Zwischen Resignation und Protest: SGB II-Klagen und die konfliktkonservierende Funktion von Rechtsmobilisierung

von Ulrike A. C. Müller

Abstract für einen Vortrag auf dem Workshop für Wissenschaftler_innen in der disziplinübergreifenden Rechtsforschung, 19.–20. Mai 2017, Evangelische Hochschule Berlin

Das gesellschaftliche Machtverhältnis der „Klasse“, verstanden als Position im Erwerbsprozess, findet sich fundamental im Recht, etwa im Schutz des Eigentums, in der Vertragsfreiheit und der gerichtlichen Durchsetzbarkeit von Verträgen sowie in den Kategorien Arbeitnehmer_in und Arbeitgeber. Ein – begrenzter – Ausgleich dieses ökonomischen Machtverhältnisses ist jedoch in Deutschland und in vielen anderen westlichen Demokratien ebenfalls ins Recht eingespeist worden: Es existieren subjektive soziale Rechte. In Bezug auf die Sicherung im Fall von  Erwerbslosigkeit/ Einkommensarmut sind diese in Deutschland spätestens seit der Agenda 2010 massiv gesellschaftlich umkämpft: Die Hartz-Reformen waren im Gesetzgebungsprozess Gegenstand umfassenden politischen Protests; seit Verabschiedung des SGB II folgen eine extrem hohe Zahl an Klagen. Diese stellen ganz überwiegend das Gegenteil von strategischer Prozessführung dar, befinden sich nur auf der untersten Instanz und werden von Individuen betrieben.

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Quelle: http://barblog.hypotheses.org/1575

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Lena Radauer: „Als Familienvater aus Rußland heimgekehrt“. Gefangene des Ersten Weltkriegs und ihre Ehen mit russischen Frauen

Den rund 2,4 Millionen Kriegsgefangenen, die während des Ersten Weltkrieges in russischen Gewahrsam gerieten, wurde in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Nach Gerald H. Davis erforschten vor Allem deutschsprachige Historiker die Umstände von Gefangennahme und Internierung.[1] Trotz einer Tendenz, den Ersten Weltkrieg als Moment der interkulturellen Begegnung auszuwerten[2], fand die Frage der Interaktion zwischen den Kriegsgefangenen und der russischen Bevölkerung nur vereinzelt von russischen Regionalhistorikern Beachtung, die vorwiegend zeitgenössische Presseberichte untersuchten.[3] Dies ist umso erstaunlicher, als die objektiven Umstände auf verstärkte Gelegenheit einer Annäherung zwischen den Kriegsgegnern fernab der Front schließen lassen;  einerseits aufgrund der sehr großen Zahl an Kriegsgefangenen, die sich in Russland befanden, andererseits durch die Aufenthaltsdauer, die mit den Wirren des Bürgerkrieges in vielen Fällen in die 1920iger Jahre hineinreichte.

Durch den Aufenthalt in Russland zu einer Zeit, da die Kriegsgefangenen von der Sowjetmacht zu freien Bürgern erklärt wurden, war auch die Möglichkeit gegeben, Beziehungen zu russischen Frauen, die von Anbeginn des Krieges bestanden hatten, durch Eheschließungen zu legitimieren. Mit den Worten eines Heimkehrers verschloss sich die „russische Natürlichkeit“ der russischen Frauen  „dem künstlich aufgepeitschten Haß“ und wandte sich „im reineren Triebe der Menschlichkeit gerne dem Plenny (russ. Gefangener) zu.”[4] Tatsächlich lässt die Präsenz der russischen Ehefrauen von Russlandheimkehrern in der Nachkriegsöffentlichkeit auf ein gehäuftes Phänomen schließen.

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Quelle: http://grenzenlos.hypotheses.org/106

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abstract: Code Literacy

Aus Gründen sammle ich gerade Texte mit Argumenten zur Frage, ob und wie möglichst viele Menschen lernen sollten zu programmieren.


 

Please Don’t Learn to Code

  • “everyone should learn programming” meme has gotten out of control
  • «To those who argue programming is an essential skill we should be teaching our children, right up there with reading, writing, and arithmetic: can you explain to me how Michael Bloomberg would be better at his day to day job of leading the largest city in the USA if he woke up one morning as a crack Java coder? It is obvious to me how being a skilled reader, a skilled writer, and at least high school level math are fundamental to performing the job of a politician. Or at any job, for that matter. But understanding variables and functions, pointers and recursion? I can’t see it.

    [...]

Quelle: http://codinghistory.com/abstract-code-literacy/

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abstract: Code Literacy

Aus Gründen sammle ich gerade Texte mit Argumenten zur Frage, ob und wie möglichst viele Menschen lernen sollten zu programmieren.


 

Please Don’t Learn to Code

  • “everyone should learn programming” meme has gotten out of control
  • «To those who argue programming is an essential skill we should be teaching our children, right up there with reading, writing, and arithmetic: can you explain to me how Michael Bloomberg would be better at his day to day job of leading the largest city in the USA if he woke up one morning as a crack Java coder? It is obvious to me how being a skilled reader, a skilled writer, and at least high school level math are fundamental to performing the job of a politician. Or at any job, for that matter. But understanding variables and functions, pointers and recursion? I can’t see it.

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Quelle: https://codinghistory.com/abstract-code-literacy/

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abstract: Generation Javascript

Generation Javascript

«Some of my best code has been “written” away from the keyboard, on a piece of paper or on a whiteboard, and only after iterating it for some time did I take the step to input it in the computer.»

«The hardest thing in Javascript development today is maybe less the development itself than knowing which libraries to pick.»

«The sad truth is that something essential gets lost in all of this everyone-can-do-it-yay-lets-all-code euphory.»

«Not everyone should code. Not every week-end project should be made public and available through Bower. The Javascript community needs to learn to filter itself.»



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Quelle: http://codinghistory.com/abstract-generation-javascript/

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abstract: Generation Javascript

Generation Javascript

«Some of my best code has been “written” away from the keyboard, on a piece of paper or on a whiteboard, and only after iterating it for some time did I take the step to input it in the computer.»

«The hardest thing in Javascript development today is maybe less the development itself than knowing which libraries to pick.»

«The sad truth is that something essential gets lost in all of this everyone-can-do-it-yay-lets-all-code euphory.»

«Not everyone should code. Not every week-end project should be made public and available through Bower. The Javascript community needs to learn to filter itself.»



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Quelle: https://codinghistory.com/abstract-generation-javascript/

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Sektion 5: Abstract des Vortrags von Anna Katharina Fahrenkamp M.A. über die Zusammenarbeit im “Kölnflocken”-Projekt

Anna Katharina Fahrenkamp M.A. beleuchtet die „Kooperation im ‚Kölnflocken‘-Projekt“, in dem die Fragmente der geborgenen Archivalien des Historischen Archivs der Stadt Köln gesichert, restauriert und digitalisiert werden.

Seit dem Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln am 03. März 2009, bei dem etwa 90 Prozent der Bestände verschüttet wurden, werden neue Wege der Zusammenarbeit im archivischen und restauratorischen Kontext beschritten, um das betroffene Archivgut bestmöglich zu erschließen und zu erhalten. Seit dem Unglück besteht eine Kooperationspartnerschaft zwischen dem Historischen Archiv der Stadt Köln und dem Landschaftverband Rheinland, die in dem Vortrag in ihrer Vielfalt erläutert wird. So stellt der LVR in seinem Archiv in Pulheim-Brauweiler etwa 500 Meter Magazinfläche für die geborgenen Kölner Schriftstücke zur Verfügung, durchnässte Archivalien wurden im LVR-LandesMuseum in Bonn vakuumgefriergetrocknet. Auch in der Bergungserfassung zur Identifizierung der geborgenen Archivalien werden im Rahmen der Kooperation Mitarbeitende vom Landschaftsverband Rheinland abgeordnet. Der Vortrag behandelt im Wesentlichen das im Jahr 2011 entstandene Projekt, in dem die geborgenen Fragmente konservatorisch behandelt werden. Aufgrund der Beschädigungen ist der vollständige Informationsgehalt der Objekte nicht mehr gewährleistet und die Zuordnung zu einem Bestand als schwierig anzusehen. Die zum Teil stark verschmutzten und fragilen Fragmente, die aus allen Sammlungsepochen des Archivs stammen, werden von einem Expertenteam bearbeitet. Ziel ist es, die Papiere für eine Digitalisierung vorzubereiten, um sie in einem nächsten Schritt virtuell puzzeln zu können. Die computerunterstützte Rekonstruktion erfolgt anhand prägnanter Merkmale wie Risskanten, Papierfarben, Text- und Linienverläufen. Abschließend wird skizziert, wie das virtuell zusammengefundene Dokument als Vorlage für die physische Rekonstruktion bzw. für die Restaurierung dienen kann. Neuartige Verfahren und maschinenunterstützte Arbeitsprozesse werden entwickelt und erprobt, um künftig aus Fragmenten wieder Dokumente entstehen zu lassen.

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Kurzbiographie von Anna Katharina Fahrenkamp M.A.

  • Handwerkliche Ausbildung zur Buchbinderin im Bereich Einzel- und Sonderfertigung im Niedersächsischen Staatsarchiv Wolfenbüttel
  • Studium „Präventive Konservierung“ in der Fachrichtung Buch und Papier an der HAWK Hildesheim. Abschluss: Bachelor of Arts, 2009
  • Studium „Konservierung und Restaurierung“ in der Studienrichtung Schriftgut, Buch und Graphik an der HAWK Hildesheim. Abschluss: Master of Arts, 2011
  • Während des Studiums verschiedene Praktika in der freien Wirtschaft (Zentrum für Bucherhaltung Leipzig), im Museum (Deutsches Historisches Museum, Berlin) und in einer Bibliothek (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göttingen) in den Bereichen der Bestandserhaltung und Restaurierung
  • Seit 2011 Betreuung des Projektes zur Reinigung und Glättung der Fragmente des Historischen Archivs der Stadt Köln beim Landschaftsverband Rheinland, Archivberatungs- und Fortbildungszentrum
  • Mitarbeit im Projekt zur digitalen Rekonstruktion Kölner Fragmente (DRKF)
  • Seit 2014 Dozententätigkeit an der Archivschule Marburg im Bereich der Bestandserhaltung

Quelle: http://lvrafz.hypotheses.org/1466

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Sektion 3: Abstract zum Referat von Dipl.-Archivar David Kraus über die Zentralisierung von Sportbeständen

Dipl.-Archivar David Kraus spricht in seinem Referat „Überlieferungsbildung in der Fläche. Zur zentralen Archivierung von Überlieferungen aus saarländischen Sportverbänden und Sportvereinen“ über den Aufbau eines zentralen Saarländischen Sportarchivs.

Im Saarland ist es 2001 gelungen, der Überlieferung des archivisch bislang vernachlässigten Gesellschaftsbereichs Sport eine sichere Heimstätte zu geben. Als Kooperationspartner haben der Landessportverband für das Saarland als Dachorganisation des saarländischen Sports und das Land Saarland zueinander gefunden und gemeinsam das Saarländische Sportarchiv im Landesarchiv des Saarlandes eingerichtet, ohne eine dafür notwendige archivtechnische Infrastruktur neu schaffen zu müssen. Quasi als Zentralarchiv des Saarsports bemüht sich das Saarländische Sportarchiv um die Archivierung überlieferungswürdiger Unterlagen von Sportverbänden, Sportvereinen, bedeutenden Sportlern, wichtigen Funktionären und Sammlern und stellt sie einem breiten Interessentenkreis unter Wahrung archivrechtlicher Belange zur Nutzung bereit. Um Redundanzen zu vermeiden und die verschiedenen Sportüberlieferungen aufeinander abzustimmen, werden bei der Überlieferungsbildung alle relevanten Registraturbildner berücksichtigt, selbst die staatlichen Sportreferate werden miteinbezogen.

Als die größte Herausforderung im Archivierungsgeschäft mit dem Privatschriftgut des Sports stellen sich bisher jedoch die Uneinsichtigkeit der Archivierungs-Verständnisverweigerer und die Unbekümmertheit der eigenmächtigen Aktenentsorger in manchen Verbänden und Vereinen dar.

Der Vortrag gibt einen Einblick in den Aufbau, die Aufgaben und die Arbeitsweise dieses saarländischen Kooperationsprodukts des organisierten Sports und der staatlichen Archivverwaltung. Daneben stellt er den zahlreichen Vorteilen einer solchen Archivierungslösung auch Problemstellungen gegenüber.

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Kurzbiographie von Dipl.-Archivar David Kraus

  • 2000–2003: Ausbildung zum Diplom-Archivar (FH) in Baden-Württemberg
  • Seit Okt. 2003 Archivar im Landesarchiv Saarbrücken: hauptsächlich mit Aufbau und Führung des Saarländischen Sportarchivs betraut, daneben zahlreiche Betätigungsfelder für das Landesarchiv (u. a. Vertretung des Saarlandes im Fototechnischen Ausschuss der ARK)

Quelle: http://lvrafz.hypotheses.org/1433

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Abstract | Daniel Bernsen | Classroom4.eu | Schüler schreiben ein multimediales Online-Schulbuch zur Kulturgeschichte Europas


Der Unterricht in (fast) allen Schulfächern (fast) aller europäischer Länder ist nach wie vor stark an einem nationalen Curriculum ausgerichtet. Dabei lassen sich kulturgeschichtlich bedeutende Erfindungen, Musikrichtungen oder einzelne Künstler in der Regel nicht in einem nationalen Rahmen fassen, sondern sind nur grenzüberschreitend zu begreifen.

Classroom4.eu will diese Vernetzung der europäischen Wissenschafts- und Kulturgeschichte abbilden, um damit Anregungen für die Lehrplan- und Schulbuchentwicklung zu geben und zugleich selbst als Beispiel für ein interaktives und multimediales Schulbuch zu dienen. Die Linkstruktur eines Wikis eignet sich in höherem Maße als ein gedrucktes Buch zur Abbildung dieser Netzwerke und bietet bislang wenig genutzte didaktische und methodische Möglichkeiten.

Innovativ ist das Projekt durch die Schaffung eines interaktiven Schulbuchs von Schülern für Schüler, der Mehrsprachigkeit des Wikis sowie durch die Verbindung von regionaler und europäischer Geschichte, die als Kulturgeschichte unter netzwerk-/kommunikationstheoretischem Ansatz neu geschrieben wird (siehe auch Europäische Geschichte Online). Darüber hinaus werden von den Lernenden neue Informations- und Kommunikationstechniken wie Online-Forum, Chat und Videokonferenz genutzt, um grenzübergreifend an einzelnen Themen und Artikeln zu arbeiten.

Nach der Testphase, die über die europäische Akademie in Yuste (Spanien) finanziert war, soll classroom4.eu zunächst als Comenius-Projekt durch mehrere europäische Schulen fortgeführt werden. Angesichts der gegenwärtigen Krise in Europa scheinen solche Bildungsinitiativen besonders wichtig. Digitale Medien spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie die Verständigung und Vernetzung junger Europäer über die Anerkennung ihrer gemeinsamen kulturellen Wurzeln ermöglichen. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit von akademischen und schulischen Einrichtungen im Bereich des propädeutisch-wissenschaftlichen Arbeitens gefördert.

 

Links:

Quelle: http://gelerndig.hypotheses.org/239

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Statement: Michael Kaiser – Die neue Bibliothek

Die Perspektive eines wissenschaftlichen Nutzers

Wer bis in weit in die 1990er Jahre hinein Geschichte studiert hat und sich dabei mit früheren Epochen beschäftigt hat, kannte das Phänomen: Druckwerke aus dem 16. oder 17. Jahrhundert waren nur schwer einzusehen. Sie waren außerhalb des regulären Bibliotheksbetriebs in Sonderlesesälen zu benutzen, nach vorheriger Anmeldung wochentags zwischen 10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr. Man durfte sie natürlich nicht kopieren, nur lesen, womöglich mit Handschuhen anfassen. Wirklich willkommen fühlte man sich als Nutzer nicht, der aufsichtführende Bibliothekar vermittelte durchaus das Gefühl, daß der Leser der Feind des Buches ist. Ein effizientes Arbeiten war unter diesen Rahmenbedingungen nicht möglich.

Dies wurde umso deutlicher, als im Rahmen erster Digitalisierungsprojekte und der Bereitstellung im Internet ein neues Zeitalter anbrach: Auf einmal konnte man Bücher, die bis dato im Raraschrank verschlossen waren, ohne Beschränkung und rund um die Uhr einsehen, man konnte sie komplett oder teilweise herunterladen und für den heimischen Gebrauch abspeichern und bei Bedarf ausdrucken, diese Kopie dann markieren und glossieren. Und ausgeliehen waren diese Bücher auch nie.

Schlagwortkatalog

(Dr. Marcus Gossler | CC BY-SA 3.0)

Auch das war Bibliothek: Sie war nicht mehr restriktiv und gängelnd, im Gegenteil. Sie war ubiquitär und barrierefrei – auf einmal ergaben sich ganz neue Arbeitsmöglichkeiten und neue Recherchemöglichkeiten. Wer ähnliche Erfahrungen gemacht hat, kann den Wechsel von der traditionellen Bibliothek zur neuen Bibliothek im Internetzeitalter kaum als Verlusterfahrung begreifen. Vielmehr erlebte man durchweg Verbesserungen und es ergaben sich neue Chancen.

Vor diesem Erfahrungshintergrund lassen sich folgende Erwartungen formulieren, was die Bibliothek der Zukunft ausmachen soll:

Die Bibliothek hat wie auch schon zuvor die Aufgabe, aufbewahrtes Wissen bereitzustellen. Dies ist heutzutage mehr denn je an unterschiedliche technische Voraussetzungen geknüpft: Der Nutzer benötigt verschiedene Lesegeräte für Mikrofilme, Mikrofiches und Digitalisate (in verschiedenen Formaten), Kopierer, Scanner, verschiedene Drucker etc. All das kann ein einzelner nicht mehr vorhalten, hier ist die Institution Bibliothek gefordert.

Des Weiteren muss sie Recherchemöglichkeiten zur Verfügung stellen, die die exponentiell wachsende Zahl an Texten in den verschiedensten Formaten und Medien überhaupt auffindbar macht – natürlich anwenderfreundlich für den Nutzer, besonders hinsichtlich des technischen Verständnisses und des Zeitaufwands. Zuvor muss die Bibliothek aber diese Informationen überhaupt erst einmal schaffen und systematisch aufbereiten. Dies alles kann eine Bibliothek natürlich nicht leisten – so wie es „die eine Bibliothek“ kaum geben wird oder vielleicht auch jetzt schon kaum noch gibt. Viele oder gleich alle Bibliothekshäuser werden sich zumindest in ihren Katalogisierungs- und Recherchesystem verbinden und eine einzige virtuelle Bibliothek bilden.

Dies ist der Blick auf die neuen Medien; die klassischen Bücher wird es weiterhin geben, und auch ihre Pflege wird nach wie vor in den Bereich der Bibliothek fallen. Auch dies also ein Beispiel für die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Gedrucktes und Digitales soll und wird parallel existieren. Das Letzteres irgendwann die Oberhand gewinne wird, ist leicht zu vermuten. Wann dies sein wird, ist eine deutlich schwierigere Aufgabe.

Ist eine solche Bibliothek dann noch, wie es immer wieder angesprochen wird, als sozialer Raum aufzufassen? Sie sollte eher funktional gedacht werden und damit virtuell. Die Bibliothek ist ein Arbeitsplatz, diese Anforderung sollte im Vordergrund stehen. Das soziale Element kommt von allein und gehört sowieso dazu. Und heutzutage ist das Soziale ohnehin immer auch virtuell.

Der Blick nach vorn ist nicht ganz so klar; manches bleibt noch sehr schemenhaft. So ist nach wie vor eindeutig, was die Bibliotheken an überkommenem Wissen weiter bewahren. Was an neu erworbenen Erkenntnissen hinzukommen soll, ist hingegen vielfach offen. Mit Blick auf die neuen Medien steht die Frage im Raum, was Bibliotheken alles sammeln sollen? Und was sollen Bibliotheken mit Formaten oder Genres anfangen, die es vor wenigen Jahren noch gar nicht gab? Sind Texte auf Homepages und Internet-Foren archivierungswürdig? Und was ist mit Blogs, diesen individuell oder gemeinschaftliche geführten Zettelkästen oder Schreibkalendern im Netz? Hier gibt es keine abschließenden Antworten, die Dinge sind noch im Fluss. Es zeichnet sich aber schon jetzt ab, dass die Antworten unterschiedlich ausfallen: In Deutschland erhalten Blogs generell keine ISSN, während in Frankreich wissenschaftliche Blogs nach entsprechender Prüfung durchaus eine ISSN erhalten, damit auch die Dignität einer offiziellen und archivierungswürdigen Publikation zugesprochen erhalten. Und dies ist nur ein Beispiel für die offene Situation, in der sich Bibliotheken befinden.

Eine unbestritten große Herausforderung für die neue Bibliothek ist die Komplexität der Informationsverwaltung. Wie wird das Wissen organisiert und verwaltet, wie werden Zugänge zum Wissen geschaffen, wie wird recherchiert? Auch als Wissenschaftler kann man sich diesen Fragen nicht entziehen; jedenfalls ist es heutzutage schwieriger, sich in dieser Hinsicht ausschließlich auf den Bibliothekar zu verlassen. Vielmehr ist ein Wissenschaftler gut beraten, wenn er sich Gedanken darüber macht, in welche Kanäle er seine Ergebnisse einspeist und zu welchen Konditionen: Publiziert er gedruckt, online oder hybrid; sind seine Befunde frei verfügbar und nur eingeschränkt einzusehen? Wie kann er die Suchstrategien der bibliothekarischen Systeme nutzen, um potentielle Leser zu finden (und nach Möglichkeit noch die, von denen er auch wirklich rezipiert werden will)? Das bedeutet durchaus mehr Verantwortung für den Wissenschaftler, der sich neu und intensiver auf die bibliothekarische Welt zu bewegen muss und die neue Systematik auch mitlernen muss. Wenn die heut noch hohen Mauern zwischen Forschern jedweder Disziplin und den Bibliothekaren durchbrochen werden können, ist auch für die Bibliothek der Zukunft der Weg weiter geebnet.

Dr. Michael Kaiser ist seit 2008 Redakteur von perspectivia.net, der elektronischen Publikationsplattform für die Institute der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland. Nach dem Studium der Fächer Geschichte, Latein und Mittellatein promovierte er 1997 in Geschichte. Bis 2007 war er an der Universität Köln als Assistent tätig. Seit 2000 ist er an den Online-Publikationsformaten sehepunkte.de, zeitenblicke.de und lesepunkte.de beteiligt.

Quelle: http://gid.hypotheses.org/334

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