‚Seelische Widerstandsfähigkeit stärken‘ als Unterrichtsziel

Ein Workshop zur Leitperspektive „Prävention und Gesundheitsförderung“ im neuen Bildungsplan von Baden-Württemberg. Von Benjamin Ewert Der Workshop zur Leitperspektive „Prävention und Gesundheitsförderung“ – eine von sechs neuen Leitperspektiven im Bildungsplan 2016 – war auf dem Lehrerinnen- und Lehrertag Baden-Württemberg in … Weiterlesen

Quelle: http://hse.hypotheses.org/105

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‚Seelische Widerstandsfähigkeit stärken‘ als Unterrichtsziel

Ein Workshop zur Leitperspektive „Prävention und Gesundheitsförderung“ im neuen Bildungsplan von Baden-Württemberg. Von Benjamin Ewert Der Workshop zur Leitperspektive „Prävention und Gesundheitsförderung“ – eine von sechs neuen Leitperspektiven im Bildungsplan 2016 – war auf dem Lehrerinnen- und Lehrertag Baden-Württemberg in … Weiterlesen

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Gastbeitrag von Robert Rothmann zur Videoüberwachung

Videoüberwachung reloaded von Robert Rothmann

Anhand von Zwischenfällen wie dem vereitelten Bombenattentat am Bonner Hauptbahnhof oder der Vergewaltigung einer Frau in einem Waggon der Wiener U-Bahn, keimt die Debatte rund um Videoüberwachung immer wieder auf. Diskutiert wird diesmal vor allem die präventive Ineffektivität der Maßnahme, wobei auf eine zu geringe Kameradichte sowie die nicht durchgehend in Echtzeit stattfindende Sichtung des Bildmaterials verwiesen wird. Damit wird implizit die Annahme genährt, es wäre möglich, durch genügend Überwachung auch eine Situation schaffen zu können, in der es keine derartigen Zwischenfälle gibt. Doch Sicherheit ist eine Variable ohne Obergrenze. Absolute Sicherheit kann es nie geben, auch nicht mit totaler Überwachung. Dies scheint besonders dann nachvollziehbar, wenn es sich um ideologisch motivierte (Selbstmord-)AttentäterInnen handelt oder impulsiv im Affekt oder Rausch agiert wird.

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Der französische Soziologe Émile Durkheim hat bereits 1895 festgestellt, dass eine Gesellschaft keine derart allumfassende und absolute Uniformität aufweisen kann, die ausreichend wäre, jede Überschreitung und Dissidenz zu verhindern. Als zwangsläufiger Bestandteil von Gesellschaften erfüllt Devianz mitunter auch den Zweck der Normfestigung. Um zu definieren was normal ist, braucht es das Abweichende (vgl. ebd. 1984: 156ff)1. Auch die oben zitierten Beispiele funktionieren auf diese Weise. Als markante Extremfälle generieren sie eine Art moral panic (vgl. Cohen 1987)2 und fungieren als Impuls zur Festigung eines allgemeinen moralischen Konsens. So tragen derartige Zwischenfälle auch wesentlich zur Durchsetzung und Festigung neuer Sicherheitsrichtlinien und der Konstituierung einer neuen öffentlichen Ordnung bei.

Doch ob Videoüberwachung tatsächlich die Sicherheit erhöht, kümmert offenbar niemanden. So wird zwar viel in die Installation der Systeme investiert, der wissenschaftliche Nachweis über die sicherheitstechnische Eignung bleibt aber weitgehend aus (vgl. Rothmann 2012)3. Dies ist insofern problematisch, weil Videoüberwachung nach wie vor als Eingriff in die bestehenden Grundrechte auf Privatsphäre und Datenschutz gilt und daher immer auch nach Verhältnismäßigkeit verlangt. Dies bedeutet, dass die Überwachungsmaßnahme nur dann zulässig ist, wenn sie auch nachweislich zur Zweckerfüllung geeignet ist und zudem keine andere Lösung verfügbar ist, die ein gelinderes bzw. weniger eingriffsintensives Mittel zur Zweckerfüllung darstellt.

Abseits der Lehrbücher reicht aber scheinbar aus, wenn das gespeicherte Videomaterial grundsätzlich die Option bietet, nach Indizien, Hinweisen oder Anhaltspunkten zu suchen, um TäterInnen nachträglich leichter ausforschen und überführen zu können. Bleibt nur zu klären, ob Videoüberwachung dann noch als präventive Maßnahme zur Vorbeugung von Straftaten bezeichnet werden kann (vgl. Töpfer 2009)4. Doch wieso auch nicht? Die Möglichkeit ein Delikt zu verhindern besteht. Darüber hinaus erfährt Videoüberwachung auffällig große Zustimmung und Akzeptanz. Mit zunehmender Verbreitung und Etablierung der Maßnahme steigt die Zustimmung sogar an, als würden anfängliche SkeptikerInnen ihre Scheu verlieren (vgl. Reuband 20015, Hempel & Töpfer 20046 ).

Dass es sich bei Videoüberwachung um einen Eingriff in Persönlichkeitsrechte handelt, die auch für Verhalten in der Öffentlichkeit gelten (vgl. König 2007: 114)7, ist angesichts der Mediatisierung und Virtualisierung eines Großteils unserer Lebenswelten kaum mehr verständlich. In Alltagsdiskussionen vermischen sich dann Akzeptanz und Grundrechtsverzicht mit einem autoritären Ruf nach law & order. Zugleich wird Anonymität als sicherheitsgefährdendes Übel abqualifiziert (vgl. Sennett 1983)8 und der datenschutzrechtliche Anspruch auf Geheimhaltung personenbezogener Informationen zunehmend illegitim und mitunter verdächtig. Doch wohin führt uns diese Entwicklung? Wieviel Grundrechts-Erosion verträgt eine liberale demokratische Gesellschaft? Haben wir es vielleicht mit einem Paradigmenwechsel zu tun? Stehen wir gar am Beginn einer Post-Privacy Ära?

  1. Durkheim, Emile (1984): Die Regeln der soziologischen Methode. Herausgeben und eingeleitet von Rene König. suhrkamp taschenbuch wissenschaft 464.
  2. Cohen, Stanley (1987): Folk Devils and Moral Panics: The Creation of the Mods and Rockers. Oxford. Basil Blackwell.
  3. Rothmann, Robert (2012): Zur Evaluation der Sicherheitstechnischen Eignung von Videoüberwachung. Regionale Defizite, internationale Standards, methodische Herausforderungen, in: juridikum, zeitschrift für kritik ǀ recht ǀ gesellschaft. 4/2012. S. 481-493.
  4. Töpfer, Eric (2009): Videoüberwachung als Kriminalprävention? Plädoyer für einen Blickwechsel. In: Kriminologisches Journal, Heft 4/2009, S. 272-282.
  5. Reuband, Karl-Heinz (2001): “Videoüberwachung. Was die Bürger von der Überwachung halten”, in: Neue Kriminalpolitik, Vol. 13, No. 2, S. 5-9
  6. Hempel, Leon; Töpfer, Eric (2004): On the Threshold to Urban Panopticon? Analysing the Employment of CCTV in European Cities and Assessing its Social and Political Impacts. Berlin.
  7. König, Gregor (2007): Videoüberwachung und Datenschutz – Ein Kräftemessen. In: Jahnel, Dietmar; Siegwart, Stefan; Fercher, Natalie (Hg.) Aktuelle Fragen des Datenschutzrechts. Facultas, Wien. S. 109-147.
  8. Sennett, Richard (1983): Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. Berliner Taschenbuch Verlag.

Quelle: http://www.univie.ac.at/identifizierung/php/?p=5290

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Neue Erkenntnisse zur Vorratsdatenspeicherung

Wie in den österreichischen Medien jetzt auch krone.at (“Vorratsdaten nicht zur Prävention von Terror geeignet”) und zuvor derstandard.at (“Vorratsdatenspeicherung kein Mittel gegen Terrorismus”) berichten, veröffentlichte die Technische Universität Darmstadt pünktlich zum 11. Jahrestag von 9/11 in einer Presseaussendung Ergebnisse einer Untersuchung zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten. Die Kernaussage darin ist, dass die Vorratsdatenspeicherung womöglich kein geeignetes präventives Mittel ist, um terroristische Anschläge zu verhindern. In der Aussendung heißt es:

„Das hierzulande vorgebrachte Hauptargument, dass Terroristen schon vor einer Straftat identifiziert werden könnten – also rein präventiv –, ist nach unserer Studie fraglich“, bringt es der Bioinformatiker Prof. Kay Hamacher vom Fachgebiet Computational Biology and Simulation, auf den Punkt. „Entgegen bisheriger Vermutungen haben unsere Simulationen gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, Terroristen ausfindig zu machen, praktisch nicht steigt“, konkretisiert Hamacher, der die Studie gemeinsam mit Prof. Stefan Katzenbeisser, Security Engineering Group der TU Darmstadt, leitete.

Es ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Um terroristisches Verhalten erkennen zu können, müssen Telekommunikationsmuster erkannt werden, die von “normalen” Mustern abweichen. Die Forscher erklären es für problematisch,  “dass auch unverdächtige und gesellschaftlich gewollte Organisations- und Kommunikationsstrukturen auf diese Weise funktionieren” und führen die Organisation einer Hochzeit als Beispiel an.  Es ist also nicht möglich, als terroristisches Verhalten definierte Muster von “normalen”, nicht terroristischen Mustern zu unterscheiden. Außerdem sei es für Terrorgruppen ohne weiteres möglich, die “Ermittler auf falsche Spuren zu locken”, etwa durch die Bildung einer Art “Zwillings-Gruppe”, die durch ihr Verhalten die Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Auch potentielle Bankräuber verhalten sich “normal”

Sehr ähnliche Ergebnisse präsentiere ich in meinem Paper “The thinking eye is only half the story: High level semantic video surveillance”: Um Vorbereitungshandlungen von möglichen Banküberfällen (z.B. Ausspionieren der Örtlichkeit) präventiv verhindern zu können, gibt es die Möglichkeit, mit Hilfe von Kameras und Bildverarbeitungsalgorithmen Bewegungsmuster von Personen automatisiert zu analysieren.

Bei den Beobachtungen in Bankfilialen hat sich aber ergeben, dass das Verhalten von “normalen” Bankkunden so unterschiedlich und divers ist, dass das Erkennen und Herausfiltern von ungewöhnlichen oder sogar verdächtigen Bewegungsmustern nicht mehr möglich ist. Wenn man also nur diejenigen herausfiltern würde, die vom Durchschnittsverhalten abweichen (z.B. eine Person, die in aller Ruhe ein Überweisungsformular ausfüllt und anschließend in einer Schlange vor dem Schalter wartet), würde es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit immer die Falschen, nicht aber potentielle Bankräuber treffen. Auch hier habe ich den Vergleich mit der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gebracht: Denn z.B. im Verhältnis zu geschätzten 70 Milionen Personen, die pro Jahr die 512 Bankfilialen in Wien pro Jahr betreten und verlassen, ereigneten sich etwa im Jahr 2008 in Wien “nur” 63 Banküberfälle  (Musik 2011: 348f.).

Quelle: http://www.univie.ac.at/identifizierung/php/?p=3966

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