Was soziale Medien seien.

Gewidmet Johannes Paßmann zur Disputatio.

Ich bin heute auf eine Publikation meines alten Bürogenossen Johannes Paßmann gestoßen. Er ist ein m.E. scharfsinniger Medienwissenschaftler (u.a. Siegener Prägung) und erst kürzlich hat er seine Dissertation Was war Twitter? Eine Medien-Ethnographie eingereicht, der sicherlich großer Erfolg beschieden sein wird, wenn sie die sowohl methodische wie theoretische Präzision erkenne lässt, die ich von ihm gewöhnt bin. In der erwähnten Publikation Was sind soziale Medien?

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Quelle: http://metablock.hypotheses.org/1167

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„WJl dw roʃlein varb ʃchreib‾(e)n od^(er) floriren ʃo nim d^(er) var= be als dw wilt vn‾(n)d reib ʃij auff aine‾(n) raine‾(n) ʃtain“

Mit diesen Worten beginnt das erste vollständige Rezept im sogenannten „Amberger Malerbüchlein“. Aus geschichtswissenschaftlicher Sicht fällt es schwer aus den verwendeten Zeichen und Schreibweisen heraus größeren Nutzen zu ziehen. Man ist eher auf die Erwähnung bestimmter Zutaten, Ereignisse, Personen oder Ähnlichem fokussiert.

Hier liegt die Chance einer sprachwissenschaftlichen, beziehungsweise sprachgeschichtlichen Untersuchung. Anhand von Buchstabenbefund, Wortwahl, Morphologie und anderer Kriterien lässt sich ein recht gutes Bild davon entwerfen, wann und wo ein Text entstanden ist. Im Fall dieses ersten Satzes ist es beispielsweise beachtenswert, dass der Schreiber verschiedene „ei“-Schreibungen nutzte. Eine Entstehung im bairischen Sprachraum lässt sich bereits hier feststellen. Dies verdeutlicht, dass die Voraussetzung für eine fruchtbare Arbeit mit mittelalterlichen Handschriften eine Transkription sein muss, die idealerweise auch sprachgeschichtlichen Ansprüchen genügt, also Dinge wie verschiedene Schreibungen desselben Lautes aufschlüsselt.



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Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/9721

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Euro-Babel: Better Analysis Based on Endangered Languages

http://www.babel.gwi.uni-muenchen.de/ The goal of the project is to provide innovative descriptive resources for and modern linguistic analysis of two related Ob-Ugric languages Khanty (Ostyak) and Mansi (Vogul). Both languages are highly endangered: of the many Mansi dialects only the Northern one survives, and the percentage of native speakers is under 20% (out of ca. 8000 […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2015/05/5856/

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Wozu braucht die Linguistik (noch) den Zeichenbegriff?

Wenn man wissenschaftlich aufwächst an einem Ort, an dem die Zeichennatur der Sprache ganz selbstverständlich vermittelt wird, braucht es – selbst bei professoralem Frischwind – eine Weile, bis man die Grenzen dieses Begriffes wirklich durchschaut und dann zu der unumgänglichen Frage kommt: Wozu ist der dann eigentlich noch gut?

Jüngst bin ich wieder auf einen Handbuchartikel von Ludwig Jäger gestoßen, den ich noch aus meiner Chemnitzer Zeit als Preprint kannte. Und wie das so ist, wenn man ‘flügge’ wird, stellen sich die Dinge rückblickend manchmal ganz anders und wieder draufschauend ganz neu dar.

Es handelt sich um den Artikel Sprache, erschienen in Binczek, Natalie/Dembeck, Till/Schäfer, Jörgen (Hg.) (2013): Handbuch Medien der Literatur. Berlin: De Gruyter, S. 11–26. Hier möchte ich nicht eingehen auf die sehr guten Gedanken bezüglich der Materilität/Körpergebundenheit von Sprache, ihre bewusstseins- und weltkonstitutive Kraft und die fruchtbare Relektüre von Saussures (2003a; 2003b) nachgelassenen Schriften. Was mich hier interessieren soll, ist der Abschnitt zur “Zeichenhaftigkeit” von Sprache (S. 16-19).

Die Zeichenhaftigkeit von Sprache steht gewissermaßen – auch widerstreitend in meinem Kopf – der Handlungsqualität von Sprache gegenüber. Schließen sich diese beiden Gedanken wechselseitig aus? Sicherlich nicht – auch wenn Ausdrücke wie ‘Zeichenhandeln’ oder ‘Zeichengebrauch’ doch stark den Eindruck einer begrifflichen Krücke machen. Fraglich ist dabei nur, wer wen wie abstützt und auf welche begrifflichen Schwächen das hinweist?

Diese Ausdrücke weisen auf jeden Fall darauf hin, dass dem Begriff des Zeichens die Handlungsqualität nicht unmittelbar zu eigen ist. Man fühlt sich zu dieser Wortbildung oder zur Erwähnung des Determinatums genötigt, um diesen Aspekt am Zeichen hervorzukehren. Solch eine Explikationsform findet sich auch in Jägers Ausführungen zur Sozialitätsbedingung von (sprachlichen) Zeichen:

“Gerade hier hat die Sozialität sprachlicher Zeichen ihren systematischen Ort. Die Konstitution von Bewusstsein ist eng mit dem Gebrauch von Zeichen im diskursiven Horizont sozialen Austauschs verknüpft.” (Jäger 2013: 18; Herv. i.O.)

Im Kontext der Zeichentheorie scheint es also nicht das Determinatum (“-handeln”) zu sein, das es gilt, zu bestimmten und so bspw. Zeichenhandeln von anderem Handeln zu unterscheiden, sondern vielmehr ist es das Determinans (“Zeichen-”), dem hier etwas nebengeordnet wird. Aus dem Determinativkompositum wird in dieser Verwendung ein doppelköpfiges Kopulativkompositum. Die Relation zwischen diesen beiden ‘bestimmenden’ Bestandteilen/Köpfen des Kompositums ist nun relativ unklar. Wie stehen Zeichen und Handlung in einem Verhältnis zueinander? Wie lässt sich Zeichenhandeln hinsichtlich beidem, der Zeichennatur und der Handlungsqualität, bestimmen? Hier deutet sich schon die – m.E. einzige – begriffliche Lösung an, auf die ich am Ende zurückkommen werde.

Vorher soll hier aber darauf eingegangen werden, was für ein Bias allgemein im Zeichenbegriff liegt und wie diesen auch Jäger in seinen zeichenphilosophischen Überlegungen reproduziert, die Handlungsqualität von Sprache daher nur als argumentativen Unterbau gebraucht, sie in der Explikation seines Sprachbegriffs nur randständig behandelt und damit große Bereiche der zur Verfügung stehenden sprachlichen Mittel ausblendet.

Zwar hat Jäger in seinem Handbuchartikel auch einen Abschnitt über die “Funktionalität” von Sprache (S. 12f.), dort deutet sich der eben erwähnte Bias aber schon an. Geht er dort doch nur recht abstrakt auf einerseits die “kommunikativen Funktionen” “der Übertragung, Distribution und Speicherung von Sinn” und andererseits die “kognitive[.] Funktion” ein. Bei letzterer geht es um das Verhältnis von Ich- und Weltbewusstsein und deren wechselseitige, konstruktive Abhängigkeit von einem gesellschaftlichen Gebrauch vergesellschafteter Mittel. Hier spricht er sich also gegen eine simple Auffassung der Relation zwischen Bewusstsein und Welt aus, die in Begriffen des ‘Abbilds’ oder der ‘Wiederspiegelung’ auch in der Linguistik immer noch präsent sind. Die diesbezügliche Pointe ist – platt gesagt – das Medium ist die Botschaft: Die unterschiedlichen Sprachen sind mit ihren Strukturen immer auch Strukturierer: Sprache “verarbeitet keinen sprachtranszendenten Sinn, sondern sie erzeugt Eigensinn” (S. 12).

Wie dieser Eigensinn nun aber en détail und mithin sprachtypologisch je verschieden hervorgebracht wird, fällt aus Jägers philosophischer Perspektive heraus. Dies ist damit auch nicht Thema weder, wenn es um die Funktionalität von Sprache, noch, wenn es um ihre Zeichenhaftigkeit geht. Im Abschnitt zur Zeichenhaftigkeit wird auch wieder deutlich, wie stark Jäger der sprachphilosophischen und wie wenig er der im engeren Sinne linguistischen Diskussion verpflichtet ist.

Der ganze Abschnitt beschäftigt sich mit der großen Frage des Zusammenhangs zwischen materialem Zeichen und mentalem Begriff. Jäger formuliert in diesem Abschnitt vier Bedingungen, die die “Darstellungsleistung” (S. 16) von Sprache ermöglichen. Den Zusammenhang zwischen Ausdruck und Inhalt denkt Jäger also alles andere als (ver)einfach(t) und das begriffliche Entfalten der Handlungsqualität von Sprache torpediert diese Überlegungen m.E. auch nicht. Dennoch sind sie gewissermaßen auf einem Auge blind und einer zeichentheoretischen Tradition verpflichtet, die eine spezifische, durchaus wichtige Qualität von Sprache hervorhebt, damit aber eine Grundcharakteristik verkennt. Eine Reihe von Substantiven, die in diesem Abschnitt präsent sind, können verdeutlichen, um welchen Bias es mir hier geht:

“Bedeutung”, “Begriff”, “Darstellungsmittel”, “Darstellungsleistung”, “Gehalt”, “Ausdruck”, “Inhalt”, “Referenzgegenstände”, “Objekt”.

Weisen nicht alle diese Substantive mit gleicher Intensität in dieselbe Richtung und stammen sie u.a. auch aus unterschiedlichen Philosophenfedern (prominent sind Cassirer, Humboldt, Peirce), so wird doch durch diese Zusammenschau deutlich, dass dem Zeichenbegriff allgemein und auch in Jägers Artikel ganz zentral die Zweiseitigkeit von materialem Zeichen und mentalem Begriff zu eigen ist: aliquid stat pro aliquo. Wie komplex man diese antike Formel auch immer begreifen will, Gültigkeit hat sie nur für einen spezifischen Mittelbereich menschlicher Sprachen: für die “Symbolfeldausdrücke” (vgl. z.B. Redder 2005: 48) oder mit Bühler (1982: 149) die “Nennwörter”. Die funktional-pragmatische Unterscheidung von 5 sprachlichen Feldern (überblickend Ehlich 2007a), also von 5 Aufgaben- oder Zweckbereichen, für die in der Genese der Einzelsprachen die je spezifischen sprachliche Mittel funktionalisiert wurden, knüpft an Bühler an und folgt konsequent einer Rekonstruktion sprachlicher Handlungsqualität.

Die sprachlichen Mittel, die mit dem zeichentheoretischen Bias Jägers ausschließlich in den Blick kommen, sind z.B. Substantive, Adjektive und Verben. Diese werden als Symbolfeldausdrücke verstanden. Symbolische Prozeduren bearbeiten den Zweck begriffliches Wissen in der mentalen Sphäre des Hörers zu aktualisieren:

“In allen Sprachtheorien gilt eine Funktion von Sprache gemeinhin als fundamental, nämlich die des sprachlichen Benennens von Wirklichkeitselementen, mithin der durch nennende Prozeduren vollzogene Zweck. Deshalb erscheinen die Ausdrucksmittel des Symbolfeldes zumeist als sprachliche Mittel par excellence – so auch im Primat der Darstellungsfunktion von Sprache bei Bühler. Gewöhnlich gelten Symbolfeldausdrücke als situationsentbundene, kontextunabhängige Zeichen, eben als Symbole im Sinne der Semiotik. Handlungstheoretisch wird demgegenüber der Zeichenbegriff für Symbolfeldausdrücke wie auch für die anderen sprachlichen Mittel verflüssigt, wenn Zeichen nicht als Basisgrößen gelten, sondern als Mittel zum Vollzug von Prozeduren zwischen S[precher] und H[örer]. Der Zeichenbegriff gewinnt daher in der F[unktionalen] P[ragmatik] eine abgeleitete Qualität. Symbolische Ausdrucksmittel, Ausdrücke des Symbolfeldes also, gelten dann auch nicht länger als Leitgrößen für semantische Konzepte, für Bedeutungshaftigkeit schlechthin. Vielmehr haben alle sprachlichen Ausdrucksmittel gleichermaßen eine prozedurale Bedeutung. Beispielsweise besteht eine symbolische, nennende Prozedur in der Aktualisierung von sprachlich verfasstem Wissen über Wirklichkeit(selemente) [...]; das ist die kategoriale Bedeutung einer nennenden Prozedur. Die besondere, ausdrucksspezifische Prozedur ist im Falle von Symbolfeldausdrücken als das spezifisch zu aktualisierende Wissen zu rekonstruieren.” (Redder 2005: 48f.)

Handlungstheoretisch betrachtet, stellt sich die Rekonstruktion von solchen Ausdrücken also etwas anders dar als mit der Zeichenkonzeption: Es geht nicht nur um “Darstellungsleistung” (S. 16). Es geht vielmehr um die konstitutive Qualität der “kommunikative[n] Dyade” (Weinrich 2006: 17) und damit um die konsequent gestellte Frage, was macht ein sprachliches Mittel wie ein vom Sprecher geäußertes Substantiv mit dem Hörer?

Mehr noch aber führt die handlungstheoretische Sprachkonzeption dazu, zu bemerken, dass eine große Menge sprachlicher Mittel von der Aliquid-stat-pro-aliquo-Vorstellung des Zeichens gar nicht berührt wird: Was für einen begrifflichen Gehalt sollten auch Wörter wie ‘du’, ‘dabei’, ‘er’, ‘aber’, ‘der’, ‘seitdem’ etc. haben? Deren Funktionalität (bei der Konstitution von Ich- und Weltbezug) kann nicht als Zeichen und auch nicht als Zeichenhandeln befriedigend herausgearbeitet werden. In diesem Sinne gewinnt, wie Redder (2005: 48) schreibt, der “Zeichenbegriff” als spezifischer, nicht generalisierbarer Fall nur “abgeleitete Qualität“.

Es bleibt also die Frage, wozu der Zeichenbegriff dann noch taugt? Ist er lediglich ein Begriff für ein spezifisches semantisches Verhältnis, wie es die Symbolfeldausdrücke kennzeichnet? – Ich denke, damit wird man dem Zeichenbegriff der semiologischen Tradition nicht gerecht. Mag er zwar den erörterten Bias aufweisen, liegt doch aber eine Menge seines begrifflichen Gewichtes weniger im ‘Inhalt’ als vielmehr im ‘Ausdruck’! Immer, wenn von Zeichen gesprochen wird, ist unweigerlich seine materiale Beschaffenheit im Fokus, damit seine basale medialisierende Funktion, also das sinnliche Wahrnehmbar-Werden für Sprecher und Hörer im Sprechhandeln oder allgemein im Zeichenhandeln.

Hier kann das ‘Zeichenhandeln’ nämlich wieder als Determinativkompositum ernst genommen werden. Im Verständigungsprozess bedienen wir uns naturgemäß immer “Sprache und mehr” (Linke et al. 2003). Der Zeichenbegriff ist vor dem Hintergrund der obigen Kritik mit dem begrifflichen Fokus auf die medial-materiale Charakteristik des Verständigungsprozesses m.E. ‘nur noch’ dazu geeignet, unterschiedliche Mittelkomplexe kontrastierend beschreibbar zu machen. Mit ihm kann auf die Prozesse der medialen Materialisierung und der daran geknüpften Eigenlogik der Sinnkonstitution abgehoben werden. So kann beispielsweise in den Fokus gelangen, wie Sprache im Vergleich zu Bildern ihre kommunikative Funktionalität aufgrund ihrer spezifischen materialen Struktur entfaltet. Dafür kommen eine Reihe von Bestimmungen infrage, die der Sinnentfaltung während des Sprechens, d.h. während des Material-Werdens von Gedanken, sowohl für den Sprecher wie auch für den Hörer zugrunde liegen. Dies stellt vor allem eine Herausforderung für die Medienlinguistik dar.

Die unumgehbare Linearität des Zu-Verstehen-Gebens und des Verstehens ist da nur die augenfälligste Bestimmung. Ehlich (2007b: 60) hat bspw. die sprachtypologisch unterschiedlich ausprägte Nutzung der materialen Potentiale des menschlichen Stimm- und Hörapparates als “Entscheidungen” beschrieben, die der Bearbeitung sprachinterner Zwecke dienen. ‘Entscheidung’ ist hier freilich nicht teleologisch zu verstehen, sondern weithin metaphorisch.

Der Zeichenbegriff ist also da noch gebrauchbar, wo es darum geht, die unterschiedlichen Mittel kommunikativen Handelns in ihrer materialen Eigenlogik und in ihrem, darauf beruhendem, potentiellen Zusammenwirken zu beschreiben. Jenseits dieser Basisdifferenzierung unterschiedlicher medialer Qualitäten der unterschiedlichen Zeichen, bedarf es aber dann einer handlungstheoretischen Konzeption, um beschreibbar zu machen, in welcher Weise im Verständigungsprozess Sprecher und Hörer gemeinsam sich dieser differenzierten Mittel bedienen, um Verstehen zu ermöglichen.

Bühler, Karl (1982): Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Ungekürzter Nachdruck der Ausgabe von 1934. Stuttgart: Gustav Fischer.
Ehlich, Konrad (2007a): Prozedur. (Eintrag aus dem Metzler-Lexikon Sprache). In: Konrad Ehlich: Sprache und sprachliches Handeln. Band 2: Prozeduren des sprachlichen Handelns. Berlin, New York: De Gruyter, S. 1–2.
Ehlich, Konrad (2007b): Sprachmittel und Sprachzwecke. In: Konrad Ehlich: Sprache und sprachliches Handeln. Band 1: Pragmatik und Sprachtheorie. Berlin, New York: De Gruyter, S. 55–80.
Jäger, Ludwig (2013): Sprache. In: Binczek, Natalie/Dembeck, Till/Schäfer, Jörgen (Hg.): Handbuch Medien der Literatur. Berlin: De Gruyter, S. 11–26.
Linke, Angelika/Ortner, Hanspeter/Portmann-Tselikas, Paul R. (Hg.) (2003): Sprache und mehr. Ansichten einer Linguistik der sprachlichen Praxis. Tübingen: Niemeyer.
Redder, Angelika (2005): Wortarten oder sprachliche Felder, Wortartenwechsel oder Feldtransposition? In: Knobloch, Clemens/Schaeder, Burkhard (Hg.): Wortarten und Grammatikalisierung. Perspektiven in System und Erwerb. Berlin, New York: De Gruyter, S. 43–66.
Saussure, Ferdinand de (2003a): Linguistik und Semiologie. Notizen aus dem Nachlass : Texte, Briefe und Dokumente. Gesammelt, übersetzt und eingeleitet von Johannes Fehr. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Saussure, Ferdinand de (2003b): Wissenschaft der Sprache. Neue Texte aus dem Nachlass. Herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Ludwig Jäger. Übersetzt und textkritisch bearbeitet von Elisabeth Birk und Mareike Buss. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Weinrich, Harald (2006): Einige kategoriale Überlegungen zur Leiblichkeit und zur ‘Lage’ der Sprache. In: Harald Weinrich: Sprache, das heißt Sprachen. Mit einem vollständigen Schriftenverzeichnis des Autors 1956–2005. 3., ergänzte Auflage. Tübingen: Narr, S. 17–25.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/581

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durchsichten: Nationale und transnationale Perspektiven der Geschichte der Sprachwissenschaft, hrsg. v. Gerda Gaßler. Münster 2011

http://www.uni-potsdam.de/romanistik/hassler/298-00%20%282%29.pdf In den letzten Jahren ist die Entstehung sprachtheoretischer Konzepte und Theorien innerhalb von geographischen Räumen verstärkt in das Blickfeld der Historiographie der Linguistik gerückt. In diesem Kontext wird der Begriff der ‘Tradition’ häufig auf Zusammenhänge in großen, durch sprachliche und historische Gemeinsamkeiten gekennzeichnete Linien der Sprachreflexion bezogen. Zweifellos ist es sinnvoll, von einer indischen, […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/02/4941/

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Sammelband: “Deutsch in der Wissenschaft” — Deutsch in Wissenschaftsblogs?

Heute hat mich ein – gemessen an Blogkonventionen – nicht mehr ganz aktueller Sammelband erreicht. Nichtsdestotrotz ist die besprochene Sache von ungebrochener Aktualität und Dringlichkeit, weswegen ich auch auf diesen Sammelband hinweisen möchte, bevor ich ihn in Gänze zur Kenntnis nehmen konnte.

Im Olzog-Verlag ist 2012 erschienen:

Deutsch in der Wissenschaft. Ein politischer und wissenschaftlicher Diskurs [Auf die Freigabe für das Cover warte ich noch.]

Herausgegeben wurde der Band von Heinrich Oberreuter, Wilhelm Krull, Hans Joachim Meyer und Konrad Ehlich. Er dokumentiert die Tagung “Deutsch in der Wissenschaft”, die mit Unterstützung von “Deutsch Plus – Wissenschaft ist mehrsprachig” (einem Programm der Volkswagenstiftung) vom 10.-12. Januar 2012 in der Akademie für Politische Bildung (Tutzing) stattfand.

Wesentliches Anliegen der Tagung war es, die Wissenschaftssprachendebatte aus der Wissenschaft heraus hinein in die Politik zu tragen, wofür auch eine Reihe Politiker gewonnen werden konnten. So hat Norbert Lammert z.B. den Eröffnungsvortrag gehalten.

Thematisiert wurden in aller Breite und programmatisch nicht nur

  • gesellschaftlich-kulturelle Folgen einer Monolingualisierung der Wissenschaft für die nicht-englischen Muttersprachen (Abschnitt: “Chancen und Grenzen einer Lingua franca für die Wissenschaft”),
  • die Sprachfrage aus je disziplinären Perspektiven (Abschnitte: “Deutsch in den Natur- und Ingenieurwissenschaften” & “Deutsch in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften”),
  • und die Förderungsmöglichkeiten einer “Mehrsprachigkeit in der Wissenschaft”

- um nur einiges zu nennen – sondern vor allem auch:

  • die Frage nach Sprachpolitik!

Diese scheint sich in Deutschland vermeintlich in Zurückhaltung zu üben. Aber eben nur vermeintlich! In einem Beitrag arbeitet Hans Joachim Meyer (vgl. 2012, 37-48) u.a. heraus in welchem sprachpolitischem Widerspruch z.B. Integrationspolitik und Wissenschaftpolitik zueinander stehen. Meyer und Konrad Ehlich (2012, 33) weisen auch nicht zum ersten Mal in ihren “Thesen zur künftigen Rolle des Deutschen in der Wissenschaft” auf den weit verbreiteten Irrtum hin “Sprache entwickle sich autonom” und Sprachpolitik wäre folglich unnötig. Ein Blick in wissenschaftspolitische Bestrebungen hin zu einer Internationalisierung um jeden (auch manchmal noch so sinnlosen) Preis macht das schnell augenfällig. Mit Unsummen z.B. DFG-geförderte Spitzenforschung (natur- wie kulturwissenschaftliche) in Deutschland auf Englisch zu betreiben, um international vernetzt und anerkannt zu werden, ist dabei nur ein kleines Beispiel.

Die Langzeitfolgen solcher Politik werden massiv auf die Gesellschaft und ihre Möglichkeiten der diskursiven Auseinandersetzung zurückschlagen, wenn der Stellenwert der Wissenschaft für und ihre Verwobenheit mit politischen, wirtschaftlichen, ethisch-moralischen, künstlerischen, … also im Allgemeinen mit dem öffentlichen Diskurs nicht erkannt wird und damit in der Konsequenz die deutsche Sprache insgesamt ihrem Schicksal überlassen wird – einem Schicksal, das man irgendwann als eine Folge politischer und gesellschaftlicher Entscheidungen wird rekonstruieren können.

Mir liegt aber nicht daran, hier – mehr schlecht als recht – zu paraphrasieren, was im genannten Sammelband viel besser auf den Punkt kommt und den ich jedem zuforderst vor allem zur Selbstpositionierung nur ans Herz legen kann und danach vielleicht zur Reflexion der Frage nach der Preisgabe von mehrsprachigen Erkenntnisvermögen, die die Menschheit in Zukunft vorhalten sollte, um Probleme zunehmend globaler Reichweite zu bearbeiten…

Ebenso möchte ich den Verlag und auch die Autoren der “Thesen zur künftigen Rolle des Deutschen in der Wissenschaft und  zu den Chancen wissenschaftlicher Mehrsprachigkeit” (Meyer/Ehlich 2012) fragen, ob sie an einer Wiederveröffentlichung des knappen Textes im Internet (z.B. hier in meinem Blog) interessiert sind. Dort habe ich ihn bisher nicht finden können. Sind diese Thesen doch zwischen zwei Buchdeckeln in einer Bibliothek nicht ganz so gut aufgehoben und wirksam wie vielleicht in der sog. Blogosphäre, in der sie einfacher und weitreichender zirkuliert, adressiert und gelesen werden können.

Zum Schluss möchte ich noch zur angehängten Frage im Titel des Eintrags kommen: “Deutsch in Wissenschaftsblogs?” Seit einiger Zeit habe ich den Gedanken im Kopf, den ich aber noch nicht weiter prüfen konnte, dass es doch mal nötig wäre, die deutschsprachige wissenschaftliche Blogosphäre zu vermessen! Wie viele deutschsprachige Wissenschaftsblogs gibt es eigentlich? Welche deutschen Wissenschaftler bloggen in einer anderen und in welcher Sprache?

Ich weiß nicht, ob es Möglichkeiten einer solchen Vermessung gibt. Ich müsste mich diesbezüglich mal mit meinem Kollegen Johannes Paßmann kurzschließen oder vielleicht weiß ja auch der eine oder andere Leser einen Rat. Ich ahne, dass das nur praktikabel wird, wenn man Plattformen (wie hypotheses.org oder scilogs.de) in den Blick nimmt. Was allerdings hypotheses.org betrifft, verzweifelte ich erst vor kurzem daran, einer vollständige Liste aller ‘deutschen Blogs’ einsichtig zu werden. Hier kann sich die Redaktion durchaus angesprochen fühlen ;) – wäre es doch für die Vernetzung und die Anschließbarkeit hilfreich, eine gute und vollständige Übersicht über die existierenden Blogs sich verschaffen zu können. Wie dem im Einzelnen aber auch sei…

Worum es mir bei der Vermessung der wissenschaftlichen Blogosphäre Deutschlands geht, ist es, einen Eindruck vom Stellenwert des Blogs, seiner Zwecke und damit Sprachlichkeit in der deutschen Wissenschaft zu bekommen. Diesbezüglich kämen der Kommunikationsform Weblog – je nachdem welche Entwicklung sie in der Zukunft bezüglich ihrer institutionellen Relevanz nehmen wird – nicht unerhebliche Implikationen für die Vitalität disziplinärer Entfaltungen zu: Wo werden innovative Erkenntnisse und Paradigmen geboren bzw. sagbar, wenn Zeitschriften immer mehr verkrusten? Mit welchen Sprachlichkeit füttern diese Sagbarkeiten den wissenschaftlichen Diskurs? Wie wird (Populär-)Wissenschaft weiterhin in Verbindung mit der Sprache der übrigen Diskurse treten können? Kurz: Könnte es sein bzw. ist es plausibel, sich vorzustellen, Blogs könnten einem neuerlichen Aufschwung der vernakulären Wissenschaftssprachen Vorschub leisten?

Oberreuter, Heinrich/Krull, Wilhelm/Meyer, Hans Joachim/Ehlich, Konrad (Hg.) (2012): Deutsch in der Wissenschaft. Ein politischer und wissenschaftlicher Diskurs. München: Ozlog. 
Daraus:
Ehlich, Konrad/Meyer, Hans Joachim (2012): Thesen zur künftigen Rolle des Deutschen in der Wissenschaft und zu den Chancen wissenschaftlicher Mehrsprachigkeit. S. 30-34.
Meyer, Hans Joachim (2012): Trägt die deutsche Politik Verantwortung für die deutsche Sprache? S. 37-48.

 

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/357

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Projektvorstellung (Exposé)

ARBEITSTITEL:
Wissenschaftskommunikation und Kommunikationsformengeschichte: 
ein kommunikationshistorischer Vergleich zwischen Zeitschriften und Weblogs der wissenschaftlichen Öffentlichkeit

Einleitend

Wie jüngst anhand der „Groebner-Kontroverse“ (Hodel 2013) oder, wie sie auch genannt wurde: der „Masturbations-Debatte“[1] (Graf 2013a, 1) deutlich wurde, ist die Rolle des Internets im Allgemeinen und die Rolle von Weblogs im Besonderen für die Wissenschaft in ihrer erkenntnisstiftenden und Erkenntnisse kommunizierenden Funktion noch nicht erkennbar verfestigt. Die Auseinandersetzung von wissenschaftlichen Bloggern mit dem „Buch-Fetischisten“ (Graf 2013b, 12) Valentin Groebner nahm ihren Anfang in einem Vortrag auf der Münchener Konferenz „Rezensieren – Kommentieren – Bloggen: Wie kommunizieren Geisteswissenschaftler in der digitalen Zukunft“[2] und wurde durch seinen FAZ-Artikel vom 06.02.2013 „Muss ich das lesen? Ja, das hier schon. Wissenschaftliches Publizieren im Netz und in der Überproduktionskrise“ wesentlich befeuert. Was in diesem Diskurs deutlich wurde, ist etwas Typisches: Das sind die Vorbehalte einerseits gegen die Qualität und Haltbarkeit von Online-Publikationen und es sind die Hoffnungen andererseits auf einen Wandel des wissenschaftlichen Publikationssystems, dessen Heil im Open-Access-Bereich gesehen wird (vgl. z.B. Graf 2003).[3] Es sind die typischen Kennzeichen eines Interims sich etablierender Kommunikationstechnologien und der Frage nach ihrer Nutzbarkeit für domänenspezifische Zwecke.

Die erwähnten Konferenzen und Workshops, aber auch die bloggenden Wissenschaftler selbst sind Ausdruck dieses Interims und der mehr oder weniger reflektierten und tastenden Suche danach, was Weblogs für die (Kultur-)Wissenschaft zu versprechen und einzulösen vermögen, nachdem sie vor allem in der englischsprachigen (Natur-)Wissenschaft scheinbar zu einem festen Bestandteil der Wissenschaftskommunikation geworden sind (vgl. Fischer 2012).

Trotz des Interimszustands gibt es aber genügend verfestigte Vorstellungen und Ratgeber darüber, was Weblogs für die Wissenschaft zu leisten vermögen und wie gutes wissenschaftliches Bloggen auszusehen habe. Der Impetus der Ratgeber liegt dabei häufig auf der nötigen Blogspezifik wissenschaftlicher Weblogs und nicht auf ihrer möglichen Wissenschaftsspezifik (vgl. z.B. Scheloske 2012a). Damit einher gehen untersuchungsleitende Erwartungen in Bezug auf die Möglichkeiten der Popularisierung wissenschaftlichen Wissens durch Weblogs: Sie seien heute das geeignete Mittel der externen Wissenschaftskommunikation (vgl. Mahrt/Puschmann 2012, Scheloske 2012b). Nicht oder nur selten gerät in den Blick, welche Rolle Weblogs in einer veränderten, da zunehmend digitalisierten internen Wissenschaftskommunikation spielen können (vgl. Fritz 2011) und das, obwohl genau diese Kommunikationen in ebenso starkem Maße (auch) in den (deutschsprachigen) Weblogs und der Blogosphäre zu beobachten sind.

Diese Engführungen sind einerseits Ausdruck der blogosphäreninternen Selbstbeschreibung, aber andererseits Ausdruck einer Weblogforschung, die – vor allem in genretheoretischer Tradition (vgl. Puschmann 2013) – einzelne Ausprägungen von Webloggattungen hypostasiert (vgl. Schmidt 2006, 172), damit aber übersieht, dass Weblogs als Gattung(en) nicht widerspruchsfrei zu beschreiben sind (vgl. Miller/Shepherd 2009). Die in der Forschung oft beklagte Heterogenität von Weblogs ergibt sich aus ihrer „Multifunktionalität“ (Brinker 1985/62005, 148). Damit sind Weblogs selbst nicht als funktional bestimmte Gattungen zu begreifen, sondern als „Kommunikationsformen“ (Holly 2011), die als kulturelle Praktiken die Bedingungen der Möglichkeit für Kommunikation immer simultan zum Vollzug der Kommunikation (i.d.R. im Gepräge diverser Gattungsmuster) herstellen (vgl. Meiler i.V.).

Die Frage nach der Rolle von Weblogs im Wissenschaftsbetrieb ist also sekundär eine gattungsbezogene Frage und primär die Frage nach der Kommunikationssituation, die mit Weblogs  hergestellt wird und wie sich diese von anderen Kommunikationssituationen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit unterscheidet. Diese Fragerichtung erlaubt eine Einschätzung des Bloggens als Teil der Wissenschaftskommunikation, indem sie die Gattungsspektren aufzeigt, die Weblogs im wissenschaftlichen Zweckgefüge verorten. Dies wurde im Rahmen einer Pilotstudie an vier Weblogs unternommen (s.u.). Diese Studie bereitet damit das Fundament für die spezifischere komparative Fragestellung nach den kommunikationsformenabhängigen Charakteristika der Darstellung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und der interaktiven Auseinandersetzung mit diesem strittigen Wissen, also einem Kernbereich der Wissenschaft: der Eristik (Ehlich 1993).

Es gehört zudem zu den institutionellen Tatsachen der Wissenschaft, dass Universitäten einer „Ökonomisierung“ und damit einer „Quantifizierung von Forschungsleistungen“ unterworfen wird (Kieser 2010, 347), die den (früheren) „Wettbewerb um Reputation“ partiell transformieren (ebd., 356). Die diversen Rankings haben dabei steigenden Einfluss auf das Publikationsverhalten. Folgt man Kieser (ebd., 358), so verdrängt eine „extrinsische Motivation“, „Punkte für Ranglisten“ zu sammeln, die  „intrinsische“ Motivation zu forschen. Auch in diesem Lichte müssen (die Potenziale von) Weblogs betrachtet werden gerade, weil sie außerhalb dieses ver-rank-ten Publikationsbetriebs stehen.[4]

Es ergeben sich damit für das Projekt die folgenden, zu bearbeitenden Fragen:

  • Welche Möglichkeiten wissenschaftlichen Streitens bringen Weblogs hervor und in welcher Weise werden diese Möglichkeiten im Rahmen sich verändernder institutionalisierter Wissenschaft genutzt?
  • Wie gestaltet sich das prinzipiell dialogische, wissenschaftliche Streiten, wenn es sich von unidirektionalen in potenziell bidirektionalen aber ebenso verdauernden Kommunikationsformen bewegt?
  • Erweitert das medientechnisch und damit semiologisch veränderte Dispositiv der Weblogs (im Vergleich zu wissenschaftlichen Zeitschriften) auch die Mittel wissenschaftlichen Streitens?
  • In welcher Art werden Weblogs zur wissenschaftlichen Gemeinschafts(ab)bildung genutzt?

Forschungsstand: Wissenschaftssprache und Wissenschaftskommunikation

Das kooperative Unterfangen, Wissen d.h. Erkenntnisse über die „als befragbar“ gesetzten „Instanzen der Wirklichkeit“ hervorzubringen (vgl. Thielmann 1999, 371), ist nur eine Seite des Kerngeschäftes der Wissenschaft (vgl. Graefen 1997, 85ff.). Das zweite, fast wesentlichere Kerngeschäft ist das des Streitens um die adäquatere Erkenntnis, die richtigere Erklärung, den geeigneteren Ansatz, letztendlich des Streitens um die Wahrheit (im Sinne Foucaults z.B. 1977). Diesen Zweckbereich der Wissenschaft wurde Anfang der 1990er Jahre unter dem Begriff Eristik[5] zusammengefasst (vgl. Ehlich 1993), benannt nach der griechischen Göttin der Zwietracht und des Streites: Eris. Diese Erkenntnis, dass Wissenschaftssprache wesentlich nicht durch das Assertieren von Erkenntnissen, sondern von illokutionsmodifizierenden, eristischen Streitstrukturen bestimmt ist (vgl. da Silva 2010, 125f.), emanzipierte die Linguistik der Wissenschaftssprachen wegweisend von der hauptsächlich terminologieorientierten Fachsprachenforschung (vgl. Ehlich 1994, 339f.).

Neben den allgemeineren gemeinschaftsstiftenden Aspekten der wissenschaftlichen Communitys wie einer gemeinsamen Zweckorientierung auf Wissen bzw. Erkenntnis hin und spezifischen allgemeineren kommunikativen Prämissen (vgl. Graefen 1997, 82f.) ist es gerade die Eristik (in einem weit gefassten Sinne) wissenschaftlicher Auseinandersetzung, die die wissenschaftlichen Gemeinschaften, Lager, Schulen stiftet und sichtbar macht. Dazu ein Beispiel:

Assertive Struktur: Aussagen
Eristische Struktur: Streiten
(1) „Durch eine Explikation des mit dem Verb gegebenen elementaren Charakteristikums wird eine komplexe Prädikation aufgebaut, es entsteht in der Form eine Verbalphrase.“
(Hoffmann 2003, 34)

(2) „Syntax gilt als Kern der Grammatik, als Zentrum formorientierter Sprachanalyse. Sinn und Gegenstandsbereich werden allerdings kaum diskutiert.“
(ebd., 18)

Während in (1) eine komplexe, aber allgemein beschreibende Aussage über Verbalphrasen getätigt wird, verbergen sich in (2) hinter dem unscheinbaren „gilt als“ und dem „allerdings kaum“ massive Vorwürfe gegen eine strukturalistische Syntaxforschung, die weder genau wisse, was sie untersucht, noch warum. Hoffmann (2003) markiert damit eine Position im wissenschaftlichen Diskurs, die es im Verlauf seines Artikels gegen zu antizipierende Einwände vor allem aus einer bestimmten Community zu verteidigen gilt. Es zeigen sich hier also in der monologischen Form des wissenschaftlichen Artikels verdauerte sprachliche Handlungen eines prinzipiell dialogischen Streitens.

Als Forschungsbereich ist die Linguistik der Wissenschaftssprache und allgemeiner die Analyse von Wissenschaftskommunikation ein noch recht junger Teilbereich der – grob zusammengefasst – kommunikationsbezogenen Wissenschaften. Und gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden internationalen Mobilität, der zunehmenden Angloamerikanisierung und der zunehmenden Digitalisierung können u.a. die Fragen der Erforschung und Didaktisierung der deutschen Wissenschaftssprache für (nicht-muttersprachliche) Studierende, Fragen der Wissenschaftssprachenkomparatistik und Fragen die digitale Wissenschaftskommunikation betreffend nicht ungestellt und unbeantwortet bleiben.

Den ersten beiden Bereichen widmet sich vor allem die Linguistik der Wissenschaftssprachen, wie sie seit den 1990er Jahren federführend unter Anregung von Konrad Ehlich betrieben wird. Die Emanzipierung von der Fachsprachenlinguistik, eine konsequent handlungstheoretische Konzeptualisierung von grammatischen bis hin zu institutionellen Zusammenhängen (Ehlich 1986/1991; Rehbein 2001), die Entdeckung der wissenschaftlichen Alltagssprache (Ehlich 1994) und eine große Bandbreite (auch kontrastiver) Untersuchungen traditioneller wissenschaftlicher Offline-Gattungen (z.B. Thielmann 2009) sowie ihr Fruchtbarmachen für die (Fremd-)Sprachen-lehre (Graefen/Moll 2011) können als das Verdienst dieser Forschungsrichtung angesehen werden.[6]

Mit den Möglichkeiten der Wissenschaftskommunikation im Internet befasst sich aktuell u.a. der von der Volkswagenstiftung geförderte Forschungsverbund „Interactive Science“, der zwar die Forschungsergebnisse der deutschen Wissenschaftssprachenforschung nicht zur Kenntnis nimmt, aber mit medienwissenschaftlich m.E. ausreichend adäquaten Unterscheidungen arbeitet, um Anknüpfungspunkte bereitzustellen (vgl. Gloning/Fritz Hg. 2011). Die vorwiegend explorativen, inventarisierenden und oft quantitativen Ergebnisse geben einen guten Überblick über die aktuelle, wenn auch schwerpunktmäßig englischsprachige Situation. „Kontroversen“ scheinen aber im Gegensatz zur „Kooperation“ (Dascal 2006, 19) im 2011er Sammelband des Forschungsverbundes nicht als alltägliches Geschäft der Wissenschaft begriffen zu sein, sondern als ein Sonderfall wissenschaftsinterner Auseinandersetzung (vgl. Fritz 2011, 195): So lassen einige Untersuchungen dieses Sammelbandes die Wissenschaftsspezifik ein wenig vermissen.

Daneben gibt es Untersuchungen aus den Bereichen der Kommunikationswissenschaft (z.B. Tokar et al. 2012; Robertson-von Trotha/Morcillo 2012; Voigt 2012; Donk 2012), der Bibliotheks- und  Informationswissenschaft (z.B. Stempfhuber 2006; Ball 2007; Kjellberg 2009, 2010; Bukvova et al. 2010; Ockenfeld et al. 2012), der Informatik (z.B. Seidenfaden 2007) und der Technikfolgenabschätzung (z.B. Nentwich 2009; Nentwich/König 2011). Das jüngst erschienene Handbuch Wissenschaftssoziologie (Maasen et al. 2012) wiederum geht auf das Internet gar nicht ein. Die anderen Disziplinen sind an qualitativen Analysen von Kommunikationshandeln i.d.R. nicht interessiert und untersuchen größere Zusammenhänge mit Befragungen zu und Nutzungsstatistiken und Inhaltsanalysen von u.a. Twitter, Weblogs und Social Network Sites, den Zusammenhang von Open Access und traditionellem Verlagswesen (vgl. auch Hedlund/Tonta 2010) und zu einem großen Teil externe Wissenschaftskommunikation (vgl. auch Dernbach et al. 2012). Dies aufgreifend verspricht ein kommunikationslinguistischer Blick auf interne Wissenschaftskommunikation eine präzise Positionierung und Qualifizierung von Weblogs im Gefüge institutionalisierter Wissenschaft.

Weblogs: Kommunikationssituation – Kommunikationsform

Seitdem sich die Linguistik mit Kommunikation beschäftigt, also mit Sprache als einem wesentlichen Teil kommunikativen Handelns, arbeitet sie an einer tragfähigen Beschreibung unterschiedlicher Kommunikationssituationen (vgl. Heinemann 2000, 530f.). Die Textlinguistik und die Gesprächslinguistik sind die etablierten Subdisziplinen, die die analytische Relevanz einer Unterscheidung von Kommunikationssituationen zum Ausdruck bringen. Die 2001 gestellte Preisfrage des GAL e.V. „Brauchen wir einen neuen Textbegriff?“ (Fix et al. 2002) ist zudem ein Schlaglicht der fortdauernden Auseinandersetzung mit dieser Unterscheidung v.a. auch im Hinblick auf den medialen Wandel. Diese Auseinandersetzungen machen aber ebenso deutlich, dass eine Dichotomisierung von Text und Gespräch durch den Parameter ±Kopräsenz: also (aufgrund von materialer oder mentaler Verdauerung) zerdehnte Kommunikationssituation vs. geteilte Kommunikationssituation, wie sie einflussreich von Ehlich (z.B. 1984; 2007) rekonstruiert wurde, nicht hinreichend ist. Zur Überwindung dieser simplifizierenden Dichotomie hat sich die Kategorie der Kommunikationsform (erstmals Ermert 1979, federführend Holly 1996; 2011, aktuell Domke 2010; Meiler i.V.) als produktiv erwiesen: ist sie doch in der Lage, das ausgeblendete Kontinuum medialer Qualität zwischen Kopräsenz und Depräsenz mit ihrem flexiblen gegenstandssensitiven Beschreibungsapparat auf den Begriff zu bringen. Damit erlaubt sie es, die Praktiken[7] und Prozesse medialer Situierung[8] (sowohl im technischen wie im vortechnischen Sinne) in ihrem unterschiedlichen dispositiven Zusammenwirken zu rekonstruieren. Die „Transkriptionspotenziale“ (Holly 2011, 159) also die Potenziale intra- und intermedialer Semantisierungs-handlungen einzelner Kommunikationsformen (vgl. z.B. Jäger 2008) können damit im Hinblick auf ihre die Kommunikationen strukturierende Eigenlogik (historisch) komparativ herausgearbeitet werden, um damit eine „Kommunikationsgeschichte unter dem Aspekt der Kommunikationsformen“ schreiben zu können (Holly 2011, 160).

Wie einleitend schon bemerkt, sind Weblogs (ebenso wie Zeitschriften) erst einmal als Kommunikationsformen zu begreifen, die mit ihren je eigenen Medialitäten aufwarten, die von min. zwei Akteuren als eine spezifische, soziokulturell geprägte Kontaktqualität – als Kommunikationssituation – zwischen ihnen konstituiert wird. Erst in einem zweiten Schritt ist es dann sinnvoll, unterschiedliche Gattungen in den Blick zu nehmen, für die diese Kommunikationssituationen adäquat erscheinen. Die Kommunikationsform Weblog zeichnet sich vor allem über zweierlei strukturierende Qualitäten aus: (1) Die Akteure produzieren periodisch (oft unregelmäßig) und können demgemäß nur periodisch rezipieren. Diese Zeitgebundenheit stellt eine sowohl historisch als auch aktuell weit verbreitete Praktik der Adressenkonstitution dar. (2)  Zu dieser – man kann sagen: persistenten – Praktik tritt kommunikationshistorisch rekombinant die Inter-netmedialität hinzu (vgl. Schönberger 2005),[9] die bei Weblogs die Vernetzung mit der sog. Blogosphäre, aber auch mit anderen Kommunikationsformen des Internets oft unweigerlich zur Folge hat (vgl. Meiler i.V.). Und obwohl die Möglichkeit zur Dialogizität für Blogs nicht konstitutiv zu sein scheint, werden die u.a. mit der Kommentarfunktion einhergehenden Möglichkeiten der Rückkopplung als der entscheidende Mehrwert dieser Kommunikationsform diskutiert (vgl. z.B. Domke 2007; Schmidt 2006). Selbiges gilt für Wissenschaftsblogs (vgl. Mahrt/Puschmann 2012).

Mit Blick auf das Dissertationsvorhaben sind es also – so die These – gerade die unterschiedlichen Kommunikationssituationen: Zeitschrift und Weblog, die den Unterschied in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit strittigem Wissen machen. Dabei scheinen es vor allem die folgenden Kommunikationsformenbeschreibungsaspekte zu sein, die von Relevanz sind:

  • unterschiedliche Grade zeitlicher Zerdehnung zwischen Produktion und Rezeption,
  • unterschiedliche (mediale, institutionelle) Produktions- und Rezeptionsbedingungen,
  • unterschiedliche Möglichkeiten der Rückkopplung,
  • unterschiedliche Sicherheit der Verdauerung der Kommunikate,
  • unterschiedliche Transkriptionspotenziale der verfügbaren semiologischen Ressourcen,
  • unterschiedliche institutionelle Prägungen der Kommunikationsformen,
  • unterschiedliche Grade von Öffentlichkeit.

Pilotstudie: Gattungsspektrum wissenschaftlicher Weblogs

Für die Pilotstudie wurden vier Weblogs herangezogen, die aus unterschiedlichen Disziplinen herkommend und in unterschiedlicher Weise institutionell eingebunden unterschiedliche Formen wissenschaftlichen Bloggens aufzeigen können. Sie verorten sich selber unterschiedlich stark und unterschiedlich klar in den Bereichen der internen und externen Wissenschaftskommunikation (vgl. Hagendoff et al. 2007, 4ff.). Die leitende Frage für den sondierenden Blick der Studie war: Welchen Schluss lässt das Gattungsspektrum wissenschaftlicher Blogs auf die kommunikationsgeschichtliche Verwandtschaft zu historisch älteren, z.B. auch periodischen Kommunikationsformen zu? Daran schließt sich die Frage an, welche Zwecke des institutionalisierten Wissenschaftsbetrieb Weblogs bearbeiten (vgl. Graefen 1997, 79)?

Weblog Blogger Disziplin Institution
geoberg.de
http://www.geoberg.de/
Diplom-Geologe Lutz Geißler Geo- & Montan-wissenschaft privat
SOZBLOG
http://soziologie.de/blog/
ProfessorInnen der Soziologie (zweimonatlich wechselnd) Soziologie Deutsche Gesellschaft für Soziologie
LIBREAS.Library Ideas
http://libreas.wordpress.com/
Gemeinschaftsblog Bibliotheks- & Informations-wissenschaft Weblog der gleich-namigen elektron. Zeitschrift
Archivalia
http://archiv.twoday.net/
Gemeinschaftsblog, Leitung von Dr. Klaus Graf (Universität Freiburg) Geschichts-wissenschaft privat

Wie zu erwarten war, hat allein der Blick in diese vier unterschiedlichen Weblogs ein großes Maß an Heterogenität ans Licht gebracht. Nicht nur lassen sich eine große Menge unterschiedlicher Gattungen feststellen, ebenso lässt sich auch beobachten, dass strikte Gattungsgrenzen aufgehoben sind und neue, auch blogspezifische Gattungen sich zu konstituieren scheinen. Diese Befunde können einerseits ein Reflex auf die Multifunktionalität sein, die Kommunikationsformen immer eingeschrieben ist, andererseits scheinen sie ebenso Ausdruck des Interimszustandes, der (noch?) keine verfestigten Nutzungsformen hervorgebracht hat, die sich im kommunikativen Haushalt der Wissenschaftsgemeinschaft durchgesetzt hätten (vgl. Luckmann 1988).

Das Spektrum erstreckt sich also von der internen bis zur externen Wissenschaftskommunikation und ist schon allein deswegen aber auch im Bereich der internen Wissenschaftskommunikation durch ganz unterschiedliche Punkte in den Handlungsmustern des institutionalisierten Betriebs der Wissenschaft, aber auch des individuellen Forschungsprozesses vertreten, die natürlich über unterschiedliche Kommunikationsinteressen charakterisiert sind (vgl. Ehlich/Rehbein 1972/ 21975; 1994). Es erscheint sinnvoll die Kommunikationen an diesen unterschiedlichen (Entscheidungs-)Punkten als boundary objects zu begreifen (Star/Griesemer 1989), sofern man deren Medialität und ihre historische Veränderbarkeit im Blick hat. In dieser Weise kann die Institutionsspezifik von Weblogs bzw. dem Blogging als „cooperative work in the absence of consensus“ (Star 2010, 604) im Vergleich zu Zeitschriften und anderen wissenschaftlichen Kommunikationsformen aufscheinen. Nicht nur verschieben sich die Quantität und Qualität der am boundary object (d.h. hier am Kommunikat) Anteil habenden Parteien, auch die „several obligatory points of passage“ (Star/Griesemer 1989, 390), die die „Inskriptionen“ durchlaufen müssen (Latour 2002, 68), bis sie an die (wissenschaftliche) Öffentlichkeit gelangen, werden von anderen Infrastrukturen getragen,[10] die (noch?) eine differente institutionelle Einbettung von Weblogs in den wissenschaftlichen Betrieb bedingen und sie z.B. nur in Ausnahmefällen zitierbar machen.[11]

Für den hier interessierenden Bereich der internen Wissenschaftskommunikation zeigten sich durch die Rekonstruktion der zentralen kommunikativen Funktion der Weblogeinträge also die folgenden Gattungen: Hinweise auf andere Webseiten/Weblogs, Hinweise auf Empirie, Beschreibung von Empirie, Synopsen, Forschungsberichte, Essays, Artikel, Peer-Review-Publikationen von Artikeln, Rezensionen, Ankündigung von Neuerscheinungen und Tagungen, Formen von Tagungsberichten, Bitten um Mitarbeit (an Projekten unterschiedlichster Art), (kritische) Berichte über institutionelle Entscheidungen. Die „pragmatische Nützlichkeit“ eines Teils dieser Gattungen (Hausendorf/Kesselheim 2008, 23) – das zeigt schon dieser kurze Einblick – ist wesentlich an die (veränderte) Kommunikationssituation des Weblogs angepasst: Sind sie doch abhängig von der Kommunikationsumgebung des Internets, von der einfachen hypertextuellen Einbindung von (u.U. multikodalen) Inhalten, der Aktualität und geringen Zeitverzögerung der Publikation.

Aber ein großer Teil dieser Gattungen bestimmt bis heute auch noch die wissenschaftlichen Zeitschriften, die – über die Akademien als ihre Herausgeber – im 17. und 18. Jh. wesentlich an der Konstitution der wissenschaftlichen Öffentlichkeit, wie wir sie heute kennen, beteiligt waren (vgl. Graefen 1997, 53ff.). Im Zuge der Etablierung der Zeitschrift[12] als Mittel wissenschaftlicher Kommunikation, gab es „nicht nur praktische“, die Handhabung und Bewältigung der nicht mehr zu überschauenden Publikationsmengen betreffende, „sondern auch symbolische Fragen darüber […], ob dem gewaltigen, auseinanderlaufenden Sortiment an spezialisierten Reihen alle jene Verwendungszwecke anvertraut werden könnten, die ihm jetzt auferlegt wurden, ob zur Ergänzung dieser Publikationen neue synthetisierende Gattungen (synthesizing genres) erforderlich sein könnten und sogar, ob die wissenschaftlichen Publikationspraktiken von Grund auf zu erneuern seien“ (Csiszar 2012, 22). Eine neuerliche „Zeitschriftenkrise“ zeitigt mittlerweile ihre Folgen immer umfangreicher (vgl. Hagendoff et al. 2007, 10ff.) und ähnliche Vorbehalte wie die gegen die „ephemerische Existenz“ von Zeitschriften (Campe 1788, 34) artikuliert heute u.a. Groebner (vgl. 2012, 26ff.) gegenüber dem Internet/Weblogs.

Mit dem ‚Schritt‘ dieser Gattungen von einer Kommunikationsform in eine andere, also von der Medialität des Drucks in die Internetmedialität beginnt sich das Transkriptionspotenzial vom Internet im Allgemeinen und von Weblogs im Speziellen in den Kommunikationshandlungen der wissenschaftlichen Kommunikation Geltung zu verschaffen. Wirken einerseits verfestigte Gattungsmuster fort, verspricht andererseits die digitale Verfasstheit jeglicher, am Kommunikationsprozess beteiligter Zeichen eine vereinfachte Nutzbarmachung für die jeweiligen Zwecke einer Gattung. Und es ist durchaus ein extensiver Bild- und Videogebrauch in allen obigen Weblogs zu beobachten. Spricht man im Wesentlichen mit Blick auf die Medialität des Drucks von einer konstitutiven Handlungsverkettung (im Vergleich zur Handlungssequenzierung des Gesprächs; vgl. z.B. Rehbein 2001, 929; Schegloff 2012, 248ff.), wenn Kommunikationshandlungen verdauert werden, so scheint spätesten mit Blick auf das Internet der Begriff der Verkettung nicht mehr angemessen. Wenngleich die grundlegende Linearität nicht unterlaufen werden kann, so scheint doch eine Multilinearität der Transkriptionshandlungen innerhalb eines Textes aber auch zwischen verlinkten Texten ausschlaggebender für die semiologische Konstitution eines Kommunikats und damit der Begriff der ‚Handlungsvernetzung‘ vielleicht der treffendere zu sein. Die Ausschöpfung dieser Möglichkeiten einer internettypischen semiologischen Vernetzung scheint – mit Blick auf das Korpus – gerade für das wissenschaftliche Streitgeschäft noch an einem Anfang zu stehen. Auf diesen, notwendigerweise weiter geöffneten Blick auf eristische Strukturen im Gesamtkommunikat neben dem fokussierten Blick auf grammatische Prozeduren weißt auch Ana da Silva (vgl. 2010, 133f.) hin.

Mit dem ‚Schritt‘ in die Weblogs kommt den Zwecken wissenschaftlicher Kommunikation aber aufgrund der Erweiterung der erreichbaren Öffentlichkeit über die wissenschaftliche hinaus die verstärkte Aufgabe differenzierter Adressierung zu. In den beobachteten Blogs geschieht dies hauptsächlich implizit bzw. thematisch, obwohl auch eindeutig externe Wissenschaftskommunikationen intendiert sind und betrieben werden. Durch das Zusammenkommen sowohl wissenschaftlicher wie auch populärwissenschaftlicher Einträge in den untersuchten Blogs schien sich Adressierung dort oft rezipientenseitig vollziehen zu müssen: Findet der nichtwissenschaftliche Leser im Kommunikat nicht ausreichend Anschlussfähiges vor, kann er nicht gemeint sein. Explizite Adressierungen fanden sich in keinem der Blogs. Strukturen eristischer Adressierung, wie es das obige Beispiel aus Hoffmann (2003) zeigte, werden im Bereich interner Wissenschaftskommunikation auf Weblogs wie erwartbar ungebrochen übernommen und werden z.B. mit Verlinkungen unterstützt. Aber die wechselseitige streitende Bezugnahme aufeinander in Kommentaren scheint noch interimstypisch unsicher zu sein: Spricht man zueinander (sequenziell dialogisch) oder spricht man zur wissenschaftlichen Öffentlichkeit übereinander (sequenziell monologisch)? Weitere Untersuchungen müssen hier – neben Detailanalysen – zeigen, ob sich hier schon blogspezifische Typiken herausgebildet haben, die mit diesem schmalen Blick noch nicht sichtbar wurden, oder ob hier auch andere internettypische Muster greifen. Ebenso über die Pilotstudie hinausgehen, muss die Frage nach weblogspezifischen Um- und Neuprägungen der vorfindbaren Gattungsmuster.

Vorhaben: Weblogs und Zeitschriften

Wie die Pilotstudie gezeigt hat, ist ein kommunikationsgeschichtlicher Vergleich der beiden Kommunikationsformen Zeitschrift und Weblog in ihrer Nutzung für wissenschaftliche Zwecke ein begründeter Ansatz für eine komparative Untersuchung von Wissenschaftskommunikation. Um dabei die Wissenschaftsspezifik im Fokus zu halten, wird das Dissertationsprojekt sich auf Gattungen (interner) wissenschaftlicher Kommunikation beschränken, die mit der Weitergabe, Kritik und Durchsetzung wissenschaftlichen Wissens im Diskurs der jeweiligen Disziplin beschäftigt sind. Das schließt Gattungen wie Hinweise auf andere Webseiten, Hinweise auf Empirie, Synopsen, Ankündigung von Neuerscheinungen und Tagungen, Bitten um Mitarbeit, Berichte über institutionelle Entscheidungen aus dem Korpus der interessierenden Daten aus, sofern sie nicht in den Kommentaren zum strittigen Gegenstand gemacht werden.

Die Vorstudie hat ebenso gezeigt, dass es aus kulturwissenschaftlicher Perspektive in einem solchen Projektzuschnitt mir nicht möglich ist, die Streitkultur einer Naturwissenschaft (geoberg.de) und ihren wissenschaftlichen Unterbau in dem Umfang zu rekonstruieren, dass eine adäquate kommunikationslinguistische Analyse komparativ geleistet werden kann. So werden für die Dissertation fünf Weblogs kulturwissenschaftlicher Provenienz herangezogen werden, die für interne Wissenschaftskommunikation Verwendung finden, um sie entsprechend der darin auffindbaren Daten/Blogeinträgen über eine Paralleltextanalyse mit (deutschsprachigen) wissenschaftlichen Zeitschriften der jeweiligen Disziplinen zu vergleichen. Was sich einer Paralleltextanalyse entziehen sollte wie z.B. Gattungen, die sich nicht in Zeitschriften finden, chat-artige Kommunikationsstrukturen in den Kommentaren, audiovisuelle Präsentationsformen u.Ä., kann im Rahmen des Projekts nicht kommunikationshistorisch erschlossen werden, sondern nur im Lichte der verfügbaren Forschungsliteratur untersucht werden.

Dem ist selbstverständlich eine Kommunikationsformenanalyse für Weblogs und Zeitschriften nebengelagert,[13] die die historisch gewachsenen Möglichkeitsbedingungen von Kommunikation in diesen Formaten herausarbeitet, um sie mit den konkreten Kommunikationsanalysen und den institutionellen Rahmenstrukturen in Beziehung setzen zu können. Dafür ist auch ein Blick auf andere, quasi paratextuelle Gattungen dieser wissenschaftlich geprägten Kommunikationsformen sinnvoll (vgl. Genette 42001), um deren institutionsspezifische Position bzw. Rolle zu erfassen.

Es wird sich dann u.a. zeigen lassen, wie und in wie weit Weblogs ihre Sonderstellung außerhalb oder am Rande einer (sich zunehmend ökonomisierenden) universitären Wissenschaft einnehmen und gestalten. Vor allem aber wird eine Medialitätsvarianz wissenschaftlichen Streitens, seiner Mittel und deren Strukturierung sichtbar, die bisher noch Desiderat ist, und damit wird eine Einschätzung davon möglich, welches Potenzial Weblogs und anderen, vergleichbaren Kommunikationsformen in der internen Wissenschaftskommunikation kommen kann

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[1] Groebner (2013a) beschrieb das Bloggen in seinem Münchener Vortrag als ‚einsame, aber rastlose Masturbation‘, die nur der Selbstdarstellung diene und keine leserorientierte Vermittlungsfunktion im wissenschaftlichen Diskurs übernehmen könne.

[2] Die gleiche Frage nach einer Selbstbestimmung der deutschen Digital Humanities stellte auch der Würzburger Workshop „Wissenschaftliches Bloggen in Deutschland: Geschichte, Perspektiven, praktische Umsetzung“ (vgl. Meiler 2013).

[3] Zu bedenken ist, dass Weblogs strenggenommen mit dem Open-Access-Paradigma nichts zu tun haben.

[4] Wenngleich zu bemerken ist, dass auch Weblogs über (auch sichtbare) Quantifikatoren verfügen, die als Reputations-, Qualifikations- aber auch Legitimationsinstrumente zu betrachten und zu untersuchen sind.

[5] Negativ bzw. ironisch kommt der Begriff der Eristik bei Platon, Aristoteles, Schopenhauer mit dem Tenor des „Um-jeden-Preis-recht-haben-Wollens“ zur Anwendung, was für die Übertragung auf die Wissenschaftssprache manchmal nicht unbedingt als ganz unpassend erscheint.

[6] Mit didaktischen Aspekten beschäftigt sich z.B. auch Feilke/Lehnen (2012). Mit Kontroversen im Hinblick auf ihre Vermittlung an die nicht-wissenschaftliche Öffentlichkeit ist Liebert/Weitze (2006) befasst. Eine oft an Foucault anschließende diskursorientierte Perspektive auf wissenschaftliche Kontroversen, wie sie darin zu finden ist (vgl. z.B. Keller 2006; aber auch Latour 2006b; Latour/Mauguin/Teil i.Dr.), abstrahiert von den kommunikativen Einzelhandlungen und rekonstruiert im Wesentlichen epistemische Strukturen und Verläufe einzelner Diskurse/Kontroversen. Sie ist daher für das Erkenntnisinteresse dieses Projekts weniger relevant.

[7] Gerade die konsequente Konzeptualisierung von Kommunikationsformen als Praktiken des Situationsvollzugs steht dabei noch an einem Anfang, der auch einer kritischen Überprüfung der Kategoriengeschichte bedarf (vgl. Meiler i.V.).

[8] In interaktionstheoretischer Perspektive rekonstruiert Hausendorf (2010, 169) „Situierung als Interaktionsaufgabe“, für die die aus der Medialität der Kopräsenz erwachsenden Praktiken der Situationskonstitution herausgearbeitet werden (vgl. Kesselheim/Hausendorf 2007; mit Perspektive auf verdauerte Kommunikation vgl. Meiler 2012). In erweiterter Perspektive ist Situierung immer auch Kommunikationsaufgabe und so mit einer praxeologischen Konzeptualisierung von Kommunikationsformen systematisierbar.

[9] Hier ist freilich noch zu prüfen, welche medien- bzw. kommunikationshistorischen Modelle, die weder sozial- noch technikdeterministisch argumentieren, für den Kommunikationsformenvergleich produktiv sind.

[10] Für Zeitschriften werden hier z.B. relevant: allgemeine Herausgeber, Herausgeber von Sonderheften, das Peer-Review-Verfahren und schließlich das umfangreiche Verlags-, Vertriebs- und Bibliothekswesen. Mit Blick auf Weblogs fallen dabei augenscheinlich natürlich in jedem Falle Verlage, Vertrieb und Bibliotheken weg, deren Positionen u.a. von Weblog- und/oder Serveranbieter und den individuellen Kommunikatoren ausgefüllt werden und vollkommen andere Kommunikationsbedingungen schaffen.

[11] Hier zeigt sich die konzeptuelle Verwandtschaft der OPPs mit den Latourschen (2009, 137) „Rechen-(schafts)zentren“. Die konzeptuelle Konvergenz zwischen der Kommunikationsformenkategorie und dem Konzept der Inskriptionen bzw. der immutable mobiles kann an dieser Stelle nicht dargestellt werden, wird aber u.a. in Latours (2006a, 285ff.) Ausführungen in Drawing Things Together deutlich: Ausführungen, die eine Heranziehung der ANT für die Institutionsanalyse im Kommunikationsformenzusammenhang fruchtbar erscheinen lassen (vgl. dazu auch Callon 2006), gerade weil darin die Flexibilitäten gegenüber den Verfestigungen betont werden, die gerade für eine rezent-historische Perspektive wichtig sind.

[12] Wissenschaftliche Zeitschriften können sogar als Pioniergattung bzw. -gattungsfamilie erachtet werden, die wesentlich zur „Entwicklung des Zeitschriftenwesens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts“ beigetragen hat (Straßner 1997, 4) und im Wissenschaftsbetrieb zunehmend Monografien und Briefwechsel verdrängte (vgl. Franzen 2011, 38ff.).

[13] Diese ist für die Kommunikationsform Weblog zum großen Teil schon in Meiler (i.V.) geleistet.

Quelle: http://metablock.hypotheses.org/123

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