Kirchenpflegschaft zwischen Pfarrgemeindevertretung und Ratsherrschaft

Auf den ersten Blick scheint es einfach, die Pfarreien nicht nur als räumliche Bezirke in den Zusammenhang der ausgeführten Entwicklungstendenzen kommunaler Administration zu setzen. Es finden sich eine Reihe von Belegen für direktere Inanspruchnahmen ihrer Ämter durch die gesamtstädtischen Behörden. So unterstützten die Kirchmeister und Offermänner bereits 1478 die Tirmmeister bei der Umlage der Aufwendungen zur lokalen Brandbekämpfung auf die Parochianen.[1] Überhaupt wurden sie vor allem zur Erhebung von Abgaben herangezogen –[2] aufgrund des Fehlens entsprechender Strukturen und Abläufe in Ermangelung regelmäßig eingezogener direkter Steuer.[3] Nachdem schon die Liste der Gläubiger des Rates 1418 nach Kirchspielen sortiert war,[4] deutet sich diese Entwicklung vor allem seit dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts an, also parallel zur damaligen Tendenz einer stärker räumlichen Strukturierung der städtischen Verwaltung.[5] Noch 1474 finden sich die Tirme als räumliche Einheiten, in denen die Bürger erfasst wurden, die den 10. Pfennig bezahlen sollten.[6] Die Hauszinsenverzeichnisse des Jahres 1487 und die Schornsteinsteuerlisten von 1492 wurden dagegen für die Kirchspiele angefertigt.[7] Die Planungen im Rahmen des ersten Versuchs der Einführung eines 100.

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Quelle: http://ccaa.hypotheses.org/514

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Tirmmeister und Hauptleute – Die Kirchspiele als Stadtbezirke?

Die eigentlichen Bezirksverwalter waren die Tirmmeister,[1] deren Ursprünge im Brandwesen liegen. Ihre erste nachweisbare Erwähnung 1360 – bezeichnenderweise zu einem Zeitpunkt, für den eine mögliche ‚Entmachtung‘ der Sondergemeinden vermutet wurde –[2] ist allerdings aus den Passagen, in denen es darum geht, die öffentliche Ordnung bei einem Brand aufrechtzuerhalten, nachträglich gestrichen.[3] Erst nach der Revolution tauchen sie wieder auf, zunächst in einer Morgensprache über Angelegenheiten des Wacht-, Wehr- und Brandwesens von 1397, in der ihre Zuständigkeit für die Sicherstellung des Wasservorrates im Falle eines Brandes geregelt wurde.[4] Bereits diese Anfänge des Amts weisen auf den engen Zusammenhang zwischen einer beginnenden Konsolidierung der Stadtverwaltung nach der Etablierung der neuen Ratsherrschaft und dem Aufbau von obrigkeitlich delegierten lokalen Substrukturen hin.[5] Vor allem im Rahmen der Reformbestrebungen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts intensivierte sich sowohl die Bedeutung als auch die konkrete Ausformung der kommunalen Ämter merklich, zunächst als Bestandteil der einschlägigen Bestimmungen über das Brandwesen, die als Ausgangspunkt stärker räumlich orientierter Organisationsformen gelten können.[6] Auf dieser Grundlage wurden die Tirmmeister am 29. Mai 1474 erstmals beauftragt, in ihren Bezirken die Brunnen zu überprüfen bzw. zu inventarisieren, damit man neue bauen könne, falls es zu wenige gäbe.[7] Außerdem hatten sie – neben ihren Funktionen im Wachtwesen, namentlich der Erhebung des Tirmgeldes und der Zuständigkeit für die Ketten –[8] schon früh regelmäßige Kontrollgänge durchzuführen und nach verdächtigen Personen, besonders Fremden, Ausschau zu halten.

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Quelle: http://ccaa.hypotheses.org/501

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Kirchspiele und Wehrverfassung: Kommunale Organisation im Wacht-, Brand- und Alarmwesen

Geradezu exemplarisch lässt sich dieses Muster in der städtischen Politik im Wehrwesen erkennen.[1] Bis zum Verbundbrief war es auf der Grundlage der Sondergemeinden geregelt gewesen.[2] Seit 1396 waren die Gaffeln offizielle Träger der militärischen Organisation. Hier wurden alle wesentlichen Bestimmungen bekannt gegeben.[3] Außerdem erfolgte, da mit dem Bürgerrecht militärische Pflichten verbunden waren, die Erfassung als Wehrfähiger über die Einschreibung als Mitglied.[4] Damit bildeten die Gaffeln die Grundordnung des Wehrwesens. Allerdings war dieselbe für den (im Grunde nicht vorkommenden) Verteidigungsfall und für planbare militärische Aktionen vorgesehen, die in der Praxis von Söldnern ausgeführt wurden.[5] Sie hatte also kaum eine reelle, sondern mehr eine symbolische Bedeutung.[6] Die den Alltag der Bürger direkt betreffenden Bereiche liefen dagegen ohne große Beteiligung der Gaffeln ab, vor allem die seit den 1460er-Jahren auftauchende Wachtpflicht.[7] Besetzt wurden bestimmte Mauerabschnitte der Stadtbefestigung – zunächst sieben, später acht – und drei bzw.

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Quelle: http://ccaa.hypotheses.org/485

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Die mittellateinische Goliardendichtung und ihr historischer Kontext: Komik im Kosmos der Kathedralschulen Nordfrankreichs

1000 Worte Forschung: Eingereichte Dissertation im Fach Mittelalterliche Geschichte, Justus-Liebig-Universität Gießen

Deutschsprachige Version
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Wer Goliardendichtung erforscht, betritt wahrlich kein Neuland, sondern einen dichten, internationalen und interdisziplinären Dschungel an Monographien und Anthologien, Aufsätzen und Lexikonartikeln. Umso erstaunlicher wirken die beträchtlichen methodischen Problemfelder, die schon der erste Blick in diesen Urwald gewährt. Hierunter zählen zunächst das Fehlen eindeutiger Definitionen von Goliardendichtung, das Klären der Frage, welche Texte zu ihr zu zählen sind und welche nicht, sowie das unreflektierte Benutzen einer diffizilen Terminologie, indem bisweilen nicht unterschieden wird zwischen „Goliardendichtern,“ den Verfassern der Goliardendichtung, und „Goliarden,“ einer ab 1227 greifbaren Gruppe wohl schauspielerisch tätiger Klerikervaganten mit niedrigem sozialen Status. Vor allem aber die Frage des historischen Kontextes, der für die Interpretation der Goliardendichtung kaum überschätzt werden kann, bietet dem Leser eine breite Palette an Erklärungsansätzen und nennt – je nach Literaturwahl – unter anderem Klöster, Höfe, Schulen (oft ohne spezifizierenden Zusatz), Kanzleien, Universtäten (was auch immer das im 12. Jahrhundert umfassen soll), Tavernen, Bordelle, die Straße, Märkte, Feste etc.

Zunächst wurde in den wenigen Gedichten, die das Hoch- und Spätmittelalter mit den (hier literarischen, nicht realhistorischen) Namen Golias und goliardus versehen hat, insgesamt sechs Determinanten gefunden, die alle Gedichte aufweisen. Diese (1.

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Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/10991

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Pfarreien an der südlichen Peripherie

a) St. Johann Baptist:

Am meisten ähnelten die Umstände in St. Johann Baptist denen der Innenstadt.[1465] Die Bindung an das Stift hatte sich früh gelockert. Im 13. Jahrhundert war eine Beteiligung an der Auswahl des Pfarrers durchgesetzt worden.[1466] Auch ein Pfarrhaus ist damals zu belegen.[1467] Es gab sogar ein Schulgebäude.[1468] Die Stiftungstätigkeit war bereits nennenswert.[1469] Im Jahr 1300 ließen die Parochianen zudem einen Schrein für die Gebeine der Hl.

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Quelle: https://ccaa.hypotheses.org/462

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Eine Promotion in den Geisteswissenschaften: Der richtige Weg für mich?

Am Ende eines geisteswissenschaftlichen Studiums fragen sich viele Studierende: Soll ich nun noch promovieren? Eine Promotion scheint eine interessante Angelegenheit, an der Uni gefällt es einem sowieso und mit dem Prof kommt man auch ganz gut klar: Vieles spricht für eine Doktorarbeit. Andererseits liest man immer wieder von hohen Abbruchquoten, Problemen der Finanzierung oder von hierarchischen Strukturen an deutschen Lehrstühlen. Ist der Weg zum Doktortitel also vielleicht doch nicht so attraktiv, wie es auf den ersten Blick scheint?

Eine Entscheidung für oder gegen eine Promotion ist immer eine sehr persönliche, die stark von der individuellen Situation und Motivation jedes einzelnen Studierenden abhängt. Allgemeingültige Ratschläge für oder gegen die Doktorarbeit sind also schwierig zu geben. Bevor man sich aber entscheidet, ist es sicherlich ratsam, sich so viel Hintergrundwissen wie möglich zu besorgen, um anschließend eine informierte Entscheidung treffen zu können, ob man eine Doktorarbeit beginnt – oder eben nicht.

Deswegen findet Ihr im Folgenden fünf Punkte, die die Vorteile einer Promotion verdeutlichen und fünf Punkte, die die Herausforderungen eines solchen Projekts aufzeigen.

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Quelle: http://gab.hypotheses.org/3897

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Projektvorstellung in 3 Fragen & Antworten: Von „Frechen Frauen“ und „Chick Lit“

Seit Mai bin ich Fellow der Vienna Doctoral Academy: Theory and Methodology in the Humanities, die Doktorand_innen der Geistes- und Kulturwissenschaften der Universität Wien eine Plattform bietet, um sich mit aktuellen Fragen der Methodik und der Theorie auseinanderzusetzen. Auf der Retraite in Payerbach, bei der die „neuen“ Fellows die „alten“ und den Kern des Leitungsteams – Prof.in Eva Horn, Prof. Peter Becker und Prof. Sebastian Schütze – sowie die überaus engagierte Assistentin Christina Lengauer kennenlernten, stellte Andreas Enderlin den VDA Humanities Blog vor – so enthusiastisch, dass ich gleich beschlossen habe, mich beim Redaktionsteam einzubringen. Als eine  mögliche Reihe für den Blog wurde die Projektvorstellung von VDA-Fellows diskutiert. Anhand von drei gleichbleibenden Fragen sollte so die Möglichkeit gegeben werden, das eigene Dissertationsprojekt öffentlich und auf zugängliche Weise vorzustellen. Ich bin einmal ins kalte Wasser gesprungen und habe den Anfang gemacht.



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Quelle: http://chicklit.hypotheses.org/815

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