Chinabilder 2014: “Manche mögen Reis”

Chinabilder in der Belletristik (im weitesten Sinne) sind ein sehr weites Feld zwischen  Karl Mays Kong-Kheou, das Ehrenwort,  Sax Rohmers Dr. Fu Manchu,  Hergés Le lotus bleu, Romanen von Pearl S. Buck und Han Suyin, Robert van Guliks Richter Di-Reihe, Pixi-Büchern wie Petzi fährt nach China, Krimis von Christopher West und Peter May, Petra Häring-Kuans Chinesisch für Anfänger, Richard Masons Suzie Wong und Gene Luen Yangs Boxers & Saints – eine zufällige und willkürliche Auswahl, die die Bandbreite nur andeuten kann: Unterhaltungsliteratur, Kriminalromane und Thriller, ‘Chick-Lit’, Kinderbücher, Comics und Graphic Novels etc. etc. Eine (nicht mehr ganz) neue Facette eröffnet das “erzählende Sachbuch”[1] aus der ‘So sah ich China’-Perspektive: Ausländer berichten über ihre Zeit in China. Da sind zwar auch Journalisten, die sich nur für kurze Zeit in China aufhalten, in der Mehrzahl sind diese Berichte von Expats, die Jahre ihres Lebens in China zubringen.

Klassische Beispiele für Erfahrungsberichte aus China sind unter anderem Max Scipio von Brandt: 33 Jahre in Ostasien – Erinnerungen eines deutschen Diplomaten (1901), Egon Erwin Kisch: China geheim (1933), Hugo Portisch: So sah ich China (1965) und Augenzeuge in Rotchina (1965), Klaus Mehnert: China nach dem Sturm. Bericht und Kommentar (1971), Harrison Salisbury: To Peking and Beyond: A Report on the New Asia (1973), Lois Fischer-Ruge Alltag in Peking. Eine Frau aus dem Westen erlebt das heutige China (1981), Harrison Salisbury: Tiananmen Diary: Thirteen Days in June (1989) und Peter Scholl-Latour: Der Wahn vom Himmlischen Frieden. Chinas langes Erwachen (1990).

Jüngere Beispiele sind unter anderem: Tim Glissold:  Mr. China: A Memoir (2006), Peter Hessler: River Town: Two Years on the Yangtze (2006), Matthew Polly: American Shaolin (2007), Michael Levy: Kosher Chinese: Living, Teaching, and Eating with China’s Other Billion (2011), Dominic Stevenson: Monkey House Blues. A Shanghai Prison Memoir (2010), Peter Hessler: Country driving : a Chinese road trip (2010, dt. Über Land: Begegnungen im neuen China (2009)) Alan Paul, Big in China. My Unlikely Adventures Raising a Family, Playing the Blues, and Becoming a Star in Beijing (2011), Leanna Adams: Pretty Woman Spitting. An American’s Travels in China (2012).
Diese Berichte zeichnen naturgemäß höchst unterschiedliche Bilder von China zwischen Faszination und Frustration, zwischen Abscheu und Begeisterung. Allen gemeinsam ist das Sich-Einlassen auf China.

Ganz anders ist Manche mögen Reis. Skurriles aus dem Reich der Mitte. ((Susanne Vehlow: Manche mögen Reis. Skurriles aus dem Reich der Mitte (Berlin: Ullstein 2014).)) Fassungslosigkeit ist eine unzulängliche Beschreibung meiner Reaktion auf “eine umwerfende Erfahrung, mitten unter Chinesen zu leben!”[2] Die Autorin ist Sport- und Englischlehreren und lebte mit Mann und Kindern von 2009 bis 2014 in Shanghai, wo sie und ihr Mann an der Deutschen Schule unterrichteten.[3]

Vehlow: Manche mögen Reis

Vehlow: Manche mögen Reis (Quelle: Ullstein Verlag)

Das Cover zeigt drei ‘Chinesen’ in pyjamaartigen Gewändern, mit langem Zopf und Kegelhut. Sie bedienen sich aus einer überdimensionalen (und perspektivisch ziemlich eigenartig wirkenden) Schale mit weißem Reis. Die Figur im roten Gewand führt einen kleinen grünen Drachen an einer Leine – und im Hintergrund lehnt in der Ecke ein Kontrabass – wohl in Anlehnung an das Kinderlied “Drei Chinesen mit dem Kontrabass”[4]

Eigentlich sollte das eine ausreichende Warnung sein. Tatsächlich wird auf 330 Seiten  in 52 Kapiteln kein Klischee ausgelassen: Menschenmassen, Küche, Wohnverhältnisse, Klima/Wetter in Shanghai, Verkehr, Küche, hygienische Verhältnisse und Charakter ‘der Chinesen’ schlechthin.

Zum – zugegeben gewöhnungsbedürftigen – Straßenverkehr in Shanghai heißt es: “Mit den Verkehrsregeln nehmen sie es hier nicht so genau” (S. 42). ‘Man’ hat kein Auto, weil man nur einen Block von der Schule entfernt wohnt und den Weg mit dem Rad zurücklegt. Für alles andere gibt es Taxis – Taxifahren ist ein Abenteuer, dasimmer wieder thematisiert wird, speziell im Kapitel 17 “Taxifahren” (S. 112-116). Damit ‘man’ dieses Abenteuer überlebt, muss ‘man’ sowohl die Startadresse als auch die Zieladresse entweder auf Visitenkarten dabeihaben oder aber von speziellen Webseiten ausdrucken. Aber selbst dann ist es nicht sicher, dass man ohne Probleme von A nach B kommt. Denn die Fahrer sprechen nur Chinesisch.

Die chinesische Sprache aber bleibt für die Expats in den fünf Jahren in Shanghai ein Buch mit sieben Siegeln – zu schwer zu lernen, schließlich “bedeutete ein Wort etwas gänzlich anderes, wenn man es mit der falschen Betonung aussprach” (S. 113). Umso skurriler mutet die “kleine[n] Einführung ins chinesische  Verkehrseinmaleins”  (S. 116). an, denn “um Verwirrungen zu vermeiden” (S. 115) wird auf Tonzeichen verzichtet – von Schriftzeichen gar nicht zu reden.

Die “Lauweis” (S. 48 und passim)[5], wie die Autorin sich selbst und ihre Familie nennt, stolpern durch Shanghai, sie leben in einem Compound, zwar weit weg von ‘allem’, aber in einem großen Haus – und sie hat eine ‘Ayi’[6], die sich um den Haushalt kümmert (für umgerechnet  200 Euro im Monat fünfmal pro Woche acht Stunden (S. 55)). Leider hatte sich in “Expat-Kreisen [...] herumgesprochen, dass Ayis zwar oft wirklich gute Seelen waren, es jedoch nicht wenige unter ihnen gab, die das eine oder andere einsteckten, die ein Nickerchen hielten, wenn die Dame des Hauses nicht daheim war [...] oder Partys [feierten].” (S. 67) Doch die Familie hatte zum Glück wirklich Glück mit ihrer Ayi.
Der Alltag außerhalb von Compound und Schule gestaltet sich schwierig, jeder Einkauf (z.B.  bei “Tschallefu”[7] und “Idscha”[8] ) wird zum Abenteuer- oder zum Horrortrip. Das Shanghai außerhalb des Compounds wird nur am Wochenende erfahren/erlebt, wobei ‘man’ sich auf Touristenpfaden bewegt: Bund, Oriental Pearl Radio & TV Tower, Pudong, das Shanghai World Financial Center (der “Flaschenöffner”) etc.

Eher zwiespältig scheint das Verhältnis zur chinesischen Küche zu sein. ‘Man’ geht zwar oft und häufig essen, denn das “ist hier tatsächlich supergünstig[, i]nsbesondere wenn du chinesisch essen gehst.” (130) Die Sache hat mehrere Haken: das miese, ungemütliche, wenig einladende Ambiente, die Tischsitten ‘der Chinesen – und

Es schmeckt nicht so wie beim Chinesen in Berlin. Ganz anders. Kann ich kaum beschreiben. Sie verwenden ganz andere Gewürze. Und wirklich jedes Gericht schmeckt eigen. (S. 131)

Zum Glück gibt es Abhilfe – in der Hongmei Lu 虹梅路 gibt es eine kleine Fußgängerzone mit nicht-chinesischen Lokalen.

Da findet man auf jeden Fall etwas, wenn man mal wieder Lust auf ‘normales’ Essen hat (S. 132)

Bei “Tschallefu” gibt es die aus der Heimat vertraute Nussnougatcreme – leider ziemlich teuer, aber das muss sein; Müsliriegel werden überlebenswichtig, falls ‘nichts Normales’ aufzutreiben ist. Und aus der Heimat kommen Fresspakete mit Lebkuchen und den Zutaten für Schokoladekuchen.

Immer wieder sind die “Lauweis” erstaunt über ‘die Chinesen’:

Überall waren sie. Auf den Gehwegen, auf den Rolltreppen, in den Läden, im Aquarium, auf dem Klo – überall kleine schwarzhaarige Menschen in den schrillsten Klamotten. (89 f.)

‘Die Chinesen’ sind nicht nur eigenartig gekleidet, sie verhalten sich  mitunter eigenartig. Und natürlich können ‘die Chinesen’ nicht  oder nicht sehr gut Englisch und können kein “r” aussprechen: “Plies hold sis spoon inflont of yo left eye.” (S. 50). Doch es gibt auch Ausnahmen, die beides können, wie der Makler, der der Familie das Haus vermittelt hat (S. 54): “Was für eine Wohltat. Es gab anscheinend auch Leute, die uns ohne Pantomime-Einlage verstanden.” (S. 55)

Die Autorin scheint – im Gegensatz zu ihrem Mann – das Leben in Shanghai als kaum erträglich und unendlich schwierig zu empfinden. Lichtblicke scheinen rar: die Wochen und Monate, wo ‘man’ aus Shanghai wegkommt (Ferienreisen nach Australien, auf die Philippinen, nach Kambodscha, Myanmar und Malaysia), Heimatbesuche und Besuche von Familie und Freunden in China, mit denen auch Nanjing, Xi’an, Beijing und Guilin in Wochenendtrips  abgegrast werden.
Im Rahmen dieser Kurztrips werden Informationen zur Kultur und zur Geschichte eingeworfen, so unter anderem zu  Kalender, Tierkreis und Neujahrsfest (S. 172-177), zu einem chinesischen Badehaus (183-187), zur Terrakotta-Armee in Xian, zur Stadtmauer und zum Sun-Yat-sen-Mausoleum in Nanjing (und bei Nanjing darf John Rabe nicht fehlen.)

Die kursorischen Informations-Fragmente reichen dem Ullstein Verlag, um den  Titel mit dem Etikett “Erzählendes Sachbuch”  zu versehen. Dazu kommen die Etiketten”Humor” und “Politik/Internationale Politik”. Wie es zu der Einordnung kommt, erschließt sich mir nicht. Die politischen Verhältnisse werden mit keiner Silbe erwähnt und das Humoristische beschränkt sich allenfalls auf unfreiwillige Komik (die so wohl nicht intendiert war).

Die Lektüre macht fassungslos: Holzschnittartig und schablonenhaft werden Episoden und Typen aneinandergereiht.  Das in China Erlebte wird am aus Deutschland vertrauten ‘Normalzustand’ gemessen und bewertet.  Die Klischees vom ausländerfeindlichen, unberechenbaren Orientalen wird einmal mehr fortgeschrieben. Traurig nur, dass diese Ansammlung von Stereotypen auch 2014 noch unter “China-Erfahrung” und “China-Erfahrungsbericht” läuft.

Sollte Manche mögen Reis ins Chinesische übersetzt werden, empfiehlt sich der erste Satz aus dem kleinem Sprachkurs “Praktisches Chinesisch – die wichtigsten Sätze” in Christan Y. Schmidts Bliefe von dlüben. Der China-Crashkurs [9]:

In jeder Situation:
Bù,  wǒ bù shì dé guó rén. /Wǒ shì liè zhī dūn shì dēng rén.[10]
Nein, ich bin kein Deutscher. / Ich komme aus Liechtenstein. (S. 208)

Österreicher und Österreicherinnen brauchen nicht zu schummeln, die ersetzen Lièzhīdūnshìdēngrén einfach durch Àodìlì rén 奧地利人.

  1. Der Dreh mit dem ‘erzählenden Sachbuch’ ist nicht neu,  s. Rainer Traub: “Die Luftnummern der Lizenzstrategen” In: Der Spiegel 10/2000 (06.03.2000).
  2. Susanne Vehlow: Manche mögen Reis. Skurriles aus dem Reich der Mitte (Berlin: Ullstein 2014), Umschlagrückseite.
  3. Vehlow (2014), Frontispizseite.
  4. Zum Reinhören “Drei Chinesen mit dem Kontrabass“.
  5. laowai 老外 – wörtlich “Alter Fremder” ist eine generische Bezeichnung für Ausländer, wird im Buch aber immerwieder mit “Langnasen” übersetzt.
  6. āyí 阿姨  – wörtlich “Tante”, eine Hausangestellte.
  7. Jiālèfú  家乐福  / 家樂福   = Carrefour.
  8. Yíjiā  宜家  = IKEA
  9. Christian Y. Schmidt: Bliefe von dlüben. Der China-Crashkurs (Berlin: Rowohlt 2009). Schmidt beschreibt zwar das Leben in Beijing, ist aber ungleich unterhaltsamer (z.B. das Kapitel “Meine chinesische Tante” (S. 125-129) über die Ayi.
  10. Korrekt wäre: Bù,  wǒ bù shì déguórén. 不,我不是德國人。 / Wǒ shì lièzhīdūnshìdēngrén. 我是列支敦士登人。

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1571

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Geschichte Chinas im Bild (V)

Die ersten vier Teile der (losen) Reihe ‘Geschichte Chinas im Bild’ (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4) stellten Foto-Sammlungen/Archive zusammen. In diesem Teil geht es um Holzschnitte, Kupferstiche etc., die in China entstanden und in Sammlungen in aller Welt gelandet sind.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1516

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Die sogenannte ‘Hunnenrede’ im Spiegel satirisch-humoristischer Blätter. Eine Materialsammlung

Am 27. Juli 1900 verabschiedete Wilhelm II. das deutsche Ostasiatische Expeditionskorps mit einer Ansprache, die schon bald unter der Bezeichnung “Hunnenrede” Gegenstand hefitger Debatten wurde.[1]  Die wohl bekanntesten Zitate aus dieser Rede lauteten:

Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!

Wie vor tausend Jahren die Hunnen … sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in der Überlieferung gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name Deutschland in China in einer solchen Weise bestätigt werden, daß niemals wieder ein Chinese es wagt, etwa einen Deutschen auch nur scheel anzusehen.

In den allgemeinen Tageszeitungen der letzten Julitage wurde die Rede ausführlich dargestellt und kommentiert, unter anderem in der Neuen Freien Presse vom 28. Juli 1900[2], in Das Vaterland vom 28. Juli 1900[3] oder in der Reichspost vom 29.7.1900[4] So ist es wenig überraschend, dass auch satirisch-humoristische Blätter das Thema schnell aufgriffen;  Verweise auf die Rede (häufig ohne diese explizit zu erwähnen) folgen auch noch nach Monaten (z.B. im Kontext der schleppenden Friedensverhandlungen mit China 1901) und Jahren – wie diese kleine Materialsammlung zeigt.

Die Schwierigkeiten, eine verbindliche Textfassung der Rede aufzutreiben, thematisiert der Kladderadatsch  am 5.8.1900:

Die Ansprache, die unser Kaiser am 27. Juli in Bremerhaven an die nach China abfahrenden Truppen gehalten hat, ist der Welt nur bruchstückweise und in so verschiedenen Fassungen bekannt geworden, daß sich ihr Wortlaut schwerlich noch wird feststellen lassen. Darüber herrscht im Publicum lebhafte Verwunderung. Man meint, es sei doch bekannt geesen, daß der Kaiser sich von den Truppen verabschieden wollte, und da hätte man für die nöthigen Stenographen sorgen und vielleicht den ganzen Vorgang durch den Kinematographen aufnehmen lassen müssen.
Das ist ja alles ganz gut, aber wer konnte denn wissen, daß der Kaiser sich von den Truppen gerade mit einer Ansprache verabschieden würde?[5]

Der in Wien erscheinende Floh brachte auf dem Titelblatt der Nr. 31 (1900) die Karikatur “Der Siegeszug der Hunnen”.

Der Floh Nr. 31 (1900) S. 1

Der Floh Nr. 31 (1900) S. 1 – Quelle: ANNO

Der auf einem schnaubenden Pferd sitzende “König Etzel” (der zum wallenden Haar und zum üppigen Vollbart den für den deutschen Kaiser so typischen hochgezwirbelten Schnurrbart trägt)wendet sich an die Truppen:

Hunnen und Avaren! Ihr zieht jetzt gegen die grausamen Cherusker und Cimbrier! Seid tapfer, wie es den Mannen Etzels gebührt, tapfer, aber nicht grausam! Gebt Pardon! Gefangene werden gemacht und Wehrlose menschlich behandelt. Führt Eure Waffen so, daß auf tausend Jahre hinaus kein Cherusker Anlaß hat, einen Hunnen scheel anzusehen! Adieu, Kameraden![6]

In den Wiener Caricaturen vom 5. August 1900 wird die Passage “Pardon wird nicht gegeben!” aufgegriffen – im Gedicht “Kein Pardon!”, wo es unter anderem heißt:

Verthiertes Asiatenvolk
Hat in den letzten Wochen
Mit Lug und Trug und feigem Mord
Das Völkerrecht gebrochen.
Drum fand das Wort wie Donnerschall
In ganz Europa Wiederhall [sic!]
Das Wort des Rächers auf dem Thron:
Kein Pardon! [...][7]

Der Kikeriki greift das Thema nicht direkt auf, sondern lässt die ‘Hunnenrede’ nur anklingen, wenn es heißt:

Rache den Chinesern!
Wenn sie einmal gebändigt sein werden, dann sollen sie die ganze Wucht der europäischen – Cultur kennen lernen![8]

Im Rahmen der Beschäftigung mit der Rückkehr des ‘Weltmarschalls’ Graf Waldersee nach Europa kommen wiederholt (in der Regel nicht weiter erläuterte) Anspielungen auf die ‘Hunnenrede’, so heißt es etwa im Floh Nr. 24 (1901):

Empfangsvorbereitungen für Waldersee in Berlin
[...] Anläßlich eines Manövers, das dem heimgekehrten Grafen zu Ehren veranstaltet werden soll, werden die modernen Hunnen das Abhauen von Köpfen produciren.[9]

Wenige Wochen später geht es im Floh um Auszüge “Aus Waldersee’s Liederbuch”:

I.
Gottlob, der Krieg ist nun vorbei,
jetzt gibt es kein Gemetzel,
Man reibt mir unter die Nase nicht mehr
Den Hunnenkönig, den Etzel. [..][10]

Die Wiener Humoristischen Blätter schossen sich besonders auf Waldersee ein. So heißt es am 18. August 1901 unter dem Titel “Vom Grafen Waldersee”:

[...] Beim Diner sieht er es nicht gerne, wenn Lorbeersauce auf den Tisch kommt, weil er darin eine Frozzelei erblickt. Die Worte „Attila“, „Hunnen“, „Rache“ darf man vor ihm nicht aussprechen, und wenn er einmal indisponirt ist, dürfen die Aerzte Alles veschreiben nur keine Chinapräparate. Am merkwürdigsten ist aber daß er oft in der Nacht auffährt, nach dem Säbel greift und durchaus Jemanden köpfen will. Seine Schlaflosigkeit ist so hochgradig, daß man ihm die Protocolle der chinesischen Verhandlungen vorlesen muß, bis er endlich einschläft. ((Humoristische Blätter Nr. 33 (18.8.1901) 2.))

Ähnliches findet sich zwei Beiträgen in den Wiener Humoristischen Blättern vom 28. Juli 1901. Unter dem Titel “Programm für Waldersee’s Ankunft. (Von “Ihm” [d.h.: vom deutschen Kaiser] entworfen” heißt es:

  1. Begrüssungsansprache, gehalten von Aegir.
  2. Rede, theils zu Wasser, theils zu Lande gehalten von „Ihm“
  3. Defilirung sämmtlicher Bürgermeister Deutschlands unter dem Commando eines Unteroffciers.
  4. Einzug durch eine mit Chinesenschädeln verzierte Triumphpforte
  5. „Civilisations“-Festessen im Rathhaus
  6. Festvorstellung mit folgenden Nummern:
    a. Hunnenritte, ausgeführt von einer hervorragenden Circusgesellschaft
    b. Civilisationsquadirlle, angeführt von sämmltichen Scharfrichtern Deutschlands
    c. Preisköpfen
    d Festvorstellung im Theater (Aufgeführt wird „Attila“, ein Gelegenheitsstück von Major Lauff)
    e. Neuerliche Ansprache von „Ihm“[11]

Das Thema ‘Reden des deutschen Kaisers’ – extrem lang und bei jeder sich bietenden Gelegenheit – nimmt in den Wiener satirisch-humoristischen Blättern breiten Raum ein, hier aber sind die gehäuften Reden beim Empfang ein direkter Verweis auf die ‘Hunnenrede.’
Der zweite Beitrag der Humoristischen Blätter widmet sich den Orden und Auszeichnungen, mit denen die aus China zurückkehrenden Truppen bedacht wurden. Unter dem Titel “Der Culturorden.” heißt es:

Wie wir erfahren, soll jetzt in Deutschland ein neuer Orden eingeführt werden. Er führt den Namen Culturorden und wird in drei Classen verliehen.

  1. Das gewöhnliche Culturordenskreuz. Es ist ein Ordenskreuz, wie jedes andere, nur hat es im Mittelfelde eine kleine Knute. Es wird verliehen an Leute vom Feldwebel abwärts, die sich in Colonien energisch und thätig erwiesen haben.
  2. Der Commandeurstern des Culturordents ist ein grosser Stern, der an der linken Brustseite zu tragen ist. Im Mittelfelde ist ein abgeschnittener Chinesenkopf zu sehen. Wird an höhere Officiere verliehen, die sich in Colonialkriegen ausgezeichnet haben.
  3. Das Grosskreuz des Culturordens, überreich mit Brillanten besetzt, trägt im Mittelfelde das Bildnis Attila’s und der Wahlspruch: „Unten durch!“ Das Bildnis ist mit Todtenschädeln [sic!] garniert. Das Grosskreuz wird nur an siegreiche Weltmarschälle verliehen.[12]

In der Zeit des Besuchs der so genannten “Sühnegesandtschaft” in Berlin taucht das Thema ‘Hunnen’ wieder auf. Der Floh berichtet über “Populäre Vorlesungen (Gehalten an der ‘Akademie für Schwachsinnige der höheren Stände)

[...] Das römische Weltreich ging hauptsächlich in Folge der Völkerwanderung unter. Es war nämlich gegen Ende des Alterthums eine Menge von Völkern herausgewachsen, die es schon nicht mehr erwarten konnten, in der Weltgeschichte eine Rolle zu spielen. Da waren zunächst die Hunnen, die unter Attila so fürchterlich hausten, dass sie dem Weltmarschall Waldersee später in China als Vorbild dienen konnten. – […][13]

“Tsin, Tsan, Tschun …! Ein chinesisches Sühnelied” in den sozialdemokratischen Neuen Glühlichtern[14] verbindet die ‘Sühnegesandtschaft’ direkt und explizit mit der ‘Hunnenrede’:

Tsin, Tsan, Tschun.
Der Sühneprinz hier war nun.
Er bracht’s in Tusch und Seiden fein,
Man wolle fürder brav nun sein,
Und daß es ihn stets hat gegraut,
Wenn man ‘nen Deutschen „scheel“ ang’schaut! [...]

Tsin, Tsan, Tschun,
Der Sühneprinz still stand’ nun.
ER ernst doch auf dem Throne saß
(Sogar auf’s Reden ganz vergaß) [...]

Drauf sah ER streng an Tschunen
(Denkt an die Red’ der Hunnen!) [...][15]

Und die ‘Hunnenrede’ könnte auch gemeint sein, wenn es in  dem (schon an anderer Stelle erwähnten) “Belehrenden Stammtisch-Vortrag” des “Original-Geographen” des Kikeriki  im November 1911 heißt:

Sonst haben sie [gemeint: die Chinesen] noch geschlitzte Augen, mit denen sie alle Fremden schief anschauen und einen langen Zopf.[16]

Der Wahre Jakob Nr. 367 (14. August 1900)

Der Wahre Jakob Nr. 367 (14. August 1900) | Quelle: UB Heidelberg

Im Simplicissimus finden sich einige Stellen, die sich auf die ‘Hunnenrede’ beziehen – in Karikaturen und Texten. Die Karikatur “Moderne Hunnen” von Eduard Thöny[17] zeigt nichts Chinesisches, sondern drei Offiziere, die einander begegnen:

“Hätte die Herren beinahe nicht jesehen, Pardon.”
“Pardon wird nich mehr jejeben.”[18]

Am 28. 8. 1900 heißt es in der “Schloßhofrede” von Peter Schlemihl:

Der Großherzog von Gerolstein ließ sein Regiment und alle Beamten im Schloßhofe antreten und sprach mit lauter Stimme:
“Soldaten! In der letzten Zeit wird sehr viel über mich genörgelt. Ich pfeife darauf. Das lausige Bürgerack meint, zum Maulaufreißen ein Recht zu haben, weil es Steuern zahlt. Das ist Dummheit. Ich werde den Hunden zeigen, was Raison heißt. Maul halten, das will ich! Schießt jeden nieder, der mit der Wimper zuckt, wenn ihr meinen Allerhöchsten Namen nennt. Das befehle ich euch. Schont kein Alter und kein Geschlecht, ich will es. Verstanden? Abtreten!” [... ][19]

Nota bene … ist diese Materialsammlung nur ein Anfang, Fortsetzung folgt (und Hinweise werden gerne entgegengenommen!)

  1. Zur Rede und zur maßgeblichen Textversion: Bernd Sösemann: “Die sog. Hunnenrede Wilhelms II. Textkritische und interpretatorische Bemerkungen zur Ansprache des Kaisers vom 27. Juli 1900 in Bremerhaven.” In: Historische Zeitschrift 222 (1976), S. 342–358.
  2. Neue Freie Presse Nr. 12905 (28.7.1900) S. 3 f. – Online: ANNO.
  3. Das Vaterland Nr. 205 (28.7.1900) S. 4. – Online: ANNO.
  4. Reichspost Nr. 171 (29.7.1900) 2 – Online: ANNO.
  5. Kladderadatsch Nr. 31 (5.8.1900) 123.
  6. Der Floh Nr. 31 (1900) [1].
  7. Wiener Caricaturen Nr. 32 (5.8.1900) S. 2 – Online: ANNO.
  8. Kikeriki Nr. 61 (2.8.1900) S. 4- Online: ANNO.
  9. Der Floh Nr. 24 (1901) S. 4.
  10. Der Floh Nr. 32 (1901) 2.
  11. Humoristische Blätter Nr. 30 (28.7.1901) 2.
  12. Humoristische Blätter Nr. 30 (28.7.1901) 2.
  13. Der Floh Nr. 35 (1901) 3.
  14. Neue Glühlichter Nr. 143 (26.9.1901) 163.
  15. Neue Glühlichter Nr. 143 (26.9.1901) 163.
  16. Kikeriki Nr. 92 (16.11.1911) 2.
  17. Simplicissimus  14.08.1900 Jg. 5, Heft 21, 168.
  18. Simplicissimus  14.08.1900 Jg. 5, Heft 21, 168.
  19. Simplicissimus 28.08.1900 (Jg. 5) Heft 23, S. 182.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1483

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Zwei Sammlungen von China-Karikaturen (1900)

Die militärische Intervention zur Unterdrückung der Yihetuan 義和團-Bewegung (1900/01) war (wie an anderer Stelle ausgeführt) in den Zeitungen Europas das Thema des Sommers  des Jahres 1900, in allgemeinen Zeitungen, aber auch in satirisch-humoristischen Blättern – es ist daher wenig überraschend, dass schon zeitnah Sammlungen von China-Karikaturen erschienen. Zwei dieser Sammlungen sollen in diesem Beitrag vorgestellt werden.

Vermutlich Ende1900 gab der Journalist und Kunsthistoriker John Grand-Carteret (1850-1927) eine Sammlung von China-Karikaturen heraus. Der Titiel – Chinois d’Europe et chinois d’Asie : documents illustrés pour servir à l’histoire des
chinoiseries de la politique européenne de 1842 à 1900. (([John Grand Carteret:] Chinois d’Europe et chinois d’Asie : documents illustrés pour servir à l’histoire des chinoiseries de la politique européenne de 1842 à 1900. Recueillis et mis en ordre par John Grand-Carteret collectionneur ès-chinoiseries. (Paris : Libraire illustrée Montgredien, 1900). – Digitalisat → Bibliotheca Sinica 2.0.)) – erscheint etwas irreführend, denn es handelt sich um eine Sammlung von Karikaturen aus europäischen und amerikanischen Blättern.

Die rund 170 Karikaturen sind etwa 50 verschiedenen Blättern entnommen. Darunter finden sich viele der bekannten Blätter wie Punch (London), Le Charivari (Paris), Simplicissimus[1], Kladderadatsch[2], Puck (New York), Kikeriki[3], Figaro ((Digitalisiert bei ANNO -  S/W und in zum Teil eher schlechter Qualität.)) und Floh[4]. Darunter finden sich aber auch Blätter, die heute zum Teil vergessen sind: Papagallo (Bologna), Pasquino (Torino), Bolond Istök und Borsszem Jankö, El Cardo (Madrid) oder Humoristické listy[5]
Zu jeder Karikatur wird die Quelle – Titel der Zeitschrift und Datum – angegeben, Titel und Texte der einzelnen Karikaturen sind in französischer Übersetzung angeführt – wobei die Übersetzungen in manchen Fällen den ursprünglichen Text verzerren oder gar grob verfälschen …

Die Sammlung beginnt mit einigen französischen Karikaturen aus der Zeit des so genannten Zweiten Opiumkrieges (1856-1860) aus den späten 1850er und frühen 1860er Jahren, mit deutschen Karikaturen zur Reform der chinesischen Armeen aus den 1880er und 1890er Jahren und mit Karikaturen zur Europareise Li Hongzhangs. Der überwiegende Teil der Karikaturen bezieht sich auf die Ereignisse des Sommers 1900.

Ein deutschsprachiges Gegenstück ist das Album “Zopf ab” : die chinesische Affaire im Lichte der europäischen Karikatur[6]

In diesem Band finden sich neben Karikaturen aus satirisch-humoristischen Blättern Europas auch satirische Texte, die diesen Blättern entnommen sind. In der Regel wird nur der Titel des Blattes (häufig in Abkürzung) genannt, das genaue Datum fehlt.

Sammelalben wie die beiden hier vorgestellten zeigen, dass der China-Diskurs in der satirisch-humoristischen Publizistik weit über simple Bildchen von ‘kleinen gelben Männchen mit langem Zopf und komischer Kleidung’ hinausgeht. Texte und Bilder zeugen von Fakten- und Kontextwissen zu den Ereignissen in China, aber auch von Wissen um chinesische Besonderheiten (im weitesten Sinn) beim Publikum, denn kein Karikaturist hätte in seinen Arbeiten Markierungen verwendet, von denen er annehmen musste, dass das Publikum sie nicht spontan erkennt …

  1. Digital: simplicissimus.info.
  2. Digitalisat: UB Heidelberg.
  3. Digitalisiert bei ANNO-  S/W und in zum Teil eher schlechter Qualität
  4. Digitalisiert bei ANNO – der Floh war das erste Wiener Blatt mit farbigem Titelblatt, weshalb hier das (teilweise sehr schlechte)  S/W-Digitalisat kritisch anzumerken ist.
  5. Digitalisat: Ústav pro českou literaturu AV ČR.
  6. “Zopf ab” : die chinesische Affaire im Lichte der europäischen Karikatur (Berlin : Verlag von Dr. Eysler [1900]]. Digitalisat → Bibliotheca Sinica 2.0.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1502

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (IV): Vier Jahre “Bibliotheca Sinica 2.0″

In loser Folge werden Webseiten präsentiert und rezensiert, die sich mit der Kulturgeschichte Chinas im weitesten Sinne beschäftigen. Vgl.  “Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)” , “Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)”, “Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)”.

Bei der Lektüre und Durchsicht “westlicher” Darstellungen zur Kulturgeschichte Chinas drängt sich der Gedanke auf, den historischen Wurzeln dieser Fremdwahrnehmung, das heißt: der Darstellung der chinesischen Kultur in “westlichen” Publikationen nachzuspüren[1]

Für ältere Publikationen (bis zum Erscheinungsjahr 1939) liefert die “Bibliotheca Sinica 2.0″ – im Dezember 2009 in der derzeitigen Form begonnen und nunmehr mit bisher rund publizierten 2700 Artikeln – dafür die ideale Grundlage. Durch die Sammlung entsprechender Links erleichtert sie den Zugriff auf Digitalisate der “westlichsprachigen” China-Literatur.[2].

Die “alte” Weisheit, dass Digitalisierungsprojekte nur dann wirklich sinnvoll und “nachhaltig” sind, wenn die digitalisierten Bücher anschließend auch gelesen beziehungsweise von der Forschung rezipiert und ausgewertet werden, zeigte sich auch schon bei der Arbeit an “De rebus sinicis”.

Als Beispiel dafür können die dem Beitrag “Das Opfergelände des Himmels und der konfuzianische Staatskult” zu Grunde liegenden Recherchen dienen. Der Gedanke, für die Darstellung der für den konfuzianischen Staatskult dienenden Opfergelände – die vielfach auch als “Altäre” bezeichnet werden – auf J. J. M. de Groot: Universismus. Die Grundlage der Religion und Ethik, des Staatswesens und der Wissenschaften Chinas (1918) – kam mir erst bei der Lektüre einschlägiger Sekundärliteratur.[3].

Eine Fülle weiterer Titel aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert mögen in ähnlicher Weise auch und gerade im Zusammenhang mit der Kulturgeschichte Chinas herangezogen werden. Spiegeln die Publikationen jener Zeit (und – von einigen Ausnahmen abgesehen – nicht zuletzt auch die Arbeiten der damaligen Sinologen) zwar das damals vorherrschende sehr negative allgemeine China-Bild wieder, so enthalten Sie dennoch zahlreiche Informationen über die Kultur des zu Ende gehenden beziehungsweise bereits untergegangenen Kaiserreichs wieder. In diesem Sinne wird “De rebus sinicis” auch künftig auf diese Werke zurückgreifen. Das Motto dazu  könnte “Digital verfügbar und daher neu gelesen” lauten!

  1. Zahlreiche Beispiele für ein solches “Nachspüren” bietet Monika Lehner in ihrem Blog “Mind the gap(s)”.
  2. Zu Hintergrund und Geschichte der Bibliotheca Sinica 2.0″ vgl. “Mind the gap(s)”: “Bibliotheca Sinica 2.0.” vom 31.5.2013, publiziert anlässlich der Veröffentlichung des 2500. Artikels.
  3. Im konkreten Fall ein entsprechender Hinweis zum “Altar” des Ackerbaues bzw. zum “Altar des Ersten Landmanns” (Xiannongtan 先農墰): Peter Greiner: “Das Hofzeremoniell der Mandschu-Dynastie.” Palastmuseum Peking. Schätze aus der Verbotenen Stadt  (Frankfurt a.M. 1985) 69 Anm. 6.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/927

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Politik und Agitation im Film: The Big Road 大路 (1934)

Dàlù 大路 ['The Big Road", "Breiter Weg"] von Sun Yu 孫瑜 entstand 1934, in der ersten Phase des Krieges gegen Japan.Der Film, in dem  Jin Yan and Li Lili die Hauptrollen spielen, verbindet lyrische Darstellung mit sozialen und politischen Themen. Der Film kommt ohne Dialoge aus, doch die Akteure singen bei der Arbeit am Straßenbau. Die besonderen Bildsprache soll in einer Zeit, in der der Krieg immer größere Teile Chinas erfasst, Mut machen und den Glauben an die Zukunft festigen[1].

The Big Road (1934)

The Big Road (1934)
Internet Archive

Der Kampf gegen den Feind führt sechs junge Arbeiter, die ihre Arbeit in Shanghai verloren hatten, und zwei junge Frauen aus dem Dorf zusammen Die sechs Arbeiter, die an einer strategisch wichtigen Autobahn arbeiten, stammen aus unterschiedlichen sozialen Schichten: Zhang ist eher melancholisch und einzelgängerisch, Luo ein Träumer, Jin trotz seiner schwierigen Kindheit Optimist, Zhangda ist körperlich stark, Xiaoliu war ein Kleinkrimineller, der zur Vernunft gebracht wurde, und Zheng war Student, bevor er vor den Japanern aus der Mandschurei fliehen musste. Moli, die ambitioniertere der beiden jungen Frauen, begegnet den sechs auf freundschaftlicher Ebene, während sich Dingxiang, die ehr schüchtern ist, in den Träumer Luo verliebt.
Als die Japaner immer näher an das Dorf herankommen, versucht ein Verräter, die Arbeit an der Straße zu behindern. Die sechs Arbeiter leisten Widerstand, werden aber gefangen gesetzt und gefoltert.
Mit Hilfe der beiden Frauen können die sechs entkommen und weiterarbeiten. Nach der Fertigstellung der Swiedertraße kommen die sechs Arbeiter und Moli bei einem Bombenangriff um. Nur Dingxiang überlebt, sie träumt, dass ihre Freunde wiederaufstehen und China in eine neue Zukunft führen.

Dàlù gehört zu den bedeutendsten Filmen der 1930er[2] und wurde 2004 unter bei den 24. Hong Kong Film Awards in der Liste der 100 besten chinesischen Filme auf Platz 30 gereiht.

  1. Vgl. dazu Stefan Kramer: Geschichte des chinesischen Films (Stuttgart/Weimar: Metzler 1997)  27 f.
  2. S. auch “Retro Review: 《The Big Road》(1935[sic!] in: The Chinese Mirror. A Journal of Chinese Film HistoryA <Abgerufen am 30.11.2013>.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1177

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Geschichte Chinas im Bild: Fotosammlungen im Netz (III)

In den letzten Jahren wurden einige Sammlungen erschlossen und (zumindest teilweise) digitalisiert (wenngleich noch viele verborgene Schätze in Bibliotheken und Archiven auf Bearbeitung und Erschließung warten). Die über Bibliotheken und Institutionen in aller Welt verstreuten Sammlungen eröffnen faszinierende Einblicke in die Geschichte Chinas.

Einige dieser Sammlungen wurden bereits notiert (Teil I, Teil II), hier nun Teil III:

"Fort on the Peking Wall" - Isabella Chinese pictures, notes on photographs made in China ([n.d.])   Author: Bird, Isabella L. (Isabella Lucy), 1831-1904 Publisher: New York, Bowman

Isabella L. Bird: Chinese pictures, notes on photographs made in China (New York: Bowman [1900]): “Fort on the Peking Wall
Internet Archive

Nota bene: Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird nach und nach ergänzt und erweitert.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1140

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Kulturgeschichte Chinas im Netz (III)

In loser Folge werden Webseiten präsentiert und rezensiert, die sich mit der Kulturgeschichte Chinas im weitesten Sinne beschäftigen. Vgl.  “Kulturgeschichte Chinas im Netz (I)” und “Kulturgeschichte Chinas im Netz (II)”.

Das “Mission Statement” des am Ostasieninstitut der Hochschule Ludwigshafen am Rhein erstellen Ostasienlexikons, als dessen Zielgruppe “weniger die Fachgelehrten als die interessierte Öffentlichkeit” definiert wird, kann auch vielen geisteswissenschaftliche Blogs als Anregung dienen:

“Gibt es nicht bereits umfangreiche China- und Japanhandbücher, die von Fachleuten zusammengestellt wurden? Ja, die gibt es, aber sie wurden eben von Experten geschrieben, denen es oft nicht bewusst ist, dass Laien ihnen nicht immer folgen können. Oft verschwindet das Wesentliche auch unter der Fülle an Information.”[1]

Unter der Rubrik “Neue Artikel” finden sich derzeit Informationen zu den so genannten “Heiligen Bergen Chinas”[2].

Für die Kulturgeschichte Chinas wird man beim Zugriff über die alphabetische Liste rasch fündig – ganz unabhängig davon, ob man die Durchsicht bei A wie “Abakus” (chinesisch suanpan 算盤, Rechenbrett) oder bei Z wie “Zweihundertfünfzig” (erbaiwu 二百五, chinesisches Schimpfwort) beginnt.

Am Ende der einzelnen Artikel werden Querverweise auf verwandte Begriffe beziehungsweise auf die der jeweiligen Kategorie zugeordneten Stichwörter gegeben. Bei “Abakus” sind dies “Alltagsgegenstände” wie Essstäbchen, Fächer, Rückenkratzer und dergleichen. Bei “Zweihundertfünfzig” sind dies “Redewendungen und Redensarten” wie ganbei 乾杯(Prost, Prosit) oder renao 熱鬧 (belebt).

Der Artikel Bauernkalender führt zu weiteren Informationen über Feste und Feiern im Jahresverlauf sowie zu den zwölf Tierkreiszeichen. Die Querverweise unter Tierkreis führen zu einigen zentralen Begriffen für die Kultur(geschichte) Chinas. Unter der ziemlich plakativ betitelten Rubrik “Parawissenschaften und Aberglaube” werden unter anderem Feng Shui, Fünf Elemente, “I Ging”, Orakel, Tetraphobie, sowie Yin und Yang zusammengefasst.

Das Ostasienlexikon ermöglicht rasche Orientierung bei einer Vielzahl von Themen und Begriffen. Alle “Einträge” des Lexikons sind in den alphabetischen Listen mit einer kurzen Erklärung versehen. Bei vielen Stichwörtern und manchen Erklärungen, so etwa bei der Herkunft des Wortes Mandarin, wären weiterführende Literaturhinweise hilfreich und wünschenswert – trotz oder gerade wegen der intendierten Zielgruppe!

  1. “Was will dieses Ostasienlexikon?”, http://www.oai.de/de/publikationen/ostasienlexikon.html
  2. Zu diesem Thema vgl. auch zwei Beiträge auf De rebus sinicis: “Die vier berühmten Berge des Buddhismus” und “Der Kult der fünf Berge”.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/865

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Bibliotheca Sinica 2.0

Vor einigen Tagen ging der 2500. Eintrag der Bibliotheca Sinica 2.0[1] online -  Zeit für eine Zwischenbilanz, was seit dem ersten Beitrag, der am 17. Januar 2010 online ging, geschah …

BS_2

Eines der Bilder aus dem Header der Bibliotheca Sinica 2.0 | Foto: Monika Lehner *)

Am Anfang stand ein Berg von Zetteln & Notizen, Listen & Tabellen – teils handschriftlich in Mappen, Notizbüchern, Journalen, teils in zahllosen Dateien unter mehr oder weniger sinnvollen Namen abgespeichert – als Nebenprodukte von Jahren (bzw. inzwischen Jahrzehnten) der Beschäftigung mit westlichem Wissen über China in gedruckter Form.

In diesen Listen standen (Kurz-)Titel und die Signaturen dazu – aus der Universitätsbibliothek Wien, der Österreichischen Nationalbibliothek und aus der Bibliothek des Österreichischen Staatsarchivs. In zahllosen Gesprächen nach Vorträgen und Präsentationen bei Workshops und Konferenzen tauchte immer wieder dieselbe Frage auf: Und wo haben Sie/hast du diesen oder jenen Titel gefunden? Die Anwort löste häufig Verblüffung aus, denn die Bestände der Wiener Bibliotheken zur frühen westlichen Beschäftigung mit China waren (und sind wohl auch heute noch) weitgehend unbekannt.

2003 wurde – eigentlich zum Eigengebrauch, um ‘leere Kilometer’ zu sparen – aus dem Zettelberg eine einzige Tabelle mit Basisdaten :

  • Autor
  • Titel
  • Erscheinungsort
  • Verlag
  • Erscheinungsjahr
  • Signatur(en)

Etwa zeitgleich kam die Veröffentlichung von Katalogen/Inventaren zur China-Literatur vor 1939  in der Forschungsbibliothek Gotha [2] und in der Universitätsbibliothek Leipzig[3].

Eine gedruckte Version erschien im Lichte dieser Veröffentlichungen wenig zweckmäßig[4] – und so entstand die Idee, die Bibliographie online zu stellen. Im April 2004 ging die erste Version der ‘Wiener China-Bibliographie 1477-1939′ online – statische Webseiten, die den Standort/die Standorte des jeweiligen Werks farbkodiert anzeigten – mit gut 2000 Titeln. Das sah damals so aus:

Screenshot WCB (2004)

Screenshot: Wiener China-Bibliographie 1477-1939 (2004)

Die Bibliographie wuchs, der Aufbau änderte sich im Lauf der Zeit nur wenig, was die Wartung der Seiten mühsamer machte und dazu zwang, nach neuen Lösungen zu suchen. Gleichzeitg wurde die ‘berühmte’ Tabelle erweitert um Links zu frei zugänglichen Digitalisaten[5]. Denn die Wiener Bibliotheken waren zwar wahre Schatzkammern der frühen westlichen China-Literatur, aber keine der Wiener Bibliotheken hat(te) Early English Books Online oder Western Books on China up to 1850[6]. Trotzdem wurden mehr und mehr der Titel digital zugänglich -  Internet Archive, GDZ, MDZ, VD 18 digital, HATHI Trust, Laures Rare Books etc. Das Einpflegen der Links hätte die Aktualisierung der Bibliographie noch aufwändiger gemacht hätte.

Die Lösung war ein Blog, der einen eingängig(er)en Namen brauchte, denn der Ausgangspunkt war zwar das (nach wie vor wachsende) Verzeichnis der Wiener Bestände, aber eben nicht nur, denn zum Verzeichnis der China-Literatur vor 1939 sollten Links zu frei zugänglichen Digitalisaten kommen.. Im Dezember 2009 wurde aus der “Wiener China-Bibliographie 1477-1939″ die die Bibliotheca Sinica 2.0 - mit einer sehr bewussten Anspielung auf großes Vorbild: Henri Cordier:  Bibliotheca sinica. Dictionnaire bibliographique des ouvrages relatifs à l’Empire chinois (Paris: E. Leroux 1878-1895)[7]

Im Dezember 2009 wanderten die Listen – zunächst ohne große Veränderungen – in ein WordPress-Blog, während die Links in der berühmten Tabelle immer mehr wurden. Ab Januar 2010 gab es erste Versuche, Links in Blogbeiträgen unterzubringen, ab April 2010 begann der Dauerbetrieb: Seit dem 8.4.2010 gibt es täglich zumindest einen neuen Post – und das sind inzwischen mehr als 2500 Beiträge mit Titeln aus dem Zeitraum 1477-1939 mit Links zu Digitalisaten in mehr als 120 verschiedenen Repositorien, Archiven und Bibliotheken.

Bibliotheca Sinica | Posts

Bibliotheca Sinica | Erscheinungsdaten

Die Digitalisate sind (wie an anderer Stelle schon angerissen) von von unterschiedlichst)er Qualität. Das Spektrum reicht von schwer/kaum lesbaren Scans von Ausdrucken von Mikrofilmen bis zu Farbbildern mit Zoom und OCR – The Art of Google Books gibt nur einen kleinen Einblick in die Höhe- oder Tiefpunkte der Massendigitalisierung – in der Bibliotheca Sinica 2.0 finden sich daher wo immer möglich mehrere Möglichkeiten bzw. kommen neue Digitalisate dazu.

Auch wenn wenig/nicht kommentiert wird, wird die Bibliographie genutzt – und die Zugriffszahlen entwickeln sich (für ein absolutes Nischen-Angebot) gut: etwa 150 single user und etwa 500-800 pageviews, viele kommen über den RSS-Feed. oder Twitter @BS_2.

*)  “Ta au sze ma kia kuoh 大奧斯馬家國”  [Beizeichnung für Österreich-Ungarn] (Ausschnitt aus: Karl von Scherzer, Fachmännische Berichte über die österreichisch-ungarische Expedition nach Siam, China und Japan (1868-1871). Im Auftrage des k. k. Handelsministeriums redigiert und herausgegeben (Stuttgart: Julius Maier 1872), S. VIII.))

 

 

  1. Die Bibliotheca Sinica 2.0 trägt Links zu frei zugänglichen Digialisaten von westlichsprachigen Büchern über China aus der Zeit zwischen 1477 und 1939 zusammen und ist ein Projekt von Georg Lehner und Monika Lehner, das ohne Förderungen entsteht.
  2. Britta Woldering: Katalog des ostasienbezogenen Bestandes der Forschungsbibliothek Gotha (= Erfurder Reihe zur Geschichte Ostasiens: Lehr und Forschungsberichte 1; Erfurt: Lehrstuhl for Ostasiatische Geschichte 2000) – Online [pdf].
  3. Thomas Jansen: China-Literatur in der Universitätsbibliothek Leipzig: 1500-1939. Eine systematische Bibliographie. Bd. 1: Werke in westlichen Sprachen (mit Gabriele Schlesinger, Richard Teschke and Katharina Zinn). Bd. 2: Sinica (mit Richard Teschke).  (Leipzig: Leipziger Universitätsverlag 2003). Vgl. dazu meine Rezension in Oriens Extremus 44 (2003/04), 286-290 [Rezensionen (pdf online frei zugänglich].
  4. Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass Spezialbibliographien für einschlägige Fördergeber keine wissenschaftliche Leistung darstellen und daher nicht förderungswürdig sind.
  5. ‘Frei’ heißt im konkreten Fall: ohne dass der User technische Hürden überwinden müsste – d.h. die Nutzung von US-Proxys etc. ist nicht notwendig.
  6. Zuerst Mikrofiche-Ausgabe (IDC 1987), jetzt auch als Online-Version bei Brill.
  7. Zweite Auflage 1904-1908 [Digitalisate der 1. Auflage und der 2. Auflage → Bibliotheca Sinica 2.0]; Reprint: Henri Cordier, Bibliotheca Sinica. Dictionnaire bibliographique des ouvrages relatifs à l’empire chinois. [Six volumes bound in three] (Staten Island : Maurizio Martino n.d. [1997]).

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/692

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Geschichte Chinas im Bild: Fotosammlungen im Netz (II)

Die Fotografen, die das China des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts in ihren Aufnahmen festhielten, waren Diplomaten (wie Auguste François oder Alfons Mumm von Schwarzenstein[1], NaturwissenschaftlerInnen, AbenteurerInnen und MissionarInnen.Die Aufnahme der ersten Jahre und Jahrzehnte zeigten überweigend das Leben in den Vertragshäfen und in deren näherer Umgebung. Mit der zunehmenden Erschließung des Landes (und im Kontext der Bemühungen um Eisenbahnkonzessionen) reisten Diplomaten und Konsuln ins Landesinnere. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Fotografieren einfacher (und erschwinglicher9 und so begannen auch Missionarinnen und Missionare, ihren Alltag zu dokumentieren.

In den letzten Jahren wurden einige Sammlungen erschlossen und (zumindest teilweise) digitalisiert, wenngleich noch viele verborgene Schätze in Bibliotheken und Archiven auf Bearbeitung und Erschließung warten.

Su Yuanchun and Auguste Francois

Su Yuanchun and Auguste Francois (1898) | via Wikipedia Commons

Nota bene: Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird nach und nach ergänzt und erweitert.

Zum Teil 1 der Fotosammlungen.

 

  1. Mumms Tagebuch in Bildern findet sich im Teil 1 dieser Sammlungen von Sammlungen.
  2. Danke für den Hinweis!

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/641

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