10 Jahre Adresscomptoir

Heute vor zehn Jahren erschienen im Adresscomptoir die ersten zwei Postings, ich begehe dieses Jubiläum mit einem schlichten Reenactment und einer Korrektur. Die beiden Postings deckten ja schon mal gleich einen guten Teil der Bandbreite der darauf dann im Adresscomptoir behandelten Themen ab, handelte es sich doch zum einen um ein Hausnummernfoto, zum anderen um ein Fragment zu einer versuchten Adressbüro-Gründung im Prag des Jahrs 1724. Darauf wurde es dann schon politischer, ich postete einen Hinweis auf einen im Freitag erschienenen Artikel des mittlerweile verstorbenen Heinz Dieter Kittsteiners zu Kapitalismuskritik jenseits des Sozialismus? sowie einen zu prowestlichen Polittruppen à la Otpor & Co. Bislang sind in diesen 3651 Tagen des Bestehens des Adresscomptoirs 3312 Postings erschienen, 525 Bilder, und sogar 411 Kommentare. Auch wenn ich meine Weblogaktivitäten mittlerweile diversifiziert habe, insbesondere seit letzten April um das bei de.hypotheses eingerichtete Nummerierungsweblog, ist derzeit kein Ende des Adresscomptoirs in Sicht, es bleibt für mich das zentrale Medium, von dem ausgehend dann andere Kanäle wie Facebook oder Twitter bespielt werden. Und, das muss auch gesagt werden: Ich weiss es sehr zu schätzen, dass sich an den seit zehn Jahren von Twoday zur Verfügung gestellten Funktionalitäten kaum etwas geändert hat - das nenne ich Stabilität!

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022451821/

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Die Frühgeschichte sozialer Indikatoren in der EWG, 1973 – 1984

extract-1975-social_indicatorsEin Merkmal einiger bekannten Initiativen der EU seit 2000 ist die Festlegung und Erstellung von europaweiten „sozialen Indikatoren“. Diese sind harmonisierte Statistiken, mit denen die Umsetzung einiger im Vorfeld ausgehandelter Ziele – z.B. zur Armutsbekämpfung im Lisbon-Abkommen – überwacht werden soll. Auf dem letzten Treffen der Gruppe „Wohlfahrtstaat“ stellten wir (Anne Lammers und Alex Fenton) ein gemeinsames Working Paper vor, das die früheren Versuche Eurostats, zwischenstaatlich vergleichbare Indikatoren wirtschaftlichen Wohlstandes und sozialen Fortschritts zu entwickeln, in den Blick nimmt.

In der Soziologie zieht die Verwendung statistischer Indikatoren in Leistungsmanagement und Benchmarking zunehmende Aufmerksamkeit auf sich. Verschiedene AutorInnenhaben darauf hingewiesen, wie Indikatoren als scheinbar objektive oder zumindest auf „neutrale“ Konventionen beruhende Darstellungen des Sozialen dazu beitragen, ein gemeinsames Feld für soziales oder politisches Handeln zu schaffen. Die Schaffung solcher gemeinsamen Handlungsfelder mit ihren impliziten oder expliziten Zielen oder Sollwerten sowie die Vermessung und Verbreitung dieser Indikatoren soll die flexible Koordination unter unterschiedlichen Akteuren ermöglichen, wie z.

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Quelle: http://etatsocial.hypotheses.org/847

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Die Klangwelt des Ersten Weltkrieges

Oleg Alex Bachmann

»Der Laut des Geschosses ist ein anschwellendes und, wenn der Schuss über einen fortgeht, wieder abschwellendes Pfeifen, in dem der ei-Laut nicht zur Bildung gelangt. Große Geschosse nicht zu hoch über der eigenen Stellung lassen den Laut zum Rauschen anschwellen, ja zu einem Dröhnen der Luft, das einen metallischen Beiklang hat.«[1]

Was Robert Musil hier so anschaulich beschreibt, ist die unvergleichliche Klangwelt des Ersten Weltkrieges, mit der sich dieser maschinisierte Krieg von allen vorherigen unterschied.[2] Soldaten wie Musil, als Reserveoffizier in Südtirol und der italienisch-serbischen Front stationiert, beschrieben die apokalyptischen Hörerlebnisse des Trommelfeuers als „Krach wie beim Weltuntergang“, als „höllisches Konzert“, das selbst diejenigen, die den Anblick der Leichen und Zerstörungen ertragen konnten, in den Wahnsinn trieb.[3]

Bachmann_Haus unter Beschuss, Postkarte vom 6.1.16_PK_086_V
Aufnahme eines Hauses unter Beschuss, vermutlich am 06.01.1916 aufgenommen von A. Jaspers.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/389

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Dank dem Wachmann Nummer 261 – Zur Kennzeichnungspflicht von Polizisten im Wien des 19. Jahrhunderts

Die Kennzeichnungspflicht respektive Nummerierung von PolizistInnen zur Verhinderung von Übergriffen hat mich in den letzten Jahren wiederholt beschäftigt.1 Demnach ist mir bekannt, dass in Wien eine solche Nummerierung  bereits 1776 eingeführt wurde, damit das Beschwerdeführen vielleicht dadurch, weil der Mann von der Wache dem Beleidigten unbekannt wäre, nicht erschwert, oder unmöglich gemacht werde und daß dergestalt genug sein wird, anzuzeigen, man sei von dem sovielten Numero beleidiget worden.2; die sich daran anknüpfende Frage ist selbstredend, ob es in der Folge Konfliktsituationen gab, in denen die Angabe einer Nummer eine Rolle spielte.
Eine weitere Frage ist, wann und wie solche Formen der Identifizierung verschwanden, wann sie wieder aufgegriffen und von Neuem vorgeschlagen wurden. So scheint es, dass in Wien die Nummerierung der Polizeisoldaten Anfang des 19. Jahrhunderts nicht mehr vorhanden war; ein halbes Jahrhundert später stand das Thema wieder an der Tagesordnung: Gemäß der Literatur bestimmte die 1852 vorgeschriebene Adjustierung des Militär-Polizeiwachcorps, dass auf der Brustseite des Patrontaschenriemens die Nummer des Polizisten ersichtlich gemacht werden musste.3 Als im Kriegsjahr 1866 Prager und Brünner Militärpolizisten wegen des Heranrückens der Preußischen Truppen nach Wien berufen wurden, erregte das Militärwachkorps einigen, auch in der Presse artikulierten Unmut,4 was vielleicht zu einer mit 21. November 1868 datierten Entschließung führte, gemäß der die Infanterie-Abteilungen vorne ein Dienstnummernschild zu tragen hatten.5
1869 wurde schließlich beschlossen, an Stelle der Militär-Polizeiwache eine zivile Sicherheitswache einzuführen; die Frage deren Nummerierung wurde auch im Wiener Gemeinderat behandelt, wobei insbesondere der Gemeinderat Hügel als Befürworter eine Kennzeichnungspflicht hervortrat: Gemäß seiner in der Gemeinderatssitzung vom 13. Juli 1869 vorgebrachten Darstellung entspreche die Adjustierung der neuen Sicherheitswache nicht den Erwartungen, da die Kopfbedeckung derselben keine Nummer [trage] und man (…) deshalb in die Unmöglichkeit versetzt [sei], vorkommendenfalls auf einen Wachmann sich berufen zu können.

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Quelle: http://nummer.hypotheses.org/78

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Nochmals zum Erkenntniswert von Original-Dokumenten

Die Diskussion im Mittelalter-Blog zu Jan Keupps Beitrag über den “Mehrwert des Materiellen” ist ebenso spannend wie erhellend. Hier wird eine Grundfrage der historischen Erkenntnis berührt. Aus der Perspektive des praktischen Archivars möchte ich nach meinem letzten Blogpost noch ein Beispiel bringen: Man nehme ein Blatt Papier und falte es der Breite nach.
Auf diese Art wurden die telegrafischen Berichte deutscher Botschafter gefaltet, wenn sie Kaiser Wilhelm II. vorgelegt werden sollten. Der Text stand nämlich auf einem Folio-Bogen, für die Übermittlung an den Hof wurden aber Umschläge im Quart-Format (also halb so groß) benutzt. Der so entstandene Kniff im Papier ist unter Umständen der einzige Hinweis, dass ein Bericht dem Kaiser vorgelegt wurde (Meyer 1920: 68 f.). Eine Erkenntnis, die sehr relevant sein kann, wenn es etwa um die Rekonstruktion der Julikrise von 1914 geht.



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Quelle: http://aktenkunde.hypotheses.org/392

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Alberto Henschel und die frühe Porträtfotografie in Brasilien

Henschel: Porträt mit Fächer

 

Brasilien weist eine lange und vielfältige fotografische Geschichte auf. Bereits in den 1840er-Jahren wurden die ersten Fotostudios in den großen Küstenstädten eröffnet. Die Fotografen waren häufig europäische Immigranten, die vorzugsweise in Recife, Salvador und Rio de Janeiro erfolgreiche Studios führten.[1] In der besonderen gesellschaftlichen und politischen Situation im Brasilien des 19. Jahrhunderts, die durch eine rasante Technisierung und Modernisierung nach europäischem Vorbild geprägt war, erfüllte die Fotografie spezifische Aufgaben. Sie diente der Strukturierung von Wahrnehmung und der Repräsentation einer gesellschaftlichen Realität, die von tiefgreifenden sozialen Umbrüchen gezeichnet war. Eine besondere Rolle spielte dabei die Porträtfotografie, die eines der wichtigsten Betätigungsfelder der frühen Fotografen war. Zu ihrer Klientel gehörten die ökonomischen Eliten sowie die neu aufstrebende Mittelschicht, der ebenfalls viele europäische Immigranten angehörten. Sie teilten demnach weitgehend den Habitus der Fotografen, die mit der fotografischen Technik auch die europäischen fotografischen Bildtraditionen mit nach Brasilien brachten.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2015/06/23/alberto-henschel-und-die-fruehe-portraetfotografie-in-brasilien/

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»If you have to ask, you can’t afford it.« Pop als distinktiver intellektueller Selbstentwurf der 1980er Jahre

Diedrich Diederichsen und Rainald Goetz lesen am 16. Juni 1984 beim Festival “In der Hitze der Nacht” in der Markthalle Hamburg eigene Texte. Im Hintergrund ein Großbild von Michaela Melián. © Sabine Schwabroh 1984

Im Herbst 2007 beklagte Karl Heinz Bohrer, dass den Intellektuellen in Deutsch­land der Wille zur Macht fehle. Er diagnostizierte dem bundesrepublikanischen Bürgertum eine »kulturell und politisch schlaffe Bescheidenheit«1 und warf des­sen Geisteselite vor, sich selbst den Zugang zum politischen System zu versper­ren. Indirekt gab Diedrich Diederichsen trotz seiner dezidierten Anti-Bürgerlich­keit Bohrer im Herbst 2010 recht, als er zugab, dass seine intellektuelle Peer­group niemals an den »Elendsnummern« »Verantwortung« und »Kalkül« inte­ressiert gewesen sei. »Lyotards wahre Herren« zeichne ihr Außenseiterstatus aus, es handele sich bei ihnen um »experimentelle Maler, Popkünstler, Yippies und Eingesperrte«.2



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Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1841

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„WJl dw roʃlein varb ʃchreib‾(e)n od^(er) floriren ʃo nim d^(er) var= be als dw wilt vn‾(n)d reib ʃij auff aine‾(n) raine‾(n) ʃtain“

Mit diesen Worten beginnt das erste vollständige Rezept im sogenannten „Amberger Malerbüchlein“. Aus geschichtswissenschaftlicher Sicht fällt es schwer aus den verwendeten Zeichen und Schreibweisen heraus größeren Nutzen zu ziehen. Man ist eher auf die Erwähnung bestimmter Zutaten, Ereignisse, Personen oder Ähnlichem fokussiert.

Hier liegt die Chance einer sprachwissenschaftlichen, beziehungsweise sprachgeschichtlichen Untersuchung. Anhand von Buchstabenbefund, Wortwahl, Morphologie und anderer Kriterien lässt sich ein recht gutes Bild davon entwerfen, wann und wo ein Text entstanden ist. Im Fall dieses ersten Satzes ist es beispielsweise beachtenswert, dass der Schreiber verschiedene „ei“-Schreibungen nutzte. Eine Entstehung im bairischen Sprachraum lässt sich bereits hier feststellen. Dies verdeutlicht, dass die Voraussetzung für eine fruchtbare Arbeit mit mittelalterlichen Handschriften eine Transkription sein muss, die idealerweise auch sprachgeschichtlichen Ansprüchen genügt, also Dinge wie verschiedene Schreibungen desselben Lautes aufschlüsselt.



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Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/9721

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Neues Weblog: Edit. Aus dem Maschinenraum der Textproduktion und Wissensarbeit

Ach wie schön, Daniel Meßner ist an einem neuen Prokrastinationsprojekt mit Forschungshintergrund beteiligt, dem auf der wissenschaftlichen Weblogplattform de.hypotheses eingerichtetem Weblog EDIT. Aus dem Maschinenraum der Textproduktion und Wissensarbeit. Dieses behandelt die auch mich brennend interessierenden Fragen der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation, samt der digitalen Tools, die wir dazu verwenden.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022451290/

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