Schlurf-Doku auf 3Sat

Wird morgen Dienstag (29.5.2012, 9:05-10:15) wieder auf 3Sat ausgestrahlt: Die Dokumentation "Schlurf. Im Swing gegen den Gleichschritt":

Sie benahmen sich lässig und hatten lange Haare, sie liebten den Swing und den Jazz, sie hassten den Gleichschritt - die Schlurfs. In Europa, aber speziell in Deutschland und Österreich waren sie der jugendkulturelle Gegenpol zur Ideologie des Dritten Reiches. Und sie mussten dafür büßen.

Die Dokumentation von Monica Ladurner und Wolfgang Beyer erzählt von einer vergessenen Rebellion, die noch nie zuvor filmisch dargestellt wurde: In den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entschieden sich Tausende Jugendliche für eine Lebenskultur, die im diametralen Gegensatz zu den Idealen des nationalsozialistischen Regimes stand.

Die Dokumentation erteilt jenen das Wort, die - obgleich als Jugendbewegung von den Nazis verfolgt - später niemals als NS-Opfer anerkannt wurden, für deren Geschichte sich bisher nur ein kleiner Kreis von Fachleuten interessiert hat und deren Name auch heute noch - Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Herrschaft - ein Schimpfwort geblieben ist.

Der Film ist keine "Geschichts-Dokumentation" im klassischen Sinn, eher ein "historischer Krimi", in dem die Frage nach geschichtlichen Kontinuitäten gestellt wird, nach dem Fortwirken von "längst Vergangenem" in der Gegenwart. Es geht um Fragen, die damals so aktuell waren wie heute: Was passiert, wenn man jungen Menschen ihre Musik nimmt, wenn man ihre Tänze verbietet, ihren Lebensstil kriminalisiert, ihre Kultur als staatsfeindlich brandmarkt?

Die Band "Fatima Spar und die Freedom Fries" steuert die Musik zum Film bei
Sie versucht nicht, den "Originalsound" der dreißiger und vierziger Jahre zu kopieren, sondern die Swingnummern so zu interpretieren, dass das "Skandalöse" und "Wilde" dieser Musik leichter nachvollziehbar wird. Ähnliches gilt auch für das Tanzensemble "Some like it hot". Und Christian Qualtinger (Sohn des "Swings" Helmut Qualtinger) interpretiert Spottlieder auf die Nazis ("Deutschland-Lied", "Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei"), erklärt in lexikalischer Art das spezifische Schlurf-Vokabular ("Schlurfkatz", "Lahmwöhn", "Schoidosn") und liest aus Originaldokumenten.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/97036746/

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Was ist akademische Freundschaft?

In einer neugegründeten Zeitschrift, die online (1, 2) nur ihr Inhaltsverzeichnis zur Verfügung stellt, hat Vincent Kaufmann (in einem digitalisierungsskeptisch gehaltenen Artikel) eine wissenschaftlich fundierte Definition der akademischen Freundschaft vor[ge]schlagen. Nämlich:

Meine Freunde sind diejenigen, die zurückhaltend genug sind, um nie nachzufragen, ob ich ihre Bücher gelesen habe.

Kaufmann, Vincent: Sind die Geisteswissenschaften digitalisierbar?, in: Kodex. Jahrbuch der Internationalen Buchwissenschaftlichen Gesellschaft, 1.2011, S. 43-53, hier 43f.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/97032420/

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Ad "Beschriftung der Bevölkerung"

Auf Twitter hat Goncourt (u.a. 1, 2) die Frage aufgeworfen, ab wann die "Beschriftung der Bevölkerung" (Max Goldt, Ä. Kolumnen, München: Heyne, 1998, S.85) mittels Text auf Kleidung um sich griff; ich vermute mal, dass es im 19. Jahrhundert mit den Kopfbedeckungen anfing: So trugen die ab 1862 in Wien eingesetzten Dienstmänner "eine Kappe mit Metallschild, auf dem das Wort 'Commissionär' steht" (Keller, Fritz: Hallo Dienstmann! Eine sozialhistorische Skizze, in: Wiener Geschichtsblätter, 62, 4/2007, S. 1–16, hier 3). Wahrscheinlich früher noch als Buchstaben gab es Nummern auf den Kopfbedeckungen, vgl. die nummerierten Uniformkappen napoleonischer Soldaten. Nicht zu vergessen: nummerierte Totenschädel der Sammlung Gall und die ab Ende des 18. Jahrhunderts beschrifteten Totenschädel im Beinhaus von Hallstatt.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/97028038/

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Richard Schuberth: Das neue Wörterbuch des Teufels

Sehr schön, im aktuellen Augustin setzt Richard Schuberth seine Aktualisierung des Wörterbuchs des Teufels fort.

Drei Kostproben daraus:

ausgeglichen
Eigenschaft, welche den Verlust der Eigenschaften anzeigt; das Glätten aller Verwerfungen, Widerstände und Buckel unseres Bewusstseins, damit sich der freie Verkehr der Waren und Meinungen ohne Reifenplatzer über uns wälzen kann. «Du wirkst viel ausgeglichener als früher» – so begrüßen unsere Freunde auch uns früher oder später triumphierend im Reich der platten und geplätteten Seelen.

Außenseiter
Jemand, der die Außenseiten unserer Gefängnisse kennt und den wir deshalb nie und nimmer reinlassen dürfen.

Plagiat
Mist, der nicht auf dem eigenen Mist gewachsen ist.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/97026749/

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