Workshop 2 : Methoden auf der Testbank. Drei Zugänge im Vergleich #digigw18_2

NetzwerkAusschreibung des zweiten Workshops im Rahmen der Reihe „Digitale Lehrmethoden und digitale Methoden in der Geschichtswissenschaft: Neue Ansätze für die Lehre“ der AG Digitale Geschichtswissenschaft im VHD:

Methoden auf der Testbank. Drei Zugänge zur Hexenforschung im Vergleich

Ein Workshop von Dr. Katrin Moeller, Andreas Müller M.A., Dr. Anne Purschwitz (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)

Datum: Freitag, 13. April 2018, 9:00-16:00 Uhr
Ort: Computerpool des Instituts für Geschichte, SR 15 (Geisteswissenschaftliche Bibliothek), Emil-Abderhalden-Str. 25, 06108 Halle/Saale
 Anmeldung zur Veranstaltung: Katrin Moeller (katrin.

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Quelle: https://digigw.hypotheses.org/1751

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Graphdatenbanken für Historiker. Netzwerke in den Registern der Regesten Kaiser Friedrichs III. mit neo4j und Gephi

Inhaltsverzeichnis

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/5995

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Tagungsbericht: Historical Network Conference 2014 / Ghent (Belgien), 15.-19.09.2014

Ein Gastbeitrag von Anne Baillot (Berlin), Emmanuelle Chaze (Bayreuth) und Carolin Hahn (Berlin)

HNR14directions_staircaseDie zum zweiten Mal stattfindende Konferenz „Historical Network Research“ fand in diesem Jahr vom 15. bis 19. September in Belgien statt. Ausgerichtet wurde diese von dem an der Universität angesiedelten Ghent Center of Digital Humanities. In Präsentationen, halbstündigen Vorträgen sowie Postersessions stellten die Teilnehmer_innen ihre aktuellen Projekte vor. Der Tagung voraus gingen zwei Einführungsseminare über die Grundlagen der Netzwerkanalyse (12.-13.09.) sowie ein zweitägiger Workshop (14.-15.09.) zu den Netzwerkvisualisierungs-Softwares Gephi oder – wahlweise – UCINET/Netdraw. Der Facettenreichtum der vorgestellten Forschungsvorhaben war Beweis genug für die aktuelle fach- und länderübergreifende Brisanz des Netzwerk-Topos. Ziel der Tagung war es, Netzwerkanalyse-Methoden in konkreten praktischen Projekten vorzustellen, den interdisziplinären Dialog zwischen den Fachrichtungen (Geschichtswissenschaft, Literaturwissenschaft, Informatik, Computerphilologie etc.) zu ermöglichen und die Teilnehmenden an aktuelle Software heranzuführen.

Martin Stark (Hamburg) und Marten Düring (Luxemburg) gaben erste Einführungsseminare in den Fachbereich. Der Fokus lag besonders auf der sozialen Netzwerkanalyse als Untersuchungsmethode. Neben allgemeinen theoretischen Grundlagen wurde auch anhand kleinerer praktischer Übungen versucht, die Brücke zwischen close reading und formaler Datenanalyse zu schlagen. Dabei stellte sich heraus, dass gerade das Finden eines geeigneten Codierungsschemas, das sowohl der Textgrundlage wie auch den eigenen Forschungsinteressen entspricht, die erste Herausforderung war: Ein perfektes Schema? Das gibt es laut Düring nicht, zudem sei auch das Leserauge alles andere als verlässlich. Daher stellte er für den Bereich der textbasierten Netzwerkanalyse die Relevanz des close readings bei der Kodierung heraus.

Verwendete Tools

20140918_160145Auf Grundlage erfasster Daten ist deren Visualisierung ein weiterer, zweiter Analyseschritt. So vielfältig die Forschungsprojekte der Tagungsgäste sind, so heterogen ist auch die Software, die jeweils zum Einsatz kommt: Neben Gephi und UCINET/Netdraw wird beispielsweise auch Pajek verwendet – abhängig von den jeweiligen projektspezifischen Bedürfnissen. Gänzlich umfassend und zufriedenstellend erschien den Teilnehmenden jedoch keine der auf dem Markt befindlichen Softwares. Angesichts verschiedener Programme, die allerdings teilweise noch recht jung sind, war die Frage nach passenden und möglichst intuitiv bedienbaren Tools daher von großer Relevanz.

Die Möglichkeit der Datenerfassung und -visualisierung mit UCINET, in der soziologischen Forschungspraxis seit Jahrzehnten angewandt, stellte Bruce Cronin (Greenwich) in einem Workshop vor. Der Kurs bot einen umfassenden Überblick über die Software mit all ihren Stärken und Schwächen. Zwar werden umfassendere Datensätze nicht so schnell verarbeitet und generierte Dokumentationen sind nicht immer einfach interpretierbar. Zudem ist ein wenig mathematisches Geschick notwendig, um das Programm zu bedienen. Doch sind in UCINET Matrizen konstruierbar und die modulare Architektur erlaubt stetige Anpassungen an aktuelle Forschungsstandards und -anforderungen. Daten können mit dem anschlussfähigen Netdraw visualisiert werden. UCINET liefert gut strukturierte Daten – jung, dynamisch, schön ist es allerdings nicht: Gephi heißt hier wohl die neue Lösung, folgt man dem allgemeinen Tenor der vortragenden Wissenschaftler_innen. Vorgestellt wurde die Software von Clément Levallois (Lyon), Entwickler aus dem Hause Gephi. Die Einführung hatte es in sich, da das Programm trotz seiner bereits breiten Verwendung noch in den Kinderschuhen, oder vielmehr: der Beta-Version, steckt. Besonders intuitiv ist es nicht zu bedienen: hier ein Knopf, da eine Farbe, dort ein bisschen 3D. Doch zeichnete sich das breite Anwendungsspektrum von Gephi bereits ab: Datenbanken – das Programm verfügt über ein „DataRepository” – können recht bequem importiert werden (auch aus UCINET). Filter und Plug-Ins ermöglichen die Darstellung dynamischer Daten mit Timelines und Karten. Ganz dreidimensional sind zwar bisher nur die schönen kugelförmigen Knotenpunkte (nodes), doch ist mit baldigen technischen Entwicklungen zu rechnen.

Wer weder Netdraw noch Gephi nutzen möchte, hat mit dem Programm Nodegoat noch eine Alternative. Präsentiert wurde die intuitiv zu bedienende Software in einem Vortrag von den Entwicklern Pim van Bree und Geert Kessels (LAB 1100, Den Haag). Auch hier können dynamische Daten mit Timelines und geographischen Karten dargestellt werden. Leider ist Nodegoat nicht open source. Ebenfalls erwähnenswert ist das Programm Palladio, das zwar (noch) nicht viel kann, doch den wertvollen Vorteil hat, dass Daten durch einfache drag-and-drop-Technik sehr leicht – allerdings nur online – importiert werden können.

Wissenschaftliche Praxis

Nach zwei Tagen „Workshopping“ eröffnete Hans Blomme (Ghent) die Konferenz. Es wurde schnell deutlich, dass die Erfassung und Darstellung dynamischer Daten zum herausragenden Thema der Tagung werden würde. Claire Lemercier (Paris) sprach in ihrem Eröffnungsvortrag über Dynamiken in historischen Netzwerken, denn es liege in der Natur der Sache: Personen verändern sich und mit ihnen ihre Netzwerke. Wie kann also Zeit, wie können Veränderungen aufgenommen werden? Laut Lemercier gelte es, Netzwerke zu dynamisieren – mit neuen Simulationen und Animationen. Wandel soll dargestellt werden – in Beziehungen, Inhalten, Netzwerkumfang und Attributen der Partizipierenden. Dabei sei natürlich auch nicht alles aufnehmbar: Je einfacher das Netzwerk, desto mehr müsse mit Informationsverlust gerechnet werden. Dennoch: Auf die Struktur komme es an und nicht auf eine bloße Liste an Kontaktpersonen oder Interaktionen. Dynamiken sollen herauskristallisiert werden, die nicht nur für die konkreten Handlungen, sondern auch für die Entscheidungsprozesse der Protagonisten relevant seien. Animationen gelten dabei zunächst einmal als zweitrangig: Zunächst stehe die Datenbasis im Vordergrund, die nicht selten voller Lücken sei. Doch könnten wir von den verschiedenen Disziplinen lernen: von den Geschichtswissenschaftler_innen den Fokus auf Strukturen, von Soziologen_innen die akteursorientierte Modellierung und Beobachtungen auf Mikroebene etc.

Dynamiken zu präsentieren berge jedoch auch einige Schwierigkeiten in sich. Erstens könnten nicht sämtliche Dimensionen gleichzeitig präsentiert werden: Werde alles visualisiert, sei nichts sichtbar. Daher seien konkrete Fokussierungen von enormer Relevanz, die von der jeweiligen (historischen) Forschungsfrage abhängen. So stelle sich, zweitens, die Frage, wer oder was in den Blick genommen werden soll. Ebenso schwierig erscheine, drittens, eine genaue Datierung der Beziehungen: Existieren einmal eingegangene Verbindungen tatsächlich ewig? Wann begannen, wann endeten Kontakte? Dabei würden Knotenpunkte Beziehungen datieren, nicht umgekehrt. Die jeweilige Visualisierung sei immer nur ein „Snapshot“, ein kleiner Ausschnitt der jeweiligen Kontakte.

Zum Thema “Software” machte Lemercier deutlich: Digitale Geisteswissenschaftler_innen wollen keine Informatiker_innen sein. Doch möchten sie zumindest mit ihnen reden können. Tools müssten her, die anwendbar und in der Lage seien, geisteswissenschaftliche Forschungsergebnisse zu strukturieren und darzustellen. So wurde das Thema “Software” von Lemercier zumindest angedeutet – wenn auch nicht konkret diskutiert.

Diane H. Cline (Washington DC) fokussierte ein konkretes soziales Netzwerk: die Kontakte Sokrates‘. Dabei interessierten Cline sowohl soziale Strukturen als auch – wiederum – Dynamiken: Ab wann transformiert ein Wandel die Gesellschaft so stark, dass von einer neuen Periode/Epoche gesprochen werden könne? Sokrates habe einen solchen Wandel initiiert: Er trage einen erheblichen Anteil an der Herausbildung einer besonders innovativen Gesellschaft, in der die soziale Gesprächsform des „Symposions“, der Diskussionsrahmen neuer Ideen, eingeführt wurde. Damit ging es der Vortragenden nicht zuletzt darum, zu zeigen, dass wir viel mehr in Netzwerken eingebettet sind als wir es uns vorstellen. So trägt die Historiographie der “grands hommes” kaum der Tatsache Rechnung, dass laut Cline “kein großer Mann je etwas ganz allein realisiert” hätte. Cline präsentierte die sozialen Netzwerke in unterschiedlichen Darstellungsformen, wobei die jeweilige Visualisierung mit verschiedenen Fokussetzungen durchaus Untersuchungsergebnisse beeinflussen könne. Die während der Konferenz leider so gut wie nicht zur Sprache gekommene Frage nach Lizenzen vergleicht Cline mit der sokratischen Praxis: Dieser lebte im „Offenen“ – als ein Konnektor, der Verbindungen zwischen Menschen zog, und half, die Gesellschaft Athens zusammenzuführen. Ihm allerdings erschien sein Wissen bzw. seine zentrale Netzwerkposition in politischer Hinsicht als gefährlich. Möglicherweise stellt sich gerade heute wiederum ein „Marktplatz von Ideen – open sources“ heraus, den es auch offen zu halten gilt.

Auch Emily Erikson (Yale) stellte in ihrem Vortrag am letzten Konferenztag die Wichtigkeit dynamischer Inhalte in Netzwerken heraus. Am Beispiel der English East India Company beschrieb sie die Formierung sozialer Netzwerke zwischen Individuen unter der Schirmherrschaft formaler Organisationen sowie den Einfluss der Netzwerkpositionen der Schiffsführer auf deren Reiserouten und Handelsbeziehungen. Datengrundlage ihrer Forschungen bilden Logbücher, die Konkurrenzen von Kapitänen sowie Hafenpräferenzen, basierend auf früheren Erfahrungen, dokumentieren. Mit der historischen Netzwerkanalyse konnte Erikson zeigen, inwiefern individuelle Präferenzen kollektive Entscheidungen beeinflussten – dank der Social Network Analysis wurde also die „unsichtbare Hand sichtbar gemacht“, so Erikson. Sie plädierte dafür, dass die Bereitschaft zur Kooperation als anthropologische Konstante im Umgang mit Netzwerken grundlegender berücksichtigt werde als es bislang der Fall war.

Einzelprojekte

AuthorsoftheReviewDie in über 50 Postern oder Kurzvorträgen dargestellten Projekte machten die Vielfalt des Einsatzes von Methoden, die mit Social Network Analysis und deren Visualisierung zusammenhängen, anschaulich. Diese einzeln hier zu präsentieren ist nicht möglich. Eine Auswahl der für uns Berichterstattende besonders ertragreichen Präsentationen wird demnächst auf Englisch auf dem Blog “Digital Intellectuals” kommentiert. Hätten wir noch einen Wunsch übrig, wäre es sicherlich der, dass die Abstracts aller präsentierten Projekte samt Kontaktdaten der Projektverantwortlichen online veröffentlicht würden, damit sich jede und jeder selbst ein Bild von dieser Vielfalt machen kann.

Quelle: http://digigw.hypotheses.org/1078

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