Vom Nationalsozialismus in die Bundesrepublik: Der Bildredakteur Willy Stiewe

Bildberichterstatter fotografieren Paul von Hindenburg anlässlich der Ausstellung „Die Kamera“ im November 1933

Visual History: ARCHIVSOMMER 2023
Die Erstveröffentlichung dieses Artikels erfolgte im Oktober 2014

 

Zur Person

Cover: Willy Stiewe, Der Krieg nach dem Kriege. Eine Bilderchronik aus Revolution und Inflation, Deutsche Rundschau, Berlin o. J. [1932]

Am 21. Juni 1900 geboren, wächst Willy Stiewe in Berlin auf und studiert nach dem Abitur für kurze Zeit Jura. Ab 1921 ist er in der Redaktion der eben vom Hackebeil-Verlag gegründeten Halbwochenzeitschrift „Große Berliner Illustrierte“ tätig, die 1924 in „Hackebeil’s Illustrierte“ umbenannt wird. Neben dieser Arbeit gibt er 1922 zunächst ein Liederbuch heraus, dem 1924 unter dem Titel Der Krieg nach dem Kriege: Eine Bilderchronik aus Revolution und Inflation ein erstes zeitgeschichtliches Fotobuch folgt.

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Quelle: https://visual-history.de/2023/08/08/vom-nationalsozialismus-in-die-bundesrepublik-der-bildredakteur-willy-stiewe/

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Buchtipp: Linke amerikanischer Generationenroman

9783608501162“Das zentrale Motiv von Jonathan Lethems linksradikaler Familiensaga ist die ständige Trennung der einzelnen Familienmitglieder, ganz so wie sich die Linken in ihren Gruppierungen und Parteien weltweit ständig streiten und spalten. Aber ebenso gibt es eine nicht aufkündbare Verbindlichkeit und Kontinuität – in der Linken ebenso wie in der Familie Zimmer.” Jonathan Lethem führt die Leser_in in seinem Roman »Der Garten der Dissidenten« von den Kommunisten der 30er Jahre bis hin zu Occupy. Florian Schmid hat das Buch (Verlagswebsite) im ND rezensiert. Zur Buchbesprechung der “komplexe(n) historische(n) Aufarbeitung linker Geschichte” (Schmid) bitte hier entlang.


Einsortiert unter:Biographie, Erfahrungen, Erinnerung, Geschichte

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/03/18/buchtipp-linke-amerikanischer-generationenroman/

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Buchtipp: Linke amerikanischer Generationenroman

9783608501162“Das zentrale Motiv von Jonathan Lethems linksradikaler Familiensaga ist die ständige Trennung der einzelnen Familienmitglieder, ganz so wie sich die Linken in ihren Gruppierungen und Parteien weltweit ständig streiten und spalten. Aber ebenso gibt es eine nicht aufkündbare Verbindlichkeit und Kontinuität – in der Linken ebenso wie in der Familie Zimmer.” Jonathan Lethem führt die Leser_in in seinem Roman »Der Garten der Dissidenten« von den Kommunisten der 30er Jahre bis hin zu Occupy. Florian Schmid hat das Buch (Verlagswebsite) im ND rezensiert. Zur Buchbesprechung der “komplexe(n) historische(n) Aufarbeitung linker Geschichte” (Schmid) bitte hier entlang.


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Zum Tod von Stuart Hall (1932-2014)

Stuart Hall (1932-2014), Quelle: Wikimedia Commons

Gestern starb Stuart Hall, Medienwissenschaftler, postkolonialer Kulturkritiker, Historiker und Anti-Rassismus-Aktivist im Alter von 82 Jahren. Der Guardian veröffentlichte einen ausführlichen Nachruf plus einer Reihe von älteren Beiträgen und Interviews.

Neben einer Liste seiner Werke finden sich auf der englischen Wikipedia Links zu Interviews und Videomitschnitten seiner Vorlesungen.


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/02/11/zum-tod-von-stuart-hall-1932-2014/

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Zum Tod von Stuart Hall (1932-2014)

Stuart Hall (1932-2014), Quelle: Wikimedia Commons

Gestern starb Stuart Hall, Medienwissenschaftler, postkolonialer Kulturkritiker, Historiker und Anti-Rassismus-Aktivist im Alter von 82 Jahren. Der Guardian veröffentlichte einen ausführlichen Nachruf plus einer Reihe von älteren Beiträgen und Interviews.

Neben einer Liste seiner Werke finden sich auf der englischen Wikipedia Links zu Interviews und Videomitschnitten seiner Vorlesungen.


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Was bleibt? Die kommunistische Verfolgung von Kommunistinnen und Kommunisten und der Fall Walter Janka

Langfassung eines Vortrags von Michael Brie zur Eröffnung der Konferenz «Walter Janka zum 100. Geburtstag» (18.1.2014, Berlin, Theater Aufbau Kreuzberg).

In seiner Sitzung vom 18. bis 20. Oktober 2013 hat der Parteivorstand der Partei DIE LINKE mit Mehrheit einen Beschluss unter dem Titel „Gedenktafel am Karl-Liebknecht-Haus“ gefasst. Der erste Punkt des Beschlusses lautet: „Im Gedenken an die Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die dem großen Terror in der Sowjetunion zum Opfer fielen, wird am Berliner Karl-Liebknecht-Haus eine Gedenktafel angebracht. Die Inschrift lautet: ‚Ehrendes Gedenken an Tausende deutsche Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die in der Sowjetunion zwischen den 1930er und 1950er Jahren willkürlich verfolgt, entrechtet, in Straflager deportiert, auf Jahrzehnte verbannt und ermordet wurden.‘“ Sie befindet sich an der gleichen Außenwand, an der noch zu Zeiten der DDR folgende Tafel angebracht wurde: „Ernst Thälmann, der Führer der deutschen Arbeiterklasse, der heldenhafte Kämpfer gegen Faschismus und Krieg, arbeitete in diesem Haus“.

So unterschiedlich die Reaktionen auf diesen Beschluss waren bezogen auf Formulierung und auf Ort des Gedenkens, so gibt es doch einen Konsens unter jenen, die sich in der Partei DIE LINKE zu Worte meldeten: Dieses Gedenken tut not. Und es ist ein besonders schmerzvolles Gedenken, weil es so lange, gerade in der DDR, in der SED so ungeheuer schwer war, der durch die Sowjetunion und nicht selten unter Mithilfe von KPD, SED und Organen der DDR verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten zu gedenken, ohne dem Vorwurf ausgesetzt zu werden, Nationalsozialismus und sowjetischen Kommunismus gleichzusetzen. Erst 1989 begann sich das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED mit dem Schicksal jener zu beschäftigen, die oft im Auftrag der KPD oder durch sie gewonnen, in die Sowjetunion gegangen waren und dort Opfer des stalinistischen Terrors wurden. Kommunistische Opfer des Kommunismus gab es aber auch in der DDR selbst.

Niemals hat eine politische Bewegung in so kurzer Zeit so viele Menschen in ihren Bann gezogen und so viele Gesellschaften nach ihrem Bilde geformt, wie der von Lenin begründete Parteikommunismus des 20. Jahrhunderts. Und niemals zuvor wurden so viele Anhänger einer solchen Bewegung von deren Führern und ihren Apparaten unterdrückt, verfolgt, eingekerkert und ermordet wie in jener Zeit, die mit dem Stalinismus (und auch Maoismus) verbunden wird. Wie Christa Wolf im Herbst 1989 bei der Lesung von Walter Jankas „Schwierigkeiten mit der Wahrheit“ im Deutschen Theater sagte: „Zum erstenmal wird öffentlich und so radikal wie möglich jenes Grundübel zur Sprache kommen, aus dem über Jahrzehnte hin fast alle anderen Übel des Staates DDR hervorgegangen sind: der Stalinismus.“[1] Die Größe und das Elend des Parteikommunismus sind weltgeschichtlich beispiellos. Er ist von einer einmaligen Tragik geprägt.

Der ganze Beitrag ist hier online und hier als PDF zugänglich.

Michael Brie ist Mitarbeiter des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa Luxemburg Stiftung.


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/01/21/was-bleibt-die-kommunistische-verfolgung-von-kommunistinnen-und-kommunisten-und-der-fall-walter-janka/

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Was bleibt? Die kommunistische Verfolgung von Kommunistinnen und Kommunisten und der Fall Walter Janka

Langfassung eines Vortrags von Michael Brie zur Eröffnung der Konferenz «Walter Janka zum 100. Geburtstag» (18.1.2014, Berlin, Theater Aufbau Kreuzberg).

In seiner Sitzung vom 18. bis 20. Oktober 2013 hat der Parteivorstand der Partei DIE LINKE mit Mehrheit einen Beschluss unter dem Titel „Gedenktafel am Karl-Liebknecht-Haus“ gefasst. Der erste Punkt des Beschlusses lautet: „Im Gedenken an die Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die dem großen Terror in der Sowjetunion zum Opfer fielen, wird am Berliner Karl-Liebknecht-Haus eine Gedenktafel angebracht. Die Inschrift lautet: ‚Ehrendes Gedenken an Tausende deutsche Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die in der Sowjetunion zwischen den 1930er und 1950er Jahren willkürlich verfolgt, entrechtet, in Straflager deportiert, auf Jahrzehnte verbannt und ermordet wurden.‘“ Sie befindet sich an der gleichen Außenwand, an der noch zu Zeiten der DDR folgende Tafel angebracht wurde: „Ernst Thälmann, der Führer der deutschen Arbeiterklasse, der heldenhafte Kämpfer gegen Faschismus und Krieg, arbeitete in diesem Haus“.

So unterschiedlich die Reaktionen auf diesen Beschluss waren bezogen auf Formulierung und auf Ort des Gedenkens, so gibt es doch einen Konsens unter jenen, die sich in der Partei DIE LINKE zu Worte meldeten: Dieses Gedenken tut not. Und es ist ein besonders schmerzvolles Gedenken, weil es so lange, gerade in der DDR, in der SED so ungeheuer schwer war, der durch die Sowjetunion und nicht selten unter Mithilfe von KPD, SED und Organen der DDR verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten zu gedenken, ohne dem Vorwurf ausgesetzt zu werden, Nationalsozialismus und sowjetischen Kommunismus gleichzusetzen. Erst 1989 begann sich das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED mit dem Schicksal jener zu beschäftigen, die oft im Auftrag der KPD oder durch sie gewonnen, in die Sowjetunion gegangen waren und dort Opfer des stalinistischen Terrors wurden. Kommunistische Opfer des Kommunismus gab es aber auch in der DDR selbst.

Niemals hat eine politische Bewegung in so kurzer Zeit so viele Menschen in ihren Bann gezogen und so viele Gesellschaften nach ihrem Bilde geformt, wie der von Lenin begründete Parteikommunismus des 20. Jahrhunderts. Und niemals zuvor wurden so viele Anhänger einer solchen Bewegung von deren Führern und ihren Apparaten unterdrückt, verfolgt, eingekerkert und ermordet wie in jener Zeit, die mit dem Stalinismus (und auch Maoismus) verbunden wird. Wie Christa Wolf im Herbst 1989 bei der Lesung von Walter Jankas „Schwierigkeiten mit der Wahrheit“ im Deutschen Theater sagte: „Zum erstenmal wird öffentlich und so radikal wie möglich jenes Grundübel zur Sprache kommen, aus dem über Jahrzehnte hin fast alle anderen Übel des Staates DDR hervorgegangen sind: der Stalinismus.“[1] Die Größe und das Elend des Parteikommunismus sind weltgeschichtlich beispiellos. Er ist von einer einmaligen Tragik geprägt.

Der ganze Beitrag ist hier online und hier als PDF zugänglich.

Michael Brie ist Mitarbeiter des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa Luxemburg Stiftung.


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Das Leben einer Kaiserin im Film: Wu Zetian 武則天 (1939/1949/1963)

Die Kaiserin Wu – eigentlich  Wǔ Zétiān 武則天 (625-705, Wǔ Zhào 武曌 690-705) ist eine der umstrittenen Persönlichkeiten der chinesischen Geschichte – und eine, die immer wieder in der Literatur und in Filmen thematisiert wird.

Wǔ Mèiniáng 武媚娘 war die Tochter eines Kaufmanns, die 637 als Konkubine an den kaiserlichen Hof des Tang Taizong kam. Sie wurde Konkubine des Kronprinzen, des späteren Tang Gaozong. Durch Intirgen und Mordkomplotte beseitigte sie ihre Gegner, um zur Haupfrau aufzusteigen. Nach dem Tod des Kaisers, den sie selbst über Jahre vergiftet hatte, kam einer ihrer Söhne auf den Thron – denn Frauen können nicht das ‘Mandat des Himmels’ empfangen.
Nach mehreren Revolten, die niedergeschlagen wurden, setzte sie sich 690 mit Hilfe buddhistischer Mönche selbst als Wǔ Zhào 武曌 auf den Thron. Ihre Herrschaft war ein ständiger Kampf gegen mögliche Konkurrenten. Durch Krankheit geschwächt, konnte sie ihre Gegner nicht mehr bekämpfen – und wurde Opfer einer Palastintrige der Ex-Kaiserin Wei, der Ehefrau des Zhongzong). Die Regierung der Wǔ Zhào 武曌 war geprägt von  ausgedehnter territorialer Expansiongroßer territorialer Expansion – einerseits nach Zentralasien, andererseits wurde der nördliche Teil der koreanischen Halbinsel Teil Chinas.

Wǔ Zétiān 武則天 wurde in chinesischen Chroniken in einem stark negativen Licht dargestellt. Jüngere Forschungen zeichnen jedoch ein differenierteres Bild.[1]

Empress Wu (1939)

Empress Wu (1939) | Internet Archive

Das Leben der Wǔ Zétiān 武則天 ist Thema zahlreicher Romane chinesischer und westlicher Autorinnen und Autoren,[2] sowie zahlreicher chinesischer  Fernsehserien und Filme.

Der wohl erste dieser Filme entstand 1939: Wǔ Zétiān 武則天 (1939) von Regisseur Fāng Pèilín 方沛霖 mit Violet Koo (Gù Lánjūn  顾蘭君, 1917–1989) in der Titelrolle.
Der Film zeichnet den Weg der Wǔ Zétiān 武則天 von der Konkubine zur Herrscherin nach. Der Film, der im von Japan besetzten Shanghai entstand, war für das Publikum in den von Japan kontrollierten Teilen Chinas bestimmt.[3]

Süäter entstanden zwei weitere Filme mit dem Titel Wǔ Zétiān 武則天 : 1949 der Streifen Wǔ Zétiān 武則天 ["Empress Wu Zetian" mit  Hung Sau-man [kǒng Xiùyún 孔繡雲]) in der Hauptrolle[4] und 1963 Wǔ Zétiān 武則天 ["The Empress Wu Tse-tien"] aus der Produktion des Shaw Brothers Studio mit Li Li-hua [Lǐ Lìhuá 李麗華] in der Titelrolle[5].

  1. S. Dora Shu-Fang Dien, Empress Wu Zetian in Fiction and in History: Female Defiance in Confucian China. (Hauppauge [NY]: Nova Science Publishers, 2003).
  2. U.a.: José Frèches: L‘impératrice de la soie. I La Toit du Monde, II Les Yeux de Buddha, III: L’Usurpatrice (2003), dt. Die Seidenstraße. I. Die Händlerin, II. Die Färberin, III. Die Herrscherin (2003), Shan Sa, Impératrice (2003),  Lin Yutang: Lady Wu. A true story(1957).
  3. Kinnia Shuk-ting Yau: Japanese and Hong Kong film industries : understanding the origins of East Asian film networks (=  Routledge studies in the modern history of Asia, 57; London/New York, N.Y.: Routledge 2010), 20.
  4. “武則天 (1949)” in der Hong Kong Movie Database.
  5. Wǔ Zétiān 武則天 ["The Empress Wu Tse-tien"] in der Internet Movie Database.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1188

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Gedenktafel für Stalinismusopfer am Haus der Parteizentrale DIE LINKE

Erklärung von Inge Münz-Koenen und Wladislaw Hedeler zum Beschluss des Bundesvorstandes der LINKEN über die Gedenktafel für Stalinismus-Opfer am Karl-Liebknecht-Haus:

Am Freitag, dem 18. Oktober 2013 beschloss der Parteivorstand der LINKEN, dem seit 13. Dezember 2010 vorliegenden Antrag des “Arbeitskreises zum Gedenken an die in der sowjetischen Emigration verfolgten, deportierten und ermordeten Antifaschisten” unter dem Dach der Berliner VVN-BdA für eine Gedenktafel an der Fassade des Karl-Liebknecht-Hauses zuzustimmen. In den Jahren zuvor hatte dieser Vorschlag immer wieder zu Kontroversen innerhalb der Linkspartei geführt. Die Tafel soll die Inschrift tragen:

„Ehrendes Gedenken an Tausende deutsche Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die in der Sowjetunion zwischen den 1930er und 1950er Jahren willkürlich verfolgt, entrechtet, in Straflager deportiert, auf Jahrzehnte verbannt und ermordet wurden”

Mitglieder des Arbeitskreises, der seit 2008 besteht, sind ehemalige Sowjetemigranten und deren Nachkommen sowie international ausgewiesene HistorikerInnen mit dem Schwerpunkt Kommunismusforschung.
Eltern, Geschwister und Großeltern der Initiatoren gehörten zu den Tausenden deutschen Antifaschisten, die seit 1933 in die Sowjetunion emigrierten oder schon vorher dem Ruf der Komintern bzw. der sowjetischen Regierung gefolgt waren, ihre Kräfte in den Dienst der kommunistischen Bewegung und des sozialistischen Aufbaus zu stellen. Sie entgingen der Verhaftung durch die Gestapo, gerieten aber ab Mitte der 1930er Jahre völlig unverschuldet in die Fänge des NKWD. Die Ergebnisse historischer Forschung über diese doppelte Verfolgung belegen, dass unter den Millionen Opfern, die der Große Terror in der Sowjetunion forderte, mehrere Tausend Deutsche waren, vor allem Mitglieder der KPD.
In einer ersten Erhebung aus dem Jahre 1991 war von über 1.000 Erschossenen die Rede, die dem Großen Terror zum Opfer gefallen sind. Im Zuge der Öffnung der sowjetischen bzw. russischen Archive konnten diese, bis auf den heutigen Tag nicht abgeschlossenen Recherchen, weitergeführt werden. Wir kennen gegenwärtig die Namen, Lebens- und Sterbedaten von exakt 7.858 Deutschen, die sich in den 1930er Jahren in der Sowjetunion aufgehalten haben. Die mit Archivdokumenten belegte Anzahl der Zurückgekehrten beläuft sich auf rund 1.400 Remigranten, die in der Sowjetunion geborenen Kinder eingeschlossen.
Der Antrag auf eine Ehrentafel am Karl-Liebknecht-Haus war im Ergebnis der vom Arbeitskreis initiierten Tagung „Das verordnete Schweigen. Deutsche Antifaschisten im sowjetischen Exil“ (Berlin 2010) entstanden. Ergebnis der zweiten Tagung „Nach dem Schweigen. Erinnerungsorte, Gedenkbücher, Opferlisten des sowjetischen Exils “ (Berlin 2011) mit Beteiligung russischer Forscher war die Konzeption einer zweisprachigen Ausstellung (deutsch und russisch) mit dem Titel „’Ich kam als Gast in euer Land gereist …’ Deutsche Hitlergegner als Opfer des Stalinterrors. Familienschicksale 1933-1956Link zur Buchpublikation). Sie wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand gefördert und im Frühjahr 2013 in Moskau und Berlin eröffnet. Im Juli 2012, zum 75 Jahrestag der “Deutschen Operation des NKWD“ haben wir auf einer öffentlichen Namenlesung der 1937 in der Sowjetunion erschossenen deutschen Emigranten gedacht. Die Ausstellung ist auf ihrer Wanderschaft durch Deutschland zur Zeit in Meiningen zu sehen. Ihr russisches Double wird am 30. Oktober, aus Kasachstan kommend, in Novosibirsk eröffnet. Nächste Stationen im Ausland sind das Europa-Parlament in Brüssel und das Heinrich-Heine-Haus in Paris.
In den lebhaften Reaktionen auf die Ausstellung kommt immer wieder die Praxis des jahrzehntelangen Verschweigens und Verdrängens stalinistischer Verbrechen zur Sprache, die auch nach dem Sieg über Hitlerdeutschland ihre Fortsetzung fand. Als besonders eindringlich wird die kaum vorstellbare Tragik dieser Familienschicksale empfunden. Eine große Anzahl von Politemigranten wurde von Sondertribunalen willkürlich zu Konterrevolutionären und Spionen erklärt, gefoltert und erschossen. Die Toten wurden in Massengräbern verscharrt, von denen viele unauffindbar sind. Ihre Angehörigen haben bis auf den heutigen Tag keinen Ort, an dem sie ihrer Verwandten gedenken können. Andere Emigranten wurden zu hohen, teilweise mehrfachen Strafen in Gulags verurteilt. Viele starben dort an Entkräftung infolge von Mangelernährung bei grotesk überhöhten Arbeitsnormen. Für Überlebende folgte auf die Haft in Gefängnissen und Lagern die Verbannung „auf ewig”, d. h. ohne Aussicht, jemals zu ihren Familien zurückkehren zu können. Wieder andere wurden an die Gestapo ausgeliefert und kamen in deutsche Konzentrationslager.
Tausende deutsche Emigranten und ihre Angehörigen erlitten in der Sowjetunion das gleiche Schicksal wie Millionen Staatsbürger russischer und anderer Nationalität. Viele der Deutschen überlebten den staatlich sanktionierten Terror, Haft und Verbannung nur Dank der Solidarität ihrer sowjetischen Leidensgefährten. In den sowjetischen Lagern trafen sie auch auf Landsleute – politische Gefangene, die nach dem Einmarsch der Roten Armee in Deutschland verhaftet und verurteilt worden waren. Allein in Russland (auf dem Territorium der ehemaligen RSFSR) gibt es heute 256 solcher Gedenkorte.
Nach 1945 verwehrten die sowjetischen und die DDR-Behörden überlebenden Emigranten die Rückkehr in die Heimat. Viele von ihnen konnten erst in den Jahren 1955 bis 1959 in die DDR kommen. Den Zurückgekehrten wurde von der SED-Führung auferlegt, über die Repressionen zu schweigen. Eine Rehabilitierung erfolgte oft nur halbherzig, verklausuliert oder gar nicht. Erst nach dem Zusammenbruch der DDR wurde das wahre Ausmaß der damals begangenen Verbrechen öffentlich.
Der Arbeitskreis ist der Meinung, dass das Karl-Liebknecht-Haus, in dem von 1926 bis 1933 das Zentralkomitee der KPD seinen Sitz hatte, der angemessene Ort für eine solche längst überfällige Würdigung ist. Dort haben Kommunisten gearbeitet, die im Auftrag der Parteiführung nach Moskau gegangen sind und in der Sowjetunion ermordet wurden. Das Haus war die Arbeitsstätte jener Mitglieder der KPD-Spitze, die dem Stalinterror entgangen sind und die nach 1945 als führende SED-Funktionäre das Verschweigen und Vergessen mit zu verantworten haben.

Dr. Inge Münz-Koenen; Dr. Wladislaw Hedeler

Quelle: www.memoreal37.wordpress.com. Blog zum Gedenken an die während des Stalinismus verfolgten und ermordeten AntifaschistInnen.


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/10/21/gedenktafel-fur-stalinismusopfer-am-haus-der-parteizentrale-die-linke/

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Erinnerungen eines anarchistischen Auswanderers (Rezension)

kniestedt-erinnerungen-umschlag_seite_1(Von Philippe Kellermann) Manch einer – vor allem in Ländern ohne größere anarchistische Tradition – kam eher zufällig zum Anarchismus: „Nach dem Verfahren“, so der us-amerikanische Anarchosyndikalist Sam Dolgoff rückblickend zu seinem Ausschluss aus der Socialist Party,

kam einer der Beteiligten zu mir und sagte: ‚Weißt du, du bist gar nicht so übel. Du hast dich soweit ziemlich gut verteidigt, auch wenn dein Fall hoffnungslos ist. Ich gebe dir einen Tipp. Du bist kein Sozialist. Du bist ein Anarchist.’ Also fragte ich ihn: ‚Wo kann ich die finden?’

In gewisser Weise ähnlich erging es dem Anarchisten Friedrich Kniestedt (1873-1947), der in seinen nun im „Verlag Barrikade“ veröffentlichten Erinnerungen berichtet, wie er im Laufe einer Diskussion aus einem sozialdemokratisch dominierten Arbeiterbildungsverein mit dem Hinweis verwiesen wurde, er sei Anarchist – und kommentiert:

Einige der Anwesenden verließen mit mir das Lokal. Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass ich damals noch nicht Anarchist war, wusste nun aber, dass ein Mensch, welcher für die Opfer der Tyrannei eintrat, unbedingt ein Anarchist sein musste. (S.16)

Das deutsche Kaiserreich, in dem sich diese Geschichte zutrug, war tatsächlich alles andere als bekannt für seinen einflussreichen Anarchismus. Vielmehr war es eines jener Länder, sogar das Land, in dem sich der Marxismus festigen und durch die numerischen Erfolge der Sozialdemokratie in alle Welt ausstrahlen konnte. Auch Kniestedts Biografie macht dies deutlich und so sehen wir ihn zu Beginn seines politischen Werdegangs im Umkreis sozialdemokratischer Organisationen, denn, wenngleich sein „Verhältnis zur Sozialdemokratischen Partei immer ein recht sonderbares“ gewesen sei (S.25), habe gegolten:

Ich hatte innerlich mit der Sozialdemokratie gebrochen, eigentlich gehörte ich nie zu ihr. Aber ich musste ein Betätigungsfeld haben; und dann diese Menschen, welche gleich mir im Elend geboren, im Elend und der Lüge erzogen, mit allen Fasern ihres Gemüts und Gefühls zur Freiheit strebten und glaubten, durch die Sozialdemokratie den Sozialismus und die Freiheit erringen, erkämpfen zu können – das war der Grund, warum ich nicht schon damals offen mit der sozialdemokratischen Partei brach. Ich muss gestehen, dass aber auch der Glaube, dass es doch noch möglich sein würde, die sozialdemokratische Partei von innen heraus zu revolutionieren, mich zu ihr hielt. Eine Illusion, an der schon unzählige Kämpfer zu Grunde gegangen sind. (S.31)

Die Sozialdemokratie greift er in seinen Erinnerungen heftig an, nicht zuletzt, weil sie in keiner Weise gewillt war, anarchistische Aktivitäten zu tolerieren. So berichtet er im Kontext der Einberufung eines landesweiten Anarchistenkongresses 1907:

Die Sozialdemokraten befolgten erst die Taktik des Totschweigens. Als aber die sogenannte Generalanzeiger-Presse die Vorbereitungen breit behandelte, musste man aus der Reserve heraus. Dann begann ein schmutziger Kampf, wie er eben nur von dieser Seite geführt werden konnte. Die Massen sollten gegen uns rebellisch gemacht werden, es waren das dieselben Mittel, die später von den Nazis gegen die Marxisten angewandt wurden und noch heute angewandt werden. Überhaupt, wer so wie ich, Jahrzehnte in der Opposition gegen den Marxismus gestanden hat, für den ist (…) alles, was die Nazis gegen ihre Gegner anwenden, absolut nichts Neues. Nein, auch hier gilt das Sprichwort: ‚Alles ist schon dagewesen.’ Die Nazis haben von ihren Vätern gelernt. Die Herren Demokraten, vor allem ihre ‚roten Brüder’, haben den jetzigen Demagogen nicht nur die Steigbügel gehalten, nein, sie haben ihnen gelehrt [sic!], wie man es macht. (S.60)

Wie stark allerdings die Verbindung zur Sozialdemokratie gewesen sein muss oder: wie komplex das innere Leben in dieser sich darstellte, wird noch aus Kniestedts Bemerkung deutlich, wenn er mit Respekt von den „links eingestellten Sozialdemokraten der alten Schule“ (S.44) spricht.

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/10/20/erinnerungen-eines-anarchistischen-auswanderers-rezension/

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