Jarmila Kašpárková: Gedächtnis und Observanz – die Chroniken des Bernard Sannig für das Klarissenkloster in Znaim (Abstract)

Jarmila Kašpárková (Univerzita Palackého v Olomouci): Gedächtnis und Observanz – die Chroniken des Bernard Sannig für das Klarissenkloster in Znaim 

Abstract des Vortrags bei der Tagung “MONASTICA HISTORIA II: Ordenshistoriographie in Mitteleuropa – Gestaltung und Wandlung des institutionalen und persönlichen Gedächtnisses in der Frühen Neuzeit”, die am 22. und 23. September 2014 im Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten stattfand.

 
Im Jahre 1687 verließ Bernard Sannig seine Funktion in der böhmischen Franziskanerprovinz und wurde ins Znaimer Franziskanerkloster geschickt. Er war insgesamt zweimal Provinzial (1675–1678, 1685–1687) und übte auch andere Ämter aus. Außerdem schrieb er wichtige theologische Bücher, als Provinzial regte er zu strikter Observanz an und – da er auch das Gedenken wichtig fand – führte eine seiner Entscheidungen zur Entstehung von Chroniken in allen Häusern seiner Provinz.

Im Znaimer Kloster der Minderbrüder, welches mit dem Klarissenkloster verbunden war, lebte Sannig bis zu seinem Tod im Jahre 1704. Während dieser Zeit widmete er den Klarissen viel Zeit. Als Provinzial bearbeitete er für die Schwestern normative Schriften (Auslegung der Regel, Statuten), damit die Klarissen alle tridentinischen Vorschriften befolgen konnten; er schrieb auch liturgische Instruktionen. Jetzt, nach dem Jahr 1687, ordnete Sannig das Archiv des Klosters und begann die Chronik zu schreiben.

In meinem Beitrag konzentriere ich mich auf diese Quelle. Die Chronik von Bernard Sannig gilt als unikale Schrift; die Znaimer Klarissen haben das historische Werk nach dem Jahr 1700 weitergeführt. Das Buch wurde bis zur Aufhebung des Klosters geschrieben. Welche Form nutzte Sannig für seine Einträge und welche Form wählten die Klarissen? Welchen Themen widmete sich Sannig und was wurde von den Schwestern betont? In welchem Sinn und in welcher Weise wurde die Geschichte von Sannig und den Klarissen gebildet?

 
 
Jarmila Kašpárková, Doktorandin am Lehrstuhl für Geschichte an der Palacký Universität in Olomouc. Thema der Dissertation: Klöster Klarissen und Franziskaner-Tertiarinnen in den frühneuzeitlichen böhmischen Ländern. Während des Studiums absolvierte sie Stipendienaufenthalte in der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel und in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien.

Publikationstätigkeit: Klöster der Klarissen und Franziskaner-Tertiarinnen in den Böhmischen Ländern zwischen den Konventualen und Observanten im Laufe der Nachtridentinischen Reformen. In: Frühneuzeitforschung in der Habsburgermonarchie. Adel und Wiener Hof – Konfessionalisiserung – Siebenbürgen. István Fazekas, Martin Scheutz, Csaba Szabó u. Thomas Winkelbauer (Wien 2013) 201-221; mit Martin Elbel, Continuity and Reform: The Znojmo Poor Clares and the Bohemian Franciscan Province in the Early Modern Period. In: Archivum Franciscanum Historicum 105 (2012) 165-196.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/8164

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Mord an einem Franziskaner

Es passiert im Dezember 1631 auf dem Gebiet des Herzogtums Württemberg. Ein Franziskanermönch befindet sich auf dem Weg von Heilbronn zu dem erst vor kurzer Zeit restituierten Klarissenstift in Pfullingen, wo er als Beichtvater erwartet wird. Doch er wird dort nie ankommen: Ein Reiter fängt ihn in der Nähe von Asperg ab, bringt ihn um und raubt ihn aus. Zunächst einfach nur die Geschichte eines Mordes, wie sie zigfach auch in diesen Zeiten belegt ist.

Welche vielfältigen Bezüge sich aus diesem Vorfall ergeben, wurde in einem Vortrag deutlich, den Oleg Rusakovskiy letztens auf einem Workshop an der Uni Tübingen hielt. Er tat dies auf der Grundlage umfangreicher württembergischer Kriminalakten, die den mehr als zwei Jahre dauernden Prozeß zu diesem Mordfall dokumentieren. So versuchte auch Kurfürst Maximilian von Bayern Einfluß auf das Verfahren zu nehmen. Daß die Ermordung eines Ordensmanns auch in München registriert wurde, erstaunt vor allem deswegen, weil der Kurfürst angesichts der akuten militärischen Bedrohung durch die schwedische Armee eigentlich ganz andere Sorgen hatte.

Der ermordete Franziskaner besaß übrigens eine Salvaguardia, ausgestellt von der schwedischen Armee, die zu dem Zeitpunkt schon in Heilbronn stand. Er stand damit unter dem Schutz der schwedischen Waffen, der Mörder mißachtete also die Autorität des schwedischen Schutzbriefes. Dessen Situation konnte auch dadurch nicht besser werden, daß er, wie sich herausstellte, unter den schwedischen Fahnen als Kavallerist gedient hatte. Denn eigentlich achtete jede Armee genau darauf, daß ihre Militärgerichtsbarkeit beachtet wurde und sich andere, territoriale Gerichte hier nicht einmischten.

Gegen den unter Mordverdacht angeklagten Reiter wurden erdrückende Indizien beigebracht: In seinem Haus fand man mit dem Almosenkasten ein Beutestück, das der Mönch bei sich geführt hatte. Was konnte der Reiter da noch zu seiner Verteidigung beibringen? Er spielte die konfessionelle Karte und bediente sich Versatzstücke des antikatholischen Diskurses: Mit dem Verweis darauf, der Überfallene sei für ihn als Franziskaner ein „Schelm“ und „Landsverderber“, suchte er seine Untat zu rechtfertigen. Natürlich beurteilte der Franziskanerorden den Ermordeten ganz anders und erkannte in ihm einen Märtyrer des Glaubens.

Dies alles sind nur knappe Schlaglichter auf einen Vorfall, der gerade aus seiner Komplexität seinen großen Reiz gewinnt. Sicherlich sind derartige Geschichten nicht immer leicht zu entwirren, aber sie helfen doch, die Verhältnisse dieser Zeit ganz wunderbar zu veranschaulichen. Man kann sich jedenfalls darauf freuen, irgendwann einmal die komplette Analyse dieses Ereignisses nachlesen zu können. Dabei steht der Ausgang der Geschichte schon fest: Der Mörder des Franziskaners wurde zu einer Zahlung einer für seine Verhältnisse gewaltigen Summe Geld verurteilt – aber er kam immerhin mit dem Leben davon. Zumindest vorerst, denn einige Zeit später fand auch er ein gewaltsames Ende.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/295

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Die Ursprünge der Mystik – eine Einführung

Der Begriff Mystik (griechisch: mystikós: „geheimnisvoll“) findet seine erste Verwendung in der griechischen Philosophie und Religion in der Antike. Die Stationen der weiteren Entwicklungen der antiken Mystik reichten von der platonischen theoria über die Mysterienkulte und der philosophischen Mystik des Plotin bis hin zum antiken Christentum.1

Die sogenannte Christliche Mystik hatte vermutlich im 4. Jhr. n. Chr. ihren Ursprung. Vermutlich wurde von den Kirchenvätern, wegen der wachsenden Anzahl der Heidenchristen in den Kirchen, in der Theologie und Spiritualität nach „neuen und fruchtbaren Wegen zu Gott gesucht“.2 Im Kern ist die Christliche Mystik als christliche Spiritualität mit Konzentration auf die Gotteserfahrung zu beschreiben. Durch die auf Theorien und Lehren basierenden Praktiken sollen die Erfahrung und das Erlebnis der innerlichen Einswerdung mit Gott und seiner unergründlichen Unendlichkeit für den Mystiker möglich werden.3 Die sogenannte unio mystica ist eine religiös-spirituelle Erfahrung und spielt in der christlichen Mystik die zentrale Rolle. Ursprünglich wurde der Begriff unio mystica von Dionysius Areopagita um 500 n. Chr. als mystiké henôsis geprägt und wurde dann als lateinischer Begriff unio mystica (zunächst auch als Mystische Theologie übersetzt) ab dem 13. Jhr. eingeführt, um sich dann ab dem 15./16. Jhr. fest im Sprachgebrauch zu etablieren.4

Die Christliche Mystik lässt sich auch als eine Fortführung von der im Alten Bund praktizierten Prophetie und von der im Neuen Bund unter den Aposteln erlebten Charismatik  auffassen.5 Diese Fortführung, aber auch die Adaption der mystischen Lehren aus der griechischen Religion und Philosophie, wurde von den Kirchenvätern wie Aurelius Augustinus, Ambrosius und Gregor der Große in der Spätantike durch ihre Schriften und Lehren initiiert und mit der von Mönchen entwickelten monastischen Mystik im Mittelalter übernommen.6 Sieht man von Johannes Scottus Eriugenas erfolglosen Bemühungen aus dem 9. Jhr. ab, die philosophische Mystik mit der Theologie zu vereinen, so war der Zeitpunkt für den Aufbruch einer neuen Mystik das Jahr 1200.7

Noch im 12. Jhr. wurde die Christliche Mystik von den klösterlichen Schriften der Zisterzienser und Viktorianer geprägt, untern ihnen führend der Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux, der die persönliche Gotteserfahrung zu einem ähnlich wichtigen Bestandteil geistliches Lebens erhob, wie die eigentliche Beschäftigung mit der Heiligen Schrift.8 Frühe mittelalterliche Mystik bestand bis zum 13. Jhr. vor allem darin, sich von der Welt zurückzuziehen und sich einer geistlich-privilegierten Gemeinschaft im Kloster anzuschließen.9 Neue Formen religiösen Lebens entstanden ab 1200 mit den städtisch ansässigen Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner sowie den Beginen. Mit ihrem Wirken in den Städten und der Verbreitung der Lehren der Armutsmystik sowie der vita apostolica schwand auch allmählich die Überzeugung von der Notwendigkeit der Weltflucht und dem Rückzug in ein geistlich-abgeschiedenes Leben: Eine Erfahrung von Gottes Gegenwart konnte nunmehr jedem Menschen widerfahren, egal an welchem Ort, denn sie war nicht mehr nur geistlich Privilegierten vorbehalten.10

Gegen Ende des 12. Jhr. erreichte die monastische Mystik ihren Höhepunkt und mit dem Jahr 1200 ging ihre Relevanz mit der Neuentstehung der scholastischen Theologie, die an den neu entstehenden Universitäten gelehrt wurde, zurück.11 Die mittelalterliche Theologie setzte sich nun aus der monastischen, der scholastischen und der volkssprachlichen Theologie zusammen.12 Durch die Bemühungen der Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner im 12. und 13. Jhr. wurde ab dem 14. Jhr. auch im geistlich-theologischen Bereich statt Latein vorwiegend die deutsche Volkssprache praktiziert.13 Zudem entstand etwa ab der Mitte des 12. Jhr. eine Frauenmystik, deren Anhängerinnen eine fromme und enthaltsame Lebensweise in religiösen Gemeinschaften führten.14

Eine der hauptsächlichen Ausprägungen der Christlichen Mystik im späten Mittelalter war die Deutsche Mystik, die mit Beginn des 14. Jhr vor allem in den südlichen Gebieten Deutschlands ihren Anfang als Bewegung von verschiedenen Mystikern nahm. Die Schriften und Lehren der Deutschen Mystik wurden größtenteils in der zeitgenössischen deutschen Sprache angefertigt.15 Auch die Frauenmystik entwickelte sich im 14. Jhr. zu einem immens wichtigen Bestandteil der Deutschen Mystik weiter.16 In der Deutschen Mystik wurde nicht nur die altchristliche Mystik aufgegriffen, sondern es wurden auch Lehren aus der heidnisch-griechischen Welt aufgegriffen.17 Die Literatur der Deutschen Mystik bestand vor allem aus „Traktaten, Schriftkommentaren, Briefen, Predigten und Autobiographien“.18

 

Empfohlene Zitierweise: Blümel, Jonathan (2012): Die Ursprünge der Mystik – eine Einführung. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 


Bibliographie:

  1. Dinzelbacher, Peter: Christliche Mystik im Abendland. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zum Ende des Mittelalters. Paderborn u.a. 1994. S. 35-41 ; Langer, Otto: Christliche Mystik im Mittelalter : Mystik und Rationalisierung – Stationen eines Konflikts. Darmstadt 2004. S. 51-69.
  2. Haas, Alois: Mystik im Kontext. München 2004. S. 50 ; Langer 2004. S. 80.
  3. Haas, Alois M.: Sermo mysticus: Studien zu Theologie und Sprache der deutschen Mystik. Fribourg 1979. S. 256.
  4. Haas 2004, S. 53-62
  5. Haas 1979, S. 257 ; Langer 2004, S. 80ff..
  6. McGinn, Bernard: The Flowering of mysticism: men and women in the new mysticism, 1200-1350. New York 1998. S. 2 u. 12 ; McGinn, Bernard: The Changing Shape of Late Medieval Mysticism. In: Church History, Vol. 65, No. 2 (Jun., 1996). S. 198.
  7. Langer 2004, S. 131ff..
  8. McGinn 1996, S. 197.
  9. Haas 1979, S. 259 ; McGinn 1996, S. 198.
  10. McGinn 1996, S. 198 ; Langer 2004, S. 211-218.
  11. McGinn 1998, S. 3 ; Langer 2004, S. 152.
  12. McGinn 1998, S. 19.
  13. McGinn 1998, S. 22ff. ; Haas 1979, S. 258f..
  14. Langer 2004, S. 227 ; Dinzelbacher 1994, S. 194.
  15. McGinn 1998, S. 21 ; Haas 1979, S. 255.
  16. McGinn 1998, S. 15 ; Haas 1979, S. 260.
  17. Haas 1979, S. 258.
  18. Haas 1979, S. 255.

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Quelle: http://jbshistoryblog.de/2012/08/die-ursprunge-der-mystik-eine-einfuhrung/

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