Sexistische Algorithmen und streitbare Damen
THATcamp Switzerland
Eingrenzung der Diss
Lange war es erneut ruhig an dieser Stelle, was vor allem heißt, dass ich endlich einiges an meiner Dissertation geschafft habe.
Ich habe erneut entdeckt, wie faszinierend ich mein Thema finde (was schon mal eine gute Voraussetzung ist) und leider auch, wieviel ich machen könnte (aber nicht sollte, will ich das Ding in absehbarer Zeit und mit einem vernünftigen Umfang abschließen). Was also tun?
Ich gehe mit dieser Problematik, die sicherlich viele Doktoranden kennen, auf zweifache Art und Weise um: Zum einen versuche ich meine Fragestellung noch weiter einzuschränken (alternativ könnte ich auch meine Fallbeispiele einschränken) und zum anderen bringe ich Aspekte des Themas, die ich interessant finde, die aber nicht direkt zur Beantwortung der Fragestellung beitragen, in anderen Projekten unter.
Dementsprechend war ich diesen Sommer nicht nur mit meiner eigentlichen Dissertation beschäftigt, sondern habe viel für Projekte unterschiedlichster Art getan, die irgendwie etwas mit der Diss zu tun haben.
Für mich bleibt bei dieser Vorgehensweise nur offen, wie ich Arbeit, Recherche für die Diss, Recherche für andere Projekte und Präsentation meiner Ergebnisse in 24 Stunden pro Tag packen soll.
Opposition und Fluchthelfer. Die Mordanschläge der Stasi auf Wolfgang Welsch
Wolfgang Welsch überlebte drei Attentate der Stasi auf sein Leben. Nach jahrelanger politischer Haft gelangte er 1971 in die Bundesrepublik und arbeitete als Fluchthelfer. Das machte ihn in den Augen der Stasi zum Staatsfeind der DDR. Die Stasi scheute in der Folge keinen Aufwand und verübte auf ihn mehrere Mordanschläge. Im MONTAGSRADIO, Ausgabe 17/2011, spricht Wolfgang Welsch über seine Biographie: über Widerstand, Haft, die Attentate und darüber, wie man aufhört zu hassen.
Wolfgang Welsch geriet schon als Jugendlicher in eine oppositionelle Haltung. Ein erster Fluchtversuch im Jahr 1964 scheiterte jedoch, und Welsch wurde zu politischer Haft verurteilt. Die inhumanen Haftbedingungen, die Folter und das Unrecht, die er als Häftling erlebt hat, führten zu einer Radikalisierung Welschs. Das Angebot eines “Freikaufs” durch die Bundesrepublik, lehnte er ab. Nach seiner Haftentlassung begann er mit Dreharbeiten zu einem Film; sein Vorhaben wurde jedoch verraten und Welsch musste erneut ins Gefängnis. 1971 wurde er auf politischem Druck aus der Haft entlassen. Wolfgang Welsch reiste nun aus in die Bundesrepublik und arbeitete fortan als Fluchthelfer. Einen versuchten Giftmordanschlag der Stasi in Israel überlebt er nur knapp. Zeitgleich verschwindet auch ein derzeitiger Freund und Welsch hält ihn für tot. Die Zusammenhänge erfährt Wolfgang Welsch erst Jahre später, er stellt Strafanzeige und trifft den tot geglaubten Freund vor Gericht wieder.
Und hier die Timeline von dem Gespräch:
1:00 die “dunklen Stunden” in der Biographie: Scheinhinrichtung während der Haft, Attentate
3:00 erste Flugblätter nach dem Mauerbau
7:30 Fluchtwunsch
12:00 Vorbild “Weiße Rose”, politisches Bewusstsein
14:00 Der Begriff “Widerstand”
18:00 Folter während der Haft und in der Gegenwart
23:00 Bewertung der Situation von Flüchtlingen heute
28:00 erneute Haft wegen “Hochverrat”; Kontakt nach außen
32:00 Kritik an Aufarbeitung, nachträgliche Konstruktion einer DDR-Opposition
40:00 Giftmordanschlag in Israel
43:00 Der Attentäter im Auftrag der Stasi
49:00 Verdachtsmomente
53:00 1990 Erstattung der Strafanzeige gegen Erich Mielke
56:00 Ermittlungen finden nicht statt
01:00:00 Exil wegen Morddrohungen; 1993: der Stern beginnt mit Recherchen
1:06:00 Begegnung mit dem Attentäter im Gerichtssaal
1:10:00 Vergebung und das Ende des Hasses
1:13:00 Fragebogen
Und hier gehts direkt zum MP3.
R.I.P. – heute: Google SideWiki
Mainzer Stadtbibliothek soll zerschlagen werden
Die Mainzer Stadtbibliothek ist eine der reichsten Altbestandsbibliotheken in kommunaler Trägerschaft mit großartigen Beständen zur Frühen Neuzeit. Pläne, ihre Bestände aufzuteilen, sorgen derzeit für Aufregung. Die Mainzer Bibliotheksgesellschaft hat eine Petition aufgesetzt: “Die Mainzer Wissenschaftliche Stadtbibliothek ist in akuter Gefahr! Bitte helfen Sie mit, dass die historisch gewachsene Sammlung von 670.000 Büchern nicht zerteilt wird, sondern als Ganzes in städtischer Trägerschaft erhalten bleibt. Bibliotheken sind nicht nur Büchersammlungen, sie sind Schatzhäuser des Geistes, Zeugen der Kultur einer Stadt und Region. Dies gilt seit 200 Jahren auch für die Mainzer Stadtbibliothek, die Nachfolgeeinrichtung der Bibliotheca Universitatis Moguntinae. Ihre historischen und regionalen Sammlungen bergen einzigartige Schätze vom 9. Jahrhundert bis heute. Seit 200 Jahren haben Privatpersonen und Institutionen, Vereine und Schulen, ihre Büchersammlungen der städtischen Bibliothek gestiftet oder testamentarisch hinterlassen. Sie haben sich mit der Bürgerbibliothek identifiziert. Auch heute engagieren sich Buchpaten aus allen Kreisen der Bevölkerung bei der Restaurierung von historischen Druckwerken der Stadtbibliothek, weil ihnen die Erhaltung des Kulturguts in dieser Stadt und für diese Stadt ein Anliegen ist. Will man den Zusammenhalt dieser gewachsenen Bürgerbibliothek, die den zweiten Weltkrieg im Wesentlichen überdauert hat, nun zerschlagen, so zerstört man die Bedeutung des Ganzen und nimmt den Bürgern einen Brennpunkt kultureller Identifikation. Nur wenn man das Ganze in den Blick nimmt, erhält man den Wert und die Gebrauchsfähigkeit der Mainzer Stadtbibliothek. Die Bibliothek muss auch in Zukunft eine lebendige Regionale Forschungsbibliothek sein”. Unterzeichnen kann man hier.