Breitseiten und Rohrkrepierer – zum Verhältnis von Feuilleton, Plagiat und historischem Sachbuch

Rohrkrepierer

Rohrkrepierer einer vermutlich österreichisch-ungarischen Feldhaubitze des Ersten Weltkrieges. Ort und Datum der Aufnahme sind unbekannt; ebenso, ob das Rohr überhitzt oder verzogen war.
Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rohrkrepierer.png

Sicher ist auch in der gegenwärtigen, sich immer heißer laufenden Plagiatsdiskussion „für die Klebefähigkeit von übler Nachrede [...] irgendein Haftgrund nötig.“[1] Dass diese Aussage, die Olaf B. Rader in Bezug auf die dem Staufer Friedrich II. nachgesagten Untaten formulierte, auch für ihn zutrifft, liegt an dem leicht vermeidbaren, sicher illegitimen Umgang mit Wikipediazitaten und Bildern aus den Wikimedia Commons in dem von ihm verantworteten Teil des Sachbuchs über „Große Seeschlachten: Wendepunkte der Weltgeschichte“. Die vor zwei Wochen in Gang gesetzte Diskussion kann etwa hier und hier und hier nachgelesen werden, um nur einige der wissenschaftlichen oder doch wissenschaftsnahen Blogs zu benennen. Das Nachverfolgen der Meldungen in den Online-Auftritten etablierter Zeitungen konnte man sich im Großen und Ganzen sparen (mit Ausnahme der NZZ), da dort immer wieder dasselbe kolportiert wurde; im (Online-) Journalismus ja gängige Praxis und keineswegs todeswürdiges Verbrechen.

Doch durch den gestrigen Beitrag des New Yorker Feuilletonkorrespondenten der FAZ, Patrick Bahners, bekommt die Diskussion eine neue Qualität, wenn auch kein höheres Niveau: Die Vorwürfe werden auf frühere Bücher Raders ausgeweitet, darunter die umfangreiche Biographie über Friedrich II. und auch deren Kurzvariante, die in der bekannten Reihe Beck Wissen erschienen ist; keineswegs klar erkennbar ist immer, auf welche der beiden Monographien sich der Vorwurf konkret bezieht. Beleg dafür seien Recherchen Kathrin Passigs, die aber nirgends öffentlich einsehbar sind. Verwiesen wird auf eine laienhafte Internetseite über die ‚falschen Friedriche‘, deren aus einer rechtshistorischen Publikation von 1951[2] basierende Argumentationsstruktur Rader direkt übernehmen soll. Als Beleg wird die Formulierung „in die Knie zwingen“ herangezogen, die der Angeklagte als „auf die Knie zwingen“ variiert. Außerdem sei er gar nicht den kriminalpsychologischen Differenzierungen der ursprünglichen Quelle gefolgt. Tatsächlich, in Chronologie und einzelnen Formulierungen gibt es Ähnlichkeiten zwischen Raders Text und der Internetseite, aber eben auch des Buchs von 1951. Der aktuelle Forschungsstand dürfte anders aussehen, das sei konzediert. Doch ob hier Radbruch/Gwinner die Vorlage ist oder die Internetseite, ist nicht zu entscheiden. Und müssen die drei Seiten (104-106) des Beck-Wissen-Bändchens zum Aspekt der falschen Friedriche wirklich mehr liefern als Faktenwissen?

Was hier also für Bahners ein Manko, ja ein klares Indiz für Raders ‚Trivialitäten‘ ist, wird in der zweiten transatlantischen Breitseite zum Anlass für Kritik: Denn hier folgt der Berliner Historiker nun wieder zu sehr (und doch nicht genug!) der Literatur, auf die in der Friedrichsbiographie durchaus verwiesen wird. Es geht um den Aspekt der Waffenmode um 1200, sicher ein äußerst untergeordneter Aspekt in einer Biographie des Stauferkaisers, sollte man meinen. In einem sich gewichtig gebenden Textvergleich werden also einige Zitate Raders neben solche aus einem wissenschaftlichen Beitrag zur Stauferausstellung von 1977 gereiht, auf die sich der Biograph ja bezogen hat. Manche Zitate Raders sind sehr eng an den 35 Jahre alten Artikel angelehnt, manche weniger, was prompt vom Feuilletonisten stilistisch bekrittelt („Man wundert sich, inwiefern wallende, buntbestickte Röcke für einen schlichten Stil stehen können“) und zugleich hyperkorrekt in die Entwicklung der Kriegsmode zwischen 1150 und 1250 eingereiht wird. Fraglich bleibt, ob man solche Details in der von Bahners vorgeschlagenen Breite in einer Biographie des Sizilianers auf dem Kaiserthron lesen möchte und ob Rader hier nicht das Recht, ja die Pflicht zur Kondensierung hat, die fast immer mit Präzisionsverlust einhergeht.

Doch es wird noch investigativer: Rader habe den Leser glauben machen wollen, vor 1150 habe man wohl mit freiem Oberkörper gekämpft, so unpräzise seien seine Formulierungen. Allein, schreibt Rader das? Ihm geht es um das (langärmelige) Panzerhemd mit Handschuhen und Kapuze, das in dieser Zeit aufkommt, kein Widerspruch zur zitierten Literatur. Die Existenz von Kettenhemden vor 1150 dürfte jedem bekannt sein, der einmal ein Bild des Teppichs von Bayeux gesehen hat. Mag man bei den falschen Friedrichen noch ein ungutes Gefühl bei Raders Vorgehen haben, hier baut Bahners einen Pappkameraden auf. Man merkt die Absicht und ist dann noch verstimmter, wenn es etwas nonchalant, nämlich belegfrei weitergeht: Auch stilistisch sei Rader ein Blender, dem regelmäßig Grammatikfehler unterlaufen; alle bisherigen Rezensenten behaupten das Gegenteil, doch geschenkt: de gustibus. Dann wird noch im Vorbeigehen die Mittelalterarchäologie zur wissenschaftlich nicht satisfaktionsfähigen Disziplin herabgewürdigt, derer sich Rader nicht hätte bedienen dürfen. Und schließlich hat er wiederum einen Absatz zum Einfluss der orientalischen Mode nicht aufgenommen, der sich doch hätte aufdrängen müssen.

Dem Leser Bahners seinerseits stellt sich spätestens jetzt die Frage: Was will der Autor des FAZ-Artikels eigentlich erreichen? Mit jahrelanger Verspätung die Rezension schreiben, die schon 2010 – mit sehr positivem, aber nicht unkritischem Tenor und einer Würdigung der Gesamtthese des Buchs – Andreas Kilb in derselben Zeitung übernommen hat? Das Buch wurde ja auch andernorts im Feuilleton gelobt. Raders Buch ist auch im Fach durchweg positiv besprochen worden.[3] Nun, dann wäre es nur eine der Besprechungen, bei denen sich der Rezensent an Quisquilien abarbeitet, aber zum Gehalt des Buches nichts sagen kann oder will. Da aber der Artikel Bahners‘ im Kontext der Diskussion der letzten zwei Wochen über Raders Versäumnisse und Fehler im Seeschlachten-Buch steht, ist der Sachverhalt nicht so einfach. Dies wird auch am nur als diffamierend zu nennenden Schlusssatz des FAZ-Artikels deutlich. Hier soll eine Breitseite ad personam abgefeuert werden, die Diskreditierung Raders als Historiker wird mindestens billigend in Kauf genommen. Um den Ansatz seiner Bücher, um eine Typologisierung zu einem klareren Verständnis der historischen Figur Friedrichs II. und einer zugehörigen Erinnerungeschichte des Staufers, geht es mit keinem Wort. Dass er auch komplizierte Sachverhalte eingängig vermitteln kann, egal: Eine weitere Umdrehung an der Skandalschraube ist zu verlockend, und seien die Vorwürfe – zum jetzigen Stand der Beweislage bezüglich der Friedrichsbiographien – auch minimal fundiert, kleinkariert oder weit hergeholt. Hier wäre die Kärrnerarbeit der verschiedenen Plagiatsplattformen ein Beitrag zur Versachlichung und Substantiierung der Diskussion, bevor gelinde gesagt tollkühn Autoren als Betrüger abqualifiziert werden. Man mag zu diesem neuen deutschen Online-Hobby stehen wie man will: Auf eine kritische Masse von Belegen für unseriöses Vorgehen wird dort bestanden, bevor eine Plagiatsprüfung öffentlich gemacht wird. Im FAZ-Beitrag wird hingegen bei dünnster Faktenlage ein Verdikt formuliert.

Aber es geht nicht nur um die Invektiven gegen Olaf Rader und die fehlende Transparenz der Vorwürfe durch ein Plagiatswiki. In einem Aspekt trifft Bahners Artikel einen wunden Punkt, das Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Sachbuch. Welcher Fachhistoriker würde von einem für ein breites Publikum geschriebenen Buch wie dem zu den Seeschlachten, aber auch eines kleinen Beck-Wissen-Bändchens die absolute Präzision und Forschungsnähe erwarten, die die Verlagswerbung suggeriert? Wenn Beck nicht den Unterschied zwischen einer akademischen Qualifikationsarbeit, einer hoch spezialisierten Fachmonographie und einer Publikation mit breiter Zielgruppe (oft ganz ohne Fußnoten, übrigens) zugeben will, ist das allenfalls kaufmännisch zu erklären. Zugleich: Wer kann sich vorstellen, dass Beck ein klar auf Breitenwirkung angelegtes Buch – sei es zu Friedrich II., sei es zu Seeschlachten in der Weltgeschichte – akzeptieren würde, das hinter jeden Satz eine Fußnote setzt und Beleg auf Beleg schichtet? Gut lesbar, da ist Bahners zuzustimmen, sind Spezialmonographien der Forschung quasi nie. Wenn aber der künftige öffentliche Umgang mit Sachbüchern durch diesen Fall präjudiziert wird, welcher Fachhistoriker wird sich noch daran setzen, für ein breites Publikum zu schreiben? Da bleibt man doch lieber im Gärtchen des eigenen Spezialthemas und schreibt gelehrte Abhandlungen mit einem überschaubaren Rezipientenkreis selbst innerhalb des Fachs, anstelle das Risiko der öffentlichen Hinrichtung einzugehen, die gerade an Rader versucht wird. Dasselbe Feuilleton, das sich jetzt darauf kapriziert, Paraphrasen gegenzuprüfen und Sätze zu googlen, wird sich dann wieder über die Unlesbarkeit der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft beklagen und mehr Mut der historischen Zunft einfordern. Übermut wird man nach dieser Diskussion und ihrer sich abzeichnenden Stoßrichtung sagen müssen. Nicht fehlen wird auch das Lob der anglophonen Kollegen, die so packend schreiben, während die deutschen Historiker/innen ihren Fußnotenfetischismus pflegen.

Aber ja, und auch das ist ein Punkt: Wie wäre es, Bücher wieder mehr zu lesen und über ihre Thesen zu reden und weniger ihre Satzfragmente zu googlen? Nein, das ist kein Aufruf zur Legalisierung des Plagiats in der Geschichtswissenschaft und auch nicht im historischen Sachbuch. Und tatsächlich fehlt eine Klärung des Verhältnisses von Fachwissenschaft, breiter angelegter Wissenschaftsvermittlung und neuen Medien wie Wikipedia, egal, welche internen Diskussionen der Wikipedianer es bereits gegeben hat. Und es bleibt kritikwürdig, was Rader im Seeschlachtenbuch getan hat.
Aber eine rein auf formale Aspekte abzielende Kritik verfehlt den Kern des Schreibens über Geschichte; wer Thesen nicht durchdenken, einordnen und abwägen will und stattdessen ausschließlich Belegstellen zählt und Paraphrasen prüft, macht es sich zu bequem. Sicher, mit weniger (intellektuellem) Aufwand gelangt man kaum in die Position des rückhaltlosen Aufklärers. Mehr als ein Skandälchen für zwei Wochen (mit allerdings fatalen und möglicherweise langfristigen Folgen für verschiedene Beteiligte, aber auch die Präsenz historischer Forschung in der Öffentlichkeit) kommt dabei aber nicht heraus. Mit den vorliegenden Begründungen ist die vernichtende Kritik an Raders Friedrichsbiographien durch Patrick Bahners kein Volltreffer, sondern ein Rohrkrepierer.

 

Dieser Beitrag begründet auf diesem Blog die neue Textkategorie “Cum ira et studio”: Kommentare mit erkennbarer Meinung zu mediävistischen Themen und im weitesten Sinn darauf bezogenen Mediengeschehen. Noch mehr als sonst ist für den Inhalt ausschließlich der Autor verantwortlich; der Beitrag gibt nicht notwendig die Meinung der Blogverantwortlichen insgesamt wieder.

[1] Olaf B. Rader: Friedrich II.: Der Sizilianer auf dem Kaiserthron, München 2010, S. 230.

[2] Gustav Radbruch, Heinrich Gwinner: Geschichte des Verbrechens. Versuch einer historischen Kriminologie, Stuttgart 1951.

[3] Vgl. auch Julia Becker, Rez. zu: Olaf B. Rader, Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kaiserthron. Eine Biographie, München (C.H. Beck) 2010, in: QFIAB 91 (2011), S. 503f.

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/3652

Weiterlesen

Divina favente clemencia. Auserwählung, Frömmigkeit und Heilsvermittlung in der Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV.

1000 Worte Forschung: Abgeschlossene Dissertation (Mittelalterliche Geschichte) an der TU Darmstadt (2012)

© Royal Canonry of Premonstratensians at Strahov, Prague, CZ

Miniatur aus dem Liber pontificalis des Albrecht von Sternberg: Kaiser Karl IV. (links) und Albrecht von Sternberg (rechts) verehren Christus. © Královská kanonie premonstrátů na Strahově, Praha, DG I 19, fol. 34v.

Noch immer wird bezüglich der Frage nach der religiösen Legitimierung von Herrschaft im römisch-deutschen Reich des Mittelalters „Canossa als Wende“ (F.-R. Erkens) verstanden. Im Zuge des sog. Investiturstreits und spätestens mit dem Wormser Konkordat hätten die mittelalterlichen Kaiser die sakralen Grundlagen ihres Handelns verloren, allenfalls Schrumpfformen der „politischen Heiligenverehrung“ (J. Petersohn) seien bis in die Stauferzeit tradiert worden, während für das eigentliche Spätmittelalter immer wieder auf den von Hermann Heimpel ausgiebig erforschten Weihnachtsdienst rekurriert wird.

Zu Recht rückt damit die Figur Kaiser Karls IV. (1346-1378) in den Fokus, der berühmt-berüchtigte ‚Reliquiensammler‘, dessen „Staats- und Privatfrömmigkeit“ vor über 30 Jahren Franz Machilek herausgestrichen hat. Seit ca. 15 Jahren findet die Frömmigkeit des Luxemburgers neue Aufmerksamkeit in Einzelstudien unterschiedlichen Umfangs. An diese Arbeiten schließt die vorgelegte Dissertation mit dem Anspruch an, das fromme Herrscherhandeln Karls erstmals in seiner Prozesshaftigkeit zu betrachten und die Frage nach der legitimierenden Wirkung religiös fundierter Herrschaftspraxis im Reich des späten Mittelalters im Detail zu stellen. Zur Schärfung der Handlungszentrierung der Untersuchung und zum besseren Verständnis, wie eine legitimierende Wirkung durch Frömmigkeit erreicht werden konnte, wurden (religions-)soziologische Ansätze von Max Weber und Pierre Bourdieu herangezogen. Archivalische Recherchen erfolgten vor allem an ausgewählten Überlieferungsorten in Nord- und Mittelitalien sowie natürlich in Prag.

Die Ergebnisse der Studie sind in drei Großkapiteln zusammengefasst, die sich Karl IV. als sakralem Akteur sowie spezifischer seinem Erwerb von Reliquien und deren weiteren Nutzung widmen. Gerade die Auserwählung – in den Augen anderer wie im mutmaßlichen Selbstbild Karls – ist ein Strukturmerkmal der karolinischen Herrschaftslegitimierung. Die bekannten Passagen der Vita Caroli Quarti sind dabei keineswegs deren erster Beleg, sondern eher eine Rückprojektion auf Basis einer Entwicklung bis zum Anfang der 1350er Jahre. Der Rückgriff auf die ältere Devotionsformel divina favente clemencia ist keineswegs auf den Kanzleigebrauch nach der Kaiserkrönung beschränkt, vielmehr wird so schon nach 1346 die besondere Rolle Gottes bei den Erfolgen des Königs hervorgehoben. Doch erst der Tod Ludwigs des Bayern im Oktober 1347, in der Perspektive des Luxemburgers ein göttliches Zeichen, ist gleichsam ein Startschuss, der Karls Prägung durch das Vorbild der französischen Könige rasch verblassen lässt. Unmittelbar darauf erfolgt eine Veränderung des Siegelbildes, in dem Karl IV. als erster Herrscher bereits vor der Kaiserkrönung sazerdotale Attribute wie Mitra und Stola führt. Auch die erste Lesung des Evangeliums durch den Herrscher in der Weihnachtsmesse im selben Jahr kann in diesem Zusammenhang besser verstanden werden. Einen weiteren ‚Bewusstseinsschub der Auserwählung‘ bewirkte neben dem Erhalt der Reichsinsignien von den Wittelsbachern das Zusammentreffen Karls mit der Mystikerin Christina Ebener 1350, die ganz konkrete Visionen bezüglich der ihm von Gott zugedachten Rolle mitteilen konnte. Vor diesem Hintergrund kam es ca. 1351/52 (E. Hillenbrandt) zur Abfassung der sog. Autobiographie; nach der Rekonvaleszenz von seiner mysteriösen Lähmung begann Karl ab 1353 zielgerichtet mit der Vorbereitung der Kaiserkrönung, aber auch der eigenständigen Erhebung von Reliquien, die zuvor fehlen.

Detail des Freskos ‚Ecclesia militans‘ von Andrea di Bonaiuto (Andrea da Firenze) aus der Capella Spagnola der Dominikanerkirche S. Maria Novella in Florenz, entstanden 1366/67. In der linken Hand des Kaisers, der als Karl IV. zu identifizieren ist, findet sich statt des Reichsapfels ein menschlicher Schädel. Bemerkenswert auch die Aureole um den Kopf des Kaisers. Foto: Martin Bauch

Dieser Reliquienerwerb wird im zweiten Großkapitel genauer ins Auge gefasst. Dabei stellt sich rasch heraus, dass neben dem Vorbild Ludwigs des Heiligen auch die přemyslidischen Vorfahren Karls beispielgebend waren. Die Reliquienakquise hatte, wie auf Basis einer fast 600 in Prag nachweisbarer Einzelheiltümer umfassenden Liste demonstriert wird, ihre zeitlichen Schwerpunkte im Vorfeld der Kaiserkrönung 1353-55 und des zweiten Italienzuges 1368/69; es kristallisiert sich auch der Südwesten des Reichs mit den Erzstiften und den reichsunmittelbaren Klöstern entlang des Rheins als neben Rom bevorzugten Herkunftsregionen der nach Böhmen verbrachten Reliquien heraus. Tatsächlich nutzte Karl die ökonomische Schwäche der von ihm besuchten Kommunitäten, aber auch gute Beziehungen zum Ortsbischof sowie bereits etablierte Kontakte von Klerikern seiner Kanzlei, um an die begehrten Heiltümer zu gelangen. Großer Wert wurde auf Anciennität und Authentizität der Überreste gelegt – die aus der Praxis rekonstruierten Echtheitskriterien orientierten sich kaum an den Argumenten Guiberts von Nogent. Für die Wahl der Reliquien war nicht in erster Linie die Prominenz des Heiligen wichtig, sondern die Möglichkeit, möglichst große Teile des Körpers zu erhalten. Bemerkenswert war auch die Rolle des erhebenden Herrschers: Nicht nur wurde peinlich genau darauf geachtet, die Fiktion der freiwilligen Herausgabe der Reliquien zu wahren. Auch wurden Gegenleistungen an die Reliquiengeber bestmöglich verschleiert; Geldzahlungen sind kaum je festzustellen, dreister Reliquienraub durch Karl ist ein Forschungsmythos. Auffällig ist auch das Bestreben des Luxemburgers, eigenhändig an der Umbettung der heiligen Gebeine teilzunehmen, obwohl solches Handeln ihm als Laien kanonisch untersagt war. Hier manifestiert sich wie schon beim Weihnachtsdienst oder einigen der untersuchten Herrschereinzüge eine Tendenz zur kontrollierten Grenzüberschreitung, die den römisch-deutschen König oder Kaiser einem Kleriker annäherte, obwohl er eindeutig Laie blieb. Ähnlich liegt der wenig bekannte Fall der an die Person des Herrschers gebundenen Ablässe für Teilnehmer von Messen in Gegenwart Karls.

Goldene_Pforte_Keller

Mittleres Feld des Apokalypse-Mosaiks über dem Südportal des Veitsdoms (ca. 1370/71). Unter Christus in der Mandorla finden sich die böhmischen Landespatrone Prokop, Sigismund, Veit, Wenzel, Ludmilla und Adalbert (v.l.n.r.). Darunter die Stifterfiguren Karls IV. (l.) und Elisabeths v. Pommern (r.). Foto: Sebastian Keller

Die sich an diesen Beispielen andeutende Erkenntnis, dass der römisch-deutsche Herrscher als semi-sazerdotaler Heilsvermittler für seine Untertanten tätig wurde, bestätigt sich bei der Untersuchung der weiteren Nutzung der Reliquien: Nicht nur wurden die Herrschaftszentren der luxemburgischen Lande und des Reichs durch Karl IV. gezielt sakralisiert, also durch Liturgie, Architektur und Heiligen- wie Reliquienkult mit einander verbunden; dies galt natürlich vor allem für Prag und den Veitsdom, wobei die Prager Neustadt in Absetzung von der älteren Forschung als Rekonstruktion des Reichs und nicht etwa Jerusalem interpretiert wird. Vielmehr kann auch das Verständnis der mysteriösen Burg Karlstein um neue Aspekte ergänzt werden: Die Heiligkreuzkapelle, ein Nachbau des Himmels selbst, diente dem Kaiser u.a. als Oratorium zur Konsultation mit den in ihren Reliquien präsenten Schutzheiligen des Reichs und seiner Städte. Die ausgeklügelte Praxis der Sakralisierung gerade auch durch Performanz – für die Heiltumsweisungen in der Prager Neustadt kann etwa eine eigenhändige Beteiligung Karls IV. plausibel gemacht werden – hat bald Nachahmer unter den Reichsfürsten gefunden. Und doch stieß sie wie auch der ausgeprägte Heiligenkult schon früh auf Kritik in Böhmen. Aus den Reihen des unter Karl sozialisierten Klerus selbst kamen die Kirchenreformer, auf  denen Jan Hus aufbauen sollte. Die Frage nach dem Erfolg der karolinischen Sakralisierungsbemühungen mit mutmaßlich herrschaftslegitimierendem Effekt wird also am Ende des Forschungsvorhabens keineswegs eindeutig positiv beantwortet.

Trotz allem wird im Lauf der Untersuchung klar, dass das vermeintlich gesicherte Bild des staats- und privatfrommen Luxemburgers mit seiner berüchtigten Vorliebe für heilige Überreste deutlich vielschichtiger ist als bisher gedacht: Die spezifisch karolinische Praxis von Frömmigkeit und Heilsvermittlung vor dem Hintergrund vielfach betonter Auserwählung muss den Vergleich mit den Sakralmonarchien Westeuropas nicht scheuen. Dass sie aufgrund der Hussiten und dynastischer Wechsel keine Kontinuität begründen konnte, teilt sie mit vielen anderen Aspekten des Heiligen Römischen Reichs im späten Mittelalter.

Martin Bauch: Divina favente clemencia. Auserwählung, Frömmigkeit und Heilsvermittlung in der Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV., Köln; Wien 2014 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittealters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, 35).

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/3473

Weiterlesen

Die Magdalenenflut 1342 – ein unterschätztes Jahrtausendereignis?

 


an(no) m° ccc° xl ii do ver drank hermen goltsmet in der groten vlot to sentemargret(en) dage
.[1]

Vermutlich war es der wohlhabende Göttinger Goldschmied und Ratsherr Hans, der seinem 1342 verstorbenen Vater Hermann ein seiner Profession gemäßes Denkmal setzte.[2] Auf der Spitze der Göttinger Albanikirche ist die oben stehende Inschrift, auf einem Reliquienkreuz noch oberhalb der Wetterfahne angebracht, bis heute erhalten geblieben. Nun ist der niedersächsische Goldschmied nicht einfach ein Opfer eines beliebigen Hochwassers geworden, sondern in der mutmaßlich schwersten Flutkatastrophe Mitteleuropas in den letzten 1000 Jahren ertrunken: Der nach dem Festtag der Heiligen am 22. Juli benannten Magdalenenflut von 1342.

Als im letzten Sommer an Donau, Elbe und Saale die zweite Extremflut seit dem Milleniumswechsel tausende Menschen bedrohte, fand auch ein selbst unter Mediävisten oft wenig bekanntes Ereignis wie die Magdalenenflut 1342 erneute mediale Aufmerksamkeit. Dies steht in deutlichem Gegensatz zum (Des-)Interesse der Geschichtswissenschaft: Explizit mediävistische Auseinandersetzungen mit der Magdalenenflut 1342 finden sich so gut wie nicht[3], etwas besser ist es bei der Nachbardisziplin Archäologie bestellt.[4] Betrachtet man hingegen die Publikationen aus dem im weitesten Sinn naturwissenschaftlichen Bereich mit historischem Fokus, aber auch umweltgeschichtlichen Werken, fällt auf, dass durchaus viel auf das Flutereignis von 1342 verwiesen wird.[5] Dies bedeutet allerdings keineswegs in jedem Fall eine intensive Beschäftigung damit, v.a. nicht mit der schriftlichen Überlieferung.[6] Dabei ist die Quellenlage durchaus vielversprechend, wie im Folgenden kurz skizziert werden soll.

Die klimageschichtliche Datenbank tambora.org bietet ad ann. 1342 bereits einen ersten Eindruck von dem Ausmaß der Flut, wenn auch viel zu viele der Einträge nicht zeitgenössischen Ursprungs sind, so dass sie sich für historisches Arbeiten nicht verwenden lassen. Trotz der notwendigen Einschränkungen zur Benutzbarkeit der Datenbank aus historisch-quellenkritischer Sicht zeigt dieses verdienstvolle Projekt trotz allem die Entwicklungspotentiale kollaborativer Datenbanken gerade im Bereich der Klimageschichte auf. Doch in Kombination mit gedruckten Repertorien meteorologischer Ereignisse aus dem 20. Jahrhundert kann man sich schnell dem Ereignis nähern: Curt Weikinns nach historiographischen Maßstäben auch nicht durchweg verlässliche, aber äußerst materialreiche Quellensammlung zu hydrologischen Ereignissen[7] liefert eine komfortable Ausgangsbasis für die Erforschung der Magdalenenflut. In Kombination mit der Materialsammlung des nicht minder akribischen, aber doch quellenkritischeren Sammlers meteorologischer Nachrichten, Pierre Alexandre[8], zeigt sich, welcher große europäische Raum 1342 unter den Überschwemmungen zu leiden hatte: Ost- und Zentralfrankreich, die Provence, Norditalien, das ganze heutige Deutschland sowie Böhmen, Österreich und Ungarn waren von massiven Fluten betroffen. Im Einzelfall wäre freilich erst noch zu klären, ob es sich dabei um jeweils um ein- und dasselbe Flutereignis handelt. Doch die Ausgangsbasis von über 40 verschiedenen Extremwetterbelegen für 1342 in edierten Chroniken sollte die  weitere Untersuchung der Magdalenenflut deutlich erleichtern. Und dabei ist die Sammlung von Weikinn und Alexandre noch keineswegs vollständig.[9] Auch das eingangs aufgeführte Beispiel mit dem Göttinger Reliquienkreuz ist keineswegs die einzige Inschrift, die als Beleg der Magdalenenflut angeführt werden kann.[10]

Schriftquellen sind also in relativer Fülle vorhanden, und doch ist die Chronologie des meteorologischen Extremjahres 1342 noch lange nicht geklärt, wie ein rascher Blick in die bisherige Forschung und deren (knappe) Aussagen zu Vorgeschichte und Verlauf der Flutkatastrophe zeigt: Intensiver Schneefall im Winter 1341/42 soll zu einer starken Schneeschmelze mit ersten Hochwassern geführt haben, dann folgte ein regenreiches Frühjahr. Der im Sommer noch immer feuchte Boden konnte schließlich die Starkregenfälle Mitte Juni 1342 nicht mehr aufnehmen.[11] Andere Interpreten sehen keine nennenswerten, durch die Schneeschmelze propagierten Hochwässer im Frühjahr 1342.[12] Je nach regionalem Fokus wird auch von einem Eisstoß im späten Winter 1342, – dem der Vorgängerbau der Prager Karlsbrücke zum Opfer fiel –, dann einem Frühjahrshochwasser im April und dem eigentlichen Magdalenenhochwasser im Juli 1342 ausgegangen.[13] Ganz ausgeblendet wird bisher die Lage in Frankreich und Italien, aber auch in Ostmitteleuropa jenseits Böhmens. Warum es so wichtig ist, die Abfolge der Niederschläge und Flutereignisse möglichst sicher zu identifizieren, leuchtet spätestens dann ein, wenn wir die unvermeidliche Frage stellen, was der geophysikalische Hintergrund der Katastrophe von 1342 war.

Eine Vb-Wetterlage braut sich zusammen: Ein sog. Genuatief vom 7. Oktober 1996. (Quelle: Wikimedia Commons)Eine Vb-Wetterlage braut sich zusammen: Ein sog. Genuatief vom 7. Oktober 1996. (Quelle: Wikimedia Commons)

Verantwortlich für die extremen Niederschläge soll eine meteorologische Konstellation gewesen sein, die so auch 1997, 2002 und 2013 die extremen Hochwässer in (Ost-)Mitteleuropa hervorgerufen hat: Eine sogenannte Vb-Wetterlage, bei der ein Tiefdruckgebiet über Norditalien sich über der Adria oder dem Golf von Genua immens mit Feuchtigkeit auflädt und dann eine Zugbahn am Ostalpenrand entlang über das heutige Österreich, Ungarn und Tschechien bis nach Polen einnimmt. Im Kontakt mit wesentlich kälteren Luftmassen im Norden und Westen kommt es zu sehr ergiebigen Niederschlägen über dem skizzierten Teil Ostmitteleuropas bis hin nach Bayern.[14] Doch passt dieses Szenario schon geographisch nicht widerspruchsfrei zur Überschwemmungslage und den Extremniederschlägen des Jahres 1342. Ob noch andere Faktoren wie etwa Vulkanausbrüche[15] zu den Mitverursachern der Starkregen gehören, ist bisher kaum diskutiert worden.

Das meteorologische und klimahistorische Interesse an dem Ereignis liegt auf der Hand. Aber welchen breiteren historischen Erkenntnisfortschritt darf man sich von einer Beschäftigung mit der Magdalenenflut erwarten?
Zum einen natürlich ein besseres Verständnis der Häufung exogener Schocks, denen die mitteleuropäischen Gesellschaften in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ausgesetzt waren. Neben der Magdalenenflut wäre die Abkühlungstendenz seit ca. 1310, die Große Hungersnot von 1315-18, Einfälle von Heuschrecken 1338 und natürlich die Pest 1347ff. zu nennen. Die umweltlich-natürlichen Rahmenbedingungen müssten also zu einer Neubewertung der „Krise des 14. Jahrhunderts“ verstärkt herangezogen werden, ist doch eine letzten Endes sozialdeterministische Tendenz zur Relativierung der krisenhaften Momente im Spätmittelalter hin zu einem überwiegenden Reflex von Diskursen des 20. Jahrhunderts zu beobachten.[16] Vielleicht ist es daher an der Zeit im Zeichen eines material turn – obwohl diese Wende die Mediävistik bisher wenig tangiert – den natürlichen Rahmenbedingungen und konkreten Einflüssen von Umweltveränderungen auf den historischen Prozess auch im Spätmittelalter zu ihrem Recht zu verhelfen, ohne in platte Determinismen zu verfallen.
Eine klarere Vorstellung vom potentiellen Impact der Flut von 1342 liefern allerdings nicht die historischen Quellen allein: Vielmehr sind es die Überlegungen von historisch arbeitenden Geowissenschaftlern, die die Dimensionen des Ereignisses erst recht erahnen lassen, etwa durch Modellrechnungen der Scheitelabflussmenge – der Höchstmenge an Wasser, die in einem Moment einen bestimmten Punkt am Fluss passiert. So ist für den Main im Juli 1342 eine Zahl 3500 m²/s errechnet worden[17], während für das Sommerhochwasser 2013 in Würzburg eine Scheitelabflussmenge des Mains von ‘nur’ 900 m²/s erreicht wurde.[18] Die Konsequenzen für den modernen Hochwasserschutz und seine unterstellten historischen Maximalwerte sind enorm.[19]
Darüber hinaus sind es die Untersuchungen von Geoökologen wie Hans-Rudolf Bork und seinen Schülern, die die apokalyptischen Ausmaße der Erosion in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts vorstellbar und plausibel machen. [20] Ganz entgegen der allgemein vorherrschenden Vorstellung von Erosion als langsamem Prozess betonen die naturwissenschaftlichen Kollegen die massiven Veränderungen innerhalb kürzester Zeit und ordnen, gestützt auf zahlreiche Beispiele aus Mittel- und Nordostdeutschland, etwa die Hälfte des gesamten Erosionsabtrags in Mitteleuropa seit dem Frühmittelalter dem Zeitraum 1313 bis 1348 zu.[21] Dabei nimmt ein Einzelereignis – nach aller Plausibilität die Magdalenenflut von 1342 – eine beträchtliche Rolle ein. Diese Annahmen werden auch durch die Befunde aus Warvenchronologien unterstützt.[22]
Besonders betroffen zeigten sich von der Erosion landwirtschaftliche Nutzflächen in Höhenlagen, die oft erst im Zug des hochmittelalterlichen Landesausbaus erschlossen wurden. Sie verloren nach der geomorphologischen Einschätzung so viel fruchtbare Krume, dass ihre weitere Bewirtschaftung sinnlos wurde. Die Belege dafür lieferten markante, tobelartige Kerbtäler,

Die Wolfsschlucht bei Pritzenhagen/Oberbarnim, Brandenburg. Das Kerbtal ist wesentlich durch einige wenige Erosionsereignisse in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geprägt. (Quelle: Wikimedia Commons)Die Wolfsschlucht bei Pritzenhagen/Oberbarnim, Brandenburg. Das Kerbtal ist wesentlich durch einige wenige Erosionsereignisse in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geprägt. (Foto: Lienhard Schulz, Lizenz: CC-BY-SA, Quelle: Wikimedia Commons)

durch massive Erosion (‚Schluchtenreissen‘) geschaffen, an deren Ende das weggespülte Erdreich sog. Schwemmfächer bildet. Die genaue Analyse von deren Schichten belegt wenige, einzelne Starkregenereignisse, die über im Material enthaltene Holzkohlestückchen auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert werden können. Im Einzugsgebiet eines untersuchten Schwemmfächers, am Abhang einer Rodungsfläche zu einem See hin gelegen, muss es zu großflächigen Verlusten an fruchtbarem Ackerboden gekommen sein.[23] Ein ähnlicher Befund wurde für spätmittelalterliche Wölbäcker im Eichsfeld festgestellt, die von einem singulären Niederschlagsereignis im 14. Jahrhundert verändert wurden, wobei hier eine Datierung des erodierten Materials über spätmittelalterliche Keramik plausibel gemacht werden konnte.[24] Vor diesem Hintergrund sollten die Wüstungsprozesse des Spätmittelalters über die sozialen, politischen und ökonomischen Erklärungstheorien von Wilhelm Abel hinaus gedacht werden – die meteorologischen Extremereignisse mit ihren mutmaßlich verheerenden Folgen für die Landwirtschaft sind als Faktor unbedingt mit einzubeziehen.[25] Aber auch die ungeklärte Frage nach dem Erlahmen des Landesausbaus in Ostmitteleuropa noch vor der Pest könnte von einer Untersuchung der klimatischen Ungunstverhältnisse seit 1300 profitieren. Im Einzelfall bestätigen auch die Schriftquellen die hydrologisch-bodenkundlich begründeten Hypothesen, wie etwa im Fall des Kloster Loccum bei Hannover: Es ergossen sich vom Himmel nämlich Regenmassen, Gewässer brachen aus der Erde hervor, Flüsse zerstörten die Dämme, Quellen und Gießbäche strömten aus der Erde, die Flüsse erhoben ihre Wasser, so daß sie über ihre Ufer traten, nicht nur die Saaten und viele Pflanzen auf den Feldern, sondern auch die Äcker selbst und die Wege vernichteten, in Burgen, Städte, Dörfer und Kirchen eindrangen, bis über die Altäre anwuchsen, Mauern und Türme umstießen, zahlreiche Menschen und Zugtiere ertränkten und viele andere Schäden herbeiführten.[26]
Es scheint daher sinnvoll, nicht nur nach Hinweisen auf Wüstungsprozesse, sondern auch nach Berichten zu Infrastrukturschäden bzw. Baumaßnahmen zum Hochwasserschutz oder zur Wiederherstellung von Brücken in Rechnungs- und Urkundenbüchern zu suchen. Rainer Schreg etwa hat ein anschauliches Beispiel in einer Urkunde gefunden, das sich auf einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit einer Hangrutschung in Esslingen im September 1342 bezieht.[27] Christian Rohr verweist auf eine Donaubegradigung größeren Umfangs beim Kloster Oberalteich.[28] Am 23. September 1342 gewährte Ludwig d. Bayer eine Erhöhung des Brückenzolls für Frankfurt am Main und umliegende Ortschaften für Wiederaufbaumaßnahmen.[29] Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass die Jahrtausendflut von 1342 der zentralen Katastrophe des 14. Jahrhunderts den Weg ebnete: Inwiefern die Ernteeinbrüche in der Folge von 1342 sowie die ebenfalls sehr feuchten, häufig von Nahrungsmangel gekennzeichneten Jahre unmittelbar vor Ausbruch der Pest zum verheerenden Impact des Schwarzen Todes in Europa beigetragen haben, müsste weiter erforscht werden.

Nach dieser tour de force durch viele denkbare Perspektiven auf die Magdalenenflut 1342 hört dieses Opusculum dort auf, wo sonst die eigentliche historische Arbeit erst einsetzen würde. Das aufgezeigte Panorama, und sei es noch so unvollständig und verkürzt, sollte m.E. Historiker/innen ermutigen, das Jahrtausendereignis von 1342 genauer in den Blick zu nehmen, um einerseits die relativ reichen Schriftquellen systematisch zu sammeln und zu analysieren und andererseits die wertvollen Anregungen benachbarter, aber auch fremder Disziplinen aufzugreifen und das Gespräch mit den Kollegen zu suchen. Erst mit ihrer Hilfe können wir die Tragweite der Magdalenenflut richtig einschätzen und ersehen, ob auch aus geschichtswissenschaftlicher Sicht von einem Jahrtausendereignis gesprochen werden sollte.

[2] Vgl. Urkundenbuch der Stadt Göttingen, Bd. 1: Bis zum Jahre 1400, hg. v. Karl Gustav Schmidt, Hannover 1863, Nr. 236

[4] Rainer Schreg: Die Krisen des Spätmittelalters: Perspektiven, Potenziale und Probleme der archäologischen Krisenforschung, in: Falko Daim; Detlef Gronenborn; Rainer Schreg (Hrsg.): Strategien zum Überleben. Umweltkrisen und ihre Bewältigung, Mainz 2011, S.197-214; Ders., Bodenerosion 1342 – ein Rechtsstreit in Esslingen, in: Archäologik, 19. Januar 2013 und Ders., Unwetterschäden im Raum Tübingen im Jahr 1342 (?), in: Archäologik, 28. August 2013; Udo Recker: Wüstungserscheinungen im Kontext mittelalterlicher Unweltkrisen und Risiken, in: Falko Daim; Detlef Gronenborn; Rainer Schreg (Hrsg.): Strategien zum Überleben. Umweltkrisen und ihre Bewältigung, Mainz 2011, S.197-214

[5] Josef H. Reichholf: Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, Frankfurt/Main 2007, S.  53f.; Rüdiger Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas. 1200 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, 2. aktual. und erw. Auflage, Darmstadt 2008, S. 230f. Umwelthistorische Werke: Wolfgang Behringer: Kulturgeschichte des Klimas. Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung, Bonn 2007, S. 146; Christian Rohr: Extreme Naturereignisse im Ostalpenraum. Naturerfahrung im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit, Köln; Weimar; Wien 2007, S. 226-228.

[7] Curt Weikinn: Quellentexte zur Witterungsgeschichte Europas von der Zeitenwende bis zum Jahre 1850. Hydrographie, Teil 1 (Zeitenwende – 1500), Berlin 1958 sowie fünf weitere Bände bis 1850. Dass damit nur 20% der Weikinnschen Sammlung ausgewertet wurden, lässt sich der Website eines abgeschlossenen Projekts der Sächsischen Akademie der Wissenschaften entnehmen. Es bleibt nur zu hoffen, dass eine baldige Veröffentlichung der dadurch erschlossenen meteorologischen Daten von Weikinn kurz bevorsteht.

[8] Vgl. Pierre Alexandre: Le Climat en Europe au Moyen Age. Contribution à l’histoire des variations climatiques de 1000 à 1425, d’après les sources narratives de l’Europe occidentale, Paris 1987, S. 467-470.

[9] So z.B. ein zufällig durch den Autor gefundener Beleg für Kloster Corvey im Weserland: Anno Domini 1343 [sic!] fuit diluvium aque et inundavit monasterium et castrum istut et fecit dampnum magnum undique et fames diu erat in terra. (Corveyer Abtskatalog von 1467, in: Friedrich Philippi; Otto Grotefend: Neue Quellen zur Geschichte Westfalens in Handschrift 861 der Leipziger Universitätsbibliothek, in: Westfälische Zeitschrift 60 (1902), S. 108-156, hier S. 144). Die Jahresangabe muss korrekt natürlich 1342 lauten.

[10] Zu verweisen wäre auf eine Gedenkinschrift am Würzburger Hof ‚Zum großen Löwen‘: DI 27, Die Würzburger Inschriften bis 1525. Auf der Grundlage des Nachlasses von Theodor Kramer unter Mitarbeit von Franz Xaver Hermann, bearbeitet von Karl Borchardt, Wiesbaden 1988, Nr. 61 u. Abb. 34. Auch auf einem Steinquader der Kirche St. Blasius in Hann.-Münden findet sich ein eindrucksvoller Beleg: DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 9 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0000901. Eine nur schriftlich belegte Flutmarke in derselben Stadt: DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 10† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0001007.

[11] Vgl. Gauger, Hochwasser und ihre Folgen (wie Anm. 3), S. 100; Zbinden, Magdalenen-Hochwasser (wie Anm. 6), S. 200.

[12] Vgl. Glaser, Klimageschichte (wie Anm. 5), S. 230.

[13] Vgl. Rohr, Extreme Naturereignisse (wie Anm. 5), S. 226.

[14] Vgl. Zbinden, Magdalenen-Hochwasser (wie Anm. 6), S. 200.

[15] Vgl. dazu die Datenbank Global Volcanism Program:  Denkbar wäre ein nur sehr grob auf 1340 datierter, massiver Ausbruch des Mont Pélee auf Martinique (Karibik) (Eruption No 12424) oder des isländische Hekla (Eruption No 12726).

[16] Vgl. nur ein Beispiel: Peter Schuster, Die Krise des Spätmittelalters. Zur Evidenz eines sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Paradigmas in der Geschichtsschreibung des 20 Jahrhunderts, in: Historische Zeitschrift 269 (1999), S. 19-55

[17] Vgl. Zbinden, Magdalenen-Hochwasser (wie Anm. 6), S. 197f., verweisend auf Gerd Tetzlaff, Michael Börngen, Manfred Mudelsee, Armin Raabe: Das Jahrtausendhochwasser von 1342 am Main aus meteorologisch-hydrologischer Sicht, in: Wasser&Boden 54 (2002), S. 41–49

[19] Vgl. z.B. die Konsequenzen für die Schweizerischen Atomkraftwerke und deren Hochwasserschutz, die sich aus den Ergebnissen einer historischen Rekonstruktion seit dem Beginn des Spätmittelalters ergeben müssten: Oliver Wetter, Christian Pfister, Rolf Weingartner, Jürg Luterbacher, Tom Reist & Jürg Trösch (2011): The largest floods in the High Rhine basin since 1268 assessed from documentary and instrumental evidence, in: Hydrological Sciences Journal 56/5 (2011), S.733-758

[20] Hans-Rudolf Bork; Arno Beyer; Annegret Kranz: Der 1000-jährige Niederschlag des Jahres 1342 und seine Folgen in Europa, in: Falko Daim; Detlef Gronenborn; Rainer Schreg (Hrsg.): Strategien zum Überleben. Umweltkrisen und ihre Bewältigung, Mainz 2011, S. 231-242; Hans-Rudolf Bork u.a.: Spuren des tausendjährigen Niederschlags von 1342, in: Ders. (Hg.): Landschaften der Erde unter dem Einfluss des Menschen, Darmstadt 2006, S. 115–120;  Hans-Rudolf Bork; Markus Dotterweich: Jahrtausendflut 1342, in: Archäologie in Deutschland 4 (2007), S. 20-23; Hans-Rudolf Bork u.a.: Landschaftsentwicklung in Mitteleuropa. Wirkungen des Menschen auf Landschaften, Gotha 1998, hier v.a. S. 226-251.

[21] „Von 1313 bis 1348 wurden in Deutschland zusammen 34 Mrd. t Boden erodiert – etwa die Hälfte des gesamten mittelalterlich-neuzeitlichen Bodenabtrags. Die ackerbaulich genutzten, von Bodenerosion betroffenen Flächen Deutschlands wurden von 1310 bis 1350 im Mittel um etwa 25 cm tiefer gelegt.“ (Ebd., S. 230).

[22] So z.B. die Untersuchung des Schalkenmehrener Maars, vgl. Frank Sirocko (Hg): Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung. Von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert, Darmstadt 2009, S. 167f.

[23] Das gut untersuchte Beispiel findet sich im ostelbischen Ausbaugebiet, in der sog. Wolfsschlucht bei Pritzhagen (Barnim, Brandenburg). Vgl. Bork, Landschaftsentwicklung (wie Anm. 20), S. 66-75. Ähnliche Kerbtäler sind etwa die sog. ‘Rummeln’ im Hohen Fläming, ebenfalls einer von massiven Wüstungsprozessen im Spätmittelalter veränderten Landschaft, die im Ausbauprozess v.a. durch große Getreideanbauflächen auf der Hochebene gekennzeichnet war.

[24] Die Grabung zwischen Rüdershausen und Gieboldeshausen war der Ausgangspunkt der Beschäftigung Borks mit den spätmittelalterlichen Erosionsphänomenen, vgl. Bork, Landschaftsentwicklung (wie Anm. 20), S. 93-102.

[25] Eine echte Beweisführung über Zusammenhänge zwischen klimatischen Veränderungen und Wüstungen hat bisher nämlich seitens der Historiker noch nicht stattgefunden, auch nicht im einschlägig betitelten Artikel von Werner Rösener: Die Wüstungen des Spätmittelalters und die Klimafaktoren, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 115 (2010), S. 57-77.  Ermutigende Befunde aber von archäologisch-naturwissenschaftlicher Seite: Markus Dotterweich;  Jochen Haberstroh: Bodenressourcennutzung und Klimawandel zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Barbara Scholkmann u.a. (Hg.): Zwischen Tradition und Wandel. Archäologie des 15. und 16. Jahrhunderts, Büchenbach 2009 (Tübinger Forschungen zur historischen Archäologie 3), S. 501-510

[26] Nam pluvis a coelo descentibus et aquis de terra emergentibus ruinis aggerum ruptis, fontibus et torrentibus supereffluentibus, flumina levaverunt aquas suas ita, ut metas suas transcendentes non solum segetes et multa viventia in agris, verum etiam ipsos agros et vias dissiparent, castra, civitates, villas et ecclesias intrarent, super altaria ascenderent, muros, domos, turres everterent, plures hominess et jumenta submergando necarent et alia plura damna (De Origine et Abbatibus Monasterii Luccensis, in: Gottfried Wilhelm Leibniz (Hg.): Scriptores Brunsvicensiusm illustrationi inservientes. Bd. 3, Hannover 1711, S. 690-699, hier: 695). Übersetzung nach Christoph Erich Weidemann, Geschichte des Klosters Loccum, hg. v. Friedrich Burchard Köster, Göttingen 1822. Mit ganz ähnlichem Tenor, wenn auch weniger konkret Johann von Viktring, Liber certarum historiarum (MGH SSrG 36, 2) Buch 6, Kapitel 11, S. 225f.

[28] Vgl. Rohr, Extreme Naturereignisse (wie Anm. 5), S. 227, 364f.; RI VII, H. 1,3, Nr. 591; RI VIII, H. 3, Nr. 533

[29] Vgl. Johann Friedrich Böhmer (Hg.): Codex diplomaticus Moenofrancofurtanus. Urkundenbuch der Reichstadt Frankfurt, Frankfurt /Main 1836, S. 578f. Den Hinweis auf die erste der beiden Urkunden verdanke ich Frau Ulrike Fliege (Darmstadt).

Citation: Martin Bauch: Die Magdalenenflut 1342 – ein unterschätztes Jahrtausendereignis?, in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 04. Februar 2014, http://mittelalter.hypotheses.org/3016 (ISSN 2197-6120).

 

 

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/3016

Weiterlesen

Der eigene Beitrag – so einfach geht’s

Zwar hat unser Blog recht regen Zuspruch durch Autoren jenseits der drei Bloggründer, aber noch wäre Platz für mehr Beiträge. Da gerade unsere Formate “Opuscula” und “1000 Worte Forschung” regen Zuspruch erfahren und ja auch über den RI-Opac recherierbar und somit zitierbar sind, könnten wir uns vorstellen, dass es nicht nur generelle Vorsicht gegenüber dem Neuen Medium oder publikations- und reputationstaktische Überlegungen sind, die noch den einen oder die andere potentielle(n) Autor(in) zurückschrecken lässt. Sicher ist es auch die Frage, ob das nicht  alles technisch sehr kompliziert zu erlernen ist (und wer hat schon Zeit und Lust, sich ins nächste technische Gadget einzulernen – der Autor jedenfalls ist da eher faul). Trotzdem: WordPress, die dem Blog zugrundlegende Benutzeroberfläche, ist recht einfach, intuitiv zu bedienen und macht kaum Aufwand. Wer Textverarbeitung beherrscht, wird auch damit rasch zurechtkommen. Daher verweisen wir hier gerne auf die konzise Einführung in das Arbeiten mit WordPress, die am vergangenen Freitag Sascha Förster von der Max-Weber-Stiftung gegeben hat. Aber natürlich stehen wir auch unseren Autoren hilfreich zur Seite, wenn das gewünscht wird. Hier jedenfalls das instruktive Video mit bestem Dank nach Bonn:

Hinzu  kommt ein weiteres Video über das Einbetten von Medien in einen Blogbeitrag. Das ist so einfach, dass der Autor es gleich noch einmal ausprobieren musste:

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/2573

Weiterlesen

Konferenzblog “Geld – Macht – Emotionen” (DHI Rom)

DHI-Logo_duenner_Rahmen_medium1-110x150Unseres Wissens nach zum ersten Mal wird eine (überwiegend) mediävistisch geprägte Konferenz von einem eigenen Konferenzblog – natürlich Teil von de.hypotheses – begleitet. Am 25. und 26. September findet am Deutschen Historischen Institut in Rom die Konferenz “Geld – Macht – Emotionen. Reichtum in historischer Perspektive / Denaro – potere – emozioni. La ricchezza in una prospettiva storica” statt (Programm hier). Wir sind sehr gespannt, wie das Blog parallel zur Konferenz konkret genutzt werden wird. Die Organisatorin der Konferenz, Petra Schulte, will mit gewissem Abstand auf unserem Blog über ihre Einschätzung von Nutzen und Nachteil eines solchen Mediums für eine Konferenz berichten. Auch darauf freuen wir uns und wünschen der Veranstaltung allen Erfolg!

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/2256

Weiterlesen

Konf. “Heilige, Helden, Wüteriche. Verflochtene Herrschaftsstile im langen Jahrhundert der Luxemburger”

Akademiekonferenz junger Wissenschaftler aus Deutschland und Tschechien (30.09.2012-02.10.2013),

Akademie der Wissenschaften Heidelberg gemeinsam mit der Gelehrten Gesellschaft der Tschechischen Republik

Quelle: HAW

Quelle: HAW 

 

Organisatoren:

Martin Bauch (Institut für Geschichte, Technische Universität Darmstadt); Julia Burkhardt (Akademie der Wissenschaften, Heidelberg); Tomáš  Gaudek (Ústav pro dějiny uměni, Akademie věd České Republiky, Praha); Paul Töbelmann (SFB 619 Ritualdynamik, Heidelberg); Václav Žůrek (Centrum medievistických studií, Praha / EHESS, Paris)

Programm der Akademiekonferenz als PDF.

Ein Konzeptpapier zum Konferenzthema Herrschaftsstile wird noch eingestellt. Interessierte sind herzlich willkommen, wir bitten aber um Anmeldung per eMail an herrschaftsstil AT gmail.com

uscr

Quelle: USCR

 

Montag, 30.09.

09:00 Uhr:
Grußwort des Präsidenten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Paul Kirchhof
Vorstellung des Konzepts durch die Organisatoren

09:30.-13:30 Uhr:

Herrschaftsstile I: Repräsentation durch Kunst

Moderation: Paul Crossley (London)

© Royal Canonry of Premonstratensians at Strahov, Prague, CZ

Miniatur aus dem Liber pontificalis des Albrecht von Sternberg: Kaiser Karl IV. (links) und Albrecht von Sternberg (rechts) verehren Christus. © Královská kanonie premonstrátů na Strahově, Praha, DG I 19, fol. 34v.

Tomáš Gaudek (Praha):
Die Schönheit unter der Lupe. Die Kunstwissenschaftler und die Zeit der Luxemburger

Romana Petráková (Praha):
Die Herrschaftsrepräsentation der Luxemburger in Breslau

11:00-11:30 Uhr   Pause

Richard Němec (Bern):
Zur Frage der Architekten- und Werkmeisterdynastien an der Schwelle vom späten Mittelalter zur Neuzeit (Parler – Ensinger)

Jana Gajdošová (London):
Charles IV, St. Wenceslaus and the Stone Bridge in Prague

13:00-14:00 Uhr         Mittagspause

 

09:30.-13:30 Uhr:

Herrschaftsstile II: Repräsentation durch Inszenierung

Moderation: Eva Schlotheuber (Düsseldorf)

Ewa Wółkiewicz (Warszawa):
Inszenierte Macht der kirchlichen Herrscher. Herrschaftspraxis der Breslauer Bischöfe

Veronika Csikós (Budapest):
Zwischen Luxemburgern und Wittelsbachern. Die Regensburger Bischöfe und ihr Patronat im Laufe des 14. Jahrhunderts

 15:30-16:00 Uhr Pause

Martin Bauch (Darmstadt):
Der schwarze Reiter. Funeralzeremonien europäischer Herrscher im „langen Jahrhundert der Luxemburger“

Zoë Opacić (London):
Town planning under the Luxemburg Dynasty and its Context

ab 18:30 Uhr: Gemeinsames Abendessen der ReferentInnen und SektionsleiterInnen

 

Dienstag, 01.10.

Darstellung Kaiser Sigismunds durch Albrecht Dürer, 1513; (c) Wikimedia Commons

Darstellung Kaiser Sigismunds durch Albrecht Dürer, 1513; Quelle: Wikimedia Commons

09:00-12:30 Uhr

Herrschaftsstile III: Hofkulturen und Erziehung

Moderation: Katalin Szende (Budapest)

Pavlína Cermanová (Praha):
Die Luxemburger in den apokalyptischen und alchimistischen Weltausdeutungen des Mittelalters

Lenka Panušková (Praha):
Astrologische Handschriften Wenzels IV.

10:30-11:00 Uhr Pause

Paul Töbelmann (Heidelberg):
Wie man das Herrschen lernt: Bildung und Ausbildung der Luxemburger

Václav Žůrek (Praha):
Karl IV. als der weise Herrscher

12:30-13:30 Uhr  Mittagspause


13:30-17:00 Uhr

Herrschaftsstile IV: Die Art zu herrschen

Moderation: Eduard Mühle (Warszawa/Münster)

Johannes Abdullahi (München):
Geldverwendung und Geldverschwendung. Finanz- und Politikstil bei Johann dem Blinden

Johann von Luxemburg, Darstellung im Gelnhauser Codex; Quelle: Wikimedia Commons

Johann von Luxemburg, Darstellung im Gelnhauser Codex; Quelle: Wikimedia Commons

Robert Novotný (Praha):
Der niedere Adel um Wenzel IV. Ein Sonderfall?

15:00-15:30 Uhr Pause

Mark Whelan (London):
Tanzen, Wutausbrüche und ein verlorener Hund: Sigismund von Luxemburg und seine Antwort auf die Türkengefahr als Römischer König

Alexandra Kaar (Wien):
Neue Mittel der Kriegsführung? Wirtschaft und Krieg in der Politik König/Kaiser Sigismunds

17:30-18:30 Uhr Gemeinsames Abendessen der ReferentInnen und SektionsleiterInnen

 

19: 00 Uhr Öffentlicher Abendvortrag:
Jiří Fajt (Berlin/Leipzig): Prag, Nürnberg und das Heilige Römische Reich. Zum kaiserlichen Stil Karls IV.

 

Mittwoch, 02.10.

09:00-13:30 Uhr:

Herrschaftsstile V:  Verflechtungen

Moderation: Pierre Monnet (Paris/Frankfurt a.M.)

Nils Bock (Münster):
Transfer, Adaptation, Verflechtungen: Die Heroldsämter der Luxemburger in europäischer Perspektive

Karl IV. legt Heiltum in ein Reliquienkreuz ein. Fresko aus der Marienkapelle, Burg Karlstein. Foto: Martin Bauch

Karl IV. legt Heiltum in ein Reliquienkreuz ein. Fresko aus der Marienkapelle, Burg Karlstein. Foto: Martin Bauch

Jan Hrdina (Praha):
Die Luxemburger im Gravitationsfeld “traditioneller” und “moderner” Frömmigkeitpraktiken: Ablass – Wallfahrt – Pilgerzeichen

10:30-11:00 Uhr Pause

Lukas Wolfinger (Göttingen):
Albrecht II. und Rudolf IV. von Österreich – ein bedächtiger Vater und sein ehrgeiziger Sohn? Zu einem ‘Bruch’ in der habsburgischen Politik des 14. Jahrhunderts

Julia Burkhardt (Heidelberg):
Das Erbe der Frauen. Die Herrschaft Elisabeths von Luxemburg und Elisabeths von Habsburg

12:30-13:30 Uhr: Abschlussdiskussion:

Bernd Schneidmüller (Heidelberg) /Milena Bartlová (Praha) /Gerrit J. Schenk (Darmstadt): Schlusswort und Ausblick

Abreise der Teilnehmer am späten Nachmittag

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/1794

Weiterlesen

Sommerschule: Die historischen Grundwissenschaften in der mediävistischen Praxis. BBAW, Berlin 09/13

BBAW_Logo_

Quelle: BBAW/ Wikimedia Commons; gemeinfrei i.S.v. § 5 Abs. 2 UrhG

Mittelalterzentrum der Berlin-Brandenburgischen Akadmie der Wissenschaften 09.09.2013-12.09.2013, Berlin, Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Einstein-Saal, Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin

Deadline für Bewerbungen: 30.07.2013     Hier als PDF zum Download: Sommerschule BBAW

Die Grundwissenschaften sind heute im historischen Lehrangebot der Universitäten an den Rand geraten. Um den Kompetenzerwerb in diesen Disziplinen für Studierende zu ermöglichen, veranstaltet das Mittelalterzentrum der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eine viertägige Sommerschule, in der mit einem breiten Spektrum von Lehreinheiten mit Übungscharakter in die wichtigsten Bereiche (Archivwissenschaft, Chronologie, Diplomatik, Numismatik, Paläographie, Sphragistik) eingeführt wird.

Bewerben können sich Studierende der Geschichtswissenschaften. Die Teilnehmerzahl ist auf 30 beschränkt, die Hälfte der Plätze ist Interessenten von Berlin-Brandenburgischen Hochschulen vorbehalten. Im Lehrplan der Humboldt-Universität wird die Sommerschule als Praxiskolloquium gewertet, für andere Universitäten kann die erfolgreiche Teilnahme je nach Studienordnung bescheinigt werden.

Auswärtige Studenten erhalten kostenlose Unterkunft; Reisekosten und Verpflegung werden nicht übernommen.

————————————————————————

Montag, 9. September 2013

10.00 Uhr Einführung

Michael Menzel, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

10.30 Uhr Einführung in die archivische Ordnung – Erschließung und Edition von Urkundenbeständen
Klaus Neitmann, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam

12.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Diplomatik der spätmittelalterlichen Königsurkunde I
Ulrike Hohensee, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

15.30 Uhr Diplomatik der spätmittelalterlichen Königsurkunde II
Elfie-Marita Eibl, Regesta Imperii – Regesten Kaiser Friedrichs III., Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

 

Öffentlicher Abendvortrag

18.00 Uhr Monumenta Germaniae Historica – eine unendliche Geschichte?
Martina Hartmann, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München und stellvertretende Präsidentin der Monumenta Germaniae Historica

 

Dienstag, 10. September 2013

09.00 Uhr Einführung in die lateinische Paläographie: Karolingische Minuskel
Mathias Lawo, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

10.30 Uhr Einführung in die deutsche Paläographie
Martin Schubert, Parzival-Projekt, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

12.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Einführung in die Numismatik
Michael Lindner/Olaf B. Rader, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

15.30 Uhr Exkursion ins Berliner Münzkabinett
Michael Lindner/Olaf B. Rader, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

18.00 Uhr Gemeinsames Abendessen

 

Mittwoch, 11. September 2013

09.00 Uhr Edition und Interpunktion
Michael Menzel, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

10.30 Uhr Von der Urkunde zum Regest – zur Geschichte und Arbeitsweise der Regesta Imperii
Eberhard Holtz, Regesta Imperii – Regesten Kaiser Friedrichs III., Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

12.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Exkursion: Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Mathias Lawo, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

 

Donnerstag 12. September 2013

09.00 Uhr Einführung in die Sphragistik
Marie-Luise Heckmann, Historisches Institut, Universität Potsdam

10.30 Uhr Einführung in die Chronologie
Marianna Spano, Institut für Griechische und Lateinische Philologie, Freie Universität Berlin

12.00 Uhr Abschlussdiskussion

14.00 Uhr Pause

15.30 Uhr Historischer Rundgang durch Berlin
Michael Lindner, Monumenta Germaniae Historica, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften / Ines Garlisch, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/1694

Weiterlesen

Konferenz: Wassermühlen und Wassernutzung im mittelalterlichen Ostmitteleuropa (12.-13.4.13, Leipzig)

Die Nutzung des Wassers ist ein Forschungsbereich, der zwar häufig, aber oft in regional oder thematisch begrenzter Perspektive bearbeitet wurde. Mit dieser Tagung sollen diese Begrenzungen aufgebrochen werden. Hierbei steht ganz Ostmitteleuropa zur Diskussion. Eine Charakterisierung dieser Großregion wird durch einige das westliche Mitteleuropa betreffende Beiträge vertieft.

Im Rahmen dieser Tagung sollen Forschungsergebnisse des Projektes „Usus aquarum“ in einem Kreis ausgewiesener Fachwissenschaftler zur Diskussion gestellt werden.

Šerlink-Schiffsmühlen in der Prager Neustadt im Jahre 1610 (Detail), (Archiv der Hauptstadt Prag, Handschriftensammlung, Sign. 3469, Fol. 12r)

Šerlink-Schiffsmühlen in der Prager Neustadt im Jahre 1610 (Detail), (Archiv der Hauptstadt Prag, Handschriftensammlung, Sign. 3469, Fol. 12r)

Veranstaltungsort:
GWZO, Specks Hof (Eingang A), 4. Etage, Reichsstraße 4, 04109 Leipzig

Veranstalter/Organisation:
PhDr. Martina Maříková (GWZO – Projektgruppe Usus aquarum) E-Mail: martina.marikova@uni-leipzig.de
Dr. Christian Zschieschang (GWZO – Projektgruppe Usus aquarum) E-Mail: zschie@rz.uni-leipzig.de

www.uni-leipzig.de/gwzo; In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Mühlen Sachsen-Anhalt e.V. (in der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung e.V.)

Tagungsprogramm

FREITAG, 12. APRIL 2013

Wassernutzung im Mittelalter

9:00 – 9:30:

Begrüßung Christian Lübke (Direktor des GWZO, Leipzig); Einführung in das Tagungsprogramm Matthias Hardt (GWZO, Leipzig)

9:30 – 10:00

Perception of Rivers and Other Water Streams in the Czech Middle Ages
Tomáš Klimek (Nationalbibliothek, Prag)

10:00 – 10:30

Inland Navigation in Transylvania (based on medieval charters and late medieval official reports)
Oana Toda (Babeş-Bolyai University, Cluj-Napoca)

10:30 – 11:00

Die Elbe als Wirtschaftsfaktor im nordwestlichen Böhmen
Nadine Sohr (Leipzig)

11:00 – 11:30 Pause

11:30 – 12:00

Alles hängt vom Wetter ab. Voraussage der Witterung in lateinischen Quellen des Mittelalters
Barbora Kocánová (Tschechische Akademie der Wissenschaften, Prag)

12:00 – 12:30

Wasserwirtschaft des Klosters Broda
Matthias Hardt (GWZO, Leipzig)

12:30 – 13:00

An Attempt at an Outline of the Historical Development of Water Supply and Sewerage of Medieval Settlements in the

Czech Lands in the Middle Ages
Kryštof Drnek und Jaroslav Jásek (Karls-Universität, Prag / Museum der Wasserversorgung in Prag)

13:00 – 14:30 Pause

Mühlen in Landschaft, Wirtschaft und Wahrnehmung

14:30 – 15:00

Die Verbreitung der Wassermühle im frühmittelalterlichen Mitteleuropa
Thomas Kind (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

15:00 – 15:30

Die Bedeutung der Wassermühle für die zisterziensische Klostergemeinschaft
Winfried Schich (Humboldt-Universität, Berlin)

15:30 – 16:00

Mühlen, Dämme und Flutarchen – Die Nutzung von Wasserwegen im Spreewald im 15. und 16. Jahrhundert
Sascha Bütow (Universität Potsdam)

16:00 – 16:30 Pause

16:30 – 17:00

Namen der Wassermühlen in Schlesien
Stanisława Sochacka (Instytut Śląski, Opole)

17:00 – 17:30

Schlesische Orts- und Flurnamen mit dem Glied Mühle/mlyn
Monika Choroś und Łucja Jarczak (Instytut Śląski, Opole)

17:30 –18:00

Zur Benennung von Mühlen im Mittelalter
Christian Zschieschang (GWZO, Leipzig)

18:30 – 19:30

Führung durch die Wassermühle Dölitz

19:30

Gemeinsames Abendessen im Restaurant Spreewaldschänke (Im Dölitzer Holz 7)

GWZO-Mühlenkonferenz2

Der vom Lucní-Bach abzweigende Mühlgraben beim Dorf Zubrnice (Bez. Ústí nad Labem, Nordböhmen) [Foto: L. Galusová]

SAMSTAG, 13. APRIL 2013

Sachrelikte mittelalterlicher Mühlen

9:00 – 9:30

Verbreitung und Technik der hochmittelalterlichen Mühle aus archäologischer Sicht
Gerson H. Jeute (Universität Bremen)

9:30 – 10:00

Stoahackher im bayerischen Inntal. Eine Studie zu Mühlsteinbrüchen vom 8.–20. Jahrhundert
Wolfgang Czysz (Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Thierhaupten)

10:00 – 10:15 Pause

10:15 – 10:45

Mühlen im Befund – Archäologische Erscheinungsformen und Nachweismöglichkeiten von Wassermühlen
Jens Berthold (Kommunalarchäologie Schaumburger Landschaft, Bückeburg)

10:45 – 11:15

Die Baugestalt der mittelalterlichen Wassermühlen in Böhmen und Mähren
Lucie Galusová und Martina Maříková (GWZO, Leipzig)

11:15 – 11:45

Schlussdiskussion

11:45 – 12:15 Pause

12:30

Abfahrt zur Exkursion zu Mühlen in und um Freyburg (Unstrut) und Eckartsberga

18:00

Ankunft in Leipzig

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/767

Weiterlesen