Wie bekomme ich einen Sammelband Open Access ins Netz?

Auf dem Hypotheses-Bloggendentreffen am Rande des Göttinger Historikertags wurde auch die Frage angesprochen, was man tun kann, wenn eine Druckförderung nicht möglich ist, sondern die Förderorganisation erwartet, dass der Tagungsband Open Access erscheint. Ich knüpfe im Folgenden an meinen Beitrag “Rechtsfragen von Open Access (2012)” an.((1)) Ausgeklammert wird die Frage, ob Tagungsbände überhaupt sinnvoll sind.((2))

Wenn ich mich recht entsinne, wurde die Option, die Beiträge als PDFs((3)) in einem Hypotheses-Blog an Zusammenfassungen anzuhängen, gar nicht erst erwogen. Zu wenig prestigeträchtig! Aber die Beiträge würden verbreiteten Maßstäben von Zitierfähigkeit genügen, sie wären in Suchmaschinen (einschließlich Google Scholar) gut sichtbar.((4))

Mein Vorschlag, bei universitärer Anbindung den jeweiligen Hochschulschriftenserver zu nutzen, stieß auf keine Gegenliebe. Dabei haben die einzelnen Beiträge dauerhafte Adressen (meistens vom Typ URN), dürften dauerhaft zugänglich sein und sind über Bielefelds BASE und vergleichbare Services findbar (siehe auch hier). Rufen wir uns kurz die Berliner Erklärung für Open Access aus dem Jahr 2003 in Erinnerung: ”

A complete version of the work and all supplemental materials, including a copy of the permission as stated above, in an appropriate standard electronic format is deposited (and thus published) in at least one online repository using suitable technical standards (such as the Open Archive definitions) that is supported and maintained by an academic institution, scholarly society, government agency, or other well-established organization that seeks to enable open access, unrestricted distribution, inter operability, and long-term archiving.

Harnadianer schwören darauf, dass beim grünen Weg von Open Access die mandatgestützte Einstellung in den lokalen IRs (institutionellen Respositorien) erfolgt und zentrale disziplinäre Repositorien lediglich die Aufgabe haben, die lokalen Inhalte zu harvesten (also die Metadaten einzusammeln).

Es wurde der Wunsch geäußert, ein zentrales Portal für die deutschsprachige Geschichtswissenschaft zu haben, das mit hohem Ansehen und hoher Akzeptanz behaftet ist, in dem man einen solchen Tagungsband unterbringen könne. Ich kann dazu nur sagen: Dieser Ball liegt – wenn man von den Kompetenzen der verteilten nationalen Forschungsbibliothek ausgeht – seit Jahren im Feld der Bayerischen Staatsbibliothek – ungespielt. Historicum.net wird (ebenso wie CLIO online) als virtuelle Fachbibliothek ausgegeben, doch wird man angesichts der Tatsache, dass keine neuen Themenportale vorgesehen sind, meine Diagnose, Historicum sei gescheitert, nicht ganz von der Hand weisen können. Während die Kunstgeschichte mit ART-Dok (UB Heidelberg) ein ausgezeichnet funktionierendes, auch durch Retrodigitalisate erfreulich angereichertes Repositorium verfügt, ist ein geschichtswissenschaftliches Repositorium nicht vorhanden und auch nicht in Sicht. Wer es vermisst, ist aufgerufen, sich an die Bayerische Staatsbibliothek zu wenden.

In den Sozialwissenschaft recht renommiert ist das bei HistorikerInnen wenig bekannte Social Science Open Access Repository. Eine Suche nach dem Wort Mittelalter zeigt, dass hier nicht nur hardcore-sozialhistorische Arbeiten zu finden sind. Kulturgeschichte ist ja bekanntlich immer auch Sozialgeschichte und umgekehrt …

Mein Hinweis auf Qucosa wurde eher mit Skepsis aufgenommen. Das in Sachsen beheimatete Portal ist zwar nachweislich für alle deutschsprachigen Wissenschaftler, also auch für die nicht an ein universitäres Repositorium angebundenen, offen, verfehlt aber durch seinen regionalen Zuschnitt das dringende Bedürfnis nach einem möglichst qualitätvollen und reputationsträchtigen Portal (aber Qualität wird ja bekanntlich überschätzt …).

Wenig Prestige verheißt auch die für englischsprachige Studien vorgesehene Notlösung OpenDepot der Universität Edinburgh, falls ein geeignetes Open-Access-Repositorium nicht existiert. 2013 gab es nur 54 Eprints, die dort abgelegt wurden. Mareike König weist mich zusätzlich auf HAL-SHS hin, das aber nur für frankophone Beiträger relevant sein dürfte.

Deutlicher attraktiver als solche Schriftenserver (schon das Wort Hochschulschriftenserver signalisiert ja schlechte Laune), ja geradezu “sexy” ist anscheinend Academia.edu (Einführung von Maria Rottler), das, wenn ich E-Prints aus meinem fachlichen Umfeld recht deute, an Beliebtheit andere Angebote wie ResearchGate oder Mendeley in den Geisteswissenschaften weit übertrifft. Das Hochladen ist wesentlich einfacher und bequemer als bei den Repositorien, die Funktion als soziales wissenschaftliches Netzwerk (mit Timeline) wird gern genutzt. Aber es gibt keine Permalinks und auch keine garantierte dauerhafte Verfügbarkeit – solche kommerziellen Angebote können ja auch wieder verschwinden, wenn sie sich als erfolglos erweisen.

Keine Begeisterung löste mein Gedanke aus, es sei doch egal, wo überall der Sammelband als Datei abgelegt sei. Man könne doch auf dem eigenen Webspace eine schicke Präsentation basteln und für die Dateien/PDFs auf andere Server verweisen. Klar, schick heißt nicht unbedingt: Reputation.

Großer Konsens bestand dagegen in Sachen hybrides Publizieren: Open Access und Druckausgabe. Gedruckte Bücher sind in Bibliothekskatalogen findbar und werden rezensiert. Immerhin habe ich ja im Lauf der Jahre über 100 Links gesammelt, die fast alle besagen, dass entgegen landläufigem Vorurteil eine Open-Access-Buchpublikation den Verkaufszahlen der gedruckten Version nicht schadet. Aber welche Verlage akzeptieren Open Access? Eine bequeme Liste gibt es nicht. Man muss einzeln verhandeln, und in vielen Fällen wird wohl ein satter Druckkostenzuschuss erwartet (der ja im Ausgangsfall eben nicht in Aussicht gestellt werden kann).

Gern einigte man sich also auf das Prinzip #Ziegenleder. Bewährt und bekannt: das gute Buch.

  1. Dort gehe ich auch auf die Frage ein, wie man als Rechteinhaber sein eigenes Buch Open Access zur Verfügung stellen kann z.B. wenn es schon in HathiTrust gescannt ist.
  2. Tod den Tagungsbänden! Das forderte der Jurist Thomas Hoeren. “Sammelbände, das wissen wir, liest wirklich niemand”, sagt Valentin Groebner. Anne Baillot und Mareike König schreiben in ihrem in Kürze auf http://ifha.revues.org/7959 einsehbaren Beitrag “Wissenschaftliches Publizieren in Frankreich: erste Schritte für Nachwuchshistorikerinnen und -historiker”: “Die Herausgabe eines Sammelbandes muss einen massiven, evidenten Vorteil mit sich bringen, denn es ist eine Veröffentlichungsform, die weder große institutionelle Anerkennung einbringt (im Vergleich zu im Peer Review begutachteten Aufsätzen) noch eine größere Verbreitung der Arbeitsergebnisse gewährleistet – und dies bei beträchtlichem Zeitaufwand”.
  3. Obwohl Schriftenserver (anders als Open-Access-Zeitschriften) fast nur auf PDFs setzen, sind die Nachteile dieses Formats nicht zu übersehen, angefangen von eingeschränkter Sichtbarkeit im Web bis hin zur unbequemen Nutzung von Hyperlinks.
  4. Noch ungelöst ist die Frage der Langzeitarchivierung von Blogs. Hypotheses archiviert nach Auskunft von Mareike König, der ich ebenso wie Maria Rottler für die Durchsicht dieses Beitrags danke,  die Beiträge (aber nicht die angehängten PDFs), sieht aber keine Langzeitarchivierung vor. Die Deutsche Nationalbibliothek archiviert zwar Blogs, macht diese aber nicht öffentlich im Netz zugänglich.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2581

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Rechtsfragen: Wer haftet für Blogbeiträge und Kommentare?


Die in diesem Portal gehosteten Blogs sind – bis auf von der Redaktion von de.hyptheses.org verantwortete Inhalte – “user generated content”.

Jeder Blogautor ist für seine eigenen Beiträge verantwortlich. Jeder Blogbetreiber bietet eine Kontaktmöglichkeit an, an die Beschwerden wegen möglicher Rechtsverletzungen primär zu richten sind. Ein Reaktionszeitraum von drei Werktagen (Montag bis Freitag) sollte eingeräumt werden. Erfolgt keine oder keine hinreichende Reaktion, kann eine Meldung an die Verantwortlichen (siehe oben) erfolgen.

Das steht so im Impressum von de.hypotheses.org. Die zivilrechtliche Haftung für sogenannte nutzergenerierte Inhalte oder “Forenhaftung” ist ein schwieriges und umstrittenes Rechtsgebiet, wie man etwa der 2009 erschienenen juristischen Dissertation von Alexander Hartmann entnehmen kann, die unter stoererhaftung.de auch Open Access einsehbar ist. Es gibt kurze Hinweise (etwa im Basiswissen Journalismus: Presserecht für Journalisten und Blogger), Leitfäden im Netz (etwa von 2010 oder ein Buchkapitel von 2014), zahlreiche Urteile und juristische Fachartikel (benutzt habe ich insbesondere Martin Schuster: Schuster: Prüfungspflichten des Portalbetreibers. In: GRUR 2013, S. 1201 ff.), die – nicht immer auf Wissenschaftsblogs übertragbare – Informationen bereitstellen.

Natürlich haftet zunächst der Verfasser (ich  verwende stets die männliche Form) eines rechtswidrigen Kommentars oder Beitrags. Bei Wissenschaftsblogs dürften vor allem Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Urheberrechtsverletzungen in Betracht kommen. Er kann abgemahnt  und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, die künftige Rechtsverletzungen verhindern soll, gezwungen werden.  Ist er nicht greifbar, muss sich der in seinen Rechten Verletzte an den Forenbetreiber halten. Aber auch wenn der Verletzte den Verfasser kennt, darf er den Forenbetreiber um Abhilfe ersuchen.

Der Forenbetreiber (diese Rolle kann jeder spielen, der fremde Inhalte im Netz ermöglicht: der Bloghoster wie z.B. hypotheses.org oder blogger.com, der Betreiber eines Gemeinschaftsblogs, ein Blogger, der Kommentare zulässt) kann sowohl als Täter als auch sogenannter Störer haften. Als Täter haftet er, wenn er sich die fremden Inhalte zu eigen macht. Als Störer haftet er nur, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt.

Ich kann nicht ganz darauf verzichten, ein wenig Juristen-Kauderwelsch zu zitieren. Das Landgericht Tübingen hatte es 2012 mit einem angeblich persönlichkeitsrechtsverletzenden Wikipedia-Eintrag zu tun. Die Wikipedia ist ein typisches Beispiel für ein Forum, bei dem Nutzer ohne Vorabkontrolle des Betreibers Artikel schreiben. Das Gericht führte daher aus:

Als Störer haftet aber auch derjenige auf Unterlassung, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Guts beiträgt.

Indem die Beklagte die Webseite de.wikipedia.org betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Internetseiten bereitstellt und den Abruf der Seiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat-kausal zur Verbreitung von Inhalten bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen. Weil die Störerhaftung jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zumutbar ist. Insofern besteht keine Verpflichtung, die von den Nutzern ins Netz gestellte Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde dazu führen, dass der freie Fluss von Informationen erheblich ein geschränkt und das Geschäftsmodell in Frage gestellt würde. Ferner würde eine Überwachung jedes Eintrages das Betreiben der Online-Enzyklopädie unmöglich machen.

Der Betreiber ist aber als Störer zur Prüfung verpflichtet, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt. Der hierfür erforderliche Hinweis muss jedoch so konkret gefasst sein, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer, also ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung, bejaht werden kann. Es muss also eine hinreichend substanziierte Abmahnung vorliegen, welche die Gründe der Rechtswidrigkeit deutlich erkennen lässt.

Für Persönlichkeitsrechtsverletzungen hat der Bundesgerichtshof 2011 anlässlich eines Rechtsstreits über einen Blogeintrag auf blogspot.com ein eigenes Verfahren ersonnen, an das sich der Bloghoster halten muss:

Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:

Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.

Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.

Deutlich wird das große Gewicht der Meinungsfreiheit. Es bestehen Zweifel, ob die Trollkommentare-Entscheidung des EGMR in Sachen Delfi AS v. Estonia tatsächlich sachgerecht ist (zur Kritik Leo Schapiro, in: ZUM 2014, S. 201ff. – Zusammenfassung). Jeder Forenbetreiber sollte vor der Löschung eines unliebsamen Beitrags über die Rolle der Meinungsfreiheit nachdenken. Das gilt auch für das sogenannte virtuelle Hausrecht. “Wer einen öffentlich zugänglichen Ort der Diskussion anbietet, muss die dort geäußerten Aussagen dulden”, sagt Rechtsanwalt Thomas Schwenke.

De facto kann sich jemand, der sich verunglimpft fühlt oder dessen Urheberrecht verletzt wurde, an denjenigen halten, von dem er sich am ehesten Entgegenkommen verspricht: Autor des Kommentars/Beitrags, Administrator des Gemeinschsaftsblogs, Verantwortlicher des Bloghosters. Die obige Formulierung im Hypotheses-Impressum ist nach deutschem Recht nicht verbindlich: Auch ohne Kontaktaufnahme mit dem Blogger kann sich ein Verletzter direkt an den Bloghoster wenden.

Ein Problem lauert bei dem Zu-Eigen-Machen von Inhalten. Wer als sogenannter Aggregator automatisiert fremde Inhalte übernimmt (etwa der geniale Blog-Aggregator Planet History von Schmalenstroer) kann fremde Ansprüche abweisen. Anders sieht es bei freigeschalteten Kommentaren und redaktionell ausgewählten Inhalten aus.

Die meisten Hypotheses-Blogs dürften Kommentare manuell freischalten (vor allem aus Gründen des Spam-Schutzes). Das bedeutet, dass hinsichtlich dieser Inhalte das Haftungsprivileg des Forenbetreibers entfällt. Da eine Vorprüfung stattfindet, müssen im Fall einer Rechtsverletzung Abmahnkosten getragen und eine Unterlassungserklärung abgegeben werden. Sollte auf der Startseite von de.hypotheses.org eine Persönlichkeitsrechtsverletzung in einem der von der Redaktion dort platzierten Blogbeiträge wahrnehmbar sein, haftet Hypotheses als Täter, da es sich um zu eigen gemachte Inhalte handelt, denn die Redaktion wählt dafür ihrer Ansicht nach besonders gelungene Beiträge manuell aus. Ein “Freizeichnen” durch Disclaimer ist nicht möglich.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2536

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Rechtsfragen: Darf ich fremde Texte verwenden?

“Ein Jahr Leistungsschutzrecht: Außer Spesen bislang nichts gewesen”, resümiert das Wall Street Journal. Es geht um das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseverleger. In § 87f Urheberrechtsgesetz (UrhG) heißt es: ” Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.” Für die Historikerzunft von erheblichem Belang ist der vom WSJ angesprochene Einschüchterungseffekt des neuen Rechts: Der seit 1995 von Tobias Berg angebotene beliebte Nachrichtendienst für Historiker hat seinen Betrieb zeitweilig einstellen müssen, seit April 2014 gibt es – ohne Begründung – keine Updates mehr. Ich hielt und halte die Einstellung aufgrund des Leistungsschutzrechts für übertrieben, aber das Beispiel zeigt, wie die Todeskämpfe der Print-Journaille im digitalen Zeitalter die Netzkultur beschädigen können.

Nicht-kommerzielle Wissenschaftsblogger haben vom verfehlten Leistungsschutzrechts nichts zu befürchten, aber auch kommerzielle Blogs brauchen, wenn sie sich etwa auf den Anreißtext beschränken, aus meiner Sicht keine Angst zu haben.

Wann darf ich als Blogger oder Bloggerin fremde Texte übernehmen/zitieren?

1. Mit Genehmigung.

2. Wenn das Urheberrechtsgesetz (UrhG) es erlaubt.

3. Nach Risikoabschätzung.

Erstens: Fragen kostet nichts. Wenn man gern einen längeren Text dokumentieren möchte, kann man durchaus beim Rechteinhaber anklopfen und um eine kostenlose Genehmigung bitten. In der Blogosphäre gibt es viele Blogs, die mit einer Creative-Commons-Lizenz die Nachnutzung erlauben. Wieso das Redaktionsblog von hypotheses.org unter CC-BY steht, lässt sich nachlesen. Im Impressum wird erläutert:

Jeder Beitrag darf mit Namensnennung des Autors (bzw. Autorin, Autoren) und Verlinkung der Lizenz http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/ online und im Druck weiterverbreitet werden (auch für kommerzielle Zwecke, auch in veränderter Form). Empfehlung für die Nachnutzung: “Dieser Beitrag von … aus dem Redaktionsblog von de.hypotheses.org steht unter CC-BY und darf unter den Bedingungen dieser freien Lizenz nachgenutzt werden.”

Bei Veränderung diese bitte charakterisieren (z.B. gekürzte Fassung).

CC-BY-NC-lizenzierte Artikel dürften im kommerziellen Kontext nicht genutzt werden, bei CC-BY-ND-lizenzierten (“Keine Bearbeitung”) sind Kürzungen oder andere Änderungen untersagt. Zur Bildnutzung siehe Wie nutze ich Bilder unter freier Lizenz korrekt?.

Zweitens: Fremde Texte dürfen nur ausnahmsweise legal genutzt werden, nämlich wenn eine der sogenannten Schranken des Urheberrechts vorliegt. Wohl am wichtigsten ist das Zitatrecht (§ 51 UrhG), wobei schon ein Blick auf die Archivalia-Meldungen verdeutlicht, dass in diesem Bereich vieles umstritten ist.

Damit ein urheberrechtlicher Anspruch erhoben werden kann, muss das Zitat an sich bereits geschützt sein, also Schöpfungshöhe aufweisen. Es genügt nicht, wenn es einem urheberrechtlich geschützten Gesamtwerk entnommen ist. In vielen Fällen weisen kurze Zitate keine hinreichende Individualität auf. Wann Gebrauchstexte Schöpfungshöhe aufweisen, ist umstritten. Aber 2014 entschied das Berliner Kammergericht zu einem Aktenvermerk: “Ein lediglich vierseitiges Gutachten, das sich mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzt und zu wesentlichen Teilen aus Zitaten dieser Entscheidung besteht, ist urheberrechtlich nicht schutzfähig”.

Was man bei Zitaten nach dem Urheberrecht beachten muss, hat die Rechtsanwältin Nina Diercks 2012 kurz zusammengefasst (von mir leicht abgewandelt):

  • Nennen Sie den Urheber und die Quelle (Fundstelle) – Pflicht zur Quellenangabe
  • Nutzen Sie nur „Stellen eines Werkes“ (Belegfunktion)
  • Bilden Sie den notwendigen Rahmen des selbstständigen Werkes (eigener Text)
  • Machen Sie das Zitat nach außen kenntlich (z.B. durch Anführungszeichen)
  • Das Zitat darf nicht verändert werden.

Wenn man im wissenschaftlichen Kontext einen Zeitungsartikel Abschnitt für Abschnitt detailliert kommentiert und die Positionen erörtert, ermöglicht § 51 UrhG sogar die Übernahme der gesamten Vorlage (wissenschaftliches Großzitat).

Bei der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) hat leider der BGH 2010 entschieden, dass eine unbefristete Archivierung der Meldung nicht möglich ist. Also keine Option für Wissenschaftsblogs.

Im journalistischen Kontext zu wenig beachtet wird § 49 Abs. 2 UrhG: “ Unbeschränkt zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von vermischten Nachrichten tatsächlichen Inhalts und von Tagesneuigkeiten, die durch Presse oder Funk veröffentlicht worden sind”. Diese Vorschrift ist durch das neue Leistungsschutzrecht nicht ausgehebelt worden und ermöglicht die wörtliche Übernahme (kurzer) aktueller Meldungen (nicht: Meinungen) aus allen Interessensbereichen (siehe auch: Wikipedia:Textplagiat und Archivalia) . Aus dem Newsticker der NZ:

Die Entdeckung eines knapp 500 Meter langen Erdwalls rund um eine Grabstätte hat in Griechenland Spekulationen ausgelöst, es könne sich um das Grab von Mitgliedern der Familie des legendären makedonischen Königs Alexander des Großen handeln. Viele griechische Medien berichteten am Dienstag, der Fund sei «sensationell».

Ich möchte es dahingestellt sein lassen, ob nicht auch der folgende ganze Text eine vermische Nachricht tatsächlichen Inhalts darstellt, aber die wörtliche Übernahme des von mir gewählten Auszugs erscheint mir bedenkenfrei. Im Fall einer Abmahnung sollte man jedenfalls § 49 UrhG griffbereit haben.

Drittens: Viele übernehmen dummdreist ganze Texte aus Zeitungen oder anderen Quellen, ohne dass ihnen etwas passiert. Mir gegenüber hat einmal eine für die Rechtewahrnehmung der FAZ zuständige Dame erklärt, man würde nie einen Blogger abmahnen, aber ob darauf wirklich Verlass ist? Ich selbst praktiziere in Archivalia eine eher großzügige Praxis der Textübernahme mit vergleichsweise langen Zitaten und habe auch schon kürzere Artikel komplett dokumentiert. Dass ich damit keine Probleme bekam bedeutet nicht, dass es auch allen anderen so gehen wird. Es kommt immer auf den Einzelfall an, aber auch bei einem vergleichsweise langen “uneingerahmten” Zitat (natürlich mit Quellenangabe) aus einem Zeitungsartikel oder fremden Blogbeitrag  schätze ich das Risiko, abgemahnt zu werden, als gering ein.

Abschließend noch zwei Punkte, die nichts mit dem Urheberrecht zu tun haben.

Klar ist: Die Regeln wissenschaftlicher Redlichkeit gelten auch für Wissenschaftsblogs. Plagiate sind tabu. Im Zweifel sollte man lieber eine Quelle zuviel angeben als eine zuwenig. Zudem lebt die Blogosphäre von der Vernetzung: Wer z.B. eine besonders nützliche Ressource gefunden hat, freut sich über ein Anerkenntnis über ein “via”.

Leider verschwinden immer wieder geschätzte Online-Ressourcen oder werden – im Fall der Tagespresse – kostenpflichtig. Blogbeiträge sollten immer soviel an Kontext referieren, dass sie auch bei Wegfall der Vorlage nützlich bleiben.

Schlagzeile ohne Schöpfungshöhe

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2496

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Das Andechser Missale Clm 3005 und seine geschichtlichen Einträge

Im Rahmen von Europeana Regia hat die Bayerische Staatsbibliothek ein qualitätvolles Digitalisat des berühmt-berüchtigten Andechser Missales Clm 3005 ins Netz gestellt. Am Ende des 14. Jahrhunderts wurden in die wohl in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts entstandene liturgische Handschrift (siehe auch die Forschungsdokumentation)  historiographische Texte und Urkundenfälschungen eingetragen, die der Kultförderung des 1388 “entdeckten” Andechser Reliquienschatzes dienen sollten. Das Missale wurde in Andechs (seit 1455 ein Benediktinerkloster) immer mit den Reliquien zusammen verwahrt, nie in der Bibliothek.

Einzelne Einträge sind schon früh gedruckt worden. Albert Brackmann, der die Entstehung der Andechser Wallfahrt in den Abhandlungen der Berliner Akademie 1929 Nr. 5 erörterte, verzichtete auf eine Edition und gab lediglich S. 28-31 24 von seinem Schüler Otto Meyer gefertigte Regesten bei, nachdem ihm die von dem jungen Benediktiner Romuald Bauerreiß (1893-1971) (GND)  gefertigte Edition zur Kenntnis gelangt war: Die geschichtlichen Einträge des “Andechser Missale” (Clm. 3005) . Texte und Untersuchung. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 47 (1929), S. 52-90, 433-447, die Texte S. 56-90 in 27 Nummern. Da sonst wichtige Grundlagenliteratur zum Traditionskomplex Andechs nicht online vorliegt, bin ich dem Abt von St. Bonifaz in München außerordentlich dankbar, dass er als Rechteinhaber die Internetveröffentlichung des Aufsatzes (archive.org) genehmigte. Dank des Digitalisats kann man nun überprüfen, ob das Verdikt von Alois Schütz (in: Königliche Tochterstämme 2002, S. 301), die Edition weise “gravierende Mängel” auf und strotze vor Lesefehlern, berechtigt ist. Unbedenklich ist die Textwiedergabe von Bauerreiß keineswegs, sie sollte jetzt stets anhand der online bequem zugänglichen Handschrift kontrolliert werden, wie eine eigene Stichprobe (Bl. 74v unten, Bauerreiß Nr. 13) ergab. Man vermisst Editionsrichtlinien, der Editor hat stillschweigend die z der Vorlage in s umgewandelt (z.B. das statt daz) und transkribiert nicht genau (beispielsweise iklich statt iekleich).

Mit den geschichtlichen Einträgen des Missales haben sich nach Brackmann und Bauerreiß beschäftigt: Benedikt Kraft in seinen voluminösen Andechser Studien (Oberbayerisches Archiv 73 und 74, 1937 und 1940); Alois Schütz mit neuem Quellenmaterial im Katalog “Herzöge und Heilige” (1993), Eduard Hlawitschka 1993 und wieder abgedruckt mit einer harschen Zurechtweisung von Schütz in dem Band Andechser Anfänge (2000), wogegen Schütz replizierte im Sammelband Königliche Tochterstämme von 2002 (Auszüge). Einen guten Überblick über die Andechser Quellenlage vermittelt Hartmut Kühnes “Ostensio Reliquiarum” von 2000 (Auszüge), während die neueste Behandlung durch Toni Aigner (Das Andechser Heiltum, 2013) möglicherweise nicht nur mich enttäuscht.

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Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7909

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Offener Brief an den Archivgesetz-Sachverständigen Prof. Dr. Eric Steinhauer

Lieber Herr Steinhauer,

der Landtag hat die Chance verschenkt, bei der Anhörung zur Evaluierung des NRW-Archivgesetzes am 28. August 2014

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_I/I.1/Tagesordnungen/WP16/800/E16-829.jsp

Stimmen aus dem Umfeld der gegen den Verkauf von Archivgut gerichteten Petition

https://www.openpetition.de/petition/online/kein-verkauf-von-kommunalem-archivgut-in-nrw (derzeit 1771 Unterstützer)

oder auch nur Vertreter der mitbetroffenen Universitätsarchive als Sachverständige einzuladen. Der Sprecher unserer Arbeitsgemeinschaft der NRW-Universitätsarchive, Herr Freitäger, hat bei seiner Unterschrift unter die Petition zu Protokoll gegeben, dass seine Eingabe an das federführende Ministerium noch nicht einmal einer Antwort gewürdigt wurde.

Ich darf Sie bitten, dringend dafür zu plädieren, die im deutschen Archivrecht singuläre Vorschrift, wonach kommunales und Archivgut der unter der Aufsicht des Landes stehenden Körperschaften (also vor allem der Universitäten) veräußert werden darf, ersatzlos zu streichen.

Ich darf zur Begründung auf die Begründung der Petition und meine eigene Stellungnahme von 2009 verweisen:

http://archiv.twoday.net/stories/6070626/

Ergänzend dazu:

Der von den Archivaren festzustellende bleibende Wert von Unterlagen entfällt nicht dadurch, dass eine Kommune in Zeiten klammer Kassen Archivgut verkaufen möchte. Ich darf Sie an die Causa Stralsund erinnern. Glücklicherweise konnte dort die Entscheidung, eine historische Gymnasialbibliothek zu veräußern, rückgängig gemacht werden.

Auch die Kommunalarchivare selbst sind – anders als ein Teil der kommunalen Spitzenverbände – gegen die Veräußerungsmöglichkeit. Nach herrschender archivrechtlicher Ansicht impliziert die gesetzliche Bewertungskompetenz der Archivare eine Weisungsfreiheit, siehe etwa mit Bezug auf Manegold

http://archiv.twoday.net/stories/2699909/

Die amtliche Begründung sagt zu § 2 Abs. 6 Archivgesetz NRW

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD14-10028.pdf

“Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Entscheidungsbefugnis
über die Archivgutbildung allein unter fachlichen Gesichtspunkten zu treffen ist und daher ausschließlich beim zuständigen Archiv liegt.” Nicht beim Archivträger! Es besteht also klar ein Wertungswiderspruch zwischen der Entscheidung des Gesetzgebers, die Bewertungskompetenz – weisungsfrei – in die Hände des Fachpersonals zu geben, und dem Freibrief für den Archivträger, Sammlungsgut zu veräußern.

Nachkassationen sind umstritten, wie die auch archivrechtlich argumentierende Transferarbeit von Hanke 2006 zeigt:

http://www.landesarchiv-bw.de/sixcms/media.php/120/44242/transf_hanke.pdf

Nachkassationen regelt das NRW-Archivgesetz in dem auch für kommunale und die weiteren öffentlichen Archive geltenden § 5 Abs. 2. Hierzu die amtliche Begründung:

“Satz 4 eröffnet dem Landesarchiv ausnahmsweise in besonders begründeten Einzelfällen (z.B., wenn zum Zeitpunkt der Übernahme keine vollständige Bewertung möglich war) die Möglichkeit, nicht mehr archivwürdige Unterlagen zu vernichten. Die Entscheidung über die Archivwürdigkeit liegt auch in diesen Fällen ausschließlich beim Landesarchiv.”

Um eine solche Nachkassation handelt es sich bei der Freigabe von Sammlungsgut nicht. Wenn die Archivare Sammlungsgut zum bleibenden Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses erklärt haben und aus fachlichen Gründen eine Nachkassation, die zwingend auf die Vernichtung hinausläuft, nicht in Betracht kommt, kann trotzdem der Archivträger sich – faktisch beliebig – über die Fachkompetenz hinwegsetzen und den Archivar oder die Archivarin anweisen, das Archivgut etwa einem Auktionshaus auszuhändigen. Einen Rechtsschutz gegen diese Maßnahme für die betroffenen Archivare oder andere Betroffene (z.B. Schenkungsgeber) bietet das Verwaltungsrecht nicht an.

Dieter Strauch hat in der kürzlich erschienenen Zweitauflage seines Standardwerks “Das Archivalieneigentum” im Kapitel “Kommunale Archive als GmbH?” (2014, S. 207ff.) die Veräußerungsproblematik erörtert. Seine Ausführungen sind zwar prima facie für die Veräußerungsgegner eher positiv, gehen aber an den faktischen Machtverhältnissen vorbei und können auch juristisch in Frage gestellt werden, da sich eine feste Auslegung nicht etabliert hat.

Nach Ansicht von Strauch (S. 216) verletzt die Veräußerung von Archivgut dann geltendes Recht und kann von der allgemeinen Rechtsaufsicht beanstandet werden, wenn es zu den in § 18, II Verf NRW genannten Geschichts- und Kulturdenkmalen gehört. Dann wäre der Kaufvertrag und die Übereignung der Archivalien nach § 134 BGB nichtig. Ein Gericht könnte die Auslegung der Begriffe Geschichts- und Kulturdenkmale voll überprüfen. Aber das würde voraussetzen, dass eine Klagebefugnis besteht. Nach herrschender Meinung kann sich nur die betroffene Kommune gegen die Kommunalaufsicht wehren. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass das Land bei der Kommunalaufsicht hinsichtlich der Veräußerung von Archivgut sonderlich streng vorgeht. Beanstandet es nicht, kann kein Gericht eingreifen.

Weder Schenkungsgeber noch betroffene Forscher, denen die Arbeitsgrundlage durch eine Veräußerung entzogen wird, steht eine Klagebefugnis nach derzeit überwiegender Meinung zu. Das hat auch das VG Sigmaringen signalisiert, als ich als betroffener Wissenschaftler eine Klage gegen die Veräußerung des Wolfegger Hausbuchs einreichte, die ich wieder zurückziehen musste, da die Veräußerung bereits erfolgt war.

Strauch verkennt, dass das Land NRW skandalöserweise nicht bereit ist, privates und öffentliches Archivgut denkmalschutzrechtlich zu schützen. Das Denkmalschutzgesetz des Landes klammert das Archivgut aus!

Es ist außerordentlich fraglich, ob ein Verwaltungsgericht so mutig sein wird, denkmalschutzrechtlich nicht eintragbares Archivgut trotzdem als nach der NRW-Landesverfassung als “Denkmal” geschützt anzusehen. Zur allgemeinen juristischen Problematik verweise ich auf meinen Aufsatz in LIBREAS 2013:

http://www.ib.hu-berlin.de/~libreas/libreas_neu/02graf.htm

Strauch argumentiert, dass die Entscheidung über die Veräußerung von Archivgut nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung gehört, sondern vom Rat beschlossen werden muss (S. 217), was die Chance eröffnet, dass der Casus in der Presse oder Öffentlichkeit diskutiert wird. Im Fall Stralsund hat aber der in einer Ausschusssitzung getroffene Beschluss weder bei Presse noch bei der Öffentlichkeit zu Nachfragen geführt. Ob die Kommunalaufsicht tätig wird, kann sie selbst – faktisch nach Gutdünken – entscheiden. Ein Rechtsanspruch auf ein Einschreiten besteht erneut nicht.

Selbst wenn man Strauch folgt, spricht alles dafür, dass eine rechtswidrig von der Verwaltung statt vom Rat vorgenommene Veräußerung folgenlos bleibt.

Strauch referiert eine Rechtsansicht, dass die Veräußerung von Archivgut anerkennungsbedürftig sei, da ein staatliches Mitwirkungsrecht gegeben sei, also ein Kondominium vorliege (S. 217). In diesem Fall dürfte die Aufsichtsbehörde auch Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen.

Nun könnte man fordern, dass
- bei Archivgutveräußerungen ein förmliches Genehmigungsverfahren installiert werden müsse
- wenigstens für die Universitätsarchive bzw. die weiteren öffentlichen Archive nach § 11 ArchivG NRW die Unveräußerlichkeit auch bei Sammlungsgut festgeschrieben wird

Aber am besten streicht man die Möglichkeit der Gemeinden, ungestraft Teile des kulturellen Gedächtnisses verscherbeln zu dürfen, ganz! Sie verstößt gegen den in der Landesverfassung angeordneten Schutz der Denkmale der Geschichte und Kultur, zu denen immer auch das nach archivfachlichen Grundsätzen bewertete archivische Sammlungsgut zählt.

Lieber Herr Steinhauer, hören Sie bitte auf die Stimme der Archivarinnen und Archivare, die sich in der Ablehnung einig sind, und auf die vielen Unterzeichner der Petition und machen Sie unser Anliegen auch zu Ihrem.

Herzlichen Gruß
Ihr Klaus Graf

Quelle: http://kulturgut.hypotheses.org/407

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Wie alt ist die Priamel “Hette ich Venediger macht”?

Worauf sich der Nürnberger Freiherr von Kreß in einer bayerischen Parlamentsdebatte 1831 bezog, ist eine in der Frühen Neuzeit weit verbreitete Spruchweisheit in Form einer Priamel.1) Es ist alles andere als trivial, zu diesem viel zitierten Spruch eine wissenschaftliche Erörterung aufzufinden. Auch mit Hilfe der elektronischen Volltextsuchen stößt man nur mit viel Glück auf die Ausführungen von Karl Steiff und Gebhard Mehring in ihren “Geschichtliche Lieder und Sprüche Württembergs” (1912, S. 71-74 Nr. 21 – online Wikimedia Commons).

Steiff/Mehring edierten drei Versionen, wobei jede Version verschiedene Schlussvarianten aufwies. Als älteste Überlieferung wurde von ihnen Christoph Lehmanns Florilegium Politicum auctum von 1662 entnommen, wo es am Ende heißt: “were ich Herr der gantzen Welt” (Digitalisat). Eindeutige Anspielungen auf den Spruch fanden sie aber schon in einem Ereignislied aus dem Dreißigjährigen Krieg um 1620, und in einem Dialog von 1628 wird der Spruch als “Sprichwort” angesprochen.

Mit Google Books findet man ältere Belege. Etwas jünger als Lehmann sind die Iocoseria eines Hilarius 1659 (VD 17; Digitalisat) ohne Schluss-Satz. Um 1625 notierte sich ein Straßburger Bürger die Verse, wobei er das “Braunschweiger Veldt” ergänzte (Abdruck). In das Ende des 16. Jahrhunderts kommt man zurück mit einer Danziger Handschrift (Katalog), wobei der Kontext auf eine Niederschrift nicht nach 1594 deutet:

Hett ich der Venediger Macht
Und der Augsburger Pracht
Nürnberger Witz
Strasburger Geschütz
Und der Ulmer Geld
So were ich der reichst in der Welt.

Die älteste mir bekannte Überlieferung stammt aus einer Basler Musikhandschrift von 1591, die online eingesehen werden kann.2 Sie enthält noch weitere Zeilen über Schweizer Verhältnisse.

Ausgeschlossen ist es nicht, dass noch ältere Belege auftauchen. Aber die Argumentation, mit der Steiff/Mehring ihre Datierung um 1500 begründen, leuchtet mir nicht ein. Wenn in einem württembergischen Spruch von 1520 von Ulmer Gold die Rede ist, so ist es alles andere als zweifelsfrei, dass eine Anspielung auf die hier besprochene Priamel vorliegt. Ein Blick in Google Books zeigt, dass “Ulmer Gold” ein feststehender Begriff war. Er konnte auch ohne Rückgriff auf den Spruch als Metapher für die finanzielle Potenz der Reichsstadt Ulm gebraucht werden. Ein anderer Spruch aus dem Lager Herzog Ulrichs reimte 1519:

“Nürnberg hübsch metzger macht
der weber von Augspurg treibt den pracht”

Auch hier drängt sich meiner Meinung nach nicht auf, dass die Formulierung die Priamel voraussetzt. Denkbar ist auch, dass eine frühere Fassung mit dem Reim Macht/Pracht als Zwischenglied zwischen der weitverbreiteten jüngeren Version und der Priamel Nürnbergischer Provenienz “Hett ich des keisers weib” aus dem 15. Jahrhundert, die als Vorbild des jüngeren Spruchs gelten kann, anzunehmen ist.3

Was hat man zu beachten, wenn man den Spruch als Geschichtsquelle auswerten möchte?

Zunächst sollte man die Datierung um 1500 nicht übernehmen, sondern vorsichtiger deutlich machen, dass die Priamel erst am Ende des 16. Jahrhunderts erstmals belegt ist.

Es liegt auf der Hand, dass man je nach angenommener Entstehungszeit geneigt ist, den historischen Kontext ganz unterschiedlich zu beurteilen. Um 1500 passt der Spruch prima, während hundert Jahre später schon das Konzept (oder soll man sagen: Klischee?) “Niedergang der Städte” allzu nahe liegt. Schon Lieder des 17. Jahrhunderts (von 1681) haben den Spruch mit der aus ihrer Sicht abweicheneden Wirklichkeit konfrontiert (Steiff/Mehring S. 72 nach Ditfurth). Unabhängig von seinem Wirklichkeitsgehalt war der Spruch bis ins 19. Jahrhundert äußerst beliebt4, wozu sicher auch die Drucküberlieferung beitrug. In den Materialien von Siebenkees 1792 ist von dem “bekannten schon hundertmahl gedruckten Verschen” die Rede.

Der Spruch betont – zugrundegelegt ist die Fassung der Danziger Handschrift – die finanzielle Potenz der oberdeutschen Reichsstädte Nürnberg, Augsburg, Ulm und Straßburg, die mit der machtvollen Serenissima verglichen werden. Bei Ulm steht das Kapitalvermögen im Vordergrund, was aber nicht so verstanden werden darf, dass der Autor die anderen Städte in ihrer finanziellen Leistungskraft abwerten will. Die Erwähnung der Nürnberger Innovationskraft (der Nürnberger Witz hat einen eigenen Wikipedia-Artikel), des Augsburger Luxus und des Straßburger Geschütze-Exports (der erst mit den Burgunderkriegen begann, so Steiff-Mehring) unterstreicht den abschließend (“were ich der reichst”) thematisierten Aspekt sehr großen Reichtums. Als zeitgenössische Wahrnehmung der frühkapitalistischen Macht der oberdeutschen Städte-Republiken wird die Priamel ja noch heute im wissenschaftlichen Diskurs gern zur Veranschaulichung eingesetzt.

  1. Zu Priameln siehe die Beispiele in Archivalia, zur hier besprochenen: http://archiv.twoday.net/stories/948987942/ (mit weiteren Nachweisen
  2. e-manuscripta.ch. Zur Handschrift F IX 70 siehe den Google-Schnipsel aus dem Katalog der Musikhandschriften 1988 und den Handschriftenkatalog.
  3. Siehe etwa das Katalogisat von Werner Hoffmann: http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/projekt-Dresden-pdfs/M%2042.pdf
  4. Siehe auch Wander und Plaut.

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1782

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Wie alt ist die Priamel “Hette ich Venediger macht”?

Worauf sich der Nürnberger Freiherr von Kreß in einer bayerischen Parlamentsdebatte 1831 bezog, ist eine in der Frühen Neuzeit weit verbreitete Spruchweisheit in Form einer Priamel.1) Es ist alles andere als trivial, zu diesem viel zitierten Spruch eine wissenschaftliche Erörterung aufzufinden. Auch mit Hilfe der elektronischen Volltextsuchen stößt man nur mit viel Glück auf die Ausführungen von Karl Steiff und Gebhard Mehring in ihren “Geschichtliche Lieder und Sprüche Württembergs” (1912, S. 71-74 Nr. 21 – online Wikimedia Commons).

Steiff/Mehring edierten drei Versionen, wobei jede Version verschiedene Schlussvarianten aufwies. Als älteste Überlieferung wurde von ihnen Christoph Lehmanns Florilegium Politicum auctum von 1662 entnommen, wo es am Ende heißt: “were ich Herr der gantzen Welt” (Digitalisat). Eindeutige Anspielungen auf den Spruch fanden sie aber schon in einem Ereignislied aus dem Dreißigjährigen Krieg um 1620, und in einem Dialog von 1628 wird der Spruch als “Sprichwort” angesprochen.

Mit Google Books findet man ältere Belege. Etwas jünger als Lehmann sind die Iocoseria eines Hilarius 1659 (VD 17; Digitalisat) ohne Schluss-Satz. Um 1625 notierte sich ein Straßburger Bürger die Verse, wobei er das “Braunschweiger Veldt” ergänzte (Abdruck). In das Ende des 16. Jahrhunderts kommt man zurück mit einer Danziger Handschrift (Katalog), wobei der Kontext auf eine Niederschrift nicht nach 1594 deutet:

Hett ich der Venediger Macht
Und der Augsburger Pracht
Nürnberger Witz
Strasburger Geschütz
Und der Ulmer Geld
So were ich der reichst in der Welt.

Die älteste mir bekannte Überlieferung stammt aus einer Basler Musikhandschrift von 1591, die online eingesehen werden kann.2 Sie enthält noch weitere Zeilen über Schweizer Verhältnisse.

Ausgeschlossen ist es nicht, dass noch ältere Belege auftauchen. Aber die Argumentation, mit der Steiff/Mehring ihre Datierung um 1500 begründen, leuchtet mir nicht ein. Wenn in einem württembergischen Spruch von 1520 von Ulmer Gold die Rede ist, so ist es alles andere als zweifelsfrei, dass eine Anspielung auf die hier besprochene Priamel vorliegt. Ein Blick in Google Books zeigt, dass “Ulmer Gold” ein feststehender Begriff war. Er konnte auch ohne Rückgriff auf den Spruch als Metapher für die finanzielle Potenz der Reichsstadt Ulm gebraucht werden. Ein anderer Spruch aus dem Lager Herzog Ulrichs reimte 1519:

“Nürnberg hübsch metzger macht
der weber von Augspurg treibt den pracht”

Auch hier drängt sich meiner Meinung nach nicht auf, dass die Formulierung die Priamel voraussetzt. Denkbar ist auch, dass eine frühere Fassung mit dem Reim Macht/Pracht als Zwischenglied zwischen der weitverbreiteten jüngeren Version und der Priamel Nürnbergischer Provenienz “Hett ich des keisers weib” aus dem 15. Jahrhundert, die als Vorbild des jüngeren Spruchs gelten kann, anzunehmen ist.3

Was hat man zu beachten, wenn man den Spruch als Geschichtsquelle auswerten möchte?

Zunächst sollte man die Datierung um 1500 nicht übernehmen, sondern vorsichtiger deutlich machen, dass die Priamel erst am Ende des 16. Jahrhunderts erstmals belegt ist.

Es liegt auf der Hand, dass man je nach angenommener Entstehungszeit geneigt ist, den historischen Kontext ganz unterschiedlich zu beurteilen. Um 1500 passt der Spruch prima, während hundert Jahre später schon das Konzept (oder soll man sagen: Klischee?) “Niedergang der Städte” allzu nahe liegt. Schon Lieder des 17. Jahrhunderts (von 1681) haben den Spruch mit der aus ihrer Sicht abweicheneden Wirklichkeit konfrontiert (Steiff/Mehring S. 72 nach Ditfurth). Unabhängig von seinem Wirklichkeitsgehalt war der Spruch bis ins 19. Jahrhundert äußerst beliebt4, wozu sicher auch die Drucküberlieferung beitrug. In den Materialien von Siebenkees 1792 ist von dem “bekannten schon hundertmahl gedruckten Verschen” die Rede.

Der Spruch betont – zugrundegelegt ist die Fassung der Danziger Handschrift – die finanzielle Potenz der oberdeutschen Reichsstädte Nürnberg, Augsburg, Ulm und Straßburg, die mit der machtvollen Serenissima verglichen werden. Bei Ulm steht das Kapitalvermögen im Vordergrund, was aber nicht so verstanden werden darf, dass der Autor die anderen Städte in ihrer finanziellen Leistungskraft abwerten will. Die Erwähnung der Nürnberger Innovationskraft (der Nürnberger Witz hat einen eigenen Wikipedia-Artikel), des Augsburger Luxus und des Straßburger Geschütze-Exports (der erst mit den Burgunderkriegen begann, so Steiff-Mehring) unterstreicht den abschließend (“were ich der reichst”) thematisierten Aspekt sehr großen Reichtums. Als zeitgenössische Wahrnehmung der frühkapitalistischen Macht der oberdeutschen Städte-Republiken wird die Priamel ja noch heute im wissenschaftlichen Diskurs gern zur Veranschaulichung eingesetzt.

  1. Zu Priameln siehe die Beispiele in Archivalia, zur hier besprochenen: http://archiv.twoday.net/stories/948987942/ (mit weiteren Nachweisen
  2. e-manuscripta.ch. Zur Handschrift F IX 70 siehe den Google-Schnipsel aus dem Katalog der Musikhandschriften 1988 und den Handschriftenkatalog.
  3. Siehe etwa das Katalogisat von Werner Hoffmann: http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/projekt-Dresden-pdfs/M%2042.pdf
  4. Siehe auch Wander und Plaut.

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1782

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Open Access, Creative Commons und das Posten von Handschriftenscans

Auf dem anregenden Workshop “Neues Werkzeug des Historikers: Blogs und Social Media für Mediävisten” in Rom referierte ich am 17. Juni 2014 über: Open Access, Creative Commons und das Posten von Handschriftenscans. Ein Video ist auf YouTube einsehbar, das Twitter-Feedback dank Maria Rottlers Storify benutzbar. Ich lege im Folgenden eine Schriftfassung vor.

Zunächst einige Banalitäten: Wissenschaft ohne Wissenschaftskommunikation ist sinnlos. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen veröffentlicht und verbreitet werden.

Wissenschaft muss überprüfbar sein. Je besser die Forschungsdaten, das Rohmaterial der Wissenschaft, verfügbar sind, um so besser steht es um die Überprüfbarkeit.

Open Access ist das Versprechen auf umfassende Chancengleichheit, was den digitalen Zugang zu Forschungsergebnissen und Forschungsdaten angeht. Open Access hat zwei Dimensionen:

  • die Beseitigung von finanziellen Hürden: gratis Open Access
  • die Beseitigung von urheberrechtlichen Barrieren im Sinne vollständiger Nachnutzbarkeit: libre Open Access

Realisiert wird dieser Libre Open Access vor allem durch Creative Commons Lizenzen.

Die Wissenschaft muss viel “flüssiger” werden (“liquid science”). Digitale Kommunikation, insbesondere Blogs und Wikis, ermöglichen diese Dynamisierung.

Idealerweise sollten alle Belege in Form von Hyperlinks auf Online-Publikationen und Digitalisate gegeben werden. Ein Blogger, der ein gedrucktes Buch zitiert, von dem es eine retrodigitalisierte Fassung gibt, sollte also immer die Fundstelle seitengenau verlinken.

Wissenschaftsblogs sind gratis Open Access, aber zu selten libre Open Access. Hier im Redaktionsblog habe ich ein Plädoyer für die Lizenz CC-BY veröffentlicht, die Standardlizenz der führenden Open Access Verlage.

Wissenschaft braucht Nachnutzbarkeit, sie muss auf früheren Erkenntnissen aufbauen können. Daher ist eine Einschränkung “keine Bearbeitung” (CC-BY-ND) keine wünschenswerte Option.

Kontraproduktiv ist aber auch der Ausschluss kommerzieller Nutzung (CC-BY-NC). Die meisten Zeitschriften erscheinen in kommerziellen Verlagen. Bilder und Grafiken unter CC-BY-NC können in diesen Medien also nicht genutzt werden, was ersichtlich nicht im Sinne der Wissenschaftler-Urheber sein kann.

Nur CC-BY (oder CC-BY-SA) kommt also für wahren Open Access in Betracht. Bei Forschungsdaten (wenn sie denn überhaupt urheberrechtlich geschützt sind) ist aber bereits CC-BY zu restriktiv, sie sollten Public Domain bzw. Creative Commons Zero sein.

Wer Open Access in diesem Sinne konsequent unterstützen will, sieht sich aber juristischen Hürden gegenüber, also vor allem einem für die Wissenschaft nicht tauglichen Urheberrecht.

 

Zwar diskutiert man gerade ein wenig über eine allgemeine Wissenschaftsschranke, aber bis zu ihrer Realisierung ist es wohl noch ein weiter Weg.

In meiner Archivalia-Artikelserie Blog&Recht habe ich versucht, Rechtsfragen des Bloggens verständlich darzustellen:

Auf Twitter fragte Johannes Waldschütz:

 

Die Antwort lautet – wie im Urheberrecht allzu häufig: Kommt darauf an.

Eine sehr einfache Karte (z.B. banal gestaltete Verbreitungskarte) ist urheberrechtlich nicht geschützt und darf daher frei verwendet werden.  Dann ist zu fragen: Gibt es eine Erlaubnis durch Nutzungsbedingungen? In Büchern wohl kaum (außer diese haben freie Inhalte – etwa von der Wikipedia oder Open Street Map – lizenzkonform genutzt), aber online immer häufiger. Exkurs zu Flickr: Wenn ein Bild dieses riesigen Bilderpools für das Sharing freigegeben ist, darf es mit dem Einbetten-Feature geteilt werden. Die wenigsten Flickr-Nutzer haben diese Option deaktiviert. Das folgende Bild ist auf diese Weise eingebettet.

The T-O type map in the Armenian language

Vorsicht bei Stadtplandiensten! Von einem Akteur aus dem Bereich der Geschichtswissenschaft weiß ich, dass eine Kanzlei 2009 über 500 Euro Abmahnung für eine im Netz vergessene Anfahrt-Hilfe bei einer Veranstaltung verlangte.

Wichtig ist im Wissenschaftlichen Kontext das Zitatrecht (§ 51 UrhG). Die Karte muss als Beleg, zur Erläuterung des Inhalts dienen, sie darf nicht bloße Illustration sein.

Allerdings gilt, dass die Abmahngefahr bei der Übernahme einer Karte aus einem Buch in einem wissenschaftlichen Werk verschwindend gering ist.

Nun zum Posten von Handschriftenscans. Die (mittelalterlichen) Handschriften sind ja gemeinfrei, aber ihre Reproduktionen?

In der Europeana-Charta von 2010 heißt es:

Die Digitalisierung von gemeinfreien Inhalten schafft keine neuen Rechte über diese Inhalte: Alle Werke, die in analoger Form als Gemeingut vorliegen, sind auch nach ihrer Digitalisierung
weiterhin Gemeingut.

Auch die EU-Kommission hat wiederholt betont, dass Gemeinfreies nach der Digitalisierung gemeinfrei bleiben soll. Den “Grundsatz, dass gemeinfreies Material nach seiner Digitalisierung gemeinfrei bleiben sollte” hat der europäische Gesetzgeber (EU-Parlament und Rat) in den Erwägungsgründen zur PSI-Richtlinie vom Juni 2013 klar ausgesprochen. Alle öffentlichen Institutionen sind folglich gehalten, nicht gegen dieses Prinzip zu verstoßen. Der Trend geht eindeutig zum Open Access – man denke etwa an die Public-Domain-Freigaben des Getty-Museums oder der British Library. Schon die Berliner Erklärung für Open Access 2003 hat ausdrücklich auch die kulturgutverwahrenden bzw. Gedächtnisinstitutionen adressiert und diese aufgerufen, ihre Schätze Open Access – und das heißt: beliebig (auch kommerziell) nachnutzbar – zu publizieren.

Es spricht alles dafür, dass Handschriftenreproduktionen bzw. generell Wiedergaben von Flachware nicht durch EU-Urheberrecht (und Schweizer Urheberrecht) geschützt sind, da ihnen die “Originalität” fehlt. Ansonsten wären sie 70 Jahre nach dem Tod des Reproduzierenden geschützt, was absurd wäre.

In Deutschland und Österreich gibt es aber sogenannte einfache Lichtbilder. Aber auch bei ihnen vertrete ich die Ansicht, dass nach deutscher Rechtslage – also vor allem nach der Rechtsprechung des BGH – originalgetreue Wiedergaben zweidimensionaler Vorlagen nicht als einfache Lichtbilder geschützt sind. So ist auch die – von Rechteinhabern nicht gerichtlich angefochtene – Praxis der Wikipedia bzw. auf Wikimedia Commons.

Copyfraud bedeutet: Nicht überall ist Copyright drin, wo Copyright draufsteht. Reproduktionen gemeinfreier alter Fotos sind gemäß der Entscheidung Bibelreproduktion des BGH definitiv nicht vom Urheberrecht geschützt. Trotzdem werden sie zuhauf im Netz insbesondere von Archiven mit Wasserzeichern “verziert”.

Die Rechteinhaber verlegen sich auf FUD (Fear, Uncertainty and Doubt) und schaffen eine Zone der Unsicherheit, mit der sie ihre finanziellen und “Herrschaftswissen”-Interessen zur Geltung bringen wollen. Schon oft habe ich mich gemäß der Devise Kulturgut muss frei sein gegen das “Zwingherrentum” kultureller Institutionen ausgesprochen.  Vielfach sind sie mit ihrem Copyfraud erfolgreich, da ihre Nutzer zu ängstlich sind.

Nicht selten ist es durchaus vernünftig, opportunistisch zu sein und es sich nicht mit mächtigen Institutionen zu verderben. Aber auch da gibt es Hintertüren, etwa wenn man nach der Wikipedia-Devise “Sei mutig” Bilder anonym auf Wikimedia Commons postet und von dort zitiert oder auch nur verlinkt.

 

Paläographische Datierungen und Schriftvergleiche brauchen Handschriftenabbildungen in guter Auflösung, die kostenlos im Netz stehen. Weil Felicitas Noeske mir erlaubte, Bilder eines deutschsprachigen Fragments aus der von ihr betreuten Christianeums-Bibliothek in Archivalia zu posten, konnte wenige Stunden nach dem Erscheinen dieses Beitrags Stephen Mossmann den unbekannten Text identifizieren.

Neu ist folgende Meldung:

Baden-Württembergs wissenschaftliche Bibliotheken sind überein gekommen, ihre Digitalisate künftig unter eine Creative Commons Lizenz zu stellen. Konkret wurde die Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0-Lizenz in deutscher Übertragung ausgewählt (CC-BY-SA 3.0 DE).

Das ist natürlich höchst begrüßenswert, aber strenggenommen auch Copyfraud, da nur das unter CC gestellt werden kann, was urheberrechtlich geschützt ist.

Abschließend drei Forderungen:

  • ForscherInnen sollten sich vehement für offene Inhalte einsetzen und Copyfraud bekämpfen. Ruhig den Dienstvorgesetzten des sich stur stellenden Archivbeamten oder das Stadtparlament immer wieder in höflicher Form auf das genannte EU-Prinzip “Gemeinfreies muss auch nach der Digitalisierung gemeinfrei bleiben” hinweisen!
  • ForscherInnen sollten mutig sein und sich bei 2-D-Vorlagen über Beschränkungen hinwegsetzen.
  • Bei eindeutig geschützten Abbildungen (z.B. von Skulpturen) sollte man das Zitatrecht einsetzen, um dem Publikum den Werkgenuss zu ermöglichen.

 

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2417

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Me sola Hirsaugia gaudet

“Allein Hirsau bereitet mir Freude” – mit dieser Aussage beendete Johannes Trithemius (GND) den ersten Teil seiner “Hirsauer Annalen”, die er vor 500 Jahren abschloss. Er meinte damit, dass die Beschäftigung mit der Geschichte Hirsaus und vor allem mit der (vermeintlichen) Blütezeit im Frühmittelalter und der (wirklichen) Blüte zur Zeit der “Hirsauer Reform” ihm in unruhiger Zeit Trost spendete. Auf die Ausstellung im Hirsauer Klostermuseum und die kleine Vortragsreihe anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Fertigstellung des umfangreichen Geschichtswerks 1514 wurde hier bereits hingewiesen. In […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7318

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Texte aus Handschriften der Benediktinerinnen von St. Walburg in Eichstätt

“vnd darvmb ist es allen buchern not, das man sie nach dem schreiben mit gutem fleyß corrige”. Diese heute noch gültige Erkenntnis steht am Schluss eines ganz kurzen Traktats “Vom Abschreiben der deutschen Heiligen Schrift”, den Joseph Lechner (1893-1954) aus dem Cod. germ. 2 der Benediktinerinnenabtei St. Walburg in Eichstätt (Bl. 36ra-vb) edierte. [1] Den urheberrechtlich nicht geschützten kurzen Textanhang von Lechners Buch: Die spätmittelalterliche Handschriftengeschichte der Benediktinerinnenabtei St. Walburg/Eichstätt (By.). Münster i. W.: Aschendorff 1937, S. 89-96 habe ich als PDF auf Wikimedia […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7312

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