Korruption hat eine lange Geschichte. Auch im kaiserlichen China war sie “von jeher ein Bestandteil des öffentlichen Lebens.”[1]
Die Ursache für diese – hier sehr drastisch formulierte – Erscheinung war aufs engste mit dem Besoldungsschema der unteren Ebenen des Beamtenapparates verknüpft:
Das offizielle Gehalt insbesondere der Lokalbeamten, die den Zusammenhalt des Reiches auf unterster Ebene gewährleisteten, war gering. Zum Besoldungssystem gehörten daher mannigfache Formen der Bereicherung, die in westlichen Augen gemeinhin als Korruption erscheinen. Dies wird indessen der Tradition nicht gerecht, in der die ungeschriebene Regel galt, daß ein Beamtenneuling wenigstens drei nachfolgende Generationen seiner Familie versorgen mußte.“[2].
Bereits im 17. Jahrhundert, also in den ersten Jahrzehnten ihrer Herrschaft über China, sah sich auch die Qing-Dynastie mit diesem Problem konfrontiert. Zur Eindämmung der offenbar verbreiteten Korruption verfügte der Kangxi-Kaiser (r. 1662-1722) Gehaltserhöhungen. Damit war das Problem jedoch keineswegs gelöst. Seinem Sohn und Nachfolger, dem Yongzheng-Kaiser (r. 1723-1735), erschein ein Zuschlag für “die “Erhaltung der Redlichkeit” beziehungsweise ein Anreiz für die “Pflege der Unbestechlichkeit” (yanglian fei 養廉費)[3] als das probate Mittel – damit verknüpft war die Botschaft “sauber und unkorrumpiert” (qinglian 清廉)[4]. Doch auch dadurch war keine Garantie für eine “saubere” Verwaltung gegeben.
Das letzte Viertel des 18. Jahrhunderts brachte den rasanten Aufstieg von Heshen 和珅 (1750-1799). Innerhalb eines einzigen Jahres wurde aus einem einfachen Angehörigen der kaiserlichen Leibgarde ein Mitglied des Groß- beziehungsweise Staatsrates (junjichu 軍機處).[5]
Heshen is notorious as one of the most corrupt officials in Chinese history: a treacherous villain who abused his authority to illegally accumulate an unbelievable amount of wealth, who committed a long list of atrocities against honest officials and ordinary people, and who led the Qing empire from its zenith to its decline.[6]
Grundlage dafür war eine “senil-schwachsinnige Neigung” des Qianlong-Kaisers (r. 1735/36-1796) zu Heshen, der “das Reich systematisch auszubeuten begann.”[7]. Auch nach der Abdankung des Qianlong-Kaisers (1796) konnte Heshen seinen korrupten Machenschaften weiter nachgehen. Im Februar 1799 folgte jedoch das Ende: nach dem Tod des Qianlong-Kaisers ordnete dessen Sohn und Nachfolger, der Jiaqing-Kaiser (r. 1796-1820)[8] an, dass das Vermögen Heshens eingezogen werde und Heshen Selbstmord zu begehen habe.[9]
- Oskar Weggel: Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert (Stuttgart 1989) 101. – Zum Thema vgl. auch Brunhild Staiger, Hans-Wilm Schütte, Stefan Friedrich (Hg.): Das große China-Lexikon (Darmstadt 2003) 401 f. (“Korruption”, Thomas Heberer).
- Wolfgang Bartke: Die großen Chinesen der Gegenwart (Frankfurt 1985) 324 (“Gentry”).
- Vgl. Charles O. Hucker: A Dictionary of Official Titles in Imperial China (Stanford 1985), 96. Jacques Gernet: Die chinesische Welt (Frankfurt a. M., 1988), 401 – Vgl. auch Grand Dictionnaire Ricci, Bd. 6, S. 759 (Nr. 12490).
- Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 30.
- Vgl. dazu zuletzt Wook Yoon: “Prosperity with the Help of ‘Villains,’ 1776-1799: A Review of the Heshen Clique and Its Era”, T’oung Pao 98 (2012) 479-527.
- Ebd., 480.
- John King Fairbank: Geschichte des modernen China 1800-1985 (München 1989) 48 f.
- Zum Tod des Jiaqing-Kaisers aus “westlicher” Sicht vgl. Monika Lehner/mind the gap(s): China-News: Der Tod des Jiaqing-Kaisers (1820) in österreichischen Zeitungen.
- Jonathan Spence: The Search for Modern China (New York 1999) 116.
Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1027