Sklaven- und Dreieckshandel in skandinavischer Literatur, Kunst und Erinnerungskultur | Teil 3: Erinnerungsorte I


Erinnerungsorte I: Straßen in die Vergangenheit

Geschichte ist sichtbar. Im Stadtbild, in kulturellen Erzeugnissen und in Waren, die wie selbstverständlich zum Alltag gehören, deren Ursprung aber weit von Deutschland und Skandinavien entfernt liegt.

In den Städten mit langer Handelstradition wie Flensburg oder Kopenhagen ist die koloniale Vergangenheit allgegenwärtig. Auf unserer Exkursion haben wir uns nicht nur mit der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und ihrer unbestreitbar wichtigen Rolle für die kolonialen Bestrebungen Dänemarks auseinander gesetzt, sondern auch mit der damals ebenfalls zu Dänemark gehörenden Stadt Flensburg. Zwei dänische Städte, die am Dreieckshandel maßgeblich beteiligt waren. Der direkte Vergleich macht uns neugierig: Welche Besonderheiten prägen noch heute die Stadtbilder der beiden Städte?

Der Westindienspeicher in Flensburg. CC-BY Karina Henschel

Der Westindienspeicher in Flensburg.
CC-BY Lill-Ann Körber



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Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2938

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Sklaven- und Dreieckshandel in skandinavischer Literatur, Kunst und Erinnerungskultur | Teil 2: Geschichte

Was hat es eigentlich mit dem Dreieckshandel auf sich? Welche Rolle spielte darin der Sklavenhandel? Und in welcher Weise war Dänemark daran beteiligt? Neben theoretischen Ansätzen beschäftigen wir uns vor der Abreise nach Flensburg und Kopenhagen auch mit den historischen Zusammenhängen, Orten und Begrifflichkeiten. Diese gilt es zu klären, bevor wir uns mit den sich darauf beziehenden Spuren, Repräsentationen und Reflexionen auseinandersetzen können.

Mit dem Begriff des Dreieckshandels wird schematisch ein zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert bestehender Wirtschaftskreislauf zwischen Europa, Westafrika, der Karibik und den Amerikas beschrieben. Europäische Reeder schickten mit Schießwaffen, Munition, Alkohol und Textilien beladene Schiffe nach Westafrika.

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Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2933

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Sklaven- und Dreieckshandel in skandinavischer Literatur, Kunst und Erinnerungskultur | Teil 1: Prolog

Die „Rum- und Zuckermeile“ in Flensburg, Kaufmannshäuser in Kopenhagen oder der Straßenname „Kongens gade“ in der Stadt Charlotte Amalie auf der Insel St. Thomas, die zu den heutigen US Virgin Islands gehört, sind sichtbare Spuren des skandinavischen Transatlantikhandels. Spuren, die Fragen aufwerfen: Welche Verbindungen Skandinaviens gab es zum sogenannten Dreieckshandel des 16.–19. Jahrhunderts, und welche gibt es heute?

In einem Seminar im Rahmen des Masterstudiengangs Skandinavistik/Nordeuropastudien am Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin sind wir diesen Fragen nachgegangen. Paul Gilroys einflussreiche Studie The Black Atlantic. Modernity and Double Consciousness (1993) hat uns dabei einen theoretischen und methodischen Ausgangspunkt geboten. Das Konzept des „Schwarzen Atlantiks“ beschreibt einen Kulturraum, der im Zuge des kolonialen Sklavenhandels zwischen Europa, Afrika und den Amerikas entstanden ist.

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Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2935

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“1864”: Krieg im dänischen Fernsehen

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren war 2014 ein omnipräsentes Thema in den deutschen Medien. Dass sich ein anderer Krieg im gleichen Jahr zum 150. Mal jährte, fiel weitgehend historischer Amnesie anheim: der Zweite Schleswigsche Krieg von 1864, der erste der drei Bismarck’schen Einigungskriege. In Dänemark hingegen fehlte es – ebenso vorhersehbar – nicht an Ausstellungen, Erinnerungsveranstaltungen und Publikationen über diesen wahrscheinlich wichtigsten dänischen Krieg der letzten Jahrhunderte. Das Königreich Dänemark verlor beim Friedensschluss zwei Fünftel seines Gebietes, so dass die Südgrenze bis zur Volksabstimmung 1920 an der Königsau verlief. 1864 markiert in der dänischen Geschichte das Ende des jahrhundertealten multiethnischen Gesamtstaates und die Verwandlung in einen Nationalstaat (wenn man großzügig von den Färöern, Grönländern, Isländern und Bewohnern der Westindischen Inseln absieht). Oder präziser: in den Torso eines Nationalstaates, mussten bis 1920 doch ca. 200.000 dänischgesinnte Schleswiger unter preußischer Oberhoheit leben.

Medialer Höhepunkt der dänischen Erinnerung an 1864 war die Ausstrahlung einer achtteiligen Serie mit dem schlichten Titel 1864.1 Die Erwartungen waren hoch: Mit Ole Bornedal war es gelungen, einen der profiliertesten und international bekanntesten dänischen Filmemacher als Verantwortlichen für Drehbuch wie Regie zu gewinnen. Zudem haben dänische Serien wie Forbrydelsen (Kommissarin Lund – Das Verbrechen), Borgen (Borgen – Gefährliche Seilschaften) oder Broen (Die Brücke – Transit in den Tod) in den letzten Jahren erfolgreich bewiesen, dass sie auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig sind. Nicht zuletzt verfügte 1864 über ein geradezu schwindelerregendes Budget von 173 Millionen dänischen Kronen, d.h. ca. 23 Millionen Euro.

Die Ausstrahlung der teuersten dänischen TV-Serie aller Zeiten sollte eigentlich ab April erfolgen, verzögerte sich jedoch mehrmals, als die Postproduktion sich länger als erwartet hinzog. Erst von Oktober bis November 2014 wurde 1864 in einstündigen Abschnitten im öffentlich-rechtlichen DR 1 ausgestrahlt, jeden Sonntagabend auf dem prime time-Sendeplatz um 20 Uhr. Geboten bekamen die Zuschauer keine filmische Auseinandersetzung mit den komplizierten politischen und diplomatischen Prozessen, die in den fatalen Krieg und Friedensschluss mündeten. Stattdessen konzentrierte sich Bornedal auf die Geschichte von fünf Hauptpersonen und deren Schicksal im Krieg. Die Inspiration für die Wahl einer Erzählperspektive, die sich vor allem auf den einfachen Soldaten und sein Umfeld richtet, holte er sich aus Tom Buk-Swientys Bestseller Slagtebænk Dybbøl von 2008, seit 2011 als Schlachtbank Düppel auch in deutscher Übersetzung erhältlich. Allerdings ist die Fernsehserie mitnichten eine Verfilmung von Slægtebank Dybbøl, das am adäquatesten wohl als eine historiographische Narration zu charakterisieren ist, die ostentativ ihr Emplotment reflektiert.2 Einige der Figuren der Serie haben zwar eine historische Entsprechung wie z.B. Karen Blixens Vater Wilhelm Dinesen, die auftretenden Könige, der dänische Konsejlspräsident Monrad, der preußische Ministerpräsident Bismarck, die Schauspielerin Johanne Louise Heiberg. Aber die wichtigsten Figuren des Filmes, an deren Schicksal der Zuschauer Anteil nehmen soll und aus deren Perspektive der Krieg hautnah erlebt wird, sind fiktionale Gestalten, Schöpfungen des Drehbuchautors Bornedal: die Brüder Laust und Peter, die Tochter des Gutsverwalters, Inge, in die die beiden verliebt sind, das Zigeunermädchen Sofia und schließlich Didrich, der kriegstraumatisierte Sohn des patriarchalen Barons.

Um oxymoronhaft historische Referenz wie Fiktionalität des Gezeigten gleichermaßen behaupten zu können, bedient sich Bornedal zudem einer seit Jahrhunderten erprobten Erzählstrategie: Als Erzählerstimme fungieren die Erinnerungen Inges, die diese kurz vor ihrem Tod niedergeschrieben hat (aparterweise in dänischer Rechtschreibung, die erst seit 1948 gilt) und die im Dänemark der Gegenwart von Claudia gelesen werden. Claudia ist eine jugendliche Rebellin mit einem schwierigen familiären Umfeld, deren Bruder in Afghanistan gefallen ist. Von der Sozialverwaltung wird sie zum greisen Baron Severin geschickt, um diesem zu helfen. Severin lässt sie Inges handschriftliche Erinnerungen vorlesen, und die endgültige Verknüpfung der beiden Erzählebenen – das Dänemark von 1864 und das Dänemark von heute – manifestiert sich schließlich in der Entdeckung, dass Severin der Enkel Inges ist und Claudia die Nachfahrin von Peter und Sofia.

1864 war, rein an den Zuschauerzahlen gemessen, durchaus ein Erfolg: Der erste Abschnitt wurde von knapp 1,7 Millionen Zuschauern gesehen, was einem Zuschaueranteil von 68% entspricht, der letzte Abschnitt immerhin noch von 1,17 Millionen, sprich von 46% der einschaltenden Zuschauer. Von solchen Quoten kann selbst die Institution des Tatort im deutschen Fernsehen nur entfernt träumen. Kaum vorzustellen auch, dass eine deutsche Fernsehserie so eine öffentliche Debatte hervorrufen könnte, wie dies bei 1864 in Dänemark der Fall war. U.a. betätigten sich gleich zwei Kulturminister, nämlich Per Stig Møller, Kulturminister von 2010–11, und die jetzige Amtsinhaberin Marianne Jelved als Rezensenten.3 Über einen Mangel an öffentlicher Aufmerksamkeit konnte sich Bornedal wahrhaftig nicht beklagen, aber bei aller Anerkennung für fast durchweg formidable Schauspielerleistungen und eine eindrucksvolle Kinematographie voll wuchtiger Bilder wurde doch mit Kritik nicht gespart. Die wenigsten Rezensenten mochten Ib Bondebjerg, seines Zeichens Professor für Medienwissenschaft an der Kopenhagener Universität, zustimmen, dass die populären dänischen Fernsehserien Matador (1978–81) und Krøniken (2004–07) mit 1864 einen würdigen modernen Nachfolger gefunden hätten.4 Henrik Palle resümierte noch prinzipiell wohlwollend in der linksliberalen Tageszeitung Politiken, dass die Dänen nicht „Zeuge eines grandiosen Fiaskos geworden seien, wie es das Schicksal der Dänen bei Düppel war, aber auch nicht Zeuge eines völlig überzeugenden Sieges, wie als wir viele Jahre später die Europameisterschaft im Fußball gewannen“.5 Andere Rezensenten ließen hingegen kaum ein gutes Haar an der Serie: Bornedal arbeite mit didaktischen Holzhammermethoden, um dem Zuschauer seine Moral und eine Verfälschung von Geschichte aufzudrängen, anstatt die historischen Geschehnisse zu vermitteln; Plot wie Repliken wiesen zahlreiche Schwächen auf; und überhaupt sei die Parallele, die implizit zwischen dem Krieg von 1864 und dem Afghanistan-Einsatz gezogen werde, politische Stimmungsmache, wenn nicht gar Manipulation.

Es ist verlockend, in den Rezensionen, nicht zuletzt auch in der Kritik der Serie durch Politiker wie der ehemaligen Vorsitzenden der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, Pia Kjærsgaard, die Fronten des Kulturkampfes in Dänemark nachzuzeichnen. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht, auch wenn die Kritik an DR 1 als vermeintlich ‚roter’ Sender nicht neu ist. So wurde z.B. auch den Machern von Borgen 2013 vorgeworfen, eine politische Agenda zu verfolgen, die zur Public-Service-Verpflichtung des Senders im Widerspruch stünde.6 Die Enttäuschung über die Serie und die hingebungsvoll bis kleinlich geführte Diskussion über Mängel an historischer Akkuratesse zeugen indes vor allem von einem nicht erfüllten Erwartungshorizont vieler Rezensenten. Denn 100 Millionen Kronen der Gesamtkosten der Serie von 173 Millionen stammten aus einer Sonderbewilligung des dänischen Parlamentes für „eine historische Dramaserie hoher Qualität, die den Dänen Wissen über wichtige Ereignisse in der Geschichte Dänemarks geben kann“, verabschiedet 2010 mit den Stimmen der liberalkonservativen Regierung mit Unterstützung der Dänischen Volkspartei. Diesen Anspruch erfüllt 1864 nun zweifelsohne nicht – hier ist dem Historiker Rasmus Glenthøj uneingeschränkt recht zu geben,7 der im Jubiläumsjahr mit einer eigenen Monographie zu den Ereignissen (1864. Sønner af de slagne) an die Öffentlichkeit getreten war.

Man könnte Bornedals Serie unter Hinweis auf die längst banale Einsicht jeglicher Forschung zum historischen Film wie historischen Roman verteidigen: dass ein historischer Film immer mehr Zeugnis von seiner Entstehungszeit ablegt als von der Zeit, die er zu behandeln vorgibt. Und dass er zuvörderst Film ist und erst in zweiter Reihe historiographischer Diskurs, weshalb es z.B. selbstverständlich legitim ist, mehrere historische Akteure in einer Figur dramatisch zu kondensieren. Der historische Film erschöpft sich nie in seiner historischen Referenz. Aber gerade dann muss man von ihm erwarten können, dass er als Film innovativ ist und ein ästhetisches Ganzes ergibt – und genau hier liegen die Schwächen der Serie.

1864 betritt als filmische Gestaltung des Krieges von 1864 Neuland, was indes angesichts der kargen Bilanz von über hundert Jahren filmischer Auseinandersetzung mit 1864 aus dänischer Perspektive (zwei kurze Stummfilme aus dem Jahr 1910, eine Verfilmung von Herman Bangs Roman Tine aus dem Jahr 1964) keine große Herausforderung war. Bornedal rekurriert für seine Darstellung des Krieges auf ein bellographisches Narrativ, das er zwar grandios in Kinematographie zu übersetzen vermag, das aber auch spätestens seit Bangs Tine (1889) aus der literarischen Auseinandersetzung mit 1864 nicht mehr wegzudenken ist und in der dänischen Gegenwartsliteratur z.B. seinen Niederschlag in den Romanen Claes Johansens gefunden hat: Krieg ist weder heroische Mannesschule noch ein notwendiges Opfer auf dem Altar der Nation oder die Chance zur Reinigung einer dekadent-verweichlichten Zivilisation, sondern der Zusammenbruch ordnungsstiftender Werte, die Abwesenheit von Sinn, die Entfesselung von animalischen Trieben. Krieg bedeutet Leid und Tod für den Einzelnen, was auch nicht durch den Rekurs auf transzendente Werte gemildert werden kann. Die Soldaten in den Schützengräben und hinter den Wällen haben in 1864 entsprechend kein anderes Ziel als das Überleben. Warum es einen Unterschied macht, ob Schleswig nun dänisches Herzogtum oder Teil des dänischen Reiches ist, wissen sie nicht, würden es im Zweifelsfall auch nicht verstehen, und für ihre existenzielle Situation hat es ohnehin keine Bedeutung. Krieg ist Wahnsinn, so Bornedal, und entsprechend sind nicht wenige Oberbefehlshaber in 1864 als greisenhaft-dement dargestellt, verhalten sich bizarr oder sind schlicht ein Fall für das Irrenhaus wie der dänische Konsejlspräsident Monrad, dem wir in der Serie das erste Mal begegnen, als er mit nacktem Hintern auf dem Boden kniet und manisch Papier bekritzelt.

Man lehnt sich nicht allzu weit aus dem Fenster mit der Behauptung, dass dieses Kriegsnarrativ zumindest in West- und Mitteleuropa mehrheitsfähig sein dürfte. Historiker mögen zwar einwenden, dass es wegen seiner Pauschalität und seiner Konzentration auf existenzielle Befindlichkeit wenig dazu einlädt, die Geschichte eines Krieges einschließlich seines politischen Verlaufs im Detail zu analysieren, also z.B. warum der Status Schleswigs sehr wohl einen Unterschied machte und ein Krieg wegen der Schleswig-Frage ausbrechen konnte. Bornedal würde diese Kritik indes an sich abperlen lassen; die Serie handle, wie er in einem Interview erklärte, „nicht nur von 1864 und einer tragischen Begebenheit, sondern davon, dass wir alle sterben müssen. Du und ich müssen sterben“.8

Bornedals Rückgriff auf ein zwar sympathisches, wenn auch wenig innovatives Kriegsnarrativ vom Krieg als Auflösung und Zusammenbruch sinnstiftender Ordnung wird allerdings in der Serie zum Problem, weil Bornedal zugleich stark mit Elementen und Strategien des Melodramatischen arbeitet. Kaum ein Charakteristikum des melodramatischen Modus wird in 1864 ausgelassen: das Zielen auf die Gefühligkeit des Zuschauers, die moralische Polarisierung, das starke Pathos, das Eingreifen eines Übernatürlichen, nicht zuletzt ein Plot, in dem es von zufälligen Begegnungen und Koinzidenzen nur so wimmelt. So gebiert Inge in Sonderburg Lausts Kind, während dieser wenige Kilometer entfernt in den Düppeler Schanzen bei deren Erstürmung durch die Preußen stirbt, und die Jugendliche Claudia enthüllt sich als direkte Nachfahrin von zwei Hauptfiguren in den Erinnerungen, die sie auf Geheiß des Barons vorliest. Im heimischen Keller findet sie sogar Peters Briefe aus dem Krieg. Diese jeder Wahrscheinlichkeit spottenden Zusammentreffen verweisen auf eine Ordnung hinter den geschichtlichen Verläufen, die in 1864 im unaufgelösten und ästhetisch unbefriedigenden Widerspruch steht zu den Erfahrungen von Anomie und Zusammenbruch durch den Krieg. Der melodramatische Modus wurde – so die bekannte These Peter Brooks’9 – im Gefolge der Französischen Revolution entwickelt, um Wahrheit und Ethik in einer desakralisierten Welt zu verkündigen. Übertragen auf 1864 lässt sich behaupten, dass Bornedal zwar einerseits mit seinen eindrucksvollen, zeitweise schwer zu ertragenden Filmbildern einem Kriegsnarrativ huldigt, das den Krieg als Zusammenbruch von Ordnung und Abwesenheit von Sinn schildert, andererseits aber durch seinen Rückgriff auf den melodramatischen Modus eine – im Wortsinn – okkulte Ordnung hinter den Geschehnissen, eine innere Ordnung zurückbeschwört. Die Welt wird so wieder als sinnvoll lesbar, der semantische Zusammenbruch gebannt. Nicht einmal den Tod des alten Barons just in jenem Augenblick, als Claudia die Erinnerungen bis zum Schluss vorgelesen hat, erspart Bornedal dem Zuschauer: Die Lesbarkeit des Krieges ist jetzt auch in der jungen Generation gewährleistet, die alte kann erfüllt sterben. Bis zum Kitsch ist es hier nicht mehr weit.

Nach der Ausstrahlung in DR1 ist 1864 Ende letzten Jahres in Dänemark auf DVD erschienen. 11 Länder haben die Serie bislang zur Ausstrahlung gekauft, was angesichts der Erfolgszahlen von Forbrydelsen und Broen (Verkauf in über 130 Länder) oder Borgen (ca. 70 Länder) als eher bescheidener Vermarktungserfolg gelten muss. In Norwegen hat TV2 bereits die Serie gezeigt, auch hier mit einem eher gemischten Kritikerecho. Der deutsch-französische Sender ARTE hat die Ausstrahlung für Juni 2015 angekündigt. Angekündigt ist zudem ein Zusammenschnitt der Serie auf einen abendfüllenden Spielfilm, der eigentlich auf der Berlinale 2015 hätte laufen sollen, dessen Fertigstellung sich aber anscheinend verzögert hat.

  1. Die offizielle Homepage der Serie findet sich unter http://www.dr.dk/diverse/drama/1864/index.
  2. Vgl. hierzu Stephan Jaeger: „Erzählen im historiographischen Diskurs“. In: Christian Klein u. Matías Martínez (Hg.): Wirklichkeitserzählungen. Felder, Formen und Funktionen nicht-literarischen Erzählens. Stuttgart u. Weimar: Metzler, 2009, S. 110–135.
  3. “Per Stig Møller: ‘1864’ slutter med et skuldertræk”, 30.11.2014, unter http://www.dr.dk/nyheder/kultur/film/stig-moeller-1864-slutter-med-et-skuldertraek; “Jelved anmelder 1864: Et fremragende stykke drama til seks stjerner”, 9.11.2014, unter http://www.dr.dk/Nyheder/Kultur/Film/2014/11/08/110122.htm.
  4. Ib Bondebjerg: “Afsnit syv af 1864 er gruopvækkende og anti-heroisk”, 23.11.2014, unter http://www.dr.dk/Nyheder/Kultur/Film/2014/11/20/111047.htm
  5. Henrik Palle: “‘1864′ blev et storladent melodrama af international klasse”, in: Politiken, 30.11.2014, hier zitiert nach http://politiken.dk/kultur/filmogtv/tvanmeldelser/ECE2469966/1864-blev-et-storladent-melodrama-af-international-klasse/
  6. Morten Hesseldahl: “DR: ‘Borgen’ vasker ikke danskerne røde”. In: Berlingske Tidende, 12.2.2013, hier nach http://www.b.dk/kommentarer/dr-borgen-hjernevasker-ikke-danskerne-roede
  7. “Historiker: Bornedal har vist os en fejlagtig version af 1864″. In: Politiken, 1.12.2014, hier nach http://politiken.dk/kultur/filmogtv/ECE2470681/historiker-bornedal-har-vist-os-en-fejlagtig-version-af-1864/
  8. “Det handler om at vi alle skal dø”. In: Politiken, 12.10.2015, hier zitiert nach http://politiken.dk/magasinet/interview/ECE2418550/det-handler-om-at-vi-alle-skal-doe/
  9. Peter Brooks: The Melodramatic Imagination: Balzac, Henry James, Melodrama, and the Mode of Excess. New Haven u.a.: Yale UP, 1976.

Quelle: http://nofoblog.hypotheses.org/169

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Webressourcen aus Nordeuropa – Fundstücke Dezember 2014/ Januar 2015

Skandinavien und die europäische Kulturerbeplattform “Europeana”

Das schwedische Zentralamt für Denkmalpflege Riksantikvarieämbetet präsentiert  mit 800.000 Digitalisaten die größte freie Sammlung auf Europeana. Der norwegische Kulturrat hat in der Rubrik “Sounds” mehr als 300 Klangbeispiele eingestellt.

Der sich seit Frühjahr 2014 in der Testphase befindliche Browser für digitalisierte historische Zeitungen (siehe folgenden Post dazu) wird ständig erweitert und hat jetzt eine vereinfachte Suchfunktion erhalten. Es sind u.a. bereits Zeitungen aus Finnland und Island recherchierbar.


Schweden

Das Projekt “Kulturerbe Norrbotten”, bestehend aus Archiven, Bibliotheken und Museen, hat diverse Medien (Dokumente, Fotos, Filme, usw.) in der Kulturarv Norrbottens Databas online gestellt.

Das schwedische Reichsarchiv hat die Volkszählungen mehrerer Gemeinden aus dem Jahr 1910 digitalisiert. Weiter ist die Digitalisierung der Kirchenbücher (församlings- och födelseböcker) für die Provinzen Uppsala och Örebro von 1925 bis 1943 abgeschlossen. Auch der sogenannte SCB-Auszug über Geburten, Taufen und Sterbefälle für das Jahr 1944 wurde online gestellt. Seit Dezember 2014 ist die Datenbank mit den Schriften und Briefen von Axel Oxenstierna wieder zugänglich.

Mit der Book History Online (BHO) stellt die schwedische Königliche Bibliothek eine buchhistorische Datenbank mit über 86 000 Verweisen auf Bücher, Artikel und Rezensionen online. Auch ein Fundus an Werbeschriften aus den Bereichen Architektur, Geschichte der Landwirtschaft und der technologischen Entwicklung aus dem 19. Jh. wurde digitalisiert.

Die kulturhistorischen Vereinigung Kulturen in Lund hat mehr 7000 Fotos der Fotografin Ida Ekelund in der Datenbank Carlotta eingestellt. Die Fotos dokumentieren die Stadtgeschichte zwischen ca. 1917 und 1926 (zur Anzeige der Bilder in das Suchfeld “KM 93676″ eingeben).


Norwegen

Das Arkivverket hat die bisher nicht publizierten Werke des norwegischen Historikers Halvard Bjørkviks “Det norske krongodset i middelalderen” und “Det norske krongodset i reformasjonshundreåret” auf seinem Arkivportal zugänglich gemacht.

Auch die digitalisierten Tagebücher von Leif Tronstad, der während des 2. Weltkriegs im Widerstand, u.a. in der Tungtvannet-Aktion, aktiv war, sind im Digitalarkivet öffentlich zugänglich. Quellenmaterial zu seiner Rolle in der Tungtvannet-Aktion findet sich in folgender Netzausstellung. Ein Album mit Fotos wurde im DigitaltMuseum eingestellt.

Ab dem 1.1.2015 ist unter bestimmten Auflagen das sogenannte Landssviksarkivet im Reichsarchiv zugänglich. Es handelt sich um eine Sammlung von Gerichtsunterlagen, die im Zusammenhang mit der polizeilichen Ermittlungen und der Strafverfolgung von Norwegern, die verdächtigt wurden, die deutsche Besatzungsmacht 1940-1945 unterstützt zu haben.

Das Reicharchiv verwahrt auch das digitalisierte Erinnerungsmaterial, das nach dem Anschlag auf Utøya am 22. 7.2011 abgelegt wurde und 20000 Dokumente sowie 5000 Gegenstände umfasst.

Mit den sogenannten Seterlistene hat das Reichsarchiv Quellen zur norwegischen Sennwirtschaft (seterbruk) und der bäuerlichen Gesellschaft zwischen 1928 und 1939 digitalisiert und veröffentlicht.

Das Stadtarchiv Oslo stellt die kommunalen Volkszählungen für 1883 und 1905 ins Netz.

Auf der Facebookseite Wilse2015 präsentieren die Nationalbibliothek sowie das DigitaltMuseum zum 150. Geburtstag des norwegischen Fotografen Anders Beer Wilse umfangreiches Quellenmaterial.

Das Bergen Byarkiv hat die Unterlagen der Hausverwaltungsgesellschaft Etat for boligforvaltning (EBF) digitalisiert. EBF verwaltet rund 5100 kommunale Wohnungen und Häuser (u.a. auch Pastorate). Das gescannte Material besteht aus Zeichnungen und anderen Unterlagen im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Instandhaltung der Gebäude.


Dänemark

Die Staatlichen Archive haben zum Thema “1864” Unterrichtsmaterial online gestellt.

Mit den digitalisierten Adressbüchern Kraks Vejviser hat die Kopenhagener Rathausbibliothek  eine Quellensammlung zur Stadtgeschichte zwischen 1770-1969  ins Netz gestellt, in der auch viele Informationen zur Alltagsgeschichte verzeichnet sind. Ab dem Jahrgang 1878 ist eine Volltextsuche möglich.

Das Kopenhagener Stadtarchiv hat in seinem neuen Portal für Familienforscher Kildeviser die Volkszählungslisten für die Periode 1866-1923 online stellt. Dort finden sich auch ausgewählte Karten und Zeichnungen zur Geschichte Kopenhagens. Weitere 15 historische Karten hat das Archiv im Historisk Atlas veröffentlicht.

Das Reichsarchiv  hat eine Vereinbarung mit Dänemarks Marktführer im Bereich Familienforschung “My Harritage” über die Indizierung von Kirchenbüchern und Volkszählungslisten geschlossen. Die von “My Harritage” indizierten Daten sollen dem Reichsarchiv zur Verfügung gestellt werden.

Zwei Zettelkataloge sind jetzt online zugänglich: Wads Sedler aus dem Landesarchiv für Fünen enthält Angaben zu Personen, die zwischen 1430-1960 auf Fünen gelebt haben und zu denen es Archivmaterial gibt. Mortensens Sedler des Stadthistorischen Archivs in Esbjerg enthält ebenfalls Angaben zu Personen, die in verschiedenen Quellen wie Kirchenbüchern, Volkszählungen, u.a. erwähnt wurden.

Die Königliche Bibliothek hat vier Ingenieurzeitschriften aus dem Zeitraum 1892-1940 digitalisiert.


Finnland

Auf Flickr Commons haben zwei finnische Institutionen Sammlungen online gestellt: Das Finnische Rundfunkarchiv präsentiert eine Sammlung von Fotos, aber auch TV- und Radiosendungen, Musikaufnahmen und Soundeffekte.
Die Sammlung der Aalto-Universität enthält neben historischen Fotos von Aktivitäten, Personen und Räumlichkeiten, Illustrationen, architektonische und technische Zeichnungen, Kunst, Design Objekte und weiteres Material.

 

 

 

 

 

 

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2770

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Webressourcen aus Nordeuropa – Fundstücke Dezember 2014/ Januar 2015

Skandinavien und die europäische Kulturerbeplattform “Europeana”

Das schwedische Zentralamt für Denkmalpflege Riksantikvarieämbetet präsentiert  mit 800.000 Digitalisaten die größte freie Sammlung auf Europeana. Der norwegische Kulturrat hat in der Rubrik “Sounds” mehr als 300 Klangbeispiele eingestellt.

Der sich seit Frühjahr 2014 in der Testphase befindliche Browser für digitalisierte historische Zeitungen (siehe folgenden Post dazu) wird ständig erweitert und hat jetzt eine vereinfachte Suchfunktion erhalten. Es sind u.a. bereits Zeitungen aus Finnland und Island recherchierbar.


Schweden

Das Projekt “Kulturerbe Norrbotten”, bestehend aus Archiven, Bibliotheken und Museen, hat diverse Medien (Dokumente, Fotos, Filme, usw.) in der Kulturarv Norrbottens Databas online gestellt.

Das schwedische Reichsarchiv hat die Volkszählungen mehrerer Gemeinden aus dem Jahr 1910 digitalisiert. Weiter ist die Digitalisierung der Kirchenbücher (församlings- och födelseböcker) für die Provinzen Uppsala och Örebro von 1925 bis 1943 abgeschlossen. Auch der sogenannte SCB-Auszug über Geburten, Taufen und Sterbefälle für das Jahr 1944 wurde online gestellt. Seit Dezember 2014 ist die Datenbank mit den Schriften und Briefen von Axel Oxenstierna wieder zugänglich.

Mit der Book History Online (BHO) stellt die schwedische Königliche Bibliothek eine buchhistorische Datenbank mit über 86 000 Verweisen auf Bücher, Artikel und Rezensionen online. Auch ein Fundus an Werbeschriften aus den Bereichen Architektur, Geschichte der Landwirtschaft und der technologischen Entwicklung aus dem 19. Jh. wurde digitalisiert.

Die kulturhistorischen Vereinigung Kulturen in Lund hat mehr 7000 Fotos der Fotografin Ida Ekelund in der Datenbank Carlotta eingestellt. Die Fotos dokumentieren die Stadtgeschichte zwischen ca. 1917 und 1926 (zur Anzeige der Bilder in das Suchfeld “KM 93676″ eingeben).


Norwegen

Das Arkivverket hat die bisher nicht publizierten Werke des norwegischen Historikers Halvard Bjørkviks “Det norske krongodset i middelalderen” und “Det norske krongodset i reformasjonshundreåret” auf seinem Arkivportal zugänglich gemacht.

Auch die digitalisierten Tagebücher von Leif Tronstad, der während des 2. Weltkriegs im Widerstand, u.a. in der Tungtvannet-Aktion, aktiv war, sind im Digitalarkivet öffentlich zugänglich. Quellenmaterial zu seiner Rolle in der Tungtvannet-Aktion findet sich in folgender Netzausstellung. Ein Album mit Fotos wurde im DigitaltMuseum eingestellt.

Ab dem 1.1.2015 ist unter bestimmten Auflagen das sogenannte Landssviksarkivet im Reichsarchiv zugänglich. Es handelt sich um eine Sammlung von Gerichtsunterlagen, die im Zusammenhang mit der polizeilichen Ermittlungen und der Strafverfolgung von Norwegern, die verdächtigt wurden, die deutsche Besatzungsmacht 1940-1945 unterstützt zu haben.

Das Reicharchiv verwahrt auch das digitalisierte Erinnerungsmaterial, das nach dem Anschlag auf Utøya am 22. 7.2011 abgelegt wurde und 20000 Dokumente sowie 5000 Gegenstände umfasst.

Mit den sogenannten Seterlistene hat das Reichsarchiv Quellen zur norwegischen Sennwirtschaft (seterbruk) und der bäuerlichen Gesellschaft zwischen 1928 und 1939 digitalisiert und veröffentlicht.

Das Stadtarchiv Oslo stellt die kommunalen Volkszählungen für 1883 und 1905 ins Netz.

Auf der Facebookseite Wilse2015 präsentieren die Nationalbibliothek sowie das DigitaltMuseum zum 150. Geburtstag des norwegischen Fotografen Anders Beer Wilse umfangreiches Quellenmaterial.

Das Bergen Byarkiv hat die Unterlagen der Hausverwaltungsgesellschaft Etat for boligforvaltning (EBF) digitalisiert. EBF verwaltet rund 5100 kommunale Wohnungen und Häuser (u.a. auch Pastorate). Das gescannte Material besteht aus Zeichnungen und anderen Unterlagen im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Instandhaltung der Gebäude.


Dänemark

Die Staatlichen Archive haben zum Thema “1864” Unterrichtsmaterial online gestellt.

Mit den digitalisierten Adressbüchern Kraks Vejviser hat die Kopenhagener Rathausbibliothek  eine Quellensammlung zur Stadtgeschichte zwischen 1770-1969  ins Netz gestellt, in der auch viele Informationen zur Alltagsgeschichte verzeichnet sind. Ab dem Jahrgang 1878 ist eine Volltextsuche möglich.

Das Kopenhagener Stadtarchiv hat in seinem neuen Portal für Familienforscher Kildeviser die Volkszählungslisten für die Periode 1866-1923 online stellt. Dort finden sich auch ausgewählte Karten und Zeichnungen zur Geschichte Kopenhagens. Weitere 15 historische Karten hat das Archiv im Historisk Atlas veröffentlicht.

Das Reichsarchiv  hat eine Vereinbarung mit Dänemarks Marktführer im Bereich Familienforschung “My Harritage” über die Indizierung von Kirchenbüchern und Volkszählungslisten geschlossen. Die von “My Harritage” indizierten Daten sollen dem Reichsarchiv zur Verfügung gestellt werden.

Zwei Zettelkataloge sind jetzt online zugänglich: Wads Sedler aus dem Landesarchiv für Fünen enthält Angaben zu Personen, die zwischen 1430-1960 auf Fünen gelebt haben und zu denen es Archivmaterial gibt. Mortensens Sedler des Stadthistorischen Archivs in Esbjerg enthält ebenfalls Angaben zu Personen, die in verschiedenen Quellen wie Kirchenbüchern, Volkszählungen, u.a. erwähnt wurden.

Die Königliche Bibliothek hat vier Ingenieurzeitschriften aus dem Zeitraum 1892-1940 digitalisiert.


Finnland

Auf Flickr Commons haben zwei finnische Institutionen Sammlungen online gestellt: Das Finnische Rundfunkarchiv präsentiert eine Sammlung von Fotos, aber auch TV- und Radiosendungen, Musikaufnahmen und Soundeffekte.
Die Sammlung der Aalto-Universität enthält neben historischen Fotos von Aktivitäten, Personen und Räumlichkeiten, Illustrationen, architektonische und technische Zeichnungen, Kunst, Design Objekte und weiteres Material.

 

 

 

 

 

 

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2770

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Mobile Geschichtsvermittlung in Dänemark

Wie in Norwegen gibt es in Dänemark schon lange Bestrebungen für die digitale Dokumentation des Kulturerbes und neue Vermittlungsformen durch digitale Medien. Diese schreiten unabhängig von den Sitzverteilungen im Folketing und der jeweiligen Regierungskonstellation voran. Neben nationalen Digitalisierungsmaßnahmen zur Archivierung, Dokumentation und verbesserten Zugänglichkeit des Kulturarv – wie etwa dem Portal KulturPerler – sind zunehmend Angebote öffentlicher Einrichtungen, allen voran Museen, zu beobachten. Diese legen ihren Fokus nicht primär auf die Digitalisierung ihrer Ausstellungsobjekte und anderem historischen Material. Vielmehr haben sie eine (inter)aktive Vermittlung und dialogorientierte Partizipation der Nutzer zum Ziel.

Dafür werden neben etablierten Kanälen wie den klassischen Webauftritten und diverser Social Media–Plattformen vermehrt mobile Medien – insbesondere Apps für mobile Endgeräte – eingesetzt. Immerhin besitzen laut einer Statistik vom April 2014 mittlerweile drei von vier dänischen Haushalten (73%) ein Smartphone, ein Tablet ist annähernd in jeder zweiten Familie (45%) zu finden.

In meiner im Mai 2014 am Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin eingereichten Masterarbeit mit dem Titel „Digitale Geschichtsvermittlung in Dänemark am Beispiel mobiler Anwendungen für Smartphones“ habe ich mich mit den Chancen und Risiken der Darstellung historischer Erkenntnis auf mobilen Endgeräten beschäftigt und die drei dänischen Apps 1001 fortællinger om Danmark, 100 Borge und Den Gamle By App an Hand funktionaler und inhaltlicher Kriterien untersucht.

In der Funktionsanalyse wurden die Anwendungen unter anderem auf ihre Multi- und Hypermedialität, auf interaktive und partizipative Elemente, auf Serviceangebote und Nutzerführung sowie auf Angebote zur Personalisierung und Lokalisierung vergleichend geprüft. Daran anschließend diente die Inhaltsanalyse zur Betrachtung der Wechselwirkungen  zwischen den erläuterten Funktionen und den inhaltlich dargestellten Themen.

Den gamle By App

Screenshot von Den Gamle By App

Screenshot von Den Gamle By App

Die Anwendung des Freilichtmuseums Den Gamle By in Aarhus kann dem Genre der „Museums-Apps“ zugeordnet werden, wodurch sich Besucher bereits vorab über Attraktionen des Museums – ob über die historischen Stadtteile, die einzelnen Gebäude oder spezielle Ausstellungobjekte – informieren können. Ebenso werden praktische Hinweise für den Besuch (Öffnungszeiten, Lageplan) bereitgestellt. Die App ist serviceorientiert und regt auf vielfältige Weise an, verschiedene Museumsangebote zu nutzen. So stehen thematische Routen durch das Freilichtmuseum (etwa „Jul i Den Gamle By“) als In-App-Download bereit. Daneben sind mehrere Spiele integriert, die eine Identifikation mit den fiktiven Bewohnern der Stadt ermöglichen. Somit wird in der Anwendung auch das personifizierte Konzept des Museums mit seinen Darstellern aufgegriffen. Mit ihren multimedialen Angeboten (v.a. Text-Bild-Kombinationen) fungiert Den Gamle By App als Weiterentwicklung eines klassischen Audio-Guides auf dem Besucher-eigenen Gerät, wobei jedoch eine wichtige Funktion für die barrierefreie Handhabung fehlt: Die Audio-Wiedergabe der Informationen.

100 Borge

Screenshot der App 100 Borge

Screenshot der App 100 Borge

Im Gegensatz zu Den Gamle By App geht die Anwendung 100 Borge über das Angebot des dazugehörigen Museums hinaus. Seit Frühjahr 2014 ist Danmarks Borgcenter rund um die einstige Vordigborg eröffnet. Dort wird das Themenspektrum „mittelalterliche Burgen“ interaktiv und mit neuesten Technologien – filmische Projektionen, Licht- und Ton-Installationen sowie einem iPad-Guide samt GPS- und Augmented-Realtiy-Funktionen – vermittelt. Die App erweitert die Ausstellung außerhalb ihrer physischen Grenzen und thematisiert über 100 weitere Schlösser, Burgen und Burgruinen in Dänemark, Südschweden und Norddeutschland. Fakten und Hintergrundinformationen zur jeweiligen Burganlage, ihren berühmtesten Bewohnern und dem heutigen Zustand werden zum einen über Texte und Bilder samt historischer Karten und Illustrationen vermittelt. Daneben sind eine Reihe Podcasts integriert, mit denen im Stil eines Hörspiels historische Ereignisse nacherzählt werden. Zusätzlich sind alle Burgen in einer interaktiven Landkarte eingetragen.

1001 fortællinger om Danmark

Screenshot der App 1001 fortællinger om Danmark

Screenshot der App 1001 fortællinger om Danmark

Die dritte Anwendung ist die App zu dem bereits im Dezember 2012 vorgestellten Projekt „1001 fortællinger om Danmark”. Das Angebot des dänischen Kulturstyrelsen soll als „det første sociale medium om dansk kulturarv“ nicht nur die offiziellen Archivbestände und priorisierten Kulturgüter erfassen. Vielmehr kann jeder registrierte Nutzer seine ganz persönlichen Erinnerungsorte vorstellen, wodurch eine fast schon unüberschaubare Masse an historischen Schauplätzen ohne jegliche Hierarchisierung zusammengetragen wird. Die Projekt-App weißt dabei jedoch im Sinne einer crossmedialen Kampagne eine mediengerechte Darstellung auf. So wurden nicht alle Elemente der Website in die Anwendung übertragen. Vielmehr wird sich hier auf die Kerneigenschaft des Mediums fokussiert: die Mobilität. Auf einer integrierte GoogleMap sind die Erinnerungsorte mit Stecknadeln markiert. Dazu gibt es themenspezifische Touren. Ebenso können sich Nutzer eigene Routen ausarbeiten. Wie bei 100 Borge wird hier die Möglichkeit zur Verwendung der App unterwegs genutzt, um Inhalte aktiv zu vermitteln und die räumliche Dimension von Geschichte aufzugreifen. Im Gegensatz zu klassischen Vermittlungsszenarien des situierten Lernens bieten Apps dabei die Möglichkeit, eigenständige und auf die persönlichen Interessen und Kenntnisse zugeschnittene Erkundungen durchzuführen.

Mobile Geschichtsvermittlung – grenzenlos!?

Mit dem Einsatz mobiler Medien zur Geschichtsvermittlung werden die unterschiedlichen Formen historischer Präsentation in einer Anwendung zusammengefasst. Die Form der Erzählung lässt sich durch multi- und hypermediale Funktionen nun auch technisch auf vielfältige Weise abbilden. Die Ausstellung wird durch die mediale Inszenierung erweitert, gleichzeitig findet eine vermehrte räumliche Inszenierung statt. Die technische Erneuerung klassischer Vermittlungsformen bildet somit die Grundlage unterhaltsamer und interaktiver Präsentation historischen Wissens.

Dabei sind mobile Anwendungen immer inhaltlich begrenzt. Die oft kritisierte Masse an Inhalten im Internet wird zwar umgangen, gleichzeitig können viele geschichtsdidaktische Herausforderungen nicht erfüllt werden. Dennoch können Smartphones dank ihrer multimedialen Funktionsspezifika durchaus komplexe Strukturen multiperspektivisch aufzeigen. Für den expliziten Gebrauch in der Kulturvermittlung wird zudem gewährleistet, dass die Anwendungen nicht von der eigentlichen Ausstellung oder dem historischen Objekt ablenken.

Als Ergänzung klassischer Vermittlungsangebote sind die Apps schließlich auch ein gelungenes Marketinginstrument zur Selbstdarstellung der Institutionen. In Dänemark liegt die Zuständigkeit für alle öffentlichen Kultur- und somit App-Anbieter am Ende beim Kulturministerium. Mit dem Einsatz von Apps zur Förderung des Kulturtourismus sowie der Prägung und Stärkung des nationalen Geschichtsbewusstseins werden nicht zuletzt ökonomische Interessen verfolgt.

Auch ohne eine Nutzeranalyse der Apps durchgeführt zu haben, kann am Ende wohl festgehalten werden, dass bei Apps das gleiche gilt wie bei anderen digitalen Vermittlungsangeboten: Sie können einen Besuch zwar aufwerten und neue Zielgruppen ansprechen, schlussendlich muss aber die Ausstellung und Vermittlungsthematik selbst interessant sein, um tatsächlich wahrgenommen zu werden.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2536

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Webressourcen aus Nordeuropa – Fundstücke August 2014

Auch im August stehen neben einigen Neuigkeiten zu 1814 neue Digitalisierungsprojekte und Portale mit digitalisiertem Inhalt im Zentrum der Fundstücke.

Dänemark

  • Neuigkeiten aus den Staatlichen Archiven (DK)ugänglich.

Die Staatlichen Archive haben ca. 1, 3 Millionen Grundbuch-Dokumente online zugänglich gemacht: Neben nordjütischen Hypotheken- und Auflassungsurkundenprotokollen (1870-1927) stehen Real- und Namensregister von Grundbucheintragungen aus Seeland, Bornholm, Lolland-Falster und Møn im Archivalieninformationssystem Daisy zur Verfügung. In den nächsten beiden Jahren sollen weitere Dokumente eingescannt werden.

In Daisy sind auch die gesamten digitalisierten “Markbøgerne” zum Kataster Christian V. (Christian 5.’s matrikel), die Informationen über Grundbesitzverhältnisse und Bodenqualitäten enthalten, online zugänglich.

Ein weiteres, auf mehrere Jahre angelegtes, Projekt ist die Digitalisierung der Journale, Register u.ä. der dänischen Amtsarchive. Die Journale der Ämter Holbæk und Frederiksborg wie auch Teile des Amtes Hjørring in Nordjütland sind bereits digitalisiert und in Daisy recherchierbar.

Die Dansk Demografisk Database ist um zwei neue Datenbanken erweitert worden:

Weiter weisen die Staatlichen Archive darauf hin, dass ca. 7000 Kirchenbücher aus der Zeit vor 1892 in einer verbesserten Ausgabe im Laufe des Jahres 2014 in Arkivalieronline  eingestellt werden.

  • Thema: 1864

Die Schleswigsche Sammlung der Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig hat eine Bibliografie mit neuerer Literatur zum Thema veröffentlicht.

Das von der Universität Århus betreute Portal danmarkshistorien.dk hat eine Übersicht mit Lexikonartikeln und Quellen, die sich auf den Krieg beziehen, ins Netz gestellt.

Auch Dänemarks größte Onlinesammlung militärhistorischer Karten, Zeichnungen und Fotos Forsvarets Biblioteks Digitale Fotoarkiv präsentiert seine Sammlung zum Thema.

  •  Thema: 1. Weltkrieg

Die dänischen Staatlichen Archive stellen auf Aargang 0 die Erlebnisse von Nordschleswigern während des 1. Weltkriegs vor. Die mit Quellen belegten Lebensläufe der Personen, die 1900 geboren wurden, sind als Unterrichtsmaterial aufbereitet und dienen in diesem Jahr als Grundlage für einen Schulwettbewerb.

  • Weitere Web-News aus Dänemark

Das Stadtarchiv Aarhus verwahrt jetzt das Archiv über die Rettung des kulturhistorisch bedeutenden Bahnhofs  Østbanegård, der 1877 als Hauptbahnhof für die neu gegründete Aarhus-Ryomgård-Bahn diente und 1984 vom Abriss bedroht war.
Ausblick: Das Stadtarchiv Aarhus digitalisiert derzeit das umfangreichen Bildarchiv Århus Stiftstidendes arkiv, das Ereignisse und das Alltagleben in Aarhus seit den 1930er Jahren dokumentiert und im Herbst 2014 online gestellt werden soll.

Das dänische Nationalmuseum hat zum jetzigen Zeitpunkt bereits 50.000 Fotos und Bilder aus ihrer umfangreichen Sammlung in der Datenbank Samlinger Online ins Netz gestellt. Im Lauf des nächsten Jahres soll die Sammlung auf 500.000 Bilder anwachsen. Die Fotos erhalten die Creative Commons-Lizenz BY-SA.

Die Königliche Bibliothek hat in ihre Datenbank Varehuse, die bisher nur die digitalisierten Kataloge des inzwischen geschlossenen Daells Varehus enthielt, Kataloge weiterer Warenhäuser aufgenommen.
Auch die von Oscar Preisler ausgearbeitete medizinhistorische Bibliografie Bibliotheca Medica Danica steht nun überarbeitet als Dansk medicinhistorisk bibliografi 1479-1913 online zur Verfügung.

Das Archiv in Slagelse hat begonnen, Steuerlisten (Mandtalslister) zu digitalisieren. Online sind bisher die Listen von 1882-86 und 1895 einsehbar.

Zur Schulgeschichte hat das Stadtarchiv Esbjerg vier Filme online gestellt, die u. a. den Unterricht von Kindern auf dem Land vor 1814 dokumentieren.

Schweden/ Norwegen

  • Thema: 1814

Nachdem der norwegische König Christian Frederik bereits aus seinem digitalisierten Tagebuch über den Zeitraum 1813-1814 twitterte (siehe dazu den Post vom Januar 2014), kann man nun auch seinen Tweets zu den Ereignissen des Jahres 1814 folgen: Statsraad1814.

  • Schweden/ Norwegen

Auf Flickr wurden weitere Fotos des schwedischen Ingenieurs Fredrik Daniel Bruno (1882–1971), der in den 1940er und -50er Jahren auf seinen Reisen durch Norwegen und Schweden Städte und Landschaften fotografierte, hochgeladen.

  • Norwegen

Das norwegische Reichsarchiv hat digitalisierte Dokumente zum Passzwang, der zwischen 1661-1814 in Norwegen obligatorisch war, in einem Register zur Verfügung gestellt.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2493

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Neuer Band zur Erinnerungsgeschichte Norwegens

Zur Erinnerungsgeschichte Norwegens in transnationaler Perspektive veranstaltete mein Lehrstuhl an der Freien Universität Berlin zwei Workshops – 2011 in Berlin und 2013 in Oslo. Nun steht die Veröffentlichung ausgesuchter Beiträge namhafter Autoren aus Norwegen, Deutschland und der Niederland im Klartext Verlag unmittelbar bevor. Der Titel des Bandes lautet From Patriotic Memory to a Universalistic Narrative? Shifts in Norwegian Memory Culture after 1945 in Comparative Perspective und kann z.B. hier vorbestellt werden. Herausgeber sind u.a. Arnd Bauerkämper, Professor für neuere europäische Geschichte an der FU […]

Quelle: http://umstrittenesgedaechtnis.hypotheses.org/156

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Das ›Vierte Deutschland‹ — Einzelstaaten in außerdeutschen Personalunionen. Ein Forschungsaufruf zu ›aus­ländischer »Steuerungskompetenz«‹ im Deutschen Bund (1815-1866)

http://openblog.hypotheses.org/105 Der folgende Beitrag stellt einen Aufruf an die Forschung dar, sich dem Thema der Interdependenzen von Personalunionen mit auswärtigen Staaten für die Deutsche Geschichte eingehender zu widmen. Die konzeptionellen Überlegungen wurden erstmals in der im Wintersemester 2013/14 von der Philosophischen Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München unter der Betreuung von Prof. Dr. […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/08/5287/

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