Geschichtsunterricht – auf’s Spiel gesetzt? Das Repositorium HistoGames

Digitale Spiele: ein Fenster zur Geschichtskultur – hier eine Szene aus dem Steinzeit-Abenteue...

Quelle: https://gespielt.hypotheses.org/2059

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Kühberger, Christoph: Subjektorientierung: Can subaltern pupil think historically? In: Public History Weekly 2 (2014) 16

dx.doi.org/10.1515/phw-2014-1823 Betrachtet man die Lehrpläne oder auch die dafür entwickelten Schulbücher für den Geschichtsunterricht, so gewinnt man schnell den Eindruck, dass in schulischen Lernprozessen die thematischen Zuschnitte sowie die fachspezifischen Methoden den Kern des historischen Lernens ausmachen würden. Es verwundert dabei nicht sonderlich, dass auch die wenigen pragmatisch gehaltenen Publikationen der GeschichtsdidaktikerInnen ein besonderes Augenmerk […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2015/06/5891/

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Neue Wege statt der “staubigen Straße der Chronologie” | Entwurf Kernlehrplan Geschichte für die Sek II NRW erschienen

Der neue Kernlehrplan Geschichte für die Sekundarstufe II NRW in der Entwurfsfassung für die Verbändebeteiligung ist seit letzter Woche veröffentlicht. In den Abiturjahrgängen seit 2007 waren in NRW die jährlich neu aufgelegten Vorgaben für das Zentralabitur maßgeblich, die für die beiden Qualifikationsjahrgänge (in G8: Stufe 11 und 12) einen chronologischen, stark auf deutsche Nationalgeschichte verengten Durchlauf durch das 19. und 20. Jahrhundert vorsahen. Die bisherigen Zentralabiturvorgaben standen vielfach in der Kritik, entsprechend hoch sind die Erwartungen an den ersten Kernlehrplan für die Oberstufe. Besonders die Schulbuchverlage scharrten schon mit den Hufen: Wie weitreichend verändert sich das Inhaltsprofil des Geschichtsunterrichts in der Oberstufe im bevölkerungsreichsten Bundesland? Die Antwort heißt: Der neue Kernlehrplan wird den Schulbuchautoren viel Arbeit bescheren, denn es soll sich einiges ändern. Ein kurzer Überblick:

Dem neuen Kernlehrplan liegt dasselbe Kompetenzmodell für alle Gesellschaftswissenschaften wie auch schon beim Kernlehrplan für die Sek I zugrunde (Sach-, Methoden-, Urteils- und Handlungskompetenzen), das unter politikdidaktischer Domäne entstanden und nicht ganz passend zu den geschichtsdidaktischen Kompetenzmodellen ist. Besonders die „Handlungskompetenz“ mit dem Ziel „Prozesse und Ergebnisse historischen Denkens lebensweltlich wirksam werden zu lassen“ (S. 14) scheint in geschichtsdidaktischer Hinsicht nicht ganz unproblematisch. Wie bereits beim KLP Sek I klingt im einführenden Absatz „Aufgaben und Ziele des Faches“ ansonsten stark das FUER-Modell (Waltraud Schreiber u.a.) durch, wenn beispielsweise auf die Operationalisierung historischen Denkens als Rekonstruktion von Vergangenheit und Dekonstruktion von Geschichte Bezug genommen wird (S. 9). Beim Kompetenzbegriff also (mit Blick auf den KLP Sek I) nicht viel Neues.

Ganz anders bei den Inhaltsfeldern: Gemessen an der „staubigen Straße der Chronologie“ (Reinhart Koselleck), die bislang in NRW in Sek I und Sek II gleich zweifach beschritten werden musste, ist die Benennung der sieben neuen Inhaltsfelder (1 bis 3 in der Einführungsphase 10, 4 und 5 in der Qualifikationsphase 11, 6 und 7 in der Qualifikationsphase 12) überaus bemerkenswert:

1 | Erfahrung mit Fremdsein in weltgeschichtlicher Perspektive

2 |  Islamische Welt – christliche Welt: Begegnung zweier Kulturen in Mittelalter und früher Neuzeit

3 |  Die Menschenrechte in historischer Perspektive

4 | Die moderne Industriegesellschaft zwischen Fortschritt und Krise

5 | Die Zeit des Nationalsozialismus – Voraussetzungen, Herrschaftsstrukturen, Nachwirkungen und Deutungen

6| Nationalismus, Nationalstaat und deutsche Identität im 19. und 20. Jahrhundert

7 | Friedensschlüsse und Ordnungen des Friedens in der Moderne

Drei Auffälligkeiten:

  • Mit den neuen Inhaltsfeldern werden hauptsächlich themenorientierte, diachrone (Längsschnitt‑) Zugänge zur Geschichte eröffnet, die viel stärker Zusammenhänge und Beziehungen deutlich machen sollen und können. Beispielsweise reichen die Themen zu Aspekten der Selbst- und Fremdwahrnehmung im Inhaltsfeld 1 von der Antike (Konstruktcharakter der Bezeichnung „Römer“ oder „Germane“) über Mittelalter (christliche Mehrheit, jüdische Minderheit) und frühe Neuzeit (Entdeckungsfahrten) bis zu den Folgen der Arbeitsmigration ins Ruhrgebiet – oder im Inhaltsfeld 7 Friedensschlüsse vom Dreißigjährigen Krieg über die napoleonischen Kriege hin zu beiden Weltkriegen.
  • Die Inhaltsfelder markieren eine deutliche Abkehr der bisherigen Engführung bezogen auf deutsche Geschichte (nur Inhaltsfeld 5 und 6 verfolgen hauptsächlich diesen Fokus) hin auch zu globalgeschichtlichen Aspekten und solchen, die historische Beziehungen zwischen Ländern und Räumen deutlich werden lassen. Insbesondere Themenschwerpunkte wie Fremdsein, Menschrechte und Friedensschlüsse eignen sich für Fremdverstehen, interkulturelles Lernen, Multiperspektivität und das Einbringen von Gegenwartsbezügen. Es wäre wünschenswert, dass die Freiräume, die der Kernlehrplan gibt, tatsächlich dazu genutzt werden, stärker auch gesamteuropäische Perspektiven und zugleich außereuropäische Räume vermehrt einzubeziehen.
  • Mit einem Schwerpunkt auf politikgeschichtliche Aspekte werden dennoch sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte stärker betont als bisher. Eine solche Hinwendung – auch zu Aspekten der Geschichtskultur – spiegelt die Ausdifferenzierung der Geschichtswissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten wider und war somit überfällig.

Im hinteren Teil des Kernlehrplans werden einzelne Aspekte der Inhaltsfelder in konkrete Kompetenzanforderungen übersetzt, wobei sich erst in der Anwendung in Unterrichtsplanungen erweisen wird, wie hilfreich diese Vorschläge sind (beim KLP Sek I waren sie es nicht immer). Offen bleibt zunächst auch die (für die bisherige Unterrichtspraxis in der Qualifikationsphase oft wesentliche) Frage, zu welchen inhaltlichen Schwerpunkten in Zukunft Zentralabiturklausuren gestellt werden; dies wird man aber frühestens 2016 sehen. Übrigens werden die Operatoren ersetzt in einer neuen, gebündelten Übersicht „Überprüfungsformen“.

Das Konzept der Inhaltsfelder ist innovativ und die grundsätzliche Frage: themenorientierter oder chronologischer Geschichtsunterricht? wird eindeutig beantwortet. Die Verbändebeteiligung bis Mai 2013 wird zeigen, ob und wie sich der Vorschlag behaupten kann.

 

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2013): Neue Wege statt der “staubigen Straße der Chronologie” | Entwurf Kernlehrplan Geschichte für die Sek II NRW erschienen. In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 26.3.2013. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/1616, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/1616

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Nachgefragt | Der verkürzte, dreijährige Geschichtsunterricht in der Sek I Gymn. NRW – das Fach Geschichte fünf Jahre nach Einführung des Kernlehrplans


In den letzen Tagen wurde in diesem Blog die Frage nach einem chronologischen oder themenorientierten Geschichtsunterricht in der Sek I aufgeworfen. Daniel Bernsen hat in seinem Blog Medien im Geschichtsunterricht das neue, innovative Konzept des zukünftigen Lehrplans Geschichte für Rheinland-Pfalz zur Diskussion gestellt.

 

Vor gut fünf Jahren trat im Zuge von G8 der Kernlehrplan Geschichte für das Gymnasium NRW (KLP) in Kraft. Wichtigste Änderung war die Verkürzung des Geschichtsunterrichts auf drei Jahre bei einem im Wesentlichen beibehaltenen vollständigen chronologischen Durchlauf. Die naheliegende Epocheneinteilung Antike – Mittelalter – Neuzeit – Zeitgeschichte in bisher vier Schuljahren wurde aufgegeben. Seither reicht das erste Geschichtsjahr (5. oder 6. Klasse) von der Anfangsgeschichte bis zum Hochmittelalter, das zweite Geschichtsjahr (7. oder 8. Klasse) vom Spätmittelalter bis zum Ersten Weltkrieg sowie das dritte Geschichtsjahr (9. Klasse) vom Epochenjahr 1917 bis zu Aspekten der jüngsten Vergangenheit. Zusätzlich wurden je drei Inhaltsfelder Was Menschen früher voneinander wussten und heute voneinander wissen implementiert. Der KLP verfolgt ein kompetenzorientiertes Modell, das allerdings unter politikdidaktischer Domäne und mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Kompetenzbegriffe in Erdkunde, Politik/Wirtschaft und Geschichte die Begriffe Sachkompetenz – Methodenkompetenz – Urteilskompetenz – Handlungskompetenz vorgibt.

Fünf Jahre seit der Einführung sind ein angemessener Zeitraum um zu fragen, wie der Geschichtsunterricht am Gymnasium NRW gegenwärtig dasteht. Fünf Punkte und Aspekte scheinen maßgeblich. Es wäre hilfreich (um z.B. die Frage chronologischer oder themenorientierter Geschichtsunterricht weiterzudenken) hierzu noch mehr (als die auf langjährige Berufserfahrung und mehrere Gespräche zurückgehenden) Eindrücke “aus der Praxis” zu gewinnen.

  1. Sind die vorgegebenen Inhaltsfelder zu schaffen? Viele Kolleg_innen berichten, das besonders das Mittelalter (Endphase 1. Geschichtsjahr /Anfangsphase 2. Geschichtsjahr) kaum mehr berücksichtigt wird, genauso das späte 19. Jahrhundert/der Erste Weltkrieg (Endphase 2. Geschichtsjahr /Anfangsphase 3. Geschichtsjahr) sowie Aspekte der Zeitgeschichte, z.B. BRD/DDR, deutsche Vereinigung (Endphase 3. Schuljahr).
  2. Sind die Inhaltsfelder altersangemessen? Auf den Implementierungsveranstaltungen zum KLP 2007 und 2008 wurde die These vertreten, dass im Grunde jede Epoche in jeder Altersstufe bei angemessener didaktischer Reduktion behandelt werden könne. Auffällig bei der Durchsicht der (2007ff. in großer Eile herausgegebenen) Schulbücher ist aber, dass dieselben Inhalte, die früher beispielsweise in der 9. Klasse behandelt wurden (Revolutionen, politische Ideen, Imperialismus) jetzt im zweiten Geschichtsjahr (7. oder 8. Klasse) durchgenommen werden – und die Schulbücher dabei teilweise schlicht “umetikettiert” wurden. Besonders abstrakte historische Kategorien wie z.B. Staatsform oder Ideologien sind in der Jgst. 7 oder 8 schwer(er) zu verstehen.
  3. Sind die historischen Zugänge vielfältig genug? Zwar bieten besonders die Inhaltsfelder Was Menschen früher voneinander wussten und heute voneinander wissen auch einige alltags- oder mentalitätsgeschichtliche Zugänge, fallen aber häufig aus Zeitgründen unter den Tisch. So bleibt beim engen Zeitrahmen im chronologischen Durchlauf der Fokus vorwiegend auf Ereignis- und Politikgeschichte, dabei oft aus Perspektive von Nationengeschichten, beschränkt.
  4. Ist das zugrundeliegende Kompetenzmodell (lern-)zielführend? Die Debatte über Kompetenzen wurde von außen an die Fachdidaktiken herangetragen; innerhalb der Geschichtsdidaktik gibt es bis heute kein Konzept, das sich nach über zehnjähriger Debatte herauskristallisiert hat. Das hat einer Wertschätzung des Kompetenzbegriffs seitens vieler Lehrer_innen ohnehin nicht geholfen. Kann das – zudem nur teilweise fachspezifische – Konzept, das dem KLP zugrundeliegt, den Anspruch erfüllen, Geschichtsunterricht nicht nur instrumentell zu planen, sondern mittels didaktisch-methodischer Reflexion (über Ausbildung von Geschichtsbewusstsein, Problemorientierung, Gegenwartsbezüge usw.) auch Prozesse historischen Denkens anzuregen? Und können Lehrer_innen es in sinnvolle Unterrichtsplanungen übersetzen?
  5. Haben sich – angesichts des engen Zeitrahmens – Elemente kompetenzorientierten und stärker selbstständigen Lernens durchsetzen können? Kompetenzorientierter Unterricht, beispielsweise die sinnvolle, intensivere Beschäftigung mit Methoden historischen Lernens oder ein vielfältigerer Medieneinsatz brauchen genauso mehr Zeit wie (im NRW-Schulgesetz von 2006 gefordert) stärker auf Individualisierung und Differenzierung zielen Lehr-/Lernkonzepte. Lassen sich die Ausbildung von Kompetenzen oder individuelle Lernformen so mit Lernen historischer Sachinhalte verbinden, dass beiden Ansprüchen hinreichend Rechnung getragen wird?

 

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2012): Nachgefragt | Der verkürzte, dreijährige Geschichtsunterricht in der Sek I Gymn. NRW – das Fach Geschichte fünf Jahre nach Einführung des Kernlehrplans. In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 9.10.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/1278, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/1278

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