Im vergangenen Jahr wagte sich der MDR an ein innovatives Format der Geschichtsvermittlung. In 244 zwischen dem 4. Oktober und dem 10. November verfassten Tweets auf dem Microblogging-Dienst Twitter sollte an die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze am 9. November 1989 erinnert werden. Diese Darstellung des aus den unterschiedlichsten Perspektiven (Journalist, DDR-Bürger, Grenzsoldat usw.) beleuchteten historischen Ereignis verfolgten mehrere hundert Follower.
#OberstleutnantJaeger Ich sehe jubelnde Menschen, die einfach in den Westen laufen. Schaue schweigend zu.
— 9Nov89live (@9Nov89live) November 9, 2012
Auf der Homepage des MDR sind bis heute zusätzliche Informationen zur Konzeption des Projekts, zu den historischen Hintergründen und den dargestellten Personen einsehbar.
Seit einigen Tagen erregt ein vergleichbares Projekt überregionales Aufsehen und wurde zuletzt im englischsprachigen Teil von SpiegelOnline und bei Tagesschau.de prominent besprochen. Unter dem Accountnamen “Heute vor 75 Jahren” @9nov38 bloggen fünf junge Historikerinnen und Historiker zu den Ereignissen rund um den 9. November 1938. Was zunächst wie eine Neuauflage der Idee des MDR anmutet, folgt jedoch einem anderen Ansatz. Auf der begleitenden Homepage wird der wissenschaftliche Ansatz betont, dem sich Macher verpflichtet fühlen und den sie beim letztjährigen Projekt vermissten. Alle Tweets orientieren sich an Quellen, sind nach wissenschaftlichen Maßstäben ausgewählt und aufbereitet worden und werden im Anschluss an das Projekt auf der Homepage durch die entsprechenden Quellennachweise und Literaturverweise belegt.
In Kassel werden gerade die Kultgegenstände der Synagoge in der Unteren Königsstraße auf dem Vorplatz zerstört und verbrannt.
— Heute vor 75 Jahren (@9Nov38) November 7, 2013
Ergänzt wird dieses Angebot durch selbstreflektierende Ausführungen zur Auswahl der Quellen, zur Gestaltung und zeitlichen Platzierung der Beiträge sowie durch kurze Darstellungstexte zu ausgewählten Themen wie der nationalsozialistischen Presselandschaft und der Propaganda.
Bemerkenswert an dem Projekt ist die Tatsache, dass es sich bei den fünf Autoren um junge Historikerinnen und Historiker handelt, die sich noch im Studium befinden oder jüngst ihren Abschluss erworben haben. Die Professionalität und das Engagement ist vorbildlich.