebnis. Sie analysiert zwar einige Aspekte der formalen Struktur von Kunstwerken, und ein informativer Aspekt ist Kunst sicher nicht abzusprechen, aber die Reduzierung des Erlebnisses „auf Auslösung, Frustrierung und Bestätigung von Erwartungen“ (Meyer, 1959) ist zu wenig.

Gemeinsamkeiten der Theorien

Alle Theorien haben folgende Gemeinsamkeiten:

  • Sie erklären das Kunsterlebnis mit allgemeinen Konzepten der Psychologie
  • Sie legen das homöostatische Modell zugrunde (sh. folgender Abschnitt)
  • Sie nehmen an, dass das Erleben von Kunst durch Spannung und Entspannung wesentlich beeinflusst wird [2].

Das Modell der Homöostase

Ein Organismus ist auf das Herstellen eines Gleichgewichtszustandes ausgelegt. Ein Regelkreis, der durch innere oder äußere Störungen, die Spannung vermitteln, beeinflusst wird, verwertet dazu die Information über das Maß und die Art von Veränderung seiner Umwelt und reagiert darauf, um einen Ausgleich, also Entspannung, wiederherzustellen. Das Herstellen des Ausgleichs kann einen Lernprozess oder eine Entwicklung (Evolution) einschließen, da nicht nur das Wiederherstellen eines Gleichgewichts erreicht wird, sondern durch das Lernen zur Einrichtung von stabilen Gleichgewichtszuständen kommen kann [3].

Als Beispiel wäre zu nennen, dass der Organismus bei starker Sonneneinstrahlung und Wärme mit Schweißabsonderung reagiert, um sich abzukühlen. Als Lernprozess könnte folgen, dass er zukünftig eine zu starke Wärme vermeiden wird.

Die Homöostase können z.B. folgende Zustände stören:

  • Bestehende, nicht gelöste Probleme,
  • Unvollendete Aufgaben,
  • Figuren, die das Gestaltprinzip verletzen [2] ,
  • Unzufriedenheit über Lebenssituationen oder –umstände,
  • Der eigene Minderwert, ob bewusst oder unbewusst vorhanden.

Dabei ist zu bemerken, dass die Aussicht des Individuums, den Spannungsausgleich wiederherzustellen, häufig von Lust begleitet wird oder zumindest als angenehm empfunden wird. Z.B. gehört die Aussage „Vorfreude ist die schönste Freude“ in diesen Zusammenhang [2].

Die Theorie zum Kunsterlebnis von Kreitler & Kreitler (1972)

Wie bereits erwähnt, wurden die vorstehenden Theorien aufgestellt, um das Erleben von Menschen in einem allgemeinen Kontext zu erklären.

Hier noch einmal eine grafische Darstellung des Prinzips bezüglich Spannung und Entspannung der o.g. Theorien :

Theorie1

Das auf Ausgleich angelegte Individuum empfindet Spannung, die es aufzulösen gilt, was ein von Lustempfinden begleiteter Prozess sein kann.

Kreitler & Kreitler erschien dieses Prinzip aber unlogisch und sie stellten in der Folge eine eigene Theorie auf, die speziell das Kunsterlebnis erklären sollte. Sie fragten sich, warum ein nach Ausgleich strebender Organismus von sich aus nach Spannung suchen sollte? Deshalb postulierten sie, „daß eine der Hauptmotivationen der Kunst Spannungen sind, die in dem Betrachter bereits vor seiner Beschäftigung mit dem Kunstwerk bestehen. Das Kunstwerk vermittelt die Erleichterung und Entspannung dieser bereits existierenden Spannungen durch die Schaffung neuer spezifischer Spannungen.“ [2]

Theorie2-

 

 

 

Kreitler & Kreitler (1972) stellten somit die Hypothese auf, dass die Beschäftigung mit Kunst deshalb gesucht wird, weil eine im Betrachter bereits bestehende Spannung durch die Betrachtung der Kunstwerke verstärkt wird, was dann zu einer Lösung der vorbestehenden Spannung führt und ein von Lust begleiteter Prozess ist [2].

Um dies besser verstehen zu können, möchte ich als Beispiel die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson anführen. Bei Stress und Spannungsgefühlen ist dies eine seit etwa 90 Jahren bewährte Therapie. So bewährt, dass die Übungen an vielen Volkshochschulen gelehrt werden.

Bei dieser Methode spannt man verschiedene Muskelgruppen für einige Sekunden stark an und lässt dann abrupt wieder los, was zu einer Lockerung der bereits bestehenden (Ver-)spannung führt. Beim Lösen der bewusst herbei geführten Anspannung verbreitet sich sofort ein sehr angenehmes Wohlgefühl in der Muskelpartie.

Wie bei der Progressiven Muskelentspannung, die auf physischer Ebene wirkt, soll das Betrachten von Kunst also auf psychologischer Ebene wirken. Die vorbestehende diffuse Spannung (rote Schrift) soll durch Zugabe der Spannung, die durch Kunstwerke vermittelt wird (schwarze Schrift) aufgelöst werden.

Meine weiteren Betrachtungen hinsichtlich der Spannung, die durch das Kunsterlebnis vermittelt werden, werde ich auf Basis der Theorie von Kreitler & Kreitler vornehmen, weil mir diese – im Vergleich zu den anderen genannten Theorien – schlüssiger und vollständiger erscheint. Gleichzeitig frage ich mich aber, ob und in welchen Fällen die vorbestehende Spannung mit aufgelöst wird. Im Gegensatz zu Kreitler & Kreitler sehe ich in diesem Punkt weiteren Differenzierungsbedarf.

Spannung und Entspannung bei Farbkombinationen

Um Spannung und Entspannung von Farbkombinationen zu untersuchen, ließen Kreitler & Kreitler ihre Probanden Farbkärtchen sortieren. Die Quintessenz ihrer Ergebnisse bezüglich des Untersuchungsgegenstandes Farbe lautet, dass bestimmte Farbkontraste, wie der Komplementärkontrast oder zwei einander ähnliche Farbtöne, Spannung vermitteln. Entspannung wird hingegen von Zwischentönen und Grautönen vermittelt.

Natürlich gibt es seitens des Betrachters sowie des Kunstwerks einige Variablen. Das Vorwissen des Betrachters ist wichtig oder auch wie sehr er sich auf das Kunstwerk einlassen oder einfühlen kann. Davon hängt ab, wie stark die Spannungen des Kunstwerks sind, die es vermittelt. Sind sie zu stark, wendet er sich ab, reagiert verärgert oder mit Angst, sind sie zu schwach reagiert er mit Langeweile, wenn der Grad an Neuem nicht ausreicht. Trotzdem kann man ganz allgemein feststellen, dass Farbe in Kunstwerken Spannung im Betrachter hervorruft [2].

Für mich schließen sich zwei Fragen an, die ich in den folgenden Artikeln klären möchte:

  1. Kann man einen Hinweis auf die Spannung, die Farbe vermittelt, auch bei ARTigo-Spielern finden?
  2. Welcher Art müssen die diffusen, im Betrachter vorbestehenden Spannungen sein, damit sie bei der Kunstbetrachtung aufgelöst werden können? Welche Spannungen können nicht aufgelöst werden?

Literatur

[1] Sigmund Freud: Das Unbehagen in der Kultur, 1930

[2] Hans Kreitler und Shulamit Kreitler: Psychologie der Kunst, 1980

[3] Konrad Lorenz: Die Rückseite des Spiegels. Versuch einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens, 1977

Bild: Friedrich von Gärtner, Studienzeichnung Borghesischer Fechter, 1809, München, Architekturmuseum der Technischen Universität

Digitale Bildquelle: www.artigo.org

Quelle: http://games.hypotheses.org/?p=1743

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Die Farbtags des Kunstgeschichtsspiels ARTigo unter der Lupe


giovanni giacomettiAllgemeines zu Form und Farbe

Ein Gemälde besteht aus Farben und Formen. Zwar haben Formen für uns eine primäre Bedeutung, aber von Seiten der Wahrnehmung ist Form ein sekundäres Merkmal. Farbe schafft Form. Wo unterschiedliche Farbflächen aneinandergrenzen, entsteht eine Kontur, bzw. ergibt sich eine Form [1].

Die Farbtags bei ARTigo

Die Wortarten in ARTigo verteilen sich hauptsächlich auf Substantive, die einen Anteil von 83,3% aller vergebenen Tags ausmachen, Adjektive von 12,5% und Verben von 3,5%. Es gibt noch weitere Wortarten, aber deren Anteil ist zu gering, als Erwähnung zu finden [2].

Bei den Adjektiven bezeichnet der überwiegende Teil Farbe. Das sind also Tags wie z.B. „rot“, „grün“ oder „gelb“. Was sollen die vielen Farbtags? Aus Sicht eines Kunsthistorikers sind sie – da die Tags ja zur Verschlagwortung der Bilder dienen – eher eine Enttäuschung. Was soll man mit 20 Rot-, 35 Blau-, 40 Weiß-, 38 Schwarz-, 15 Braun- und 18 Grün-Tags, die von mehreren Spielern für ein Bild vergeben wurden, denn anfangen?

Und überhaupt: Warum taggen Spieler so häufig Farbe? Man könnte argumentieren, dass sie ja dafür Punkte bekommen. Wenn dem so wäre, würden sie immer Farben taggen, wenn sie ein farbiges Bild während des Spiels sehen. Dann müssten alle Bilder in etwa einen gleichen Prozentsatz von Farbtags aufweisen. Dem ist aber nicht so. Ich habe große Unterschiede bezüglich des Anteils der Farbtags an der Gesamtmenge von Tags bezüglich einer definierten Selektionsmenge festgestellt.

Die Art der Farbtags

Es werden in der Regel allgemeine Farbbezeichnungen wie „rot“, „grau“ oder „braun“ getaggt. Von den Farbnuancen werden am häufigsten „hellblau“, dann „dunkelblau“ getaggt. Es gibt auch schon mal Tags wie „hellrot“ oder „dunkelrot“, „hellgrau“ oder „dunkelgrau“, sowie „hellgrün“ oder „dunkelgrün“, insgesamt aber sehr wenig. Als einziger konkreter Blauton wird noch „azur“ getaggt. Doch das auch nur vereinzelt. Und das war es dann schon.

Warum taggen Spieler hauptsächlich einfache Farbnamen?

Tags wie „preußischblau“ oder „chromdioxidgrün“ sind absolute Einzelfälle und können deshalb vernachlässigt werden. Für eine Begründung muss man sich die Spielsituation vor Augen führen: Die Spieler haben eine Minute Zeit, um das angezeigte Bild zu taggen. Und da gibt es in der Regel mehr zu benennen, als Farben. In der Kürze der Zeit werden die Farben daher von den Spielern nur kategorisiert.

Abfrage und Zusammenfassung der Farbtags

Für die Farbanalysen frage ich folgende Farben ab, für die ich nur wenige Platzhalter verwende, weil ich festgestellt habe, dass die Ergebnismenge dann um Nicht-Farbtags erweitert wird. Frage ich „*ocker“ ab, erhalte ich im Ergebnis auch Tags wie „Hocker“. Deshalb habe ich die Abfrage auf folgende Begriffe hin optimiert:

siena, ocker, *braun, beige, schwarz, weiss, schwarzweiss, hellgrau, dunkelgrau, rot, hellrot, dunkelrot, orange, gelb, bunt, farbig, grün, hellgrün, dunkelgrün, türkis, blau, hellblau, dunkelblau, himmelblau, violett, lila, azur*, gold, silber, rosa, hellrosa.

In einem zweiten Schritt fasse ich die Tags, die verschiedene Töne bezeichnen, zur Hauptkategorie zusammen. Beispielsweise fasse ich „blau“, „hellblau“, „dunkelblau“, „himmelblau“ und „azur“ zu „blau“ zusammen:

  • Blau = blau + hellblau + dunkelblau + himmelblau + azur
  • Grau = grau + hellgrau + dunkelgrau
  • Grün = grün + hellgrün + dunkelgrün
  • Braun = braun + hellbraun + dunkelbraun
  • Rot = rot + hellrot + dunkelrot
  • Violett = violett + lila
  • Braun = braun + ocker + siena + beige
  • Farbig = farbig + bunt

Farbtags wie „silber“, „gold“, „schwarz“, „weiss“, „schwarzweiss“, „orange“, „türkis“ und „rosa“ werden in der Auswertung als einzelne Kategorie berücksichtigt, also nicht weiter zusammengefasst.

Mich interessiert, welche Unterschiede es bezüglich des Anteils der Farbtags bei abstrakten und gegenständlichen Abbildungen oder auch verschiedenen Stilepochen, wie impressionistischen vs. klassizistischen Bildern gibt. Diesen und weiteren Fragen werde ich in den nächsten Artikeln nachgehen.

 

Literatur:

Bild: Giovanni Giacometti, Waldinneres im Winter, Privatbesitz, 1929/1931, Digitale Quelle: www.artigo.org

[1] Hans Kreitler und Shulamit Kreitler: Psychologie der Kunst, 1980

[2] Elena Levushkina: Computerlinguistische Methoden in Community-basierten Anwendungen, 2014 (Dissertation)

Quelle: http://games.hypotheses.org/1661

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(K)Eine Farbe mit viel Geschichte. Weiß im 16. Jahrhundert

 

Die französische Historiographie hat sich immer wieder mit der Geschichte der Farben befasst.  Was in der Kunstgeschichte auch in Deutschland gängig ist, konnte sich für die Frühe Neuzeit hierzulande an den Historischen Seminaren nie so recht durchsetzen. Dabei ist die Geschichte der Farben mehr als nur ein buntes Durcheinander vergangener Kolorierungen. Michel Pastoureau ist der vielleicht beste Kenner dieser Geschichte und hat ihr als Mediävist ein reiches Werk gewidmet. Auch für die Reformationszeit liegt von ihm ein Aufsatz vor, in dem er sich mit […]

 

 

Quelle: http://catholiccultures.hypotheses.org/1862

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