Gedenksymposium für Edith Saurer, Wien 26./27.4.2013

Kommende Woche findet in der Aula am Campus der Universität Wien (Altes AKH) ein Gedenksymposium für Edith Saurer statt, die vor zwei Jahren gestorben ist (vgl.).

Aus dem Programm (PDF):

Margareth Lanzinger, Siegen
Edith Saurer, Liebe und Arbeit. Geschlechterbeziehungen im 19. und
20. Jahrhundert. Hg. von Margareth Lanzinger

Regina Schulte, Bochum
Edith Saurer und die Zeitschrift „Historische Anthropologie“

Josef Ehmer, Wien / Meinrad Ziegler, Linz
Der Edith-Saurer-Fonds zur Förderung geschichtswissenschaftlicher Projekte

Gabriella Hauch, Wien
„Der erwartungsdichte Morgen – die Realität des Abends“.
Zur Wissenschafterin Edith Saurer (1942–2011)

Ulrike Kampl, Tours
Eine ménage à trois um 1700 – Eine Frau, ein Priester und ein Geist. Liebe auf Umwegen in Paris um 1700

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/342799125/

Weiterlesen

Soziologischer Wochenrückblick im Zeitraum 01.-15. April 2013

In der ersten Aprilhälfte gab es besonders viele Meldungen im Bereich der Bildungspolitik. Ebenso beschäftigten uns Fragen zu Merkmalen der Demokratie. Auch über Kriminalität im Alter gab es eine interessante Meldung, passend zu unserem aktuellen Call. Darüber hinaus erfahrt ihr … Weiterlesen

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/4643

Weiterlesen

Online-Petition gegen Planungsstopp beim Kölner Stadtarchiv

Link zur Petition

Seit Anfang des Monats ist die Zukunft des Kölner Stadtarchivs Gegenstand politischer Diskussionen, die zu einem faktischen Planungsstopp geführt haben und sogar vor einer neuen Standortortdebatte nicht Halt machen.

Ziel der Petition ist es die Fortführung der Planungen zu erreichen, damit das Kölner Stadtarchiv Ende 2017 seinen Neubau am Eifelwall beziehen kann.

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/610

Weiterlesen

Wie man sich auf eine wissenschaftsnahe Stelle (nicht) bewirbt

Notizblock

Shawncampbell | CC BY 2.0

Vor kurzem war ich an dem Auswahlprozess für mehrere Stellen in einer kleinen Organisation beteiligt. Es ging um Stellen im Wissenschaftsmanagement in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Beim Durcharbeiten der vielen hundert eingegangenen Bewerbungen fiel mir einiges auf, das vielleicht für andere nützlich sein könnte. Ich habe, allerdings nicht ganz ernsthaft, den Stil eines Bewerbungsratgebers gewählt, gerade weil – wie deutlich werden wird – die allermeisten Bewerbungsratgeber im Fall von wissenschaftlichen und wissenschaftsnahen Stellen nichts zu taugen scheinen. Natürlich gilt: Alle Meinungen und Empfehlungen sind subjektiv und können nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. Vielleicht helfen sie aber, die eigenen Bewerbungsunterlagen noch einmal kritisch durchzuschauen.

 

1) Lassen Sie sich Zeit! Und: Holen Sie sich Rat!

Nichts ist überflüssiger als eine schlampige Bewerbung, die innerhalb weniger Tage nach Erscheinen der Stellenanzeige bei der ausschreibenden Organisation (fortan: Arbeitgeberin) ankommt. Nutzen Sie die Länge der Bewerbungsfrist aus – mein Tipp wäre: etwa eine Woche vor Bewerbungsschluss, und sicher nicht am letzten Tag, an dem die Nerven der mit Bewerbungen überschwemmten Arbeitgeberin blank liegen. Geben Sie die Bewerbung Freunden zu lesen. Vielleicht investieren sie ein bisschen in ein professionelles Coaching. Allerdings muss es jemand sein, der sich mit wissenschaftlichen Stellen auskennt. Wichtig ist ein kritisches Gegenüber, das die inhaltlichen, stilistischen und formalen Schwächen der Bewerbung ohne falsche Rücksicht zur Sprache bringt, und Ihnen keine Sprechblasen  in den Text diktiert.

 

2) Im Anschreiben: Bewerbungslyrik entsorgen

„Sie suchen einen kommunikationsstarken, kompetenten und engagierten Mitarbeiter, der mit X, Y  und Z ihr Team bereichert? Dann sollten Sie mich kennenlernen!“. Solche Standardformulierungen aus dem Bewerbungsratgeber beeindrucken vielleicht den Recruiter einer Werbeagentur. In einem Anschreiben, mit dem Sie sich auf eine wissenschaftliche oder wissenschaftsnahe Stelle bewerben, haben sie nichts zu suchen. Schreiben Sie sachlich, präzise, und immer nur das, was relevant (siehe 4) und nachprüfbar (siehe 5) ist. Abgedroschene Vokabeln aus dem Bewerbungsratgeber vermeiden, wie etwa „dynamisch“, „aufstrebend“, „zukunftsweisend“, „innovativ“, „exzellent“, „Leadership/Soft Skills“, „fundiert“, „kompetent“ oder „robust“. Und bitte nichts „unheimlich spannend“ finden! „Mein Name ist …“ wirkt komisch, Sie bewerben sich ja nicht telefonisch. Bitte alle Selbstverständlichkeiten und Plattitüden weglassen: „Erfahrungen im gemeinschaftlichen Arbeiten in themenspezifischen Arbeitsgruppen“ oder „Fundierte theoretische und methodische Kenntnisse verschiedener Fachgebiete“ werden vorausgesetzt und beeindrucken niemanden. Gehaltsvorstellungen sind bei wissenschaftlichen und wissenschaftsnahen Stellen, die im öffentlichen Dienst bzw. analog hierzu ausgeschrieben werden, fehl am Platz.

 

3) Warum Sie nur genau eine Chance haben

Viele Bewerber/innen scheinen sich nicht im Klaren darüber zu sein, dass ihre Bewerbung im Extremfall eine von Hunderten ist. Die Arbeitgeberin liest die Bewerbungen daraufhin, so viele wie möglich schnell und begründbar aussortieren zu können. Ein Problem und Ihre Bewerbung liegt auf dem Ablehnungsstapel. Das heißt einerseits, dass Sie alles, was sie mitteilen wollen, im Anschreiben mitteilen müssen. Die Arbeitgeberin durchforscht weder den Lebenslauf noch die übrigens Materialien nach dort verborgenen Schätzen.  Sie wird keine Informationen nachfordern und auch keine Dokumente im Internet herunterladen. Wenn was fehlt: durchgefallen. Andererseits: Das Anschreiben wirklich kurz halten. Die wichtigsten Informationen passen auf eine Seite. Das geht, wenn man sich nur auf das bezieht, was gefragt ist (siehe 4) und die Arbeitgeberinnen-Perspektive einnimmt (siehe 6). Es wirkt außerdem nicht seriös, wenn Sie sich auf zwei Stellen gleichzeitig bewerben, die ein sehr unterschiedliches Profil haben.

 

4) Es ist egal, was sie können, wenn es nicht nachgefragt ist

Was mich besonders erstaunt hat, war, wie wenig die Bewerber/innen auf die Job Description, d.h. das Anforderungs- und Aufgabenprofil der Stellen eingegangen sind. Was Sie in Ihrer Magister- oder Doktorarbeit an erstaunlichen Erkenntnissen gewonnen haben, und mit welchen verantwortungsvollen Aufgaben Sie im Laufe Ihrer Karriere bereits betraut worden sind, ist nur dann von Interesse, wenn diese Dinge etwas mit der Stelle zu tun haben, auf die Sie sich bewerben. Konzentrieren Sie sich auf die Stellenbeschreibung und die erwarteten Qualifikationen, und zeigen Sie mit konkreten Beispielen, auf welche Weise Sie hier der oder die Richtige sind. Hier ist durchaus auch Platz, offen zuzugeben, dass Sie die eine oder andere Anforderung noch nicht erfüllen. Verweisen Sie  dann auf ähnliche Herausforderungen, die Sie bereits gemeistert haben. Schließlich: Auch Hobbies sind nur von Belang, wenn sie einen Zusammenhang mit der Stelle haben.

 

5) Behaupten kann man viel

Wenig überzeugend ist es, sich in höchsten Tönen, aber höchst unkonkret anzupreisen. Es reicht nicht aus, sich Teamfähigkeit, Organisationserfahrung, Interdisziplinarität (hierzu Nr. 8) oder interkulturelle Kompetenz mit dem pauschalen Hinweis auf die Arbeitsstationen zuzuschreiben, auf denen diese Qualifikationen erworben wurden. Ob Sie ein „kluger Kopf“ sind, erweist sich aus dem, was Sie (überprüfbar) gemacht oder geschrieben haben, und gerade nicht dadurch, dass Sie es betonen. Ganz schlecht: Den Text der Ausschreibung wiederholen, und dann behaupten, dass Sie das alles können. Auf „umfassende Expertise“ „überragend“, „exzellent“, „großes Talent“ verzichten, ebenso auf „Begeisterung“, „Hingabe“, „hohe Pflichterfüllung“, „perfekte Besetzung“. Jede Übertreibung rächt sich, sobald sich die Arbeitgeberin den Lebenslauf vornimmt und feststellt, dass die „profunden Kenntnisse“ in einem Praktikum gewonnen wurden. Bescheidenheit ist nach wie vor eine Tugend.

 

6) Versetzen Sie sich in die Arbeitgeberin

Diejenigen, die  Bewerbungen lesen, möchten sehen, dass sich die Bewerber/innen nicht nur mit den erwarteten Aufgaben und Fähigkeiten beschäftigt haben, sondern sich auch die wissenschaftlichen Aufgaben und Ziele der Arbeitgeberin angesehen haben. Dabei wird man selbst mit einem aufmerksamen Studium der Webseite diese Aufgaben und Ziele nicht hundertprozentig verstehen. Es fehlt die Kenntnis der Organisation von innen. Deswegen Vorsicht mit Aussagen über die Organisation. Auf jeden Fall nicht deren Selbstdarstellung von der Webseite abschreiben, sondern in eigenen Worten (vorsichtig) formulieren, Informationen gibt es im Internet genug. Die Arbeitgeberin ist auch nicht darauf angewiesen, ob Sie die Tätigkeit der Organisation „begeistert“ oder Sie sich  „gänzlich damit identifizieren“ können. Sie muss Sie interessant finden, nicht umgekehrt.

 

7) Auf Formalia und Gesamteindruck achten

Die Arbeitgeberin geht davon aus, dass Sie lesen können. Wenn in der Ausschreibung steht, dass die Bewerbung als „eine PDF-Datei“ eingereicht werden soll, dann „eine PDF-Datei“ einreichen. Zwei oder drei Dateien gehen vielleicht noch, aber nicht fünf (oder vierzehn!). Und auch keine Word-Datei oder ein JPEG (abfotografierte Zeugnisse oder Arbeitsproben? Geht gar nicht!). In so einem Fall bringt es auch ganz sicher keine Extrapunkte, die Bewerbung in Papierform vorbeizubringen. Unregelmäßige Einrückungen im Lebenslauf sind keine Nebensache – sie deuten darauf hin, wie Sie später Dokumente gestalten werden. Bei elektronischen Bewerbungen das Motivationsscheiben nicht in die E-Mail kopieren, das kann nur schief gehen, wenn es die Formatierung zerhaut. Ein kurzes E-Mail-Anschreiben mit Hinweis auf die Anlagen genügt. Die Bewerbung sollte einfach, klar und gut aufgebaut aussehen. Hintergrundbild, farbige Verzierungen, aufwendige grafische Gestaltung können grandios daneben gehen, wenn Sie kein entsprechendes Talent besitzen. Ein Bild kann man beifügen, kann es aber auch lassen – fragen Sie ihr kritisches Gegenüber, und verzichten Sie im Zweifelsfall darauf! Ganzseitige Porträts sind jedenfalls unangebracht. Den Lebenslauf im „amerikanischen“ Stil – die neuesten/letzten Erfahrungen als erstes. Kindergarten, Grundschule und Gymnasium interessieren grundsätzlich nicht, es reicht, mitzuteilen, wann und wie das Abitur zustande kam.

 

8) Achtung mit dem I-Wort

Besonders beliebt war das Wort „interdisziplinär“ – natürlich auch, weil es in der Ausschreibung genannt wurde. Aber: wenn Sie Politikwissenschaft und Theaterwissenschaften studiert haben, macht Sie das interdisziplinär?  Sie haben disziplinübergreifend studiert und dabei verschiedene Fächer kennengelernt. Interdisziplinär haben Sie aber nur dann wirklich gearbeitet, wenn Sie in konkreten Forschungsarbeiten die unterschiedlichen, oft unvereinbaren Erkenntnisinteressen mehrerer Disziplinen in mühevoller Arbeit zusammengebracht haben. Das müssen Sie zeigen. Interdisziplinarität ist anstrengend und konfliktreich und nicht etwas, was Sie beim Besuch etwa eines kulturwissenschaftlichen Seminars einfach so mitnehmen.

Ein Beitrag von Christian Boulanger

 

 

Quelle: http://gab.hypotheses.org/695

Weiterlesen

Legenden vom “alten Meister” – die Anfänge des Daoismus

Das Wirken des als historische Person nicht fassbaren “alten Meisters” – im Chinesischen Laozi (bzw. Lao Zi) 老子, im Westen meist Lao Tse oder “Lao-tse” geschrieben – ist ähnlich legendenumwoben wie die Anfänge und die Überlieferung der ihm zugeschriebenen Lehre, des philosophischen Daoismus (daojia 道家).

Über die hinter der Bezeichnung “alter Meister” möglicherweise stehende Person schrieb Wolfgang Bauer in seiner Geschichte der chinesischen Philosophie:

“Hinter diesem unverbindlichen Namen [...] kann sich natürlich jede beliebige Persönlichkeit verstecken. Durch das Epitheton ‘alter’ wurde aber von vornherein der Anspruch erhoben, daß er der eigentliche Urvater des Daoismus sein sollte. Wer immer dieser Laozi gewesen ist (falls bei ihm überhaupt ein historischer Kern existiert) – ein solcher Urvater und der Verfasser des Daoismus kann er nicht gewesen sein.”1

Erst in späterer Zeit wurde dem Laozi die Autorschaft des Daodejing 道德經 (“Buch vom Weg und von der Wirkkraft”) zugeschrieben.  Der Überlieferung zufolge habe ihn seine Mutter “zweiundsiebzig Jahre lang unter dem Herzen [getragen] und ihn dann aus der linken Achselhöhle geboren”2  Nach dem von Sima Qian 司馬遷 (145-86 v. Chr.) verfassten Shiji 史記 (“Aufzeichnungen des Hofschreibers”) soll Laozi ein älterer Zeitgenosse des Konfuzius gewesen sein. Sein Familienname soll Li 李 gewesen, sein Vorname Dan 聃. Zur möglichen Identität der historisch nicht fassbaren Figur gibt es mehrere Theorien3.

Die Ikonographie zeigt Laozi häufig auf einem Wasserbüffel (beziehungsweise einem Ochsen) reitend und spielt damit auf sein “Verschwinden” an. Der Überlieferung nach soll er als Archivar am Hof der Zhou 周 tätig gewesen sein. Angesichts der weitverbreiteten Korruption und der schwindenden Macht der Zhou soll er den Untergang des Reiches vorhergesehen haben und aus Enttäuschung darüber nach Westen geritten sein. Am  Hangu-Paß 函谷關 (in der heutigen Provinz Henan) habe er für den dortigen Grenzwächter seine Lehren niedergeschrieben.4. Dieses bekannte Motiv regte Bertolt Brecht zu seiner “Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration” an.5

  1. Wolfgang Bauer: Geschichte der chinesischen Philosophie. Konfuzianismus, Daoismus, Buddhismus. Herausgegeben von Hans van Ess (München 2001) 89.
  2. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der alten Chinesen (München: 5. Aufl., 1996) 173 f (“Lao-tse”), Zitat ebd., 174.
  3. Stanford Encyclopedia of Philosophy, Art. “Laozi. 1. The Laozi Story”, Alan Chan, (http://plato.stanford.edu/entries/laozi/#LaoSto)
  4. Patricia Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 170 (“Old, bewhiskered male in simple robes riding an ox”). – Vgl. auch Eberhard: Symbole, 174.
  5. Vgl. Heinrich Detering: Bertolt Brecht und Laotse (Göttingen 2008), 11-13. Zu Brechts Text und zu dessen vom britischen Brecht-Experten John Willett (1917-2002) stammender englischer Übertragung vgl. auch http://www.tao-te-king.org/brecht.htm

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/380

Weiterlesen

Vom Entdecken – Zu einer Kulturgeschichte der europäischen Expansion (1450-1700)

Im Rahmen der am Institut für Geschichte der Universität Wien in jedem Sommersemester anzubietenden Kulturgeschichte-Ringvorlesung  beschäftigte sich die Vorlesung am 16.4. mit der Kulturgeschichte der europäischen Expansion (1450-1700) – 90 Minuten für weltumspannende 250 Jahre … Um nicht bei einer chronologischen Aufzählung von ‘Entdeckungen’ zu bleiben, stand im Zentrum eine  spezielle Form der europäischen Expansion: die Konfrontation mit dem Anderen über die Rezeption und Distribution des sich erweiternden Wissens über andere Teile der Welt – exemplarisch am Beispiel der europäischen Beschäftigung mit China abgehandelt.

Für Guillaume-Thomas Raynal war die Einordnung von Endeckungen einfach:

Il n’y a point eu d‘événement aussi intéressant pour l’espece humaine en general & pour les peuples de l’Europe en particulier, que la découverte du nouveau monde & le passage aux Indes par le Cap de Bonne-Espérance. Alors a commencé une révolution dans le commerce, das la puissance des nation, dans les mœurs, l’industrie & le gouvernement de tous les peuples.[1]

Ganz ähnlich äußert sich wenige Jahre später Adam Smith:

The discovery of America, and that of the passage to the East Indies by the Cape of Good Hope, are the two greatest and most important events recorded in the history of mankind. Their consequences have already been very great: but, in the short period of between two and three centuries which has elapsed since these discoveries were made, it is impossible that the whole extent of their consequences can have been seen. What benefits, or what misfortunes to mankind may hereafter result from those great events to human wisdom can forsee.[2]

Der Fokus auf Ereignisse und Schlüsseljahre verleitet zur irrigen Annahme, dass das ‘Zeitalter der Entdeckungen’ spontan beginnt, das irgendwann zum Zeitpunkt X Entdecker auf große Fahrt gehen – wohl weniger in Star Trek-Manier “to boldly go where no man has gone before”, sondern auf der Suche nach Reichtümern. Am Ende des 15. Jahrhunderts glaubte niemand ernsthaft, dass man hinter dem Horizont quasi ins Nichts stürzt.[3]

Michael Giesecke hat in Mythen der Buchkultur drei Arten des Endeckens beschrieben:

  • Entdecken1 – Wahrnehmen und Beschreiben neuer Umweltausschnitte mit bekannten Programmen
  • Entdecken2 – Einsatz neuer Programme zur Wahrnehmung und Beschreibung der Umwelt
  • Entdecken3 – Warnehmen und Orden von durch Entdecken1 und Entdecken2 gewonnenen Informationen[4]

Typus cosmographicus universalis [1532]

Typus cosmographicus universalis [1532] Biblioteca Nacional Digital do Brasil



Die Beschäftigung mit der europäischen Expansion muss über das Erfassen, Auflisten und Verifizieren/Falsifizieren von Entdecken1 hinausgehen – sonst bleibt es bei Dichtomien wie Richtig-Falsch oder Zutreffend-Verzerrt, wobei der Entstehungskontext weitgehend ausgeklammert wird. Als Beispiel mag eine Weltkarte von 1532 dienen. Sie ist Novus orbis regionum ac insularum veteribus incognitarum [...] (Basel 1532)[5], einer Sammlung von Reiseberichten und Briefen über Reisen nach Asien und Amerika, beigefügt.  Mehr als 150 Jahre nach dem Atlas catalan, 40 Jahre nach Columbus, 35 Jahre nach Vasco da Gama, 30 Jahre nach der Cantino-Planisphäre und 10 Jahre nach der ersten Weltumsegelug zeigt eine mit Typus cosmographicus universalis[6] überschriebene Karte ein dem heutigen Betrachter total verzerrt erscheinendes Bild der Welt: Nordamerika erstreckt sich in der Darstellung über nur etwa 10 Längengrade, Indien ist quasi ‘abgeschnitten’, Taprobane/Sri Lanka übergroß, Südostasien wirkt verzerrt, die malaische Halbinsel und Indochina erscheinen übergroß und Zipangri (Japan) erscheint am linken Rand der Karte, der Westküste Nordamerikas vorgelagert. Das verzerrte Bild dieser weit entfernten Regionen relativiert sich, wenn man die Darstellung Europas mit Zoom genauer betrachtet ….

Die Karte ist (inkl. der Legenden und Illustrationen im Rahmen[7] ) ein Versuch, neues Wissen mit bekannten Programmen zu beschreiben …

Aber kommt die Beschäftigung mit der europäischen Expansion mit den genannten drei Arten des Entdeckens aus? Oder braucht es – um die Phasen der Rezeption von Berichten über ferne (und weniger ferne) Weltregionen zu beschreiben – inzwischen Entdecken4 für die Be- und Verarbeitung dieser Texte in späteren Jahren/Jahrhunderten? Und Entdecken5 für das, was Digital Humanities und Konezpte der interkulturellen bzw. interinterkulturellen Kommunikation diesen Texten und Bildern entlocken?[8]

  1. Guillaume-Thomas Raynal: Histoire philosophique et politique des établissemens & du commerce des européens dans les deux Indes.  t. 1 (Amsterdam 1770) S. 1. – In der zeitgenössischen deutschen Fassung lautet die Stelle:

    “Keine Begebenheit ist für das menschliche Geschlecht überhaupt, und insbesondre für die Völker Europens so wichtig gewesen, als die Entdeckung der neuen Welt und die Fahrt nach Indien um das Vorgebirge der guten Hoffnung. Sie ist der Anfang einer Hauptveränderung im Handel, in der Macht der Nationen, in den Sitten, in der Industrie und der Regierungsform aller Völker. In dem Augenblick wars daß die Menschen der entferntesten Länder einander nothwendig wurden.”

    (G. T. F. Raynal: Philosophische und politische Geschichte der europäischen Handlung und Pflanzörter in beyden Indien. Bd. 1 (Kopenhagen/Leipzig: Faber 1774) 1.)
  2. Adam Smith: An Inquiry Into The Nature and Causes Of The Wealth Of Nations : In Two Volumes.  (London: Strahan; London: Cadell, 1776), Vol. II, p. 235.
  3. Dass dieses ‘Märchen’ vor allem seit dem 19. Jh. immer wieder aufgewärmt wurde – möglichst noch mit Flammarions ‘Au pelerin’/’Wanderer am Weltenrand’ (der dabei völlig aus dem Zusammenhang gerissen wurde) illustriert, soll nur am Rande erwähnt werden.  Dazu: Georg Peez: Ein vermeintlich mittelalterlicher Holzschnitt zur Darstellung pädagogischer und kunstpädagogischer Grenz- und Erfahrungsphänomene. http://www.georgpeez.de/texte/flamm.htm Zuletzt geändert am 20.04.2002 <Letzter Zugriff: 16.4.2013>.
  4. Michael Giesecke: Von den Mythen der Buchkultur zu den Visionen der Informationsgesellschaft (Frankfurt/M.: Suhrkamp 2002) 109-114.
  5. Zu anderen Ausgaben, bei denen die Karte fehlt bzw. durch eine andere ersetzt wurde → Bibliotheca Sinica 2.0.
  6. MUNSTER, Sebastian. Typus cosmographicus universalis. Basileae [Suiça]: I. Hervagium, [1532]. 1 mapa, 36 x 55,5cm em f. 42 x 61,5. Disponível em: <http://objdigital.bn.br/acervo_digital/div_cartografia/cart225747.htm>. Acesso em: 17 abr 2013.
  7. Im Rahmen finden sich  Elemente, die später in der Cosmographia des Sebastian Münster wieder auftauchen, z.B. die Kannibalen – auf der Weltkarte links unten – der blutrünstigste Teil findet sich in der ersten Ausgabe der Cosmographia (1544) auf Seite dcxxix) – Digitalisate unterschiedlicher Ausgaben von Münsters Kosmographie → Bibliotheca Sinica 2.0.
  8. Vgl. dazu: Johannes Schnurr: “Das Daumenkino des Mittelalters”, 28. August 2004, Universität Heidelberg/Pressemeldung <Zugriff: 16.4.2013>/ Johannes Schnorr: Daumenkino des Mittelalters. DIE ZEIT 07.04.2004 Nr.16 http://www.zeit.de/2004/16/A_Daumenkino.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/539

Weiterlesen

Gekrümmte Räume, Cluster und Wolken: Wie das Social Web neue, originelle Formen der Geschichtsschreibung verhindert

Die US-amerikanische Kulturhistorikerin Lynn Hunt hat vor wenigen Jahren einen kleinen, äußerst lesenswerten Essay über das Schreiben von Geschichte verfasst. In How Writing Leads to Thinking (And not the other way around argumentiert sie: „Writing is not the transcription of thoughts already consciously present in my mind. Writing is a magical and mysterious process that makes it possible to think differently.” Ich denke oft an diesen Essay, wenn mir mal wieder auffällt, dass die Argumente, das Narrativ oder die Struktur eines Gedankens, die so schlüssig in meinem Kopf existieren und selbst in gesprochener Form noch einigermaßen Sinn ergeben, sich ganz und gar nicht zu einem konzisen Text fügen lassen möchten. Hier erfahre ich schmerzhaft, dass Schreiben ein eigenständiger und äußerst widerspenstiger Prozess ist – eine eigene Form des Denkens, die sich vom Sprechen oder auch vom Lesen unterscheidet.

Lynn Hunts Anmerkungen lassen sich meines Erachtens auf die Digital Humanities übertragen. Fast alle Historiker sind mittlerweile professionelle Nutzer digitaler Technologien wie des Internets. Täglich benutzen sie das Internet; es ist ein zentraler Bestandteil ihres Arbeitsprozesses geworden. Sie können es jedoch – in den meisten Fällen zumindest – nicht schreiben. Hier fehlt Wissen über einen entscheidenden Bestandteil dieser zentralen Technik. Dies anzuerkennen bietet möglicherweise einen Ansatz, die Probleme der Geschichtswissenschaft mit den Digital Humanities zu begreifen.

Diese Überlegung möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen: Auf einem Workshop der Bryn Mawr University wurde Mitte März 2013 die Webpage Traces of Mind Control  gelauncht, deren Ursprünge in das Sommersemester 2011 zurückreichen. In diesem Semester hatte der Lehrstuhl für Nordamerikanische Geschichte der Universität Erfurt Sharon Ullman von Bryn Mawr als Gastprofessorin im Rahmen eines von der DFG geförderten Mercator-Projektes eingeladen. Ein Bestandteil des Projekts war die Erarbeitung einer Internetseite, die sich mit Spuren der Gedankenkontrolle, Disziplinierung oder Gehirnwäsche im Amerika des Kalten Kriegs beschäftigen sollte. Als einer von drei Doktoranden war ich als Research Assistant an dem Projekt beteiligt. Die Ausgestaltung des Projekts war offen. Zunächst war der Plan, eine digitale Datenbank zu erstellen, in der die Traces gesammelt werden sollten. Diese Idee wurde jedoch bald zugunsten eines digitalen Museums aufgegeben. Hier wollten wir die Bandbreite der digitalen Möglichkeiten nutzen, um etwas nie Dagewesenes zu erschaffen. Wir wollten gekrümmte, drei- oder waren es doch vierdimensionale Räume schaffen, in denen alles mit allem verbunden ist. Wolken und Cluster sollten die Komplexität der historischen Prozesse erfassen, wozu kein traditioneller Text in der Lage ist. Wir hatten nur eine Kleinigkeit vergessen: Wir wussten zwar, wie man das Internet liest, aber nicht, wie man das Internet „schreibt“. To make a long story short: Die Fertigstellung hat sich erheblich verzögert. Letztendlich wurde die technische Umsetzung nicht in Erfurt vollzogen, sondern auf der anderen Seite des Großen Teichs. Die Umsetzung blieb jedoch hinter unseren diffusen Erwartungen und Vorstellungen zurück – was völlig logisch ist und abzusehen war. Der abschließende Workshop im März 2013 in Bryn Mawr drehte sich dann auch nicht so sehr um den Inhalt unseres Projekts, sondern um dessen Form. (Wer sich für den Inhalt interessiert, ist noch einmal herzlich eingeladen, die Webpage zu besuchen – es ist dann doch noch ganz gut geworden.) Unter dem Titel Exploring the Challenges of International Digital Humanities Initiatives  wurden verschiedene Projekte im Feld der Digital Humanities vorgestellt. Wenig überraschend wurde deutlich, dass bloggen und twittern in den USA einen höheren Verbreitungsgrad haben als beispielsweise in Deutschland. (Wer sich überzeugen möchte, dass twittern in dieser Hinsicht vielleicht am wenigsten einhält, was es verspricht, dem empfehle ich das Storify des Workshops.) Hinzu kommt möglicherweise ein größeres Problembewusstsein für die Macht der Verlage, die mittels fragwürdiger Peer-Review-Verfahren die Wissenschaft gängeln können und so althergebrachte Machtstrukturen und Hierarchien perpetuieren. Das Internet und gerade das Bloggen ermöglichen es, erst etwas zu veröffentlichen und dann interessierten Lesern die Möglichkeit des Peer Reviews zu geben, was intuitiv mehr Sinn ergibt als die gängige Praxis, die genau andersherum verfährt.

Dies ist die aktuelle Frontier der Digital Humanities, die wissenschaftspolitisch große Auswirkungen hat. Allerdings geht es hier nicht so sehr um das Schreiben von Geschichte, sondern um die digitale Verbreitung wissenschaftlicher Texte, die zumeist in Textform vorliegen und die sich strukturell von herkömmlichen Texten zumeist (nur) durch Hyperlinks, die Kommentarfunktion und stellenweise eingebettete Videos unterscheiden. Das Emplotment und somit das Narrativ verharrt jedoch im Hayden White’schen Sinne auf dem Stand der Antike. Die Pointe ist hier: Möglicherweise hat das Social Web an dieser Stelle zu einer Rückwärtsbewegung geführt. Diese Idee kam mir während der Keynote des Workshops, die von Michael O´Malley, einem technikaffinen Historiker der George Mason University, gehalten wurde. O´Malley stellte zwei seiner Webprojekte vor. Ein aktuelles und eines, das bereits im Jahr 1996 begonnen hatte und 2004 abgeschlossen wurde. Das aktuelle Projekt ist Global Perspectives on Digital Humanities. Ein Versuch, historische Arbeiten demokratischer und offener, ohne Verlage und vorgelagerte, fadenscheinige Peer-Review-Verfahren zu organisieren. Ein wissenschaftspolitisch zweifelsfrei unterstützenswertes Unterfangen. Aus der Perspektive der Geschichtsschreibung jedoch noch interessanter ist das ältere Project The Lost Museum. Dies war ein früher Versuch, das Internet als eigenständige Form des Denkens ernst zu nehmen. Es ist eine Mischung aus Adventure Game und digitaler Ausstellung, die mittlerweile etwas angestaubt wirkt, aber nach wie vor ein faszinierendes Beispiel ist, wie Geschichte mit den Mitteln des Internet geschrieben werden kann. The Lost Museum hat zahlreiche Preise gewonnen und wurde vom National Endowment for the Humanities gefördert. Mittlerweile – dies ist zumindest mein Eindruck und ich würde mich über Hinweise auf andere Beispiele freuen – sind solche Projekte die Ausnahme.

Bloggen und Twittern ermöglichen neue Wege der Wissenszirkulation, sie verändern das Publikum, ermöglichen gleichermaßen etablierten Wissenschaftlern, dem Nachwuchs und auch Außenseitern sowohl komplexe Ideen als auch Schnellschüsse zu veröffentlichen und der Peer Review auszusetzen. Hinter diesen Möglichkeiten zurück bleibt jedoch der kreative Aspekt – das Geschichte-Schreiben mit dem Internet tritt in den Hintergrund. Die Arbeiten liegen zumeist in „klassischer“ Textform vor. Wenn es jedoch einen Schritt weiter gehen soll, wenn die Inhalte sich verändern sollen, dann muss das Internet-Schreiben als eigener magischer und mysteriöser (um Hunt wieder ins Spiel zu bringen) Prozess verstanden werden. Ein bisschen wünsche ich mir, dass sich die Frontier der Digital Humanities wieder etwas von den Social Medias entfernt und stärker den kreativen Darstellungsformen widmet, auf die man sich mangels sozialer Austauschmöglichkeiten im Prae-Web-2.0 konzentrierte. Wo bleiben die gekrümmten Räume, die Wolken und Cluster, die neue Formen der Narrativität schaffen?

Quelle: http://fyg.hypotheses.org/56

Weiterlesen

Journal-Panorama über Scharia-Gerichte in Großbritannien

Die Bestrebungen, die Scharia – das islamische Recht – in Großbritannien anzuwenden, schilderte gestern das von Marion Bacher gestaltete Ö1 Journal-Panorama. Insbesondere im ersten Teil des Beitrags geht es um islamische Scheidungen vor Schariagerichten. Der Beitrag beschreibt den Kampf dagegen, dass familienrechtliche Angelegenheiten in privaten Schiedsgerichten abgehandelt werden dürfen, und fragt nach den geschlechtsspezifischen Implikationen einer “Paralleljustiz” und den Gefahren für eine säkular Demokratie. Das Journal-Panorama kann auf 7 Tage Ö1 nachgehört werden.

Allahs Richter: Scharia-Gerichte in Großbritannien
Gestaltung: Marion Bacher

Das islamische Recht, die Scharia, ist schon längst in Europa angekommen. Besonders deutlich wird das in Großbritannien, das aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit besonders viele Migranten aus muslimischen Ländern aufgenommen hat.
Bereits 1982 öffnete der erste Schariarat in London seine Pforten. Seither bestimmen er und dutzende weitere islamische Schiedsgerichte über finanzielle und familienrechtliche Angelegenheiten tausender britischer Muslime. Gegnerinnen und Gegner sehen darin eine Paralleljustiz, die Frauen diskriminiert.


Quelle: http://ehenvorgericht.wordpress.com/2013/04/17/journal-panorama-uber-scharia-gerichte-in-grosbritannien/

Weiterlesen

IFK-Vortrag von Stefan Laube über den Markt als Kreatur

Kommende Woche am IFK: Ein Vortrag von Stefan Laube zum Thema "Nervöse", "verrückte", "gefährliche" Märkte. Finanzhandel und die Klassifikation des Markts als Kreatur.

Zeit: Mo, 22.4.2013 , 18:00 Uhr
Ort: IFK, Reichsratsstraße 17, 1010 Wien

Das heute verbreitete Verständnis von Märkten ist von zwei grundlegenden Ideen geprägt. Einerseits bezeichnet der Markt einen Ort, der Käufer und Verkäufer zusammenbringt, um mit Gütern zu handeln, seien es Bazare in nichtwestlichen Kulturen, seien es (vorelektronische) Börsenplätze in finanzkapitalistischen Gesellschaften. Zum anderen gelten Märkte als ein Mechanismus, der die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage regelt, eine Vorstellung, die zentral für das wirtschaftswissenschaftliche Verständnis von Märkten ist. Ausgehend von der ethnografischen Beobachtung des hochtechnologisierten Finanzhandels thematisiert Stefan Laube in seinem Vortrag eine andere Variante der symbolischen Bestimmung eines Markts: seine Verlebendigung als eine Kreatur, die unabhängig von den Marktteilnehmern und auf ganz bestimmte Art und Weise agiert. So verwenden Finanzhändler Konzepte wie Stimmung oder Lebendigkeit, wenn sie sich über das Ausmaß an Preisfluktuationen unterhalten; sie sprechen von verrückten, gefährlichen oder toten Märkten, von Märkten, die vernünftig sind oder nervös. Stefan Laubes Analyse bietet eine Deutung von Finanzmärkten aus der Perspektive einer Soziologie der Praktiken.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/342798667/

Weiterlesen