aventinus classica Bd. 1 [31.03.2013]: Quellen. Eine geschichtswissenschaftliche Grundkategorie. Hamburg: Diplomica Verlag 2013

Mit “Quellen. Eine geschichtswissenschaftliche Grundkategorie” ist der erste Band der Schriftenreihe von aventinus erschienen. Er behandelt Methoden und Hilfsmittel der Quellenarbeit sowie Beispiele aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Neuzeit. http://www.aventinus-online.de/index.php?id=3390

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/03/4012/

Weiterlesen

Die Kapuziner in der Schenkenschanz (1635)

Im Jahr 1635 gelang den spanischen Truppen am Niederrhein noch einmal ein großer Coup: Völlig überraschend nahmen rund 500 Soldaten der geldrischen Garnison am 28. Juli 1635 die Schenkenschanz ein. Diese Landspitze, die durch die Aufspaltung des Rheins in die Waal und den Nederrijn entstanden war, hatte eine immense strategische Bedeutung, zumal in dieser Gegend die Grenze zwischen dem Herzogtum Kleve und den Generalstaaten verlief. Letztere hatten diesen Ort schon früh im Achtzigjährigen Krieg besetzt und zu einer starken Festung ausgebaut – sie galt als das Tor zu den Niederlanden. Auf den Erfolg der Spanier, der eine unmittelbare Bedrohung darstellte, leiteten die Generalstaaten umgehend Maßnahmen zur Wiedergewinnung dieser zentralen Position ein: Bereits wenige Tage später begann die Belagerung der Schenkenschanz.

Ungeachtet dieser fortwährenden kriegerischen Auseinandersetzungen setzten die Spanier auch bald schon ein konfessionspolitisches Zeichen. Denn im Herbst 1635 wurden die ersten Kapuzinerpatres in die Schenkenschanz entsandt; es sollte offenbar der Grundstein für einen Konvent des Ordens gelegt werden, der im Schutz der Garnison seine gegenreformatorische Wirkung entfalten sollte. Man versprach sich einige Gestaltungsmöglichkeiten, denn um den Konvent entspann sich sofort eine Konkurrenz zwischen den rheinischen und den flämischen Kapuzinern.

Selten wird die Bedingtheit von militärischem Erfolg und dessen konfessionspolitischer Ausnutzung so sinnfällig wie hier. Dabei kann man sich fragen, ob die Einrichtung eines Konvents zumal in dieser frühen Phase nicht vor allem einen symbolischen Charakter hatte. An ein echtes gegenreformatorisches Wirken war in dieser Situation gar nicht zu denken. Das lag aber nicht nur an der Belagerung durch die niederländischen Truppen; auch die nach wie vor starken generalstaatischen Garnisonen in den Städten des Herzogtums Kleve verdeutlichten, wie militärisch unentschieden die Lage nach wie vor war. So wurde mit der Kapuzinerresidenz vor allem ein Zeichen gesetzt gegen die „widrige Religion“ – und dies ließ sich auch als unmittelbare Antwort verstehen auf die evangelische Kirche, die erst im Jahr 1634 im Bereich der Schenkenschanz gebaut worden war.

Natürlich ist mir klar, daß diese Episode nicht zum Dreißigjährigen Krieg gehört, sondern zum Konflikt zwischen der spanischen Krone und den Generalstaaten. Doch spielte sich dieser Krieg zeitgleich auch auf Reichsboden ab, und gerade der Niederrhein war die Region, in der sich die Heere beider Konflikte auf engstem Raum begegneten. Als Hinweis auf den Themenkomplex von Konfessionalisierung und Krieg ist die Gründung dieses Kapuzinerklosters allemal wichtig genug.

Die Geschichte der Kapuziner in der Schenkenschanz war ausgesprochen kurz. Die Belagerung dauerte noch bis Ende April 1636, dann fiel die Feste wieder an die Generalstaaten – und das war auch das Ende des Konvents. Einschlägige Informationen dazu finden sich im Nordrheinischen Klosterbuch. Lexikon der Stifte und Klöster bis 1815, Teil 2: Düsseldorf bis Kleve (hrsg. von Manfred Groten, Georg Mölich, Gisela Muschiol, Joachim Oepen), das in Kürze erscheinen wird. (An der Stelle gilt mein Dank dem Autor Manuel Hagemann und dem wiss. Fachredakteur Wolfgang Rosen dafür, daß ich freundlicherweise den einschlägigen Artikel vorab einsehen konnte.)

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/82

Weiterlesen

Donny Gluckstein: A People’s History of the Second World War. Resistance versus Empire.

111-SC-217401.Source: http://www.archives.gov/research/ww2/photos/images/ww2-102.jpg Collection:  http://www.archives.gov/research/ww2/photos/#germany

An American officer and a French partisan crouch behind an auto during a street fight in a French city, ca. 1944. Public Domain via Wikimedia Commons

Dieses Buch sollten alle kennen. A People’s History of the Second World War. Resistance versus Empire betrachtet die Geschichte des Zweiten Weltkriegs “von unten”. Und das bedeutet einen grundsätzlichen Perspektivenwechsel. Die Befreiungs-, Widerstands- und Partisanenbewegungen erscheinen nicht als Anhängsel der westlichen Militärapparate oder als fünfte Kolonne der stalinistischen Sowjetunion, sondern als das, was sie in Wirklichkeit waren: eigenständige Bewegungen, die sich nicht nur gegen die mörderischen Achsenmächte zur Wehr setzten mussten, sondern auch noch mit den politischen Zielen der Alliierten in Konflikt standen.

Donny Gluckstein kann zeigen, dass es im Zweiten Weltkrieg zwei “parallele Kriege” gab – einen “imperial war” und einen “people’s war”:

Allied ruling classes battled to defend their privileged status quo from internal and external threats, while popular armed struggle strove for real, all-encompassing, human liberation and a more just, democratic future. Imperialists sacrificed life indiscriminately to achieve their end; partisans and guerillas defended local populations from aggression and agonised over the risks their actions posed for civilians. Conventional soldiers were subordinate to a rigid hierarchy and sworn to unquestioning obedience; fighters of the people’s war, whether in the soldiers’ parliament in Cairo, the ghettos in Detroit, or the mountains of Greece, Yugoslavia and Italy, were conscious volunteers driven by ideological commitment.

Mehrheitlich zogen die Widerstandsbewegungen nach links, verwirklichten basis- und radikaldemokratische Ideen, beschäftigten sich mit sozialistischen und kommunistischen Gesellschaftsentwürfen – natürlich jenseits des terroristischen sowjetischen  Modells.
Als Befreiungsbewegungen gewannen sie breite Unterstützung in der Bevölkerung. Für viele Menschen schien ab 1943 eine andere, demokratischere  Gesellschaftsordnung in greifbare Nähe zu rücken. Und die Befreiungsbewegungen waren die zentralen Akteure des möglichen Wandels.

“Parallel Wars” – schwer zu vereinheitlichen

Gluckstein ergreift Partei für die Widerstands- und Partisanen-Bewegungen, weil ihre Projekte und Ziele systematisch aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt wurden. Und das geschah nicht ohne Grund: Die demokratie- und wirtschaftspolitischen Forderungen gingen weit über das hinaus, was die Supermächte akzeptierten und zuließen. Erst vor kurzem verdeutlichte Stéphane Hessels Buch “Empört euch!” die politische Sprengkraft des Themas. Der ehemalige Résistance-Kämpfer sprach sich seiner millionenfach verkauften Schrift für die Wiederbelebung der Werte der Résistance aus.

Dankenswerterweise vermeidet Gluckstein jede Heroisierung und Simplifizierung. Er zeigt die Probleme und Ausprägungen der sehr heterogenen Bewegungen und thematisiert ihre inneren Widersprüche. So macht er unter anderem deutlich, dass “people’s war”  nicht einfach als Klassenkampf oder nationaler Befreiungskampf verstanden werden kann, sondern ein Amalgam aus beiden war.

Doch Gluckstein hat erkennbare Schwierigkeiten, das Phänomen begrifflich zu fassen. Er ist sich des Problems bewusst und rettet sich, indem er nicht als Theoretiker auftritt, der in einem Satz die Essenz liefern will. Donny Gluckstein reicht es, den Beweis zu liefern, dass es im Zweiten Weltkrieg ein globales Phänomen paralleler Kriege gab und dass dieses Phänomen differenziert zu untersuchen ist. Dazu skizziert er, wie sich die parallelen Kriege in den unterschiedlichsten Ländern entwickelten und macht damit klar, dass der von ihm so griffig vereinfachte “people’s war” erinnerungspolitisch weder von Staaten noch von Parteien vereinnahmt werden kann.

Ein globaler Blick – ohne die Sowjetunion

Mit A People’s History of the Second World War macht Donny Gluckstein erste Schritte, die Widerstandsbewegungen des Zweiten Weltkriegs als globales Phänomen zu betrachten. Er untersucht den Spanischen Bürgerkrieg, wendet sich dann den Ländern zwischen den Blöcken – Jugoslawien, Griechenland, Polen und Litauen – zu, liefert Skizzen der Entwicklungen in Frankreich und Großbritannien und widmet sich den Widerstandsbewegungen innerhalb der Achsenmächte Deutschland, Österreich und Italien.

Doch dieser europäische Rahmen genügt Gluckstein nicht, er liefert auch Kapitel über Indien, Indonesien und Vietnam. Und auch die USA wird besprochen. Hier konzentriert sich Gluckstein vor allem auf den Kampf der schwarzen Bevölkerung, die zwar in der US-amerikanischen Armee und im Rüstungskomplex arbeiten durfte, aber auch dort schonungslos unterdrückt wurde.

Eins fällt auf. Die Sowjetunion spielt in allen Kapiteln eine wichtige Rolle, hat aber kein eigenes Kapitel bekommen. Gluckstein begründet das damit, dass er sich auf Länder konzentrieren will, an denen sich die zwei parallelen Kriege am besten zu sehen sind. Die Sowjetunion habe zwar eine zentrale Rolle bei der Niederschlagung Hitlers gespielt, aber keine parallelen Kriege erlebt, weil zum einen die mörderische Politik der Faschisten die Bevölkerung zum stalinistischen Regime trieb und die sowjetischen Partisanen niemals eine Alternative zu Moskau entwickelten. Zum anderen habe die gewaltsame Unterdrückung ethnischer Gruppen zu wenig Spielraum für unabhängige Befreiungsbewegungen gelassen.

Das Beispiel Jugoslawien

Ein beeindruckendes Kapitel ist das jugoslawische, weil es die innen- und außenpolitischen Verwicklungen prägnant und plastisch schildert:

Das jugoslawische Establishment wollte am Ende des Krieges auf Seiten der Gewinner stehen, war sich aber uneins, ob das die Achsenmächte oder die Alliierten sein würden. Zwischen Anhängern der Achsenmächte und Anhängern der Alliierten entwickelte sich daher ein Machtkampf. Doch beide Parteien waren sich darin einig, dass sie faschistische Besatzer weniger fürchteten als die eigene Bevölkerung und die politische Linke. Und das zeigte sich daran, dass das jugoslawische Regime bei der Invasion Jugoslawiens durch deutsche, italienische und ungarische Truppen die Bevölkerung nicht bewaffnete und auch ein Angebot der Linken zur gemeinsamen Verteidigung ablehnte. Vielmehr wurde von den faschistischen Kollaborateuren die Situation genutzt, um gewaltsam mit Polizei und serbisch nationalistischen Tschetniks gegen Kommunisten, Studenten und Arbeiter, überhaupt gegen jede demokratische Opposition vorzugehen.

Als Italien und Deutschland Jugoslawien besetzt und aufgeteilt hatten, entstanden zwei Widerstandsgruppen: Die von der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ)  geführten Partisanen unter Josip “Tito” Broz und die monarchistischen, serbisch-nationalistischen Tschetniks. Die Tschetniks rekrutierten sich aus ehemaligen Armee-Offizieren und wurden von Draža Mihailović angeführt. Politisch hatten die Tschetniks die Wiederherstellung der Monarchie unter serbischer Führung und eine ethnische Säuberung in Serbien zum Ziel. Die westlichen Alliierten bevorzugten generell monarchistische und reaktionäre Widerstandsgruppen und so unterstützte die britische Regierung die Tschetniks nach Kräften. Die offizielle Sprechweise war, dass man sich an die Seite der legitimen Regierung stellte.

Dass es den Briten nicht gelang, in Jugoslawien nach dem Krieg die Monarchie wieder zu installieren, war Ergebnis der Politik der von der kommunistischen Partei ins Leben gerufenen Partisanenarmee. Die KPJ hatte dort zwar die Führung, organisierte aber den Widerstand als breite Bündnisbewegung. So hatten die Partisanen bald massenhaften Zulauf. Die Menschen sahen eine reale Chance, über diese genuine Befreiungsbewegung ihr Leben selbständig verbessern zu können. Die militärische Bedeutung der Partisanen wuchs. Durch die spezifische Situation in dem Balkanstaat und die Strategie der Partisanenbewegung wurde die KPJ politisch überrannt. Die KPJ konnte die Widerstandsbewegung nicht dominieren – auch weil sie wortwörtlich personell ausblutete. Gluckstein zitiert dazu einen Bericht der Befreiung von Belgrad 1944 durch Partisanen und Roter Armee:

not one – literally not one – member of the party. There were thousands of sympathizers, even wildcat non-party groups, but the party members had been wiped out in camps, in gas extermination trucks, and on execution grounds. At the execution ground in Jajinici night after night – every night in the course of three and a half years – hundreds of hostages and patriots, mostly communists and the sympatizers, were executed…

Als die militärische Bedeutung der Partisanen unleugbar und die Kollaboration der Tschetniks mit den Faschisten bekannt wurden, wechselte die britische Regierung widerwillig die Seiten. Die militärische Unterstützung erreichte nun die Partisanenbewegung. Damit wurden diese endgültig zum real-politischen Machtfaktor, der für die Großmächte zum Problem wurde. Die Partisanen konnten zwar die Besatzer nicht allein besiegen, aber Ende 1943 hielten 300.000 Partisanen 200.000 deutsche Truppen und 160.000 mit den deutschen verbündete Truppen in Schach.

Jugoslawien ist ein typisches Beispiel für das Ringen um Gestaltungsmacht und Herrschaft um die Nachkriegsordnung, die uns heute nur als Ergebnis der Konferenzen großer Männer in Teheran, Jalta und Potsdam vorgeführt wird. Doch anders als etwa Griechenland oder Italien konnte Jugoslawien unabhängig von den Großmächten zu einem blockfreien Staat werden. Gluckstein begründet das nicht, doch es erscheint mir klar, dass es hier im Unterschied zu anderen Ländern den Großmächten nicht gelang, die Partisanenbewegungen zu entwaffnen.

Unbedingte Leseempfehlung

Mir fehlt an manchen Stellen des Buches ein wenig die Analyse, ein durchdachter Umgang mit Begriffen und Präzision. Die Sowjetunion ist beispielsweise nicht “Russland”. Und es schadet auch nicht, wenn der Leser in der “Conclusion” auch eine solche kriegen würde, anstatt einen – selbst für mich – zu essayistischen Ausklang. Auch die Fachleute werden an den verschiedensten Stellen ihre Einsprüche erheben.

Aber Gluckstein geht es nicht um eine vollständige Darstellung, sondern er zeigt, was er unter dem Begriff “people’s war” begrifflich fassen will. Der Bezugspunkt aller Ausprägungen des “people’s War” ist der Krieg selbst. Der Spanischen Bürgerkrieg und der darauffolgende Zweite Weltkrieg waren Auslöser für verschiedene Befreiungskämpfe und Emanzipationsbestrebungen.

Doch während sich die Revolutionsjahre von 1917 bis 1919 , die Jahre der Revolte von 1967/68 und sogar der Zusammenbruch des Staatssozialismus 1989/90  als Eckdaten für die Geschichte sozialer Bewegungen eingeprägt haben, werden die für die Demokratieentwicklung nicht weniger wichtigen Bewegungen zwischen 1936 und 1945 durch den Krieg und seine offiziellen Darstellungen überdeckt.

Schon weil diese Wahrnehmung in Frage gestellt wird, gehört dieses Buch für mich zu den wichtigsten Geschichtsbüchern des Jahres 2012.
Neil Davidson ist zuzustimmen, wenn er schreibt:

Rigorously structuring his analysis around the two central themes of popular resistance and inter-imperialist rivalry, Gluckstein makes an indispensable contribution to understanding the reality of the conflict in all its complexity.

Insofern hoffe ich, dass das Buch bald auch auf Deutsch verfügbar ist.

Weitere Links

Hinweis: Die Zitate haben keine Seitenangaben, weil ich das Buch in der Kindle-Ausgabe gekauft habe.


Einsortiert unter:Erinnerung, Globalgeschichte, Literatur

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2012/08/04/donny-gluckstein-a-peoples-history-of-the-second-world-war-resistance-versus-empire/

Weiterlesen

Walter Benjamin wird 120

Heute vor 120 wurde der Philosoph und Literaturkritiker Walter Benjamin geboren. Der Mann, der unter anderem die Redewendung geprägt hat, dass man die Geschichte “gegen den Strich bürsten” müsse.

Benjamin Memorial “Passatges” in Port Bou.Gestaltet von Dany Karavan.

Benjamin war unter den dialektischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts sicher der nachdenklichere und der im besten Sinne sensiblere. Bis heute sind seine Arbeiten wegweisend für die Kultur- und Medientheorie. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit ist wahrscheinlich den meisten – zumindest dem Titel nach – ein Begriff.

Wer sich mit Benjamin beschäftigen möchte, muss sich Zeit nehmen. Sein Sprache ist oft schwierig. Die Texte und Fragmente setzen einiges an Hintergrundwissen voraus. Das macht es nicht einfach. Aber die Mühe kann sich lohnen.

Für alle Menschen, die mit historischem Material arbeiten, empfehle ich seinen Aufsatz Eduard Fuchs, der Sammler und der Historiker (1937). Sehr gut lesbar werden hier viele Aussagen Benjamins zum Umgang mit Geschichte zusammengeführt. Sein großes Werk über die Pariser Passagen ist leider über die Materialsammlung nicht hinausgekommen. Aber die Sammlung wurde als “Passagenwerk” veröffentlicht und enthält unzähligen Anregungen für Historikerinnen und Historiker. Vor allem Benjamins Arbeitsweise und Zugriff weitet den intellektuellen Horizont.

Benjamins Thesen Über den Begriff der Geschichte (1940) gelten vielen als sein intellektuelles Testament. Kurz nach Niederschrift dieser Thesen nahm sich Benjamin auf der Flucht vor den Nazis im spanischen Port Bou – das ist in den Pyrenäen an der französischen Grenze – das Leben.

Da ich vor wenigen Wochen am Grab Walter Benjamins war und natürlich keine Geburtsfotos von Benjamin habe, hier zumindest ein paar Aufnahmen aus Port Bou und vom dortigen Benjamin Memorial.

Benjamin Memorial.

Deutscher Hinweis auf das Memorial.

Grabstein am Rand des Friedhofs.

Rückblick auf Port Bou und den Friedhof.


Einsortiert unter:Ereignis

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2012/07/15/walter-benjamin-wird-120/

Weiterlesen

“Gernika kämpft gegen das Vergessen”

So der Titel eines Beitrags von Ralf Streck auf Telepolis über den Umgang der spanischen Regierung mit der Stadt Gernika. Bis heute erkennt diese das Kriegsverbrechen offiziell nicht an:

Die neue Regierung hat sich offensichtlich im Rahmen der Gedenkfeiern sogar zu Provokationen entschlossen. Denn so stufen es die Basken ein, dass ausgerechnet am Dienstag spanisches Militär zu Übungen im Dorf Elgeta einlief. Das war genau der Tag, an dem auch dieses Dorf vor 75 Jahren bombardiert wurde und nach sieben Monaten im Widerstand in die Hände der Putschisten fiel. Sie bekamen “freie Hand zum Mord und Vergewaltigung”, sagte Bürgermeister Oxel Erostarbe.

Die Verharmlosung, wenn nicht gedenkpolitische Stützung des Franco-Faschismus ist kein Einzelfall, wie  hier im Blog bereits in einem anderen Kontext vermerkt wurde.

Deutschland, genauer der Bundestag, hat sich 1998 etwas halbherzig entschuldigt. Es floss mal ein wenig Geld für eine neue Sporthalle. Aber so richtig konsequent ist man dann hierzulande auch nicht:

Erst am 6. Juni 1939 ehrte Adolf Hitler in Berlin seine Soldaten für ihren “heroischen Einsatz”. Die Straße, auf der einige der eingesetzten Soldaten defilierten, wurde von der “Wannsee-Allee” in die “Spanische Allee” umbenannt. Unter diesem Namen erinnert sie noch heute an die “Helden” im “Kampf gegen den Bolschewismus”.

So schauts aus. Aber es gibt auch Gegenwehr. Wie zum Beispiel durch diesen spanischen Richter.


Einsortiert unter:Erinnerung, Faschismus, Geschichtspolitik

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2012/04/26/gernika-kampft-gegen-das-vergessen/

Weiterlesen

75 Jahre spanischer Bürgerkrieg: Die Rolle der IG FARBEN

IG Farben Gebäude

IG Farben Gebäude Uni Frankfurt (2009), Eva K., GNU FDL

Am 17. Juli 1936 erhoben sich die Truppen Francisco Francos gegen die demokratisch legitimierte Regierung von Spanien. Die faschistischen Staaten Italien und Deutschland sowie zahlreiche Konzerne unterstützten die Putschisten. Zum 75. Jahrestag des Kriegsbeginns am Sonntag veröffentlicht die Coordination gegen BAYER-Gefahren heute einen Artikel zur Zusammenarbeit der IG Farben mit dem Franco-Regime.

15. Juli 2011 (CBG) — Die IG Farben, die 1925 aus einem Zusammenschluss von BASF, BAYER, HOECHST und AGFA hervorging, war seinerzeit der größte Konzern Europas. Die IG besaß in Spanien 14 Niederlassungen und war dort das größte ausländische Unternehmen.

Anlässlich des 75. Jahrestags des Kriegsbeginns am 17. Juli erinnert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) an die Rolle der IG Farben im Bürgerkrieg. Jan Pehrke vom Vorstand der CBG: „Die IG Farben stand von Beginn an auf Seiten der Putschisten und leistete ihnen auf jede erdenkliche Art und Weise Beistand. Mehrmals wurden hohe Geldsummen an Franco gespendet. Die IG Farben unterstützte die Legion Vidal, die Sanitätstruppe der Putschisten. Und an die Kampftruppen lieferte die IG alles, was für die Kriegsführung benötigt wurde – Zellwolle für die Uniformen, Quecksilber, Chemikalien für den Bau von Bomben und Experten für chemische Kampfstoffe.“

Stolz hieß es in einem Memorandum der IG Farben: „Während der ganzen Dauer des spanischen Bürgerkriegs hat Deutschland und innerhalb Deutschlands 100-prozentig die AGFA es fertiggebracht, Spanien, d. h. die spanische Wehrmacht mit den unbedingt erforderlichen Mengen (…) zu versorgen“. In internen Schreiben rühmten IG-Manager den „vorbildlichen Kampfesmut“ der Franco-Truppen und erklärten die Eroberung von Toledo zum „Ruhmesblatt in der Geschichte Spaniens“.

Bei den Luftangriffen der „Legion Condor“ auf Guernica und andere baskischen Städte kam die von der IG Farben produzierte Brandbombe B1E zum Einsatz. Diese entwickelte eine Hitze von bis zu 2.400 Grad und entfachte eine Feuersbrunst, der mit Löschwasser nicht beizukommen war. Die genaue Zerstörungsleistung – in Guernica starben fast 1.700 Menschen – untersuchten Experten  minutiös. Hitler persönlich brüstete sich später, dass es ohne die Hilfe aus Deutschland und Italien „heute keinen Franco“ gäbe.

Eine wichtige Rolle spielte die IG Farben auch beim 1936 veröffentlichten Vierjahresplan, mit dem die Umstellung zu einer Kriegs-Ökonomie organisiert wurde. Der Konzern konzipierte wichtige Teile des Programms, weshalb das Unterfangen auch bald „IG-Farben-Plan“ hieß. Auch über die Umsetzung wachten zahlreiche Beschäftige des Konzerns, die in die neue Vierjahresplan-Behörde abgestellt wurden. Spanien kam in der Kriegsplanung wegen seiner Bodenschätze eine wichtige Rolle zu.

Der IG-Direktor Heinrich Gattineau war direkt zu Kriegsbeginn nach Spanien gereist, um die Versorgung mit Rohstoffen sicherzustellen. Gattineau warnte vor der sehr gefährlichen Situation, nicht mehr genügend Schwefelkies für die Schwefelsäure-Produktion einführen zu können; über die Hälfte des Bedarfs deckte das Deutsche Reich damals aus spanischen Quellen. Doch bereits im Oktober 1936 leisteten die deutschen Stellen Vorauszahlungen „von ca. RM 200.000, à Conto der bereits unterwegs befindlichen und weiter noch zu verschiffenden Mengen Schwefelkies“. Ein Großteil davon ging an die IG FARBEN; über die Jahre lag ihr Anteil am Gesamt-Import bei 80 Prozent.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren beschäftigt sich seit 30 Jahren mit der Geschichte der chemischen Industrie im Dritten Reich. Die CBG veröffentlichte das Buch „Von Anilin bis Zwangsarbeit – die Geschichte der IG Farben“. In den 90er Jahren kämpfte die Coordination gemeinsam mit überlebenden Sklavenarbeitern für Entschädigungszahlungen der IG-Nachfolger BASF, BAYER und HOECHST.

weitere Informationen:


Einsortiert unter:Faschismus

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2011/07/16/75-jahre-spanischer-burgerkrieg-die-rolle-der-ig-farben/

Weiterlesen

«Jefe» Franco? Wie krass ist das denn?

Von der Empörung, die das Erscheinen des spanischen biographischen Lexikon in der spanischen Öffentlichkeit ausgelöst hat, erfahren wir dank Kollege Eisenmengers Sprachkompetenz in seinem ausführlichen Berichts. Im besagten Lexikon, das eben erschienen ist, wird Francisco Franco als “Generalisimo e jefe del Estado español” bezeichnet, ja, fast gefeiert (PDF-Auszug: hier). Dass die Verfolgungen politischer Gegner nicht [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/5449

Weiterlesen