In memoriam Gerhard Rill

“Am 25. März 2015, knapp vor der Vollendung seines 88. Lebensjahres, verstarb in Klosterneuburg der ehemalige Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Gerhard Rill; Österreichs Archive und Geschichtswissenschaft haben mit seinem Tod einen wichtigen Vertreter verloren”, teilt das Österreichische Staatsarchiv in einem Nachruf auf seiner Website mit. Ihm war die enge Zusammenarbeit mit der Geschichtswissenschaft stets wichtig, und als Verfechter des Verbleibens des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in seinem historischen Gebäude am Minoritenplatz hat er auch den Interessen der Historikerinnen und Historiker gedient.

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/2008

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aventinus historia Nr. 15 [17.04.2015]: Johann Turmair, genannt Aventinus, Geschichtsschreiber des bayerischen Volkes; nach seinem Leben und seinen Schriften dargestellt

Die 1858 in Freising erschienene Schrift Theodor Wiedemanns betrachtet auf über 300 Seiten den Namensgeber dieser Plattform. In drei ‘Büchern’ betrachtet er “Aventin nach seinem Leben”, “Aventin als Geschichts­schreiber” sowie “Aventin nach seinen Schriften”. http://bit.ly/1G0rE4d

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2015/04/5801/

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Definitionssache I: Scott McClouds Comicbegriff

“Comics are not prose. Comics are not movies. They are not a text-driven medium with added pictures; they’re not the visual equivalent of prose narrative or a static version of a film. They are their own thing: a medium with its own devices, its own innovators, its own clichés, its own genres and traps and liberties. The first step toward attentively reading and fully appreciating comics is acknowledging that.”1

Betrachten wir den Comic als ein eigenständiges Medium, dann stellt sich die Frage, was dieses Medium genau ausmacht. Worin unterscheidet es sich von anderen Medien und Kunstformen? Wie lässt sich der Comic definieren? Diesen Fragen möchte ich in einer Reihe von Beiträgen nachgehen, um zentrale Aspekte des Comics als eigenständiger Kunstform zu erfassen.

Eine umfassende Definition des Mediums Comic wurde bisher noch nicht erbracht und aufgrund der Schwierigkeiten, die diese Fragestellung mit sich bringt, wird mitunter von einer unmöglichen Definition gesprochen.2
Einer der populärsten Definitionsansätze stammt von Scott Mc- Cloud. 1994 veröffentlichte der US-amerikanische Comicautor und -theoretiker mit Understanding Comics. The Invisible Art einen Band, der bis heute eine maßgebliche Referenz auf dem Gebiet der Comicforschung darstellt und jedem, der sich mit dem Medium Comic auseinandersetzen möchte, als Einstiegs- oder auch Vertiefungslektüre anempfohlen sei.3
Basierend auf Will Eisners Ausführungen4 entwickelte McCloud folgende Definition: Comics sind “juxtaposed pictorial and other images in deliberate sequence, intended to convey information and/or to produce an aesthetic response in the viewer”, oder kurz “sequential art”.5 Für McCloud definieren sich Comics folglich durch ihre Sequenzialität, um genauer zu sein, durch die sequenzielle Anordnung, die Aneinanderreihung von zusammengehörigen Bildern bzw. Bildelementen.
Ausgehend von dieser funktionalistischen Definition lassen sich sämtliche Kunstwerke, die in einer Abfolge von Bildern erzählen, unter dem Begriff Comic subsummieren. So z. B. der Teppich von Bayeux, griechische Vasen oder Werke der ägyptischen Malerei.6

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Die Trajanssäule – ein Comic? Aufnahme © Monika Weissenberger 2014.

Gleichzeitig schließt dieselbe Definition einen nicht unerheblichen Teil der Comicproduktion aus: Ein-Bild-Comics, oft auch als Cartoons bezeichnet, bestehen schließlich nicht aus einer Aneinanderreihung von Bildern.7 Serien wie The Family Circus von Bil und Jeff Keane, nichtlustig von Joscha Sauer oder gar Hogan’s Alley von Richard F. Outcault — oft als erster Zeitungs-Comicstrip gehandelt —, dürften demzufolge nicht der Kunstform Comic zugeordnet werden.

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© Keane – King Features 1987.

Andererseits führt McCloud an anderer Stelle8 aus, dass auch innerhalb von Panels, sprich innerhalb eines Einzelbildes eines Comics, Sequenzialität gegeben ist. Er zeigt, dass sich ein einzelnes Panel aufgrund des Nebeneinanders verschiedener Bildelemente und des Nacheinanders verschiedener Handlungselemente, die ja in einer bestimmten Reihenfolge gelesen werden, auch in mehrere Panels unterteilen ließe:

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© McCloud – HarperCollins 1994, S. 95.
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© McCloud – HarperCollins 1994, S. 97.

Warum sollte sich dieses Prinzip auf einzelne Panels, aber nicht auf Ein-Bild-Comics anwenden lassen? In seinem Essay Redefining  Com- ics greift Philosophieprofessor John Holbo diesen Gedanken auf und führt ihn argumentativ fort, wobei er zu dem Schluss kommt, dass letztlich jedes Bild mit narrativen Eigenschaften im engeren oder weiteren Sinne — und dies lässt sich wiederum auf einen großen Teil aller Bildwerke anwenden — die von McCloud angeführte “Lesetätigkeit” erfordert und somit als Comic zu bezeichnen sei. Schließlich erzählen oder implizieren die meisten Bilder eine Geschichte oder geben durch die Darstellung und Anordnung der einzelnen Bildelemente eine Leserichtung vor.9

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© Holbo, Squid and Owl (Blurb 2009), 2012, S. 7.

Demzufolge wären nicht nur die von McCloud ausgeschlossenen Cartoons als Comics zu bezeichnen, sondern auch Da Vincis Letztes Abendmahl, um ein beliebiges Beispiel anzuführen. In Holbos Gedankenspiel mag einiges an Ironie stecken, doch zeigt es, dass McClouds Definition durchaus erweiterungsbedürftig ist.10
Neben diesem Kritikpunkt, dass McClouds Definition im selben Moment sowohl zu weit als auch zu eng gefasst ist, wird häufig angemerkt,11 dass McCloud den Bildern einen höheren Stellenwert einräumt als dem Text: Zwar geht aus seiner Definitionsfindung hervor, dass Worte durch ihren zeichenhaften Charakter unter den Begriff der “images” fallen12 und somit zum Bildrepertoire von Comics zählen können, aber auch, dass er sie nicht als obligatorisch erachtet:13 “If the pictures, independent of the words, are telling the whole story and the words are supplementing that, then that is comics.”14
Es finden sich zwar Beispiele für Comics, die (weitestgehend) auf den Einsatz von Sprechblasen und Erzähltext verzichten — so Arzach von Mœbius (1975/76) und Le Sens von Marc-Antoine Mathieu (2014) — tatsächlich weist der Großteil aller Comics jedoch eine Verknüpfung von Bild und Text auf.

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© Mœbius – Les Humanoïdes Associés 1975/76, S. 39.

McCloud hat mit Understanding Comics eine herausragende Einführung in die Funktionsweise von Comics und in die Erzählmechanismen der sequenziellen Kunst geliefert. Sein Definitionsansatz hat dazu beigetragen, der Betrachtung des Comics als eigenständiger Kunstform näher zu kommen, einen fruchtbaren, bis in die heutigen Tage anhaltenden Diskurs angeregt und ein Fundament gelegt, auf dem weitergebaut werden kann.

Titelbild: © McCloud – HarperCollins 1994, S. 9.

  1. Wolk, Douglas: Reading Comics. How Graphic Novels Work and What They Mean. Boston 2007, S. 14.
  2. Vgl. Schikowski, Klaus: Der Comic. Geschichte, Stile, Künstler, Stuttgart 2014, S. 26 und Groensteen, Thierry: The Impossible Definition, in: Heer, Jeet; Worchester, Kent (Hrsg.): A Comics Studies Reader, Jackson 2009, S. 124—131.
  3. McCloud, Scott: Understanding Comics. The Invisible Art, New York 1994.
  4. Eisner, Will: Comics and Sequential Art, Princeton 1992.
  5. McCloud 1994, S.9
  6. Vgl. ebd., S. 10—19.
  7. Vgl. ebd., S. 21.
  8. Vgl. ebd., S. 94—97.
  9. Vgl. Holbo, John: Redefining Comics, in: Meskin, Aaron; Cook, Roy T. (Hrsg.): The Art of Comics. A Philosophical Approach. Malden (u. a.): 2012, S. 3—14.
  10. Weiterführend hierzu: Meskin, Aaron: Defining Comics?, in: Journal of Aesthetics and Art Criticism 65 (1), 2007, S. 369—379: Meskin vertritt die Position, dass Comics, wenn überhaupt, lediglich aus einem historischen Gesichtspunkt definierbar sind. — Hayman, Greg und Pratt, Henry John: What Are Comics?, in: Goldblatt, David; Brown, Lee B. (Hrsg.): A Reader in Philosophy of the Arts, Upper Saddle River 2005, S. 419—424.
  11. Bspw. bei Wartenberg, Thomas E.: Wordy Pictures: Theorizing the Relationship between Image and Text in Comics, in: Meskin, Aaron; Cook, Roy T. (Hrsg.): The Art of Comics. A Philosophical Approach. Malden (u. a.) 2012, S. 87f.
  12. Vgl. McCloud 1994, S. 8.
  13. Vgl. ebd., S. 21.
  14. McCloud in einem Interview mit Robert Harvey in The Comics Journal 179, 1995, S. 52ff., zitiert bei Holbo 2012, S. 20.

Quelle: http://comics.hypotheses.org/24

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Blog carnival: Experimente in den Digital Humanities #dhiha6

8579313013_addda5b464_kCall for Blogartikel im Rahmen des Studientages #dhiha6 – “Experimente in den Digital Humanities”

Am 12. Juni findet in Paris die sechste Ausgabe des Studientages zu den Digital Humanities statt, organisiert vom Deutschen Historischen Institut Paris, dem Cléo, dem Institut d’études avancées und der European Sciences Foundation. Der Studientag zum Thema „Experimente“ stellt die Möglichkeit dar, Praktiken zu testen und die „wissenschaftliche“ Herangehensweise der Geistes- und Sozialwissenschaften zu hinterfragen, ein Themenfeld, das durch die Entwicklung der Digital Humanities begünstigt wird.

Aus diesem Grund und um diese sechste Ausgabe der Tagungsreihe gebührend zu begehen, rufen die Organisatoren in diesem Jahr zu einem Call for Blogartikel zum Thema „Experimente in den Digital Humanities“ auf. Dieser Call bietet so die Gelegenheit, vier Forschungspraktiken zu erproben:

  1. Der Call for Papers als ein Call for Blogartikel.
  2. Diese Blogartikel durchlaufen anschließend ein Open Peer Review (OPR)-Verfahren, ein noch wenig erprobtes und in Zukunft weiterzuentwickelndes Verfahren.
  3. Der „OPR-Sprint“, d.h. ein Open Peer Review binnen weniger Stunden während des Studientages, dient dem Testen der Onlinepublikation der Blogartikel und des Einbezuges der Kommentare.
  4. Abschließend erfolgt die Publikation der Blogartikel sowie (ebenso online) der Beiträge des Studientages, ausgehend vom OPR und nach Einarbeitung der Kommentare durch die Autoren der Blogartikel.

Einige Themen werden an dieser Stelle vorgeschlagen, wobei die Liste nicht vollständig ist und Blogbeiträge gern darüber hinaus gehen können:

  • Labore und Experimente in den Geistes- und Sozialwissenschaften
  • Entwicklung von Forschungsproblematiken durch Experimente
  • Interpretation als Experiment
  • Scheitern im Forschungsprozess
  • Forschungsinfrastukturen als Raum für Experimente
  • Interdisziplinäre Experimente
  • Einführung eines Versuchsprotokoll in den Geistes- und Sozialwissenschaften
  • Gemeinschaftliche Experimente: Wissenschaft und Gesellschaft, Crowdsourcing
  • Visualisierung von und Experimente mit Daten
  • Lehren von Experimenten in den Geistes- und Sozialwissenschaften

Die Blogbeiträge sollen zwischen dem 20. April und dem 31. Mai 2015 auf Französisch, auf Deutsch oder auf Englisch publiziert werden. Bitte verwenden Sie den Hashtag #dhiha6 im Titel und verlinken Sie den Artikel in einem Kommentar unter diesen Beitrag. Die Beiträge bitte gleichzeitig an die folgende Mailadresse schicken: sdumouchel [at] dhi-paris.fr. Wir sind gespannt auf die Beiträge!

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Abbildung: Chemistry Spectacular von Wellington College, Lizenz CC BY-NC 2.0

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/2405

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Blog carnival: Experimente in den Digital Humanities #dhiha6

8579313013_addda5b464_kCall for Blogartikel im Rahmen des Studientages #dhiha6 – “Experimente in den Digital Humanities”

Am 12. Juni findet in Paris die sechste Ausgabe des Studientages zu den Digital Humanities statt, organisiert vom Deutschen Historischen Institut Paris, dem Cléo, dem Institut d’études avancées und der European Sciences Foundation. Der Studientag zum Thema „Experimente“ stellt die Möglichkeit dar, Praktiken zu testen und die „wissenschaftliche“ Herangehensweise der Geistes- und Sozialwissenschaften zu hinterfragen, ein Themenfeld, das durch die Entwicklung der Digital Humanities begünstigt wird.

Aus diesem Grund und um diese sechste Ausgabe der Tagungsreihe gebührend zu begehen, rufen die Organisatoren in diesem Jahr zu einem Call for Blogartikel zum Thema „Experimente in den Digital Humanities“ auf. Dieser Call bietet so die Gelegenheit, vier Forschungspraktiken zu erproben:

  1. Der Call for Papers als ein Call for Blogartikel.
  2. Diese Blogartikel durchlaufen anschließend ein Open Peer Review (OPR)-Verfahren, ein noch wenig erprobtes und in Zukunft weiterzuentwickelndes Verfahren.
  3. Der „OPR-Sprint“, d.h. ein Open Peer Review binnen weniger Stunden während des Studientages, dient dem Testen der Onlinepublikation der Blogartikel und des Einbezuges der Kommentare.
  4. Abschließend erfolgt die Publikation der Blogartikel sowie (ebenso online) der Beiträge des Studientages, ausgehend vom OPR und nach Einarbeitung der Kommentare durch die Autoren der Blogartikel.

Einige Themen werden an dieser Stelle vorgeschlagen, wobei die Liste nicht vollständig ist und Blogbeiträge gern darüber hinaus gehen können:

  • Labore und Experimente in den Geistes- und Sozialwissenschaften
  • Entwicklung von Forschungsproblematiken durch Experimente
  • Interpretation als Experiment
  • Scheitern im Forschungsprozess
  • Forschungsinfrastukturen als Raum für Experimente
  • Interdisziplinäre Experimente
  • Einführung eines Versuchsprotokoll in den Geistes- und Sozialwissenschaften
  • Gemeinschaftliche Experimente: Wissenschaft und Gesellschaft, Crowdsourcing
  • Visualisierung von und Experimente mit Daten
  • Lehren von Experimenten in den Geistes- und Sozialwissenschaften

Die Blogbeiträge sollen zwischen dem 20. April und dem 31. Mai 2015 auf Französisch, auf Deutsch oder auf Englisch publiziert werden. Bitte verwenden Sie den Hashtag #dhiha6 im Titel und verlinken Sie den Artikel in einem Kommentar unter diesen Beitrag. Die Beiträge bitte gleichzeitig an die folgende Mailadresse schicken: sdumouchel [at] dhi-paris.fr. Wir sind gespannt auf die Beiträge!

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Abbildung: Chemistry Spectacular von Wellington College, Lizenz CC BY-NC 2.0

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/2405

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Bildnis Heinrich v.Kleist

 

Paul Ridder

Ein Bildnis des unbekannten Heinrich v. Kleist

 

Wie der Dichter Heinrich v.Kleist (1777-1811) tatsächlich ausgesehen hat, ließ sich bisher kaum sagen. Die bekannte Miniatur von P. Friedel erscheint für die Identifizierung seiner Person in vielerlei Hinsicht unzureichend, wie wir sogleich weiter unten erkennen werden. Nur ein zusätzliches, bisher unbekanntes Porträt könnte hier Abhilfe schaffen. Allerdings müßte man sich zuvor über die methodische Vorgehensweise einigen. Denn selbst ein Dichter mag daran verzweifeln, die Welt, in der man seinen Augen nicht trauen kann, für andere nachvollziehbar werden zu lassen. Erst der Vergleich unterschiedlicher „Sehepunkte“, wie man  die Blickwinkel um 1800 nannte, ermöglicht im Kontext biographischer Veränderungen eine Annäherung an das reale Aussehen dieses Mannes.

Mit diesem Grundproblem schlägt Kleist sich sein ganzes Leben lang herum. Ständig suchen seine Figuren Haltepunkte, die sich aber aus anderen Blickwinkeln immer wieder auflösen. In seinem Schauspiel „Der zerbrochende Krug“ jammert Frau Marthe weniger über den entstandenen Schaden als über die vielen Scherben. Folglich liefert sie dem Richter nur eine fragmentierte Bildgeschichte: Dem Gericht wird sie durch die in zahlreichen Bildausschnitten erzählte Handlung  den zerfallenen Krug stückweise vor Augen stellen – und dadurch wieder zusammenfügen. In ähnlicher Weise muß man sich auch Kleists Antlitz aus zahlreichen  Blickrichtungen sorgfältig zusammensetzen, um einen Eindruck von seiner Person im Lebensverlauf zu erhalten.

Ein liebevoll gewidmetes Bildnis schenkte Kleist 1801 im Alter von 23 Jahren seiner Braut Wilhelmine v. Zenge zur Verlobung. Der Künstler Peter Friedel malte die Miniatur, etwa von der Größe eines Hühnereis (ca. 5,5 cm), in der Technik des Pastellbildes  auf Elfenbein.1 Unter stark verblaßten Farben erkennt man ein ovales Gesicht mit alterstypisch ausgeprägtem Schmelz, bekränzt von kastanienbraunen Haaren, unter denen braune (nicht etwa blaue) Augen verliebt hervorschauen. 2   Als Perspektive wählte er  –  für einen preußischen Offizier im aktiven Militärdienst mit straff aufrechter Haltung eher ungewohnt  – eine Blickrichtung von schräg oben, den Kopf ein wenig vorgezeigt, beziehungsweise über die Schulter nach hinten zurückgeworfen, wie man an der Stellung der Halswirbelsäule leicht erkennt. Dieselbe Kopfhaltung ist in dem nachfolgenden Bildnis der W. v.Zenge (s.u.) noch  deutlicher zu sehen. Auf eine dritte Blickrichtung neben dem Halbseiten-Profil und der Kopfneigung weist uns eine zwischen 1831 und 1837 entstandene  Kopie der Friedel´schen-Miniatur hin. (s.u.) Warum  diese sehr ungewöhnliche Haltung des Kopfes? Der Maler hatte sich doch wohl etwas dabei gedacht! Aber was nur kann es gewesen sein, das ihn dazu bewogen hat?

 

In der mehrfach “gewinkelten” Draufsicht von vorn, das war die Folge, verschwanden, anders als es bei einem Seitenprofil möglich gewesen wäre, die Konturen des Nasenrückens im Lichtglanz und entzogen sich damit dem Blick des Betrachters! Die damit hergestellte optische Täuschung ließ den Eindruck entstehen, als wäre der Nasenverlauf ein wenig abgeflacht oder fast gerade. (Von dieser optischen Täuschung beeinflußt, hatte der Skulpteur Georg Elster i.J. 1910 ein Tondo mit dem Bildnis H.v.Kleists geschaffen, am Postament des Kleist-Denkmals in Frankfurt/Oder,  das den Dichter im Seitenprofil mit einer zart eingesenkten Nasenlinie zeigte. Aber im Unterschied dazu stellte ein im letzten Kriege verlorenes Relief an seinem Geburtshaus aus dem 19. Jhdt. den Dichter H.v.K. im Seitenprofil mit einem deutlich  gebogenen Nasenrücken bzw. – höcker  dar.) 

Die zurückgeneigte Haltung des Kopfes sowie die Wahl von Seiten- oder Vorderprofil vermitteln durchaus unterschiedliche Eindrücke von der dargestellten Person. Dies sieht man besonders deutlich an zwei berühmten Schiller-Porträts, die hier zur gefälligen  Illustration herangezogen werden sollen, allerdings nur um die Sache zur erläutern: Bei der Silberstift – Zeichnung von  D. Stock   erkennt man im Seitenprofil F. Schillers gebogene Nase; bei der Schiller – Büste von H.H. Dannecker  jedoch scheint die kräftig gebogene Nase Schillers dank der Vorderansicht  “gerade” zu sein. Was lernt man daraus? Der für den Betrachter  erkennbare, gerade Nasenverlauf ist  der Wahl des Blickwinkels zu verdanken! Zu den Auswirkungen  der vom Künstler gewählten Perspektive auf unsere Vorstellung von F. Schiller vergleiche man die beiden folgenden Abbildungen.

 

Dora Stock, F. Schiller,1787

Dorothea Stock, Schiller, 1787, wikimedia commons

 

Abb. Blickwinkel auf F. Schiller, D. Stock,, Silberstift- Zeichnung, 1787

Standort: Dt. Literaturmuseum Marbach

Standort: Dt. Literaturmuseum Marbach 

H.H. Dannecker, F. Schiller 1794, wikimedia commons

 

Abb. Blickwinkel zu F. Schiller von H.H. Dannecker, Schiller- Büste, 1794

 

Die Parallelen in den Profil-Ansichten der Kleist-Bildnisse liegen auf der Hand; auch hier vermitteln Vorder-, Halb- und Seitenprofil einen durchaus unterschiedlichen Eindruck. Das Seitenprofil läßt eine gebogene Nase hervortreten, das Vorderprofil hingegen täuscht einen geraden Verlauf vor. Übertragen auf die Friedel´sche Miniatur des H.v.K. bedeutet dies: Der zurückgelegte Kopf im halben Vorder- oder halben Seitenprofil bringt den wahren Verlauf der Nasenlinie zum Verschwinden! Unterstützt von der Wahl der Blickwinkels auf das zurückgekippte Halbvorder- oder Halbseiten-Profil überblendet der Lichtstrahl die obere Nasenhälfte, so daß vorhandene Kontraste zurücktreten, infolgedessen eine durchgehende Linienführung zwischen Nasenwurzel und -Spitze aufscheint und der kleine Anstieg im Anschluß an die Einkerbung in Höhe der Nasenwurzel – unsichtbar wird! Die Wahl der Perspektive also suggeriert eine Linienführung in der Darstellung des Nasenverlaufs, bei der offenbleibt, ob es sich tatsächlich um eine gerade, griechisch-römische handelt, wie es dem Schönheitsideal der Zeit entspricht oder nur um eine Camouflage.

Im 18.Jhdt. und noch um 1800 war eine ungeschönte, streng realitätstreue Darstellung generell nicht zu erwarten. Denn in den Jahren nach 1750 ff. setzte im Gesellschaftsleben Mitteleuropas eine große Selbstinszenierungswelle ein, der sich auch die Porträtkunst zu fügen hatte mit dem Ergebnis einer Ästhetisierung der Bildnisse, in der etwa die Nasen schön, aber nicht wirklichkeitsgetreu zu sein hatten. Und in der Tat, H.v.K. hatte ja bereits kritisiert, das Bild sei ihm nicht ganz ähnlich, und der Maler hätte ihn „ehrlicher“ malen sollen.

An dieser Stelle zeigen andere Bilder des H.v.K. im Seitenblick eine Schattierung der Nasenwand als wäre sie – bildlich gesprochen von dem Nasenkneifer einer Brille etwa in Höhe des Augenwinkels – ein wenig eingedrückt. Der Nasenrücken erscheint dadurch rein optisch ein wenig gebogen. (An nämlicher Stelle erscheint in der Familiengeschichte nicht selten ein leichter Nasenhöcker.) 6   Nach der Einkerbung an der Nasenwurzel und dem sich anschließenden Anstieg (nach einer Einkerbung an der Nasenwurzel oder einer Vertiefung muß offenbar auch wieder irgendeine Erhöhung folgen, sofern sie nicht eingedrückt erscheinen soll – was aber nicht der Fall ist.) verläuft die Nase mit dem breiten Rücken nun leicht gebogen, fast gerade, um in einer Kuppe zu enden, nicht etwa in einer Spitze.

Dem Malstil der Zeit entsprechend war die Miniatur a.d.J. 1801 also weniger realistisch als gefällig angelegt. P. Friedel wollte den verliebten Jüngling schöner erscheinen lassen, als er tatsächlich war. Kleist mochte das Bild aber nicht und schrieb seiner Verlobten: „Mögest Du es ähnlicher finden als ich… ich wollte er hätte mich ehrlicher gemalt.“ 3   Dabei habe er, um ihr zu gefallen, „fleißig während des Malens gelächelt“, und so wenig er auch dazu gestimmt gewesen, „so gelang es mir doch, wenn ich an Dich dachte.“ Heinrich v. Kleist hat nach seinen eigenen Worten demnach nicht so ausgesehen, wie P. Friedel ihn dargestellt hatte. 

Es hieße die Enttäuschung des Dichters sträflich zu mißachten, würde man P. Friedels Miniatur, obgleich sie doch nicht “ehrlich“ war, dennoch zum absoluten Maßstab eines Bildvergleichs nehmen. Aus diesem Grunde, dem ungültigen Maßstab, verbietet sich auch die rein mechanische Deutung des Bildvergleichs, etwa bei der Anwendung technischer Verfahren der Bilderkennung. Hinzu kommt die biographische Insensibilität, die eine unreflektierte Bildbetrachtung nicht ratsam erscheinen läßt. Wäre es nicht etwa vermessen, den großen Mann unter das Joch eines unglaubwürdigen Kinderbildnisses zwingen zu wollen? Dieses Porträt war offenbar kein getreues Abbild der Natur, es war  idealisiert und  psychologisch gedeutet. 4  Die Miniatur von der Hand des P. Friedel ist dem Dichter  H.v.K. nach dessen eigenem Urteil keineswegs ähnlich oder nicht ähnlich genug, sie hilft uns nicht unbedingt weiter, wenn wir uns eine realistische Vorstellung von seinem Äußeren verschaffen wollen. Uns bleibt daher weiterhin die Aufgabe der Klärung: Wie hat Heinrich v.Kleist  denn nun wirklich ausgesehen?

 

H. v.K., Peter Friedel,

H. v.K., Peter Friedel, 

H. v.K., Peter Friedel, Staatsbibiliothek Berlin

 

 Abb. Peter Friedel, Verlobungsbildnis H. v.Kleist, 1801,  Miniatur  5,5 cm, Staatsbibliothek Berllin. Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Kleist-Augenfarbe

Kleist-Augenfarbe 

Ausschnitt: Kleist-Augenfarbe

 

Abb. Peter Friedel, braune (!) Augenfarbe H. v.Kleist, 1801, anderenorts jedoch mit “blau” angegeben

Bei genauem Hinsehen erkennt man – von dem gewählten Blickwinkel, wie auch von dem lieblichen Gesichtsausdruck, nahezu unkenntlich gemacht – unter jugendlichem Schmelz ein kräftiges Kinn und „leicht vorstehende Backenknochen“ 5 in einem markanten, fast dreieckigen Untergesicht. Die jugendlichen Weichteile in dem jungenhaften Gesicht werden erwartungsgemäß im Laufe der Zeit verschwinden. Schon gar nicht wird auf anderen Bildnissen wieder der gleiche verliebte Blick erscheinen oder die geschürzten Lippen oder die nach oben verzogenen Mundwinkel. Das Jünglingsgesicht wird sich wohl kaum mit dem des gereiften Mannes decken und das Feststellen von Ähnlichkeiten infolgedessen nicht einfach werden.

Vergleiche mit dem frühen Bildnis sind demnach unter dem Vorbehalt von Reifungsprozessen zu  stellen. Ähnlichkeit alleine genügt also nicht ! Folglich darf man nicht ohne weiteres eine vollständige Übereinstimmung mit jener Miniatur von P. Friedel erwarten, man muß gewissermaßen “Übersetzungsarbeit” leisten, aber auch auf Überraschungen gefaßt sein. Die Frage ist nur: Was bleibt angesichts erwartbarer  Veränderungen im Laufe seines Lebens identisch? Man ist hier – wie in der Rechtsmedizin oder in der Kriminologie – zur Personenerkennung auf sogenannte unveränderliche Kennzeichen angewiesen. Vornehmlich die anthropologisch-medizinischen Merkmale also eröffnen eine Chance zur  Identifizierung; sie sind es, die dazu beitragen könnten, das Bildnis des unbekannten Heinrich v. Kleist  zu rekonstruieren. 7

Das soeben angedeutete Phänomen des Übergangs zwischen (mindestens) zwei gesonderten Zuständen des Lebens wirft grundsätzliche Probleme  der Prozeßanalyse biographischer Prozesse auf. Goethe hat sie für uns am Beispiel der Wolkenkunde (Nephologie) illustriert: Zunächst erblickt der unbefangene Betrachter die Komplexität wandelbarer „Atmosphäre“: „Die Welt, ist so groß und breit,/ Der Himmel auch so hehr und weit,/ Ich muß das alles mit Augen fassen,/ Will sich aber nicht recht denken lassen.“ Der für Goethe so typische Rat lautet: „Dich im Unendlichen zu finden,/ Mußt unterscheiden und dann verbinden;“

Im zweiten Teil seiner Trilogie „Howards Ehrengedächtnis“ skizziert Goethe die notwendigen Bedingungen der Möglichkeit einer Wissenschaft des Vorübergehenden, um festzuhalten, was „sich nicht halten“ läßt, und zwar nur scheinbar paradox durch Unveränderliches, durch bestimmte Begriffe. Nachdem sich der Betrachter am Wechsel der Gestalten erfreut hat, regt sich in ihm „des eigenen Bildens Kraft,/ Die Unbestimmtes zu Bestimmtem schafft.“  „Mit reinem Sinn“ gelingt ihm das Kunststück, das eigentlich Unberechenbare in seine Rechnungen aufzunehmen, er „bestimmt das Unbestimmte, schränkt es ein,/ Benennt es treffend!“ Allein, es fehlt das einigende Band  zwischen den Zuständen, die Dynamik des Übergangs.

Goethe kommt am Schluß zu dem Ergebnis: „Wohl zu merken: Und wenn wir unterschieden haben,/ Dann müssen wir lebendige Gaben/ Dem Abgesonderten wieder verleihen/ Und uns eines Folgelebens erfreuen.// So wenn der Maler, der Poet/ Mit Howards Sondrung wohl vertraut/ … die Atmosphäre prüfend schaut.// Da läßt er den Charakter gelten,/ Doch ihm erteilen luftige Welten/ Das Übergängliche, das Milde,/ Daß er es fasse, fühle, bilde.“ Aber wo der Poet als roten Faden „Der Erde tätig leidendes Geschick” vor Augen hat, da orientiert sich der Wissenschaftler an gewissen unveränderlichen Kennzeichen, die von Veränderlichem absehen und die abstrakter sind als die bloß oberflächliche Ähnlichkeit der Bilder. Klare Begriffe knüpfen zweckmäßig beim “Charakter” an und bei den im Verlauf des Lebens unveränderlichen Kennzeichen. Die methodisch sorgfältige, die wissenschaftliche Vorgehensweise muß  von den medizinisch-anthropologischen Identifikationsmerkmalen ausgehen, am besten von präzisen, unveränderlichen Kennzeichen. Mit  solchem Rüstzeug zur Analyse biographischer Prozesse nähern wir uns dem nächsten Porträt.

Ein zweites Bildnis entstand in französischer Haft von der Hand eines Mitgefangenen, offenbar ein guter Beobachter, wenn auch kein Künstler. Immerhin vermag das sog. “Gefangenschaftsbild” uns den Eindruck, den P. Friedel übermittelt hat, deutlich zu korrigieren. Das Gefangenschaftsbild präsentiert den Dichter im schwarzgrünen Rock mit kastanienbraunem, sogar gelocktem Haar und zwar merklich dunkler als auf jenem Jugendbildnis. Anders als auf jener Miniatur des P. Friedel erscheinen die Augen jetzt auch nicht mehr in brauner, sondern in überraschend hellblauer Färbung. Wieder treten kräftige Wangenknochen und ein markantes Kinn hervor; außerdem erkennt man die Form des linken Ohres, den breiten Schwung der Augenbrauen, mandelförmige Augen mit nach außen hin vertieften Augenwinkeln. Die  überlängten Augenwinkel unter ausgeprägter Schläfe, als wären sie Lachfalten am Augenrand,  tragen zum Charme des Dargestellten nicht wenig bei.  Abzulesen an einer Kahlstelle verläuft in den Augenbrauen, etwa in Höhe des linken Augenwinkels, eine Narbe!

Unbeeinflußt von jenem „unehrlichen“  Bildnis gewährt uns das Gefangenschaftsbild erstmals einen unbefangenen Eindruck auf den Poeten. Ganz anders als bei P. Friedel – selbst bei der gewählten Perspektive von vorn, in der das Seitenprofil unserem Blick entzogen wird – wird eine  kräftige Nase  nicht mehr verschwiegen. In der Perspektive von vorn, also in der Draufsicht, sieht man einen vergleichsweise breiten Nasenrücken. Jetzt erscheint auch die Nasenlinie nur scheinbar gerade, im Seitenprofil erst oder in der Seitenansicht zeigt sie uns ihre wahre Gestalt ! Deutlicher als zuvor wird die seitliche Nasenwand sichtbar, linksseitig die gebogene Nasenlinie, die Nasenkuppe am Ende, ein breiter Nasenrücken und mit dem Beginn einer Abschattierung die Andeutung eines Nasenanstiegs  etwa in Höhe des linken Augenwinkels. 8 Diese Nasenform wird im Friedel´schen Bild nur zart angedeutet, im Gefangenschaftsbild – bei besserer als der hier lieferbaren Bildqualität – jedoch deutlich erkennbar. Die soeben identifizierte Nasenform wird schließlich in der Zeichnung der W. .v.Zenge bestätigt: Dieses Untersuchungsergebnis, eine mit einen kleinen Anstieg leicht gebogene Nasenlinie, bleibt  also festzuhalten.

Wenn es nicht rechts auf dem Bild vermerkt wäre, “poète prussien”, würde man eine Gemeinsamkeit mit jener Miniatur von P. Friedel wohl kaum vermuten; gewöhnlich auch wird das Gefangenschaftsbildnis unseren Blicken vorenthalten. Anders als auf dem idealisierenden Jugendbildnis mit dem friseurkundig geglätteten Haarschopf wird der Dichter jetzt mit rundum gelockten Haaren dargestellt. Von Haarfransen überdeckt macht sich ferner eine stark ausgebildete Schläfenstirn bemerkbar, deren Wölbung so ausgeprägt ist, daß sie die Augenwinkel zur Seite hin zu dehnen und zu längen scheint,  sogar die Haarfransen seitwärts abzulenken vermag! Vor allem aber bedeutet die Wahl des Blickwinkels bei P. Friedel (Perspektive, Halb-Seitenprofil, zurückgelegter Kopf), daß der Kopf des H..v.K. uns flacher oder runder erscheint (s.u. die Kopie jener Miniatur a.d.J. 1831) als er in Wirklichkeit war, wie man erst auf dem vorliegenden Gefangenschaftsbild erkennt, das uns stattdessen eine hochaufstrebende Stirn präsentiert. Nun wird auch das Untergesicht mit den dicken Pustebacken alterstypisch von dem Schatten eines kräftigen Bartwuchses abgedunkelt. Vergleichsweise zu den Porträts von P. Friedel und W.v.Zenge (s.u.), die den Dichter eher romantisch, fast schwächlich darstellen, tritt uns H v.Kleist in militärisch aufrechter Haltung deutlich maskulin entgegen.

H. v.Kleist, Kleist-Gefangenschaftsbildnis

H. v.Kleist, Kleist-Gefangenschaftsbildnis 

H. v.Kleist, Kleist-Gefangenschaftsbildnis

 

Abb. Gefangenschaftsbildnis, 1807, aufrechte Kopfhaltung

 

Eine drittes Bildnis („Berliner Miniatur“) ist zu erwähnen, vermag aber eher zu befremden, wird in einer neuen Monographie zum Thema jedoch ebenfalls als authentisch anerkannt 9 Man könnte es nur eingeschränkt für einen Bildvergleich heranziehen,  sofern gewisse Anforderungen erfüllt werden. 10  Denn eine Ähnlichkeit mit der Miniatur von Friedel ebenso wie seine Authentizität sind keineswegs gesichert. Der Beitrag  idealisierender Veränderung im Vergleich zur Friedelschen Miniatur bleibt ungeklärt. 11  Selbst die Provenienz ist eigentlich unbekannt. 12  Immerhin sind einige wichtige Merkmale zu erwähnen, die bei bestimmten Kennern offenbar Anerkennung gefunden haben: Denn bei der Zuschreibung des Bildes an H.v.K. findet nachweislich ein kleiner Nasenhöcker  die Zustimmung der Kleist-Gemeinde, ebenso eine Warze am linken Nasenflügel. Auffallend erscheint ferner eine weit fortgeschrittene Stirnglatze; auch eine eingefallene Oberlippe ist zu bemerken. (Diese Merkmale könnten als Hinweise auf eine medizinische Behandlung mit bestimmten Arzneimitteln gelten, als deren Nebenwirkung die Haare und  Zähne ausfallen. s.u.)  Diese von der Kleistgemeinde als gültig anerkannten Kennzeichen wären also, eine Idealisierung vorausgesetzt, dem Merkmalskatalog hinzuzufügen. Bei einer Identifizierung des H.v.K. wäre demnach zusätzlich zu prüfen, ob ein bisher noch unbekanntes Kleist-Porträt einen kleinen Nasenhöcker erkennen läßt, ob eine stark  gewölbte Schläfenstirn beobachtet werden kann und eine Warze am li. Nasenflügel erkennbar sind. Ein starker Bartwuchs wäre ebenfalls zu nennen, wie bei P. Friedel schon angedeutet wurde.

Berliner Miniatur v.1803

Berliner Miniatur v.1803 

Berliner Miniatur v.1803

 

Abb. Berliner Miniatur (1803/ 04,   ?? )

 

Gelegentlich wird auch eine Marmorbüste, die Karl Friedrich Wichmann posthum 1816 erstellt hat, dem Dichter H.v.K. zugeschrieben. Die Authenzität der Büste ist aber nicht gesichert; ihren Platz im Arbeitszimmer des Bundespräsidenten im Schloß Bellevue, wohin sie ausgeliehen ist, verdient sie wohl nicht. An der Basis liest man nicht – wie man erwarten könnte – den Namen „v.Kleist“, sondern lediglich auf der Rückseite am Büstenansatz links nur „Carl Wichmann fecit 1816“. Schriftliche Zeugnisse liegen nicht vor; es ist nicht einmal gewiß, ob der Künstler den Dichter überhaupt persönlich gekannt hat, geschweige denn, daß er ihn porträtiert hätte. Eine Beauftragung durch den verarmten H.v.Kleist muß ausgeschlossen werden. 13 Die Wichmann-Büste besitzt die Kennzeichen einer verlässlichen Quelle nicht.

Ganz anders liegen die Verhältnisse bei dem bekanntesten Bildnis, das Wilhelmine v.Zenge (Abb.),  die das Friedel´sche Bildnis 1801 als Verlobungsgeschenk erhalten und nach der Trennung an Kleists Schweizer Adresse zurückgeschickt hatte, wo es Jahre später wieder aufttauchte. W. v.Zenge konnte Kleists Bildnis  also nur aus der Erinnerung zeichnen, nach etwa zwanzig Jahren. Wenn  das zugrundeliegende Porträt von P. Friedel (1801) schon nicht „ehrlich“ ( H.v.K.) war, so kann erst recht nicht die Kohlezeichnung der ehemaligen Verlobten ein getreues Abbild „nach der Natur“ darstellen. Immerhin zählt persönliche Vertrautheit zu seinen Vorzügen, so daß man gut beraten ist, bei einem Bildvergleich weniger die Ähnlichkeit als die objektiven Merkmale in den Vordergrund zu stellen. Infolge lebensgeschichtlicher Veränderungen ist man zur Wiedererkennung ohnehin auf jene unveränderlichen Kennzeichen angewiesen, die in dem Bildnis von der Hand der W. v. Zenge (vgl. Abb.)   wie in einem Merkmalskatalog erscheinen.

Wir erblicken wieder jenen zurückgelegten Kopf mit seitlichem Blick nach oben, die überlängten Augenwinkel, jenen leicht spöttischen Gesichtsausdruck, den dunklen Bartschatten, mehrere Narben (: eine unnatürlich verlaufende, scharf geschnittene Scharte („Schmiß“) unterhalb des Jochbeins, eine etwa pfenniggroße Hautveränderung (Narbe, Warze?) am linken Nasenflügel, eine fast waagerecht sich hinziehende Kahlstelle (Narbe) an der linken Augenbraue oberhalb des äußeren Augenwinkels), eine charakteristische Nase (breit auslaufende Nasenwurzel, breiter Nasenrücken, leicht gebogene Nasenlinie, eine Nasenwand mit markanter Einbuchtung etwa in Höhe des inneren Augenwinkels (wie Gefangenschaftsbild), eine kuppenförmig auslaufende, durch ein Glanzlicht bezeichnete Nasenendung und jene eingebogene Nasenwand, die am Übergang zwischen der breiten Nasenwurzel und dem Nasenrücken eine, durch einen Lichtfleck beleuchtete Erhebung („Anstieg“, „Höcker“) vermuten läßt (wie Gefangenschaftsbildnis, Berliner Miniatur). Der Verlauf der Nase ist erkennbar leicht gebogen und nicht etwa gerade oder gar scheinbar einfallend wie bei P. Friedel.  Schließlich fallen die hervortretenden Wangenknochen auf sowie ein kräftiges Kinn mit starkem Bartwuchs und ein kleines Kinngrübchen.

Heinr. v. Kleist, W. v. Zenge

Heinr. v. Kleist, W. v. Zenge 

Heinr. v. Kleist, W. v. Zenge

 

Abb.  Wilhelmine. v.Zenge, Kreidezeichnung des H. v.Kleist,  um 1831, Nachschöpfung auf der Grundlage von P. Friedel, 1801, Körperhaltung vom Fotografen wohl ein wenig  “nachgebessert”.

 

Eine Kopie jener Miniatur von P. Friedel , entstanden zwischen 1831 und 1837 unter der Patronage und vermutlich der Auskunftsbereitschaft der Familie v.Kleist und von offensichtlich geringerer Qualität, ist es uns behilflich, unsere Vorstellung über das Aussehen des H.v.K. ein wenig zu ergänzen. Sie zeigt wieder den zurückgeneigten Kopf, diesmal sogar mit einer leichten Neigung zum Betrachter hin, worauf Lage der Augen- bzw. Augenbrauen-Achse hinweist. Mit dieser feinen Wendung kann perspektivisch auch der letzte Anschein eines Nasenhöckers bei H.v.K. zum Verschwinden gebracht werden. Die von dem Kopisten in der vorangegangenen Miniatur von P. Friedel erkannte Zuwendung des Kopfes zum Betrachter, der dritte Blickwinkel (“Sehepunkte” s.o.) nach Zurückwendung und Halbseiten-Profil, diente  dazu, im Bilde die Zuneigung zu der Verlobten W. v.Zenge sichtbar werden zu lassen. Außerdem zeigt sich der Rand der Ohrmuschel, in der Miniatur von 1801 durch ein Haarbüschel verdeckt, in der vollständigen Rundung. Die Gestalt des Ohrläppchens ist in beiden Bildern gleich. Aber die Nase erscheint kräftiger und massiger als bei P. Friedel.

 

heinrich-von-kleist, Kopie der Miniatur v. P. Friedel

heinrich-von-kleist, Kopie der Miniatur v. P. Friedel 

Heinrich-von-kleist, Kopie der Miniatur v. P. Friedel, Kleist-Museum Frankfurt/ O

 

Abb. Unbek. Künstler, Kopie der Miniatur von P. Friedel, (vgl. E. Siebert, a.a.O., Bild-Nr. 132, S. 105,  im Besitz des Kleist-Museums, Frankfurt/ Oder).

 

Den beobachteten Verlauf der Nasenlinie ebenso wie  die Ohrenform oder die ausgeprägte Schläfenstirn (vgl. NB) scheint auch der Künstler, der im Auftrag der Dt. Bundespost die Briefmarke (s.u.) gestochen hat, offensichtlich nach genauem Studium zu bestätigen. (vgl. Abb.).

Dt.Bundespost H. v.Kleist

Dt.Bundespost H. v.Kleist 

Dt.Bundespost H. v.Kleist

 

Abb. Briefmarke der Dt. Bundespost (allerdings: Kopfhaltung korrigiert)

 

Eine zusätzliche Klärung gestattet die Ausgabe der 24(2012) der “Heilbronner Kleist Blätter”: Den Übergang zwischen Nasenwurzel und Nasenrücken bis zu einer leichten Erhebung wird auf dem Titelblatt illustriert Die Stirn wurde jedoch zu flach und nicht, wie es richtig wäre, vorgebaut gezeichnet. Dies hat zur Folge, daß die für H.v.K. charakteristische Einkerbung an der Nasenwurzel nicht hervortreten konnte.

 

Diesen Porträts gesellt sich neuestens ein bislang unbekanntes Kleist-Bildnis  hinzu (unbek. Künstler, Öl auf Leinwand, 55×46 cm, unbek. Prov. 14). Im Übergang von der Romantik zum Biedermeier erscheint es stärker von Realitätssinn geprägt. Eine sorgfältige kunsthistorische Untersuchung der verwendeten Materialien und des Malstils datiert es  auf die Zeit um 1810. Vielleicht entstand es als Freundschaftsdienst im persönlichen Umkreis von Künstlern und Literaten, zu dem der berühmte Maler C.D. Friedrich gehörte. Denkbar wäre aber auch eine Auftragsarbeit für einen potenten Förderer (wie bei J.W.L. Gleim), einer hochgestellten Persönlichkeit oder eines Fürsten (Königin Christina von Dänemark, Friedrich II. v.Pr.) an einen Hofmaler, wie im Falle der mittellosen Dichter F.G. Klopstock, F. Schiller, A.L. Karsch, C.L. v.Klencke. Man pflegte ein Porträt anfertigen zu lassen, um sich von einer Person im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild zu machen. Schließlich waren Porträts von ordentlichen Künstlern seinerzeit  nicht teuer, sie  waren durchaus erschwinglich.

Die unvoreingenommene Sicht auf ein neues Kleistbild erfordert einen phänomenologischen Blick, der uns von altem Vorwissen entlastet, was offenbar das Schwierigste ist und zunächst lediglich feststellt, was  da  ist – auf der Basis von Erfahrung und nicht aufgrund vorgefasster Meinungen:  Auf dem Bildnis tritt uns ein gereifter Mann mit einem markanten Gesicht, etwa Anfang der dreißig (wie im Gefangenschaftsbildnis) in schwarzgrünem Rock mit weißer Halsbinde, in militärisch aufrechter Haltung entgegen. Altersgemäß erscheint der Gesichtsausdruck natürlicher strenger oder härter als  als in Jugendzeiten. Die Gesichtsform ist oval; die energische Nase mit dem breiten Nasenrücken wie auf jenem Gefangenschaftsbildnis (s.o.), die hervortretenden Wangenknochen, das kräftige Kinn mit den Grübchen lassen das Untergesicht dieses Mannes ausdrucksstärker als auf der Friedel´schen Miniatur von 1801 erscheinen. Deutlicher wird auch ein dunkler Bartschatten. Die Oberlippe ähnelt derjenigen auf den bekannten Bildern. Der Mund formt sich zu den für H. v.K. so charakteristischen, spöttisch oder verführerisch lächelnden Lippen. Typisch auch der mächtige Kopf,  die aufstrebende, vorgewölbte Stirn über der tief eingekerbten Nasenwurzel, der zauberische Blick unter der ausladenden Schläfenstirn und die verwirbelten Haarfransen.

H. v.Kleist

H. v.Kleist

Heinrich v. Kleist

copyright artothek.de

Abb. Heinrich v. Kleist, um 1810, anonym, Öl auf Leinwand, wachsdoubliert, 55x 46 cm. Dunkle Übermalung der Haarfrisur, darunter kastanienbraune Haarfarbe;  unrestaurierter Zustand, Privatbesitz,  ©  artothek.de    

 Dem Gemälde ist es, so wie es uns erscheint, in den siebziger Jahren übel ergangen. Zahlreiche Retuschen  zeigen sich dem Blick des Restaurators im Infrarot-Licht oder unter dem Mikroskop: Mit brutalem Eingriff wurde das kastanienbraune Haar des Dargestellten dunkel übermalt. Weitere gravierende Eingriffe wurden zum Glück nicht aufgefunden. Unverändert ist jedoch das leicht wellige Haupthaar sowie das füllige Nackenhaar, das man wie auf dem Gefangenschaftsbildnis erkennt. Im einzelnen gehen wir  jetzt die Personenmerkmale der Reihe nach durch:

Die Ohren-Form gestaltet sich wie auf dem Gefangenschaftsbild und der Kreidezeichnung der W. v.Zenge. Die Ohrmuschel zeigt eine vollständige Rundung, die in jener Friedel-Miniatur noch durch ein Haarbüschel verdeckt war. Auch die Darstellung in jener Kopie (s.o.),  weist jene Rundung auf, ebenso die zahlreichen posthumen Plaketten und Reliefs im Seitenprofil. Im NB (und anders als in jener Kopie) allerdings verläuft – wie bei P. Friedels Miniatur – die Rundung der Ohrmuschel zunächst fast steil, um sich dann in einer vergleichsweise spitzen Kehre wieder nach unten abzusenken. Das füllige Ohrläppchen  im NB deckt sich gleichffalls  mit den bekannten Bildnissen. Die gleiche Form und Stellung des Ohrs taucht, nebenbei bemerkt, in der Familie auf  (E. Siebert, Bild 3). Allerdings ist die Darstellung der Ohren nicht überzubewerten, da viele Porträtkünstler der Zeit ihnen kaum Bedeutung beigemesssen und sie dementsprechend nachlässig behandelt haben.

Während der Dargestellte auf dem Friedel´schen Porträt uns seitlich aus dem Augenwinkel mit einem über die Schulter zurückgelegtem Kopf ein wenig nach oben anschaut, blickt dieser uns erstmals im Halbprofil direkt ins Gesicht. Eine helle Intelligenz unterstreicht die Lebendigkeit der Darstellung.  Wieder zeigt sich am Rande der mächtigen Stirn die stark hervorgewölbte Schläfenstirn (vgl. Gefangenschaftsbildnis, W. v. Zenge). Eine breite Schläfenstirn bedingt zugleich einen breiten Schwung der Augenbrauen und überlängte Augenwinkel. Der eher mandelförmige Schnitt der Augen mit den charakteristischen Augenwinkeln gleicht den authentischen Bildern. Die breite Linienführung der Brauen (alterstypisch ein wenig  dicker als in der Jugend) deckt sich mit jenen bei P. Friedel und W. v.Zenge; sie wölben sich zunächst flach, dann aber in weitem Schwung hin zu wuchtig überdachten Augenwinkeln. Der ein wenig spöttische Ausdruck eines wissenden, gereiften Mannes scheint jedoch, durch abgesenkte Mundwinkel betont, von Trauer überschattet.

Und nun fallen auch bestimmte individuelle Erkennungsmerkmale auf, die unzweifelhaft H. v.Kleist eigen sind – und niemand anderem ! Die linke Braue weist, wohl  als Folge einer Verletzung, eine Narbe auf (Kahlstelle). An der Schläfenpartie wird eine deutlich ausgeprägte, charakteristische  Wölbung sichtbar. Eine fein gefärbte Narbe (Scharte, Schmiß) zieht sich steil auf der linken Wange hin. Als Kadett bei Fechtübungen, wenn nicht als Soldat im Kriege, hatte der Porträtierte gewiß die eine oder andere Schramme hinzunehmen. Auf dem linken Nasenflügel ist eine  fast pfenniggroße Hautveränderung (Warze, Narbe) zu bemerken. 15

Die breit auslaufende Nasenwurzel kommt den authentischen Bildnissen sehr nahe. Die am Übergang zwischen Nasenwurzel und – rücken in eine Einkerbung übergehende, leicht gebogene Nasenwand zeigt sich wie bei dem Gefangenschaftsbildnis; die gleiche Linienführung der Nase läßt aber auch das Porträt der W. v.Zenge erkennen: Eine vorspringende Nase läuft am Ende der Nasenwurzel in einem leichten Anstieg aus und geht in einer Vertiefung in einen breiten Nasenrücken über. Übrigens erscheint die Nase im Original des Bildes, das hier heranzuziehen wäre, weniger gebogen oder eher unauffällig: Der Grund dafür liegt natürlich in der kontrastverschärfenden Bearbeitung durch die Techniken des Fotografen. Verlauf und Rücken der Nase treten sehr ähnlich auch in der Familie auf (Siebert, Bild Nr. 2, 8, 12).

Die bei den Bildnissen P. Friedel, Gefangenschaftsbild und W. v. Zengen festgestellten Identifikationsmerkmale (u.a. runder Kopf, leicht spöttischer Gesichtsausdruck, mächtiger Stirnaufbau, auffallende Schläfenstirn, kräftiges Kinn,  vorstehende Wangenknochen; überbreite Augenbrauen, überlängte Augenwinkel, breiter Nasenrücken leicht gebogen mit einer Einkerbung an der Nasenwurzel, Kahlstelle  bzw. Narbe a.d.li. Augenbraue, Hautfleck a.li.Nasenflügel, Wangenschmiß, starker Bartschatten, kastanienbraune Haarfarbe) fügen sich zu einem neuen Gesamteindruck. Die Übereinstimmung der zahlreichen Erkennungsmerkmale auf dem neuen Bildnis mit den typischen Kennzeichen anerkannter Kleist-Darstellungen – sie kann kein Zufall sein! Schon die Anzahl der übereinstimmenden  Identifikationsmerkmale beträgt mehr als auf jedem der anerkannten Bildnisse, ohne daß widersprechende Tatsachen erkennbar wären. Ohnehin geht die Zuschreibung aufgrund der objektiven Identifikationsmerkmale in ihrer zwingenden Stringenz über die Feststellung der bloßen Ähnlichkeit weit hinaus! Die Fakten rechtfertigen infolgedessen die Zuschreibung jenes Porträts –  wir sehen Heinrich v. Kleist vor uns.

H. v.Kleist, Detail

H. v.Kleist, Detail 

H. v.Kleist, Detail

 

Abb. H. v.Kleist, obiges Portrait NB, Ausschnitt, re. Augenpartie, unrestaurierter Zustand

 

Ungeklärt ist freilich immer noch die Augenfarbe: Denn in jungen Jahren (1801) scheint sie braun (P. Friedel) bzw. blau (Gefangenschaftsbild) gewesen zu sein, etwa zehn Jahre später tritt sie uns jedoch hellgrau-rötlichbraun entgegen. Welches war denn nun die Augenfarbe des Dichters um 1810, also  zum Zeitpunkt der Entstehung des neuen Bildes NB – nicht etwa um 1801 oder 1803, war sie nun blaßblau oder hellgrau-rötlichbraun?  Wenn wie im vorliegenden Fall eine totale Bildskepsis besteht, ist man auf zusätzliche  Zeitzeugen angewiesen. Als  Zeugen bieten sich hier die schriftlichen Berichte der beiden Ärzte an, die im November 1811 die Obduktion vorgenommen und sich auch zu Haar- und Augenfarbe geäußert haben.

Die beiden Ärzte, der Physikus Dr. Sternheim und der Chirurg H. Greiff,  stellten, allerdings bei unzureichenden Lichtverhältnissen, gewisse anatomische Veränderungen fest. In ihrem Obduktionsbefund heißt es („. . .viel verdickte schwarze Galle“): „Nach diesen Anzeichen finden wir uns veranlaßt, gestützt auf Physiologischen Principia zu folgern, daß Denatus dem Temperamente nach ein Sanguino cholericus in Summo gradu gewesen, und gewiß harte hypochondrische Anfälle oft habe dulden müssen, (. . .). Wenn sich nun zu diesem excentrischen Gemüthszustand eine gemeinschaftliche Religionsschwärmerey gesellte, so läßt sich hieraus auf einen kranken Gemüthszustand des Denati von Kleist schließen.“

Laut Obduktionsbericht: zeigte der „Denatus“  Kleist zahlreiche braunrote Flecken auf dem Rücken und an den Lenden. Diese  Exanthema weisen auf Symptome der Syphilis oder auf eine Vergiftung hin. Ferner fand sich eine widernatürliche große und harte Leber, wo der Körper bekanntlich die Medikamente abbaut. Auch war die Gehirn-Substanz, dem wichtigsten Zielort der Arzneimittelwirkung von Quecksilberpräparaten, viel fester als gewöhnlich. Das Metall hat die nämlich die Eigenschaft, sich bevorzugt im  Gehirn und in der Leber abzulagern, in den Nieren hingegen nur selten. Dort waren denn auch keinerlei Veränderungen festzustellen.16 Die bei der Obduktion beobachteten Veränderungen im Körpergewebe lassen demnach Symptome  einer chronischen Vergiftung durch Quecksilber erkennen.  Dazu gehören zusätzlich weitere Kennzeichen, vornehmlich eine nach ca.5-6 Jahren erscheinende, hellgrau-rötlichbraune Verfärbung der Augeniris.

Nach Auskunft moderner Gerichtsmedizin 17 können Veränderungen der Augenfarbe bei den Toten schon nach kurzer Zeit auftreten. Dementsprechend ist die Augenfarbe nicht immer eindeutig festzustellen, und wenn, dann nur bei ausreichender Lichtquelle. Genaues läßt sich nicht immer aussagen. Unsicherheiten bleiben auch im vorliegenden Falle des „Denatus“ Kleist. Denn die Obduktion erfolgte im Dunkeln bei nur schwachem Kerzenlicht (S. 436). 18 Die Sichtverhältnisse waren so dürftig, daß der Bartwuchs und die Haarfarbe in den vorläufigen Obduktionsnotizen sogar mit „schwärzlich“ (statt kastanienbraun) angegeben wurde. Mit einiger Unsicherheit, es heißt in den ersten Berichtsnotizen „nach unserem Dafürhalten“ (S. 434), wurde auch die Augenfarbe, dem Licht und den Umständen entsprechend, hypothetisch nur vorläufig mit „blau“ angegeben, aber es könnte auch hellgrau-braun gewesen sein.

Der amtliche Obduktionsbericht läßt die Unsicherheit des Urteils allerdings nicht mehr erkennen. Jetzt erst (und nicht schon vorher) scheinen die Ärzte ihrer Sache sicher gewesen zu sein. Gewissenhaft hatten sie nämlich Erkundigungen eingezogen und ehemalige (nach zehn Jahren!) „Dienstkameraden“ (S. 438) befragt. Die Angaben der Ärzte beruhten also nicht, wie es korrekt gewesen wäre, auf eigener Anschauung, sondern auf dem Hörensagen aus dem Munde Dritter, die den “Denatus” H.v.K. aber seit Jahren nicht mehr gesehen hatten. Den aktuellen Stand der Augenfarbe, nach einer medizinischen Behandlung eines „Nervenleidens“, konnten diese daher nicht kennen. Immerhin glaubten die untersuchenden Ärzte sich nun berechtigt, die Augenfarbe gleichwohl amtlich festschreiben zu dürfen und notierten daher  “blau”. Das amtliche  Attest berechtigt infolgedessen keineswegs zu dem abschließenden Urteil, die Augenfarbe sei noch im Tode „blau“ gewesen. Hätten die untersuchenden Ärzte jedoch bei ausreichendem Licht gearbeitet, hätten sie auch eine andere, nämlich hellgrau-braune Augenfarbe feststellen können, wie sich noch erweisen wird.

Denn in H .v.Kleists Pathographie finden sich deutliche Hinweise auf eine Quecksilberbehandlung. Der Ablauf einer Quecksilber-Vergiftung kann, wenn die zentralnervöse Führung der Handmuskulatur nachläßt, am besten durch wiederholte Schriftproben einer mehr oder weniger ausgeprägten Zitterschrift erkannt und datiert werden. Jene Zitterschrift ist ein untrügliches Zeichen der Intoxikation. 19 Eine Schriftprobe der Unterschriften Kleists läßt eine typische Formauflösung seiner Unterschriften erkennen, die sich etwa seit 1806 verstärkt. Zu dieser Zeit befand sich Kleist bereits  in ärztlicher Behandlung und reichte zur Wiederherstellung seiner Gesundheit bei seinem Dienstherrn, Hardenberg, am 18.08.1806 ein Gesuch zur Freistellung vom Dienst ein, da er „von einem chronischen Übel“ befallen sei. 19a

H. v.Kleist, Wandel der Handschrift

H. v.Kleist, Wandel der Handschrift 

H. v.Kleist, Wandel der Handschrift

 

Abb. Unterschriften H.v.Kleists 20

 

Nach Aufenthalten in der Schweiz und in Paris wohnte Kleist von November 1803 bis Juni 1804 bei dem Arzt Dr. (Georg Christian) Wedekind in Mainz, der ihn wegen venerischer Krankheiten, im Dienste der Venus und wegen Gemütsleiden ärztlich betreute. Wedekind war ein Vertreter der “Mainzer Republik”, die den Anschluß an das revolutionäre Frankreich anstrebte; der Nachlass jenes Jakobiners, der  die “falsche” Seite repräsentierte, dürfte seine Niederlage nicht vollständig überlebt haben. Ob  heutzutage noch eine Krankenakte “H .v.Kleist” existiert, konnte nicht erwiesen werden. In der Literatur werden sowohl Syphilis als auch psychische Störungen berichtet. 21   Kleist  selber betrachtete sich als „gemütskrank“ , zudem war er nach seinen eigenen Worten “von einem chronischen Übel” befallen (s.o.). Für die genannten Indikationen war nach dem Kenntnisstand der damaligen Medizin die Anwendung von Quecksilberpräparaten der allgemeine Standard! In seinen späten Stücken (Der zerbrochene Krug, Amphytrion, Hermannsschlacht)  zeigte sich Kleist denn auch mit dem Quecksilber-Medikament „Kalomel“ durchaus vertraut.

Wenn sich nun auf dem Porträt eines gemütskranken Patienten um 1800  grau-braune  Augen zeigen, so ist 22  die Farbveränderung der Augeniris dem Behandlungsverlauf entsprechend durch ein Quecksilber – Medikament  23  zu erklären. Eine Ablagerung von Quecksilber drückt sich aus in einer hellgrau-rötlichbraunen – bis dunkelrotbraunen Verfärbung der vorderen Augenlinsenkapsel (mercuria lentis). Diese verfestigt sich irreversibel ! 24  Eine leichte Rötung der Augenränder (wie auf dem Bild NB erkennbar), eine Schwellung der Schleimhäute und Lymphgefäße mit der Folge einer gewissen „Verkleinerung“ der Augen sind weitere Kennzeichen des Symptombildes. 25

Der chronischen Vergiftung geht oft eine lange Latenzperiode mit diffusen neurasthentischen Symptomen voraus. Die unspezifischen Allgemeinsymptome können wochen –  monate- oder jahrelang anhalten, bevor weitere Vergiftungserscheinungen hinzukommen. 26 Der Prozeß der Vergiftung beginnt also schleichend. Frühsymptome sind Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme, die sich  in vergleichsweise eingefallenen Wangen und einer Hagerkeit der Gesichtszüge (wie auf dem neuen Porträt) ausdrückt.

Nach etwa fünfjähriger Expositonsdauer tritt eine hellgrau-braune bis dunkelrotbraune Verfärbung der Augeniris auf.  Diese Tatsache erklärt, warum die Augen des abgebildeten H.v.Kleist , das ihn im Alter von etwa dreißig Jahren darstellt, nicht mehr blau waren, sie können  – aus medizinischen Gründen – im neuen Porträt nicht anders als hellgrau-rötlichbraun gewesen sein!

Außer in den gesicherten (s.o.) anatomisch-medizinischen Veränderungen drückt sich die Störung der Hirn-Funktionen (Enzephalopathie) infolge einer iatrogenen Quecksilberintoxikation auch in den Symptomen des manifesten Verhaltens aus, in Zitterschrift (s.o.), in verwaschener Sprache (wie vielfach berichtet), Stottern, Stammeln  (Psellismus mercurialis), in Mundzuckungen. Man denke an den Besuch im Hause Rokoko-Dichters Martin Wieland. 26a

 

Im engeren Sinne der psychischen Veränderungen einer Quecksilberbehandlung zeigt der Patient Heinrich. v.Kleist folgende Symptome:   Überhöhte Reizbarkeit, Schlaflosigkeit und Angstgefühle, Verlust des Selbstvertrauens, Unentschlossenheit und Persönlichkeitsschwund – bei im wesentlichen erhaltener intellektueller Leistungsfähigkeit. 27 Eine ähnliche Symptomatik zeigt sich übrigens im Schicksal des Dichters Charles Baudelaire. 28

Hinzu kommen folgende Symptome einer Quecksilber-Vergiftung bei H. v.Kleist: Der Patient fühlt sich gehetzt, nervöse Unruhe und ein erhöhtes Tempo bei allen Tätigkeiten (auch beim Schreiben) stellen sich ein. Besonders beeindruckend aber ist: Das Zeiterleben verändert sich! H. v.Kleist leidet an Depressionen (Erethismus mercurialis), er zieht sich aus menschlicher Gesellschaft zurück, flieht menschliche Nähe, wechselt die Aufenthaltsorte. Häufige Selbstmordgedanken stellen sich symptomatisch ein. Die Suizidgefährdung gehört zum Symptombild. Das Ende ist abzusehen. In zahlreichen Nöten verzweifelt Kleist  am Leben; ihm  sei „auf Erden nicht zu helfen“ und gibt sich am 21.Nov. 1811 die Kugel.

 

ANMERKUNGEN

4 Die Idealisierung setzt schon ein mit der Wahl der Perspektive, dem Blick auf den leicht nach schräg hinten geworfenen Kopf mit dem rückwärts gewendeten Blick. Spätestens seit der Delfter Maler Vermeer das “Mädchen mit der Perlenkette” gemalt hat, gilt  diese Kopfhaltung – bis zum heutigen Tage übrigens – dem Porträtmaler (oder Fotografen) als “schön”. Im vorliegenden Falle des Kleist-Porträts hat diese Art der Momentaufnahme einer Kopfbewegung zusätzlich die meliorisierende Funktion, daß die Kontraste auf dem Nasenrücken (und damit der leichte Anstieg nach der Einkerbung an der Nasenwurzel) verschwinden. Weitere Stilisierungen sind den ein wenig verengten Augen und der Form des Mundes zu verdanken: Das geschürzte Mündchen mit den nach seitlich oben gezogenen Lippen lassen den Gesichtsausdruck lieblicher als etwa mit geraden oder gar mit herabgezogenen Mundwinkeln erscheinen. – 


Als Maßstab des Bildvergleichs kommen nur die gesicherten, anerkannten  und authentischen (!) Bildnisse in Frage. Eigentlich existieren nur zwei authentische Porträts des H.v.K. Wegen der Qualitätsunterschiede allerdings pflegt man häufig nur ein einziges, das Bildnis von P. Friedel (1801) heranzuziehen. Die vermeintlichen Kleist-Porträts von M. Slevogt, A. Graff und G. v.Kügelgen erfüllen nicht diese Vergleichs – Kriterien und sind daher auszuschließen.

 

6  Eberhard Siebert, Heinrich von Kleist. Eine Bildbiographie, Heilbronn: Kleist-Archiv Sembdner 2009 S. 11-20

7  In der Rubrik „Themen der Zeit“ widmet sich das Dt. Ärzteblatt den medizinischen Fallbeispielen und gängigen Behandlungsmethoden in Kleists Werk. Vgl. Sandra Krämer, Heinrich von Kleist (1777-1811): „O lieber tausend Tode, als ein einziges Leben wie dieses!“ in: Dtsch Arztebl 2011; 108(47): A-2539 / B-2126 / C-2098

8 Im Friedel´schen Bild nur angedeutet. Im vorliegenden Gefangenschaftsbild  leider nur in der deutlich besseren Bildqualität des Originals erkennbar, das infolgedessen heranzuziehen wäre. Immerhin wird die nämliche Nasenform  in der Zeichnung der W.v. Zenge bestätigt. Das Untersuchungsergebnis bleibt also festzuhalten.

9 aus: E. Siebert, a.a.O., S. 156. Siehe dazu Barbara Wilk-Mincu, Eine neue Kleist-Miniatur?, in: Heilbronner Kleist Blätter (HKB), 19 (2007), S. 139-152. Die Autorin behauptet jedoch  eine „völlige“ Ähnlichkeit!   Einerseits sei Übereinstimmung mit dem Friedel´schen Bild gegeben, obgleich H.v.K. doch gewiß keine Stülpnase und große Kulleraugen besaß. Ein schütteres Kopfhaar des Hv.K. ist bis dato nirgends belegt. Eine ausgedehnte Stirnglatze nach nur zwei Jahren (zwischen 1801 u. 1803)  scheint möglicherweise auf medizinische Gründe  (i.e. Symptome einer Quecksilber-Behandlung, s.u.) hinzuweisen. Auch ist über das eingeklappte linke Ohr gar nichts bekannt.  Die Autorin räumt eine „unsichere Provenienz“ ein, gleichwohl hält sie „die neue Miniatur für ein authentisches Porträt“. Selbst wenn eine vollständige  Identität mit dem Friedel´schen Bild nicht gegeben sein könnte, so müßten doch wichtige Merkmale nachweislich übereinstimmen; das ist aber nicht der Fall. Gleichwohl wird die „Berliner Miniatur“  von E. Siebert als „authentisch“ geführt.

10  in Berliner Privatbesitz, von Barbara Wilk-Mincu dem Dichter H.v.Kleist zugeschrieben, abgebildet in E. Siebert, a.a.O., S. 156, Bild Nr.216

11 faktenwidrig behauptet von der Autorin Wilk-Mincu. Der  „Nachweis“ der Ähnlichkeit beansprucht jedoch kaum zehn Zeilen, Fehler eingeschlossen. B. Wilk-Mincu, ebenda, Vgl. S. 141

12 mündliche Überlieferung in der Familie des Besitzers, ebenda, S. 143

13 Starke Zweifel bleiben; so werden etwa die bei K.F.Wichmanns Skulptur erscheinende Sattelnase und die auffallend geblähten Nasenflügel nirgends erwähnt. Befremdlich muten auch die kleinen, eher stechenden Augen an. Das für Kleist so typische spöttische Lächeln paßt überhaupt nicht zu dem Gesichtsausdruck der marmornen Büste. Im Seitenprofil wird deutlich, daß weder die Kopfform, die Ohren, noch die Nase den authentischen Porträts entsprechen. Auch das Fehlen einer  ausgeprägten Schläfenstirn weckt eher Zweifel.

14 Nicht alle Bilder zu dieser Zeit wurden vom Künstler auch signiert. Eine Signatur wurde erst um 1850 allgemeiner Standard. Auch läßt sich wie bei zahlreichen anderen Bildnissen nach zweihundert Jahren die Herkunft des Bildes nicht eindeutig klären. Ob die Rückseite der Leinwand hätte bestimmte Aufschlüsse geben können, läßt sich nach ihrer Doublierung nicht mehr klären.  Und was die Person Kleists betrifft: Reisende pflegen wenig zu hinterlassen. Überhaupt neigte H.v.K. zur Verschleierung und Mystifizierung seines Lebenswandels. Aufwendige Nachforschungen zur Provenienz des Bildes verliefen daher leider ergebnislos. Genau besehen liefert jedoch die Provenienzrecherche, wenn sie nicht bis zur Modellsitzung führt, wegen der Zufälligkeiten der Traditionsbildung weder einen Beweis noch ihr Fehlen einen Gegenbeweis.

15 Siebert, a.a.O., S. 311

16 vgl. Daunderer, a.a.O., S. 47

17 Frau Prof.Dr. H. Pfeiffer, Dir. d. Inst. f.Gerichtsmedizin d. Universität Münster

18  H. Sembdner, Henrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen, Bd. 1, Frankfurt: Insel Vlg. 1992, S. 434 f.

19 siehe www.medhost.de

19a Sembdner , Lebensspuren, a.a.O., S. 122 – Es wäre lohnend, den Krankenberichten des Arztes Dr. Wedekind, der im Badischen ein bekannter Jakobiner war, nachzuforschen und – falls auffindbar – auf die Behandlung des Patienten H. .v.Kleist zu untersuchen. Offenbar ist dies bisher noch nicht geschehen. Zum Stand der Forschung siehe die medizinhistorische Dissertation von Martin Weber: Georg Christian Gottlieb Wedekind 1761–1831, Werdegang und Schicksal eines Arztes im Zeitalter der Aufklärung und der Französischen Revolution. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1988, mit einer umfangreichen Bibliographie im Anhang

20 Die zunehmende Formauflösung bei den Unterschriften des H. v. Kleist in seinen letzten Jahren sind ein klarer  Hinweis auf die Symptome einer Quecksilber-Vergiftung. Anhand der Schriftzug-Atrophie läßt sich der Beginn der iatrogenen Enzephalopathie etwa auf die Zeit um 1806 terminieren. Eine Dokumentation des Wandels in den Unterschriften  bei E. Siebert, der den Grund für  diesen Wandel weder sucht noch erkennt, a.a.O. ,S. 323

21 Siehe dazu neuestens Anja Schonlau, Syphilis in der Literatur, Würzburg: Königshausen u. Neumann 2005. Aus klinisch pychologischer Sicht fallen bei H.v.K. gewisse Symptome  schizophrener Persönlichkeitsspaltung auf; so in der neuesten Biographie  von Walter Hinderer, Vom Gesetz des Widerspruchs. Über Heinrich von Kleist“, Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2011; ders, Anläufe, sich von Heinrich von Kleist ein Bild zu machen, www.literaturkritik.de,  Nr. 11, November 2011, Schwerpunkt: Kleist revisited, Essay. Aus psychiatrischer Sicht: Johann Glatzsch, Literatur und Schriftsteller in psychiatrischer Betrachtung, in. Ralph Langner (Hg.), Psychologie  der Literatur: Weinheim: Beltz 1996; Hans-Ludwig Kröber, et al. (Hg.)l Handbuch der forensischen Psychiatrie, Bd. 2, 2011 Kap. 1 Psychopathologische Grundlagen forensischer Psychiatrie, zum querulatorischen Beziehungswahn im „Michael Kohlhaas“, S. 84. Aus psychoanalytischer Sicht: Emrich, H.M.,  Ein Krug-Zer-Bruch Buch. München: Imago 1991; Schlimme, J.E. . Verlust des Rettenden oder letzte Rettung. Freiburg i. Breisgau: Verlag Karl Alber 2010; Schmidtbauer, W., Kleists Narzissmus. Vortrag bei der Kleistgesellschaft 2008. Internet; Ortrud Gutjahr (Hg.), Heinrich v. Kleist, Freiburger literaturpsychologische Gespräche, Würzburg, Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse Bd. 27, 2008.

22 Siebert, S. 310 Bild Nr. 485, S.. 311 Bild Nr.487. Ebenso auf der nach der Pose der Friedel´schen Miniatur angefertigten Kreidezeichnung der Wilhelmine von Zenge. „Die Züge auf der Zeichnung wirken gegenüber denen auf der Miniatur gereift; Wilhelmine hat eigene Beobachtungen und Erfahrungen verarbeitet.“ so Siebert a.a.O., s. 106.

23 chemisch: Quecksilber(I)-chlorid). Siehe dazu Wolfgang Schneider, Wörterbuch der Pharmazie, Bd. 4, Geschichte der Pharmazie, Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 1985, S. 221. Gabe u.a. bei  Nervenleiden und Depressionen. Mit dem Medikament Kalomel war Kleist jedenfalls vertraut, er erwähnt es in „Amphytrion“, „Der zerbrochene Krug“ und „Hermannsschlacht“.

24 W. Forth et al., a.a.O., S. 1047; Mutschler, a.a.O., S. 1021. Bei der chronischen  Qecksilbervergiftung hingegen steht eine Stomatitis im Vordergrund. Das Lockern und anschließende Ausfallen der Zähne führen zu typischen Veränderungen in der Form des Gesichts, vornehmlich Verzerrungen der Mundpartie, wie man es bei alten Leuten kennt.

25  In diesen Augen kann nicht mehr das Feuer der Jugend lodern, stattdessen erzählen sie von einer Lebensgeschichte. Die Frage, ob aus medizinischer Sicht eine „Vergiftung“ vorgelegen hat, kann offen bleiben. Die Symptome waren nur allzu bekannt, wurden aber nicht als „Vergiftung“, sondern als Nebenwirkung medikamentöser Behandlung wahrgenommen. In ähnlicher Weise wußte man zwar von den Begleiterscheinungen des Opiumkonsums, aber den medizinischen Tatbestand der „Sucht“  erkannte man erst nach dem dem deutsch-franzöischen Krieg von 1871. – Aus heutiger Sicht erscheint das Gesamtbild einer Quecksilbervergiftung  freilich vielschichtig. Der Verlauf einer akuten  Quecksilbervergiftung setzt ein mit einer Gastro-Enteritis, gefolgt von einem Nierenversagen (Polyurie, Oligurie, Anurie, Urämie) und in der dritten Phase eine von heftigsten Koliken begleitete Colitis mucomembranacea. Die zeitliche Abfolge der Organschäden und Symptome einer akuten Quecksilbervergiftung in Wochen zeigt ein typisches Verlaufsbild. Siehe dazu:  W. Forth/ Henschler/ Rummel, Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 8. Aufl., S.1046

26 Die Vergiftungserscheinungen resultieren hauptsächlich aus der Zerstörung der Neurone in Groß – und Kleinhirn. Vgl. Max Daunderer, Klinische Toxikologie, Landsberg: Ecomed Vlg. 1995-2006, 134. Erg.-Lfg. 12/98, S. 48

26a vgl. Brief von C.M. Wieland an den behandelnden Art G.C. Wedekind v. 10. Apr. 1804, in Sembdner, Lebenspuren, a.a.O.

27 In welchem Maße auch mögliche Sprachstörungen, Konzentrations- und Erinnerungsschwäche im Alltag auftreten, vermag erst eine ausführliche Untersuchung zu zeigen, die den gegebenen Rahmen sprengen würde.

28  Veränderungen im Antlitz des Ch. Baudelaire (1821-1867), 39, 156 (2014), publiz. i. März 2015

 

    (Soweit nicht anders vermerkt, sind die Abbildungen gemeinfrei, aus dem Internet oder wikimedia commons entnommen)

 

Paul Ridder

PD DDr.phil.habil.

Emer. Universität Konstanz

p.ridder@t-online.de

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Quelle: http://bilddetek.hypotheses.org/498

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Kolloquium „West-Berlin im Bild“

West-Berlin im Bild

West-Berlin im Bild

Mit dem Werk des kulturbegeisterten Pressefotografen Harry Croner (1903-1992) und des privat und in Farbe fotografierenden RIAS-Mitarbeiters Rolf Goetze (1921-1988) besitzt das Stadtmuseum Berlin zwei Fotografen-Nachlässe, die in besonderer Weise die Geschichte West-Berlins über vier Jahrzehnte dokumentieren. Welches sind die Bilder, die unser Bildgedächtnis von West-Berlin prägen? Die sehr verschiedenen Arbeitsbedingungen und Interessen beider Fotografen sind Anlass über die Rolle der Fotografie bei der Entstehung und Verbreitung von Geschichtsbildern der ehemaligen Inselstadt zu diskutieren.

 

Programm Kolloquium „West-Berlin im Bild“

15 Uhr
„Bühne West-Berlin – Fotografien von Harry Croner aus vier Jahrzehnten“
Kuratorenführung | Peter Schwirkmann
„West-Berlin, privat“ – Ein partizipatives Foto-Album
Slideshow | Hoffmann-Saal

16 Uhr | Beginn des Kolloquiums
Begrüssung | Christian Mothes | Kommissarischer Direktor Stadtmuseum Berlin
Zwischen Amateur und Agentur – Herausforderungen fotografischer Sammlungen
Ines Hahn | Stadtmuseum Berlin, Leiterin der Fotografischen Sammlung
Geschichte und Bilder – Harry Croners West-Berlin
Peter Schwirkmann | Stadtmuseum Berlin, Kurator
der Harry-Croner-Ausstellung

17.10 – 17.30 Uhr
Kaffeepause

17.30 Uhr
Pressefotografie im West-Berlin der frühen Nachkriegszeit
Bernd Weise | Publizist M.A. / Dipl. Designer, Publikationen zur Pressefotografie und Pressegeschichte
West-Berlin-Fotos
Sehnsuchtsbilder und zeithistorische Quellen
Hanno Hochmuth | Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

18.30 Uhr
Podiumsdiskussion mit den Referenten
Wie hat Bildjournalismus in West-Berlin praktisch funktioniert?
Kann die Erschließung von Fotobeständen ein neues Geschichtsbild vermitteln?
Welche Erkenntnisse können wir aus den Archiven über den Umgang mit Pressefotos ziehen?
Moderation Sigrid Schulze | Mitte-Museum, Sprecherin der Fachgruppe
Fotografie im Landesverband der Museen zu Berlin

19 Uhr
Ende der Veranstaltung

Eintritt 5,– Euro

Stiftung Stadtmuseum Berlin

Quelle: https://www.visual-history.de/2015/04/16/kolloquium-west-berlin-im-bild/

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Stadtspaziergang zu den Orten der Wiener Adressbüros im Augustin

Letzte Woche habe ich mit Lisa Bolyos vom Augustin die Wiener Innenstadt durchstreift, an jenen Orten vorbei, wo vor zwei-, dreihundert Jahren sich all die Fragämter, Anfrage- und Auskunftscomptoire, Schreib- und Kopeystuben und dergleichen angesiedelt hatten. Das Ergebnis kann in der aktuellen Printausgabe des Augustin (Nr.388, 15.4.-28.4.2015, S. 20f.) nachgelesen werden, wo auch sonst eine Menge lesenswerter Artikel zu finden ist, vom Bericht über einen Spaziergang mit einem Obdachlosensprecher durch den Wiener Stadtpark, dem Gedenken an Zwangsarbeiter im burgenländischen Deutsch Schützen hin über eine Erkundung der Wiener Unterwelt und Kelleranlagen mit der Stadtforscherin Gabriele Lukacs bis zu einer Besprechung des von Richard Schuberth verfassten Romans Chronik einer fröhlichen Verschwörung!

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022419378/

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Digital Humanities Hackathon on Text Re-Use: ‘Don’t leave your data problems at home!’

The Göttingen Centre for Digital Humanities will host a Hackathon targeted at students and researchers with a humanities background who wish to improve their computer skills by working with their own data-set. Rather than teaching everything there is to know about algorithms, the Hackathon will assist participants with their specific data-related problem, so that they can take away the knowledge needed to tackle the issue(s) at hand

The focus of this Hackathon is automatic text re-use detection and aims at engaging participants in intensive collaboration. Participants will be introduced to technologies representing the state of the art in the field and shown the potential of text re-use detection. Participants will also be able to equip themselves with the necessary knowledge to make sense of the output generated by algorithms detecting text re-use, and will gain an understanding of which algorithms best fit certain types of textual data. Finally, participants will be introduced to some text re-use visualisations.

The Hackathon is organised by Emily Franzini, Greta Franzini and Maria Moritz. It will take place from 27-30 July 2015 in Göttingen, Germany.

Deadline for applications is 15 May 2015.

For further information, please visit http://etrap.gcdh.de/?p=669

 

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4952

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Why We Still Need Textbook Commissions?

In general, textbook commissions reflect the needs of their times. In the past, they quite successfully served their purpose of mediating between politics, research, and teaching. They played a highly relevant role in the international dialogue

English

In general, textbook commissions reflect the needs of their times. In the past, they quite successfully served their purpose of mediating between politics, research, and teaching. They played a highly relevant role in the international dialogue initiated and continued by nations once longstanding enemies. These achievements are both considerable and noteworthy. Today, however, textbook commissions are seemingly absent in public discourse. Their proceedings are virtually invisible and their members are seen mainly during national and public holidays.

 

Initially a peace project

The original textbook commissions were established after World War I. Their initiators were teachers’ and historians’ associations in different European countries, which collaborated both at the bilateral level (within national textbook commissions) and at the international level (for instance within the International Committee for Intellectual Cooperation of the League of Nations).[1] Their work focused on the search for textbook and teaching contents that had promoted enemy images responsible for hostilities and antagonisms between the nation-states and that might have impacted the thinking of school students and future citizens. While teaching plans and curricula were carefully analyzed, the first revisions of textbooks were introduced in Scandinavian countries; similar initiatives followed in France and Germany.[2] The German-Polish textbook proceedings began in the second half of the 1930s with the Nazis already in power, which was less than optimal for such talks. The outbreak of World War II put an end to this textbook initiative altogether.[3]

A brief history of the German-Polish Textbook Commission

An international discourse on textbook contents resumed at the end of the 1940s and at the beginning of the 1950s. During the first decades after WWII, talks were limited to Western European countries. One of their initiators was Georg Eckert and his Institute for International Textbook Research in Braunschweig (which has existed in its current form since 1975), which became the key institution for the international coordination of various textbook commissions.[4] An exception remained the German-Czechoslovakian textbook talks: although initiated already in 1967, they were soon discontinued for a decade as a result of the brutal clampdown during the “Prague Spring” in 1968.

West Germany’s new “Ostpolitik” (Eastern Policy) had a considerable effect on the beginning of the textbook talks with the People’s Republic of Poland. This breakthrough in German foreign policy led to the establishment of the German-Polish Textbook Commission (which consisted of expert historians, history teaching specialists, and textbook authors). The Commission came into existence under the aegis of UNSECO in 1972 and devised “textbook recommendations” that were published in Poland and Germany in 1976. These recommendations provoked intense controversies, particularly in Germany, and required significant compromises. The German-Polish Textbook Commission prepared a protocol of differences, which marked a huge success under the conditions of the Cold War. In the following years, periodic expert conferences took place and dealt with the most controversial issues.

The Textbook Commission in crisis

The annus mirabilis of 1989 created a new situation and fresh challenges. The breakdown of communist regimes in Eastern, Central, and Southern Europe imposed new modes of communication and changed the composition of the textbook commissions. Poland was a case in point. Even though new textbook commissions emerged, including the Polish-Israeli and Polish-Lithuanian textbook commissions, inter-commission contacts and cooperation were and still are very limited. Besides, their proceedings and work are almost unknown to the wider public. Nor is there any visible impact of these commissions on school curricula and textbook contents. Moreover, the German-Polish Textbook Commission seems to have entered a phase of insignificance, as it concerns itself mainly with administering its historical legacy. The formula of bilateral talks appears to be old-fashioned and unsuitable for meeting new challenges. Although several textbook conferences have been held in recent years, they have dealt neither with textbook revisions nor with any relevant didactic issues. On the contrary, these conferences have been pure expert occasions, organized by experts for experts, and have lacked any wider exploration of the issues at hand with other researchers, teachers, and publics.[5] Formally, the German-Polish Commission supervises the German-Polish history textbook project. However, this ambitious project still seems to be in its infancy and fails to resonate with the larger public. Surprisingly, the project has not enhanced the visibility of the German-Polish Textbook Commission in the media and among the broader public.

Political support being strong enough, the German-Polish history textbook project will definitely see the light of the day, sooner or later. Nevertheless, there is no guarantee that the textbook will have any relevance for school teaching. Notably, the German-Polish Commission has been unable to formulate any innovative ideas for history teaching in schools, for the significance of history in school curricula, and for the role of the public sphere in Poland and Germany regarding these issues.

Current challenges

The situation of schools in Poland and Germany is dynamic, and significant changes are underway. Polish school students will soon receive their first digital textbooks.[6] Similar innovations are also taking place in Germany. However, the question remains whether schools and teachers are really prepared for the changes ushered in by the digital age. Are revisions of textbooks perhaps obsolete? And yet the example of the German-Russian textbook on the history of the 20th century (aimed at teachers and students) shows that the debates on school curriculum and textbook revisions are still topical and relevant.

The analysis of textbooks remains a relevant task and a pressing challenge at the same time. Nevertheless, it appears mandatory to radically reform the working methods of the textbook commission. The bilateral formula played an important role in the past, but today’s challenges require new institutional solutions. One possible innovation could be the establishment of a multinational textbook commission, because many controversies in national historiography result from ignoring multinational insights. A further change might be the better inclusion of teachers, publishers, and pedagogy experts in the commission’s debates. Last but not least, transparent und public debates on the purpose of textbook commissions, their goals, working methods, funding, and their impact on school teaching are not only welcome but indeed necessary.

 

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Literature

  • Becher, Ursula A.J. et al. (Hrsg.): Internationale Verständigung. 25 Jahre Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig. Braunschweig 2000.
  • Eckert, Georg u.a. (Red.): Geschichtsunterricht ohne Vorurteil. Empfehlungen internationaler Konferenzen 1950-1963. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1964.
  • Polska i Niemcy w XX wieku. Wskazówki i materiały do nauczania historii, pod red. Ursuli A. Becher, Włodziemierza Borodzieja, Krzysztof Ruchniewicza, Poznań 2001 (Polsko-Niemiecka Komisja Podręcznikowa). | Becher, Ursula A.J. u.a. (Hrsg.): Deutschland und Polen im zwanzigsten Jahrhundert. Analysen, Quellen, didaktische Hinweise. Hannover 2001.

External links

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[1] Schröder, Carl August: Die Schulbuchverbesserung durch internationale geistige Zusammenarbeit. Geschichte. Arbeitsformen. Rechtsprobleme. Braunschweig 1961, pp. 49-75. [The Improvement of Textbooks through International Intellectual Cooperation: History, Working Methods, and Legal Issues.]
[2] Tieman, Dieter: Schulbuchrevision im Schatten der Konfrontation. Deutsch-französische Auseinandersetzungen zwischen den beiden Weltkriegen. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 39 (1988), pp. 342-362. [Textbook Revisions in the Shadow of Conflict: German-French Disputes in the Interwar Period.]
[3] Romuald Gelles: Sprawy polskie w szkole niemieckiej 1918-1939. Wroclaw 1991, S. 191-201. [Polish History in German Schools 1918-1939.]
[4] Internationale Verständigung. 25 Jahre Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig. [International Understanding: 25 years of Georg Eckert Institute in Braunschweig]
[5] See the website of the German-Polish Textbook Commission for more information on ist work as well as the list of its expert conferences (http://deutsch-polnische.schulbuchkommission.de/aufgaben/themenkonferenzen.html (last accessed 2015/4/14).
[6] e-Podrecznik (http://www.epodreczniki.pl/front/) (last accessed 2015/4/14).

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Image Credits
The Foundation of the  German-Polish Textbook Commission by Władysław Markiewicz (Poland) and Georg Eckert (West Germany) at 1972/10/17 in Brunswick, © Georg-Eckert-Institute for International Textbook Research (with special thanks to Dr. Thomas Strobel).

Recommended Citation
Ruchniewicz, Krzysztof: Why We Still Need Textbook Commissions? In: Public History Weekly 3 (2015) 12, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3861.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.

Deutsch

 

Die Schulbuchkommissionen sind Kinder ihrer Zeit. Sie haben Ihre Aufgaben erfüllt, indem sie zu einem Vermittler zwischen Politik, Theorie und Schulpraxis wurden. Sie spielten eine große Rolle im internationalen Dialog, der von lange verfeindeten Nationen initiiert und geführt wurde. Es sind wirklich beachtliche Leistungen. Heute scheinen die Schulbuchkommissionen in der Öffentlichkeit nur wenig präsent zu sein. Um ihre Arbeit ist es ruhig geworden und ihre Mitglieder sind außerhalb von Feiertagen aus der Öffentlichkeit verschwunden.

 

 

Ursprünglich ein Pazifizierungsprojekt

Die ersten Schulbuchkommissionen sind nach dem Ersten Weltkrieg entstanden. Zu den Initiatoren gehörten die Lehrer- und Historikerverbände in unterschiedlichen Ländern Europas, ihre Arbeit fand bilateral (nationale Kommissionen) und international (z.B. im Rahmen des Internationalen Ausschusses für Geistige Zusammenarbeit des Völkerbundes) statt. [1] Einer der Gründe für die Feindschaft zwischen den Staaten wurde in der Schule und in den dort übermittelten Inhalten, die das Bild der zukünftigen BürgerInnen prägten, gesucht. Den Lehrplänen und Schulbüchern wurde nun größere Aufmerksamkeit gewidmet. Die ersten Revisionsversuche wurden in den skandinavischen Ländern unternommen, ähnliche Initiativen entstanden in Frankreich und Deutschland.[2] Die deutsch-polnischen Schulbuchgespräche wurden erst in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre aufgenommen. Der Ausbruch des 2. Weltkrieges hat diesem ersten Versuch ein Ende bereitet.[3]

Geschichte der deutsch-polnischen Schulbuchkommission

Die Idee einer internationalen Diskussion über die Schulbuchinhalte wurde Ende der 40er/Anfang der 50er Jahre wieder aufgenommen. In den ersten Jahrzehnten waren diese Gespräche auf die Länder Westeuropas beschränkt. Einer der Initiatoren war Georg Eckert und sein Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig, das in den nächsten Jahrzehnten zum zentralen Koordinator von unterschiedlichen internationalen Schulbuchkommissionen wurde.[4] Eine Ausnahme bildeten die deutsch-tschechoslowakischen Schulbuchgespräche, die 1967 aufgenommen wurden, aber aufgrund der Niederschlagung des “Prager Frühlings” 1968 für ein Jahrzehnt abgebrochen wurden.

Die neue Ostpolitik der Bundesrepublik beeinflusste den Beginn der Gespräche mit der VR Polen. Die deutsch-polnische Schulbuchkommission wurde zum Kind dieser außenpolitischen Wende. Das Ergebnis der im Jahre 1972 unter UNESCO-Schirmherrschaft gegründeten Kommission waren die “Schulbuchempfehlungen”, die 1976 in beiden Ländern veröffentlicht wurden und insbesondere in der Bundesrepublik zu heftigen Kontroversen führten. Die Ausarbeitung und Veröffentlichung war ein großer Kompromiss. Dem aus FachhistorikerInnen, GeschichtsdidaktikerInnen und SchulbuchautorInnen zusammengesetzten Gremium ist es gelungen, ein Protokoll der Differenzen auszuarbeiten. Unter den Bedingungen der politischen Systemkonfrontation war das ein Riesenerfolg. In den Jahren darauf fanden dann regelmäßige Fachkonferenzen statt, während der die strittigen Fragen gesondert behandelt wurden.

Krise in der Kommissionsarbeit

Das Epochenjahr 1989 stellte die bilateralen Kommissionen in vielen Ländern vor eine neue Situation und neue Herausforderungen (Stichwort: der Zusammenbruch des kommunistischen Staatssystems in Ost- Mittel- und Südeuropa). Ihre Arbeit und personelle Zusammensetzung musste noch einmal überdacht und ggfs. korrigiert werden. In Polen war das nicht anders. Zwar entstanden – dem Erfolg der deutsch-polnischen Kommission folgend – die nächsten Kommissionen, wie die polnisch-israelische, die polnisch-litauische usw. Die Kontakte zwischen ihnen waren und sind jedoch sehr beschränkt. Informationen über ihre Arbeit dringen praktisch gar nicht an die Öffentlichkeit. Ein Einfluss auf die Inhalte der Lehrpläne und Schulbücher ist nicht zu erkennen.

Es scheint, dass auch die deutsch-polnische Schulbuchkommission nun in eine Phase des Nachlassens der Aktivitäten und eines damit verbundenen Bedeutungsverlustes getreten ist. Die Formel der bilateralen Gespräche hat sich überlebt. In den letzten Jahren wurden einige Konferenzen abgehalten. Sie beschäftigten sich weder mit der Schulbuchrevision noch anderen geschichtsdidaktischen Fragen. Es waren reine Fachkonferenzen, von FachvertreterInnen organisiert.[5] Zwar betreut die Kommission die Arbeit an dem deutsch-polnischen Geschichtsschulbuch, man hört über seine Entstehung aber wenig. Dieses ambitionierte Projekt gab keinen Impuls zur breiten Diskussion der WissenschaftlerInnen, LehrerInnen oder der interessierten Öffentlichkeit. Es trug nicht zur Zunahme des Interesses für die Kommissionsarbeit bei.

Das gemeinsame Schulbuch wird eines Tages entstehen, weil es dafür einen politischen Willen gibt. Es besteht keine Garantie, dass das Schulbuch in der Schulpraxis genutzt wird. Von der Kommission gingen darüber hinaus keine Überlegungen für eine neue Sicht auf geschichtsdidaktische Fragen, die Rolle und Bedeutung der Geschichte in der Schule und schließlich in der Öffentlichkeit in Polen und Deutschland aus.

Herausforderungen

Die Situation in den Schulen in Polen und Deutschland ist dynamisch. Zurzeit finden dort große Veränderungen statt. Bald bekommen die polnischen SchülerInnen die ersten digitalen Schulbücher [6]; im Lande unseres Nachbarn werden konkrete Lösungen schon getestet. Sind die Schulen und die LehrerInnen auf diese Veränderungen vorbereitet? Ist die Revision der Schulbücher obsolet geworden? Das Beispiel des deutsch-russischen Geschichtsbuches zum 20. Jahrhundert, das u.a. an die LehrerInnen und SchülerInnen adressiert ist, zeigt, dass die Diskussion und die Revision von Schulbuchinhalten kein abgeschlossenes Kapitel ist, im Gegenteil, sie wird aktueller denn je.

Die Analyse der Schulbuchinhalte bleibt eine wichtige Aufgabe und Herausforderung. Um das zu erreichen, muss man sich von den alten Arbeitsweisen der Kommissionen trennen. Die bilateralen Gremien haben eine große Rolle gespielt, sie haben aber heute eher eine historische Bedeutung. Vielleicht könnte die Schaffung von multinationalen Kommissionen eine Lösung bieten? Viele Fragen in der Darstellung der nationalen Geschichte resultieren aus der Nichtbeachtung der multinationalen Perspektiven. Eine weitere Herausforderung ist die stärkere Einbeziehung in die Diskussionen der FachdidaktikerInnen, LehrerInnen und VerlegerInnen. Transparente und öffentliche Debatten über den Sinn der Existenz von solchen Kommissionen, ihrer Aufgaben, Arbeitsweisen, Finanzierung und Beeinflussungsmöglichkeiten der Didaktik sind willkommen und gleichzeitig notwendig.

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Literatur

  • Becher, Ursula A.J. et al. (Hrsg.): Internationale Verständigung. 25 Jahre Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig. Braunschweig 2000.
  • Eckert, Georg u.a. (Red.): Geschichtsunterricht ohne Vorurteil. Empfehlungen internationaler Konferenzen 1950-1963. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1964.
  • Polska i Niemcy w XX wieku. Wskazówki i materiały do nauczania historii, pod red. Ursuli A. Becher, Włodziemierza Borodzieja, Krzysztof Ruchniewicza, Poznań 2001 (Polsko-Niemiecka Komisja Podręcznikowa). | Becher, Ursula A.J. u.a. (Hrsg.): Deutschland und Polen im zwanzigsten Jahrhundert. Analysen, Quellen, didaktische Hinweise. Hannover 2001.
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Externe Links

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[1] Schröder, Carl August: Die Schulbuchverbesserung durch internationale geistige Zusammenarbeit. Geschichte. Arbeitsformen. Rechtsprobleme. Braunschweig 1961, S. 49-75.
[2] Tieman, Dieter: Schulbuchrevision im Schatten der Konfrontation. Deutsch-französische Auseinandersetzungen zwischen den beiden Weltkriegen. In: GWU 39 (1988) 6, S. 342-362.
[3] Gelles, Romuald: Sprawy polskie w szkole niemieckiej 1918-1939 [dt. Polnische Fragen in der deutschen Schule 1918-1939]. Wrocław 1991, S. 191-201.
[4] Becher, Ursula A.J. et al. (Hrsg.): Internationale Verständigung. 25 Jahre Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig. Braunschweig 2000.
[5] Einen Überblick über die Arbeit der deutsch-polnischen Schulbuchkommission gibt die Webseite der Kommission, auch mit einer Auflistung der organisierten Fachkonferenzen, vgl. http://deutsch-polnische.schulbuchkommission.de/aufgaben/themenkonferenzen.html (zuletzt am 31.3.15).
[6] e-Podrecznik, vgl. http://www.epodreczniki.pl/front/ (zuletzt am 31.3.15)

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Abbildungsnachweis
Die Gründung der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission durch Władysław Markiewicz und Georg Eckert am 17.10.1972 in Braunschweig, © Georg-Eckert-Institut für international Schulbuchforschung (mit besonderem Dank an Dr. Thomas Strobel).

Empfohlene Zitierweise
Ruchniewicz, Krzysztof: Wozu noch Schulbuchkommissionen? In: Public History Weekly 3 (2015) 12, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3861.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.

 

Polski

Komisje podręcznikowe były tworem swoich czasów. W dużej części spełniły postawione im zadania, stając się ważnym pośrednikiem między teorią a praktyką szkolną. Odegrały również znaczną rolę w dialogu międzynarodowym, który nawiązywały zwaśnione dotąd państwa. Jest to osiągnięcie, które wymaga szczególnego podkreślenia. Dzisiaj jednak komisje podręcznikowe wydają się być na forum publicznym nieobecne. Niewiele słychać o ich pracy, ich członkowie – poza okazjami rocznicowymi – nie występują w przestrzeni publicznej.

 

Początkowo projekt antywojenny

Pierwsze komisje podręcznikowe powstały po I wojnie światowej. Inicjatorami były organizacje nauczycieli i historyków w różnych krajach europejskich, prace komisji odbywały się bilateralnie (narodowe komisje) i międzynarodowo (np. w ramach Międzynarodowej komisji współpracy intelektualnej Ligii Narodów).[1] Jednego z powodów wrogości między narodami doszukiwano się w szkole i przekazywanych tam treściach, które kształtowały przyszłych obywateli państw narodowych. Zaczęto więc zwracać baczniejszą uwagę na programy szkolne i używane w szkołach podręczniki. Pierwsze próby rewizji treści podręczników podjęto w krajach skandynawskich, podobne inicjatywy powstały we Francji i Niemczech.[2] W drugiej połowie lat 30. XX w. rozpoczęto również polsko-niemieckie rozmowy na ten temat. Wybuch II wojny światowej unicestwił wszystkie te działania.[3]

Historia Polsko-Niemieckiej Komisji Podręcznikowej

Do idei ponadnarodowych dyskusji nad szkolnymi podręcznikami powrócono na przełomie lat 40. I 50. XX w. Jednym z inicjatorów takich działań był Georg Eckert i stworzony przez niego Międzynarodowy Instytut Badań Podręcznikowych w Brunszwiku, który z biegiem czasu stał się centralną instytucją koordynującą prace różnych narodowych komisji podręcznikowych.[4] Przez pierwsze dziesięciolecia ograniczały się one do rozmów między państwami Europy Zachodniej. Wyjątek stanowiły niemiecko-czechosłowackie rozmowy podręcznikowe, które rozpoczęto w 1967 r. Po stłumieniu Praskiej Wiosny przerwano je jednak aż na dekadę.

Nowa polityka wschodnia podjęta przez Bonn w końcu lat 60. XX w. doprowadziła do rozpoczęcia oficjalnych rozmów między PRL a RFN, co zakończyło się nawiązaniem stosunków dyplomatycznych. Jednym z owoców tego politycznego zwrotu stała się dwustronna komisja podręcznikowa. Efektem pierwszych lat pracy komisji, powstałej w 1972 r. pod auspicjami UNESCO, było wydanie w 1976 r. zaleceń podręcznikowych. Wywołały one zwłaszcza w RFN duże kontrowersje i wiele dyskusji. Ich uzgodnienie i publikacja były znaczącym osiągnięciem zaangażowanych w dialog specjalistów (ale też patronujących im rządów). Gremia złożone z historyków, dydaktyków historii, autorów podręczników i wydawców zdołały opracować wspólne stanowisko i – tam gdzie było to niemożliwe – konkretny katalog rozbieżności, co w warunkach rywalizacji dwóch systemów politycznych było ogromnym osiągnięciem. W następnych latach organizowano konferencje komisji, na których zajmowano się szczegółowymi problemami.

Kryzys prac komisji

Przełom 1989 r. postawił komisje bilateralne w wielu krajach przed całkiem nowymi wyzwaniami (upadek systemu komunistycznego w krajach Europy Wschodniej- Środkowej i Południowej i zbliżenie ich do Zachodu po przyjęciu demokratycznych rządów). Ich działalność oraz skład osobowy musiały zostać ponownie przemyślane i ewentualnie zmienione.

W Polsce było podobnie. Wprawdzie powstały – zachęcone efektami pracy komisji polsko-niemieckiej – kolejne tego typu grupy, jak polsko-izraelska, polsko-litewska i in., jednak kontakty między nimi były i pozostają ograniczone. Informacje o ich pracy nie docierają praktycznie do opinii publicznej. Nie wiadomo, jaki konkretnie wpływ wywierają one na zawartość programów nauczania i treść podręczników.

Wydaje się, że także polsko-niemiecka komisja podręcznikowa weszła w fazę spadku aktywności, a co za tym idzie także znaczenia. Formuła spotkań bilateralnych przeżyła się. W ostatnich latach zorganizowano kilka konferencji, jednak były one coraz mniej poświęcone sprawie rewizji podręczników czy zagadnieniom dydaktyki szkolnej. Przerodziły się w naukowe konferencje historyczne czy geograficzne.[5] Wprawdzie komisja firmuje projekt podręcznika polsko-niemieckiego, ale o jego powstawaniu wiadomo niewiele. Ten ambitny pomysł nie stał się impulsem do szerszych dyskusji w środowisku naukowców, nauczycieli, czy w ogóle zainteresowanej części opinii publicznej. Nie przyczynił się również do wzrostu zainteresowania pracą samej komisji.

Z pewnością wspólny podręcznik powstanie któregoś dnia, bo taka jest wola polityczna, jednak nie ma pewności, czy będzie można go implementować do praktyki szkolnej. Z komisji nie wyszły też żadne refleksje dotyczące nowego spojrzenia na problemy dydaktyczne, na rolę i znaczenie historii w szkole i w przestrzeni publicznej w Polsce i w Niemczech.

Wyzwania

Sytuacja w szkołach w Polsce i Niemczech jest bardzo dynamiczna. Obecnie dokonują się tu ogromne zmiany. Wkrótce do szkół polskich wejdą pierwsze podręczniki cyfrowe.[6] Za Odrą testowane są już konkretne propozycje. Jak są na te zmiany przygotowane szkoły, nauczyciele, uczniowie i ich rodzice? Czy monitorowanie treści podręczników przestało być ważne? Przykład opracowania poświęconego relacjom niemiecko-rosyjskim w XX wieku, które przygotowano m.in. z myślą o szkołach w Niemczech i Rosji, pokazuje, że potrzeba dyskusji i rewizji niektórych treści jest zadaniem bardzo aktualnym.

Analizowanie treści podręcznikowych pod kątem uwzględniania stanu badań naukowych, czy obecności ujęć powielających negatywne stereotypy narodowe lub rasowe jest nadal konieczne. By jednak to osiągnąć, trzeba porzucić stare sposoby pracy komisji. Gremia wyłącznie bilateralne odegrały ważną rolę, jednak dzisiaj jest ona już historyczna. Być może tworzenie wielonarodowych komisji byłoby pożądanym krokiem? Przeniosłoby dyskusje na wyższym poziom? Wiele problemów w ujęciu narodowej historii rodzi się z nieuwzględnienia perspektyw wielonarodowych. Kolejnym wyzwaniem jest szersze włączenie dydaktyków, nauczycieli praktyków i wydawców w te dyskusje. Otwarta i publiczna debata nad sensem istnienia takich komisji, ich zadaniami, sposobami działania, finansowaniem czy możliwościami wpływania na proces dydaktyczny jest niezmiennie bardzo potrzebna.

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Literatura

  • Becher, Ursula A.J. et al. (Hrsg.): Internationale Verständigung. 25 Jahre Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig. Braunschweig 2000.
  • Eckert, Georg u.a. (Red.): Geschichtsunterricht ohne Vorurteil. Empfehlungen internationaler Konferenzen 1950-1963. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1964.
  • Polska i Niemcy w XX wieku. Wskazówki i materiały do nauczania historii, pod red. Ursuli A. Becher, Włodziemierza Borodzieja, Krzysztof Ruchniewicza, Poznań 2001 (Polsko-Niemiecka Komisja Podręcznikowa). | Becher, Ursula A.J. u.a. (Hrsg.): Deutschland und Polen im zwanzigsten Jahrhundert. Analysen, Quellen, didaktische Hinweise. Hannover 2001.

External links

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[1] Schröder, Carl August: Die Schulbuchverbesserung durch internationale geistige Zusammenarbeit. Geschichte. Arbeitsformen. Rechtsprobleme. Braunschweig 1961, S. 49–75.
[2] Tiemann, Dieter: Schulbuchrevision im Schatten der Konfrontation. Deutsch-französische Auseinandersetzungen zwischen den beiden Weltkriegen: In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 39 (1988), S. 342–362.
[3] Romuald Gelles: Sprawy polskie w szkole niemieckiej 1918–1939 (Polnische Fragen in der deutschen Schule 1918–1939). Wrocław 1991, S. 191–201.
[4] Internationale Verständigung. 25 Jahre Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig.
[5] Einen Überblick über die Arbeit der deutsch-polnischen Schulbuchkommission gibt die Webseite der Kommission, auch mit einer Auflistung der organisierten Fachkonferenzen, vgl. http://deutsch-polnische.schulbuchkommission.de/aufgaben/themenkonferenzen.html (zuletzt am 2.4.2015).
[6] e-Podrecznik (http://www.epodreczniki.pl/front/).

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Image Credits
Utworzenie Polsko-Niemieckiej Komisji Podręcznikowej przez Władysława Markiewicza i Georga Eckerta w Brunszwiku 17.10.1972 r. © Georg-Eckert-Institut für international Schulbuchforschung (szczególne podziękowania dla dr. Thomasa Strobla)

Recommended Citation
Ruchniewicz, Krzysztof: Czy komisje podręcznikowe są jeszcze potrzebne? In: Public History Weekly 2 (2015) 12, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3861.

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