Täter und Opfer im Warschauer Aufstand 1944. Zwangsarbeit, Zerstörung und Mord aus zwei Perpektiven

von Jan Kreutz Vor 70 Jahren, am 1. August 1944, begann der Warschauer Aufstand. Um 17 Uhr griffen Einheiten der nationalpolnischen Untergrundarmee (Armia Krajowa oder AK) Einrichtungen der deutschen Besatzungsverwaltung, Unterkünfte von Wehrmacht und Polizei sowie andere Ziele im gesamten … Continue reading

Quelle: http://de.hypotheses.org/138525

Weiterlesen

Quellen-Blog: “1914-1918: Ein rheinisches Tagebuch”

 

1wkrhldZum Selbstverständnis findet sich im Editorial des Blogs folgendes: ” ….. Dieses Blog versteht sich als Gemeinschaftsprojekt rheinischer Archive zur Geschichte während der Zeit des Ersten Weltkriegs in einem geographischen Raum, der trotz regionaler Eigenheiten auf gemeinsamen historischen Wurzeln fußt. Es ist ein Quellenblog, das durch eine um 100 Jahre versetzte taggenaue Publizierung historische Zeugnisse unterschiedlicher Art und Herkunft im Sinne der ursprünglichen Wortschöpfung „Weblog“ zu einem „Tagebuch“ zusammen führt. …..”
Viel Spaß und viel Erfolg!

 

 

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/1910

Weiterlesen

Voransicht der Edition (2): Zwei Briefe von Karl Mathy aus München im April und Mai 1849

Die Edition der Protokolle der Provisorischen Zentralgewalt enthält, wie bereits auf diesem Blog berichtet wurde, auch zahlreiche ergänzende Dokumente aus den Nachlässen der Mitglieder des Gesamtreichsministeriums. Um auch davon, ähnlich wie von den Sitzungsprotokollen des Ministeriums, eine Kostprobe zu bieten, werden hier zwei Briefe des Unterstaatssekretärs im Finanzministerium Karl Mathy an den Ministerpräsidenten Heinrich von Gagern präsentiert. Kurz vor seiner endgültigen Demission im Mai 1849 unternahm das Kabinett Gagern noch einmal den Versuch, durch Sondermissionen an den Höfen von Berlin, München, Dresden und Hannover […]

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/717

Weiterlesen

Kaiserdom-App

[Autor: Lukas Schulte | Studierender | Universität Duisburg-Essen]

Unter den sogenannten „neuen Medien“, die zum historischen Lernen gehören, sind Apps, insbesondere die Kaiserdom-App und das damit verbundene Projekt sicherlich die neusten Vertreter dieser Sparte. Das Kaiserdom-App Project entstand zu Beginn des Schuljahres 2011/2012 am “Gymnasium am Kaiserdom” in Speyer. Dies ist eine Kooperation der Schule und der medienpädagogischen Förderinstutition medienundbildung.com. Fünf Schüler entwickelten unter der Anleitung von Programmierern eine App, mit der spielerisch die Stadt Speyer entdeckt werden kann, um vor allem die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen zu erreichen.

Um die App benutzen zu können, braucht der Nutzer ein Android-Smartphone. Nach dem Download der App aus dem Google Play Store kann das Such- und Rätselspiel beginnen [youtube-Video zum Projekt]. Der Nutzer scannt einen QR-Code, um die entsprechende Rundführung auszuwählen. Dann kann die „Mission Delta“ beginnen. Folgt man den Anweisungen von „Tony Qest“ begibt sich der Nutzer auf eine digitale Schnitzeljagd durch das historische Speyer.

Durch eine spannende und packende Geschichte werden die interessantesten Orte der Stadt entdeckt. Dabei haben die fünf Schüler kreative Infotexte, Fragen und Videos erstellt, die die “neuen Medien” in den Vordergrund stellt. Das mit vielen Preisen prämierte Projekte ist mittlerweile so erfolgreich, dass es weiterentwickelt wird. Dafür gewann die Gruppe den Status von „peer3“. Dieser Preis fördert besonders medienpädagogische Projekte, die von Jugendlichen für Jugendliche entwickelt wurden. Mit dieser Förderung kann z.B. in Material für Workshops investiert werden.

Wie lässt sich das Kaiserdom-App Project nun für das historische Lernen im Unterricht nutzen bzw. kann man selbst so ein Projekt aufbauen?  Natürlich kann man die App als abwechslungsreiche Variante benutzen, wenn man mit Schulklassen oder Kursen nach Speyer fährt, um den Schülerinnen und Schülern die Geschichte der alten Bischofs- und Reichsstadt näher zu bringen. Viel interessanter ist es jedoch, wenn man selbst so ein Projekt mit den Schülerinnen und Schülern ins Leben ruft. Hier bedarf es natürlich viel Eigeninitiative und Zeit, um so etwas auf die Beine zu stellen. Auf der Seite der Kaiserdom-App selbst lassen sich viele zahl- und hilfreiche Tipps finden und eine allgemeine Anleitung, wie die App programmiert werden kann. Schülerinnen und Schüler haben so die Möglichkeit, Geschichte völlig neu zu erfahren. Dabei kann das geschichtliche Thema und die dazu entsprechende Fragestellung von enormer Bedeutung sein. Die Schüler können sich so aktiv mit dem geschichtlichen Stoff auseinander setzen. Vorher ist es jedoch nötig bestimmte geschichtliche Grundbegriffe wie Dekonstruktion, Rekonstruktion und Geschichtskultur zu klären. Dann haben die Schülerinnen und Schüler die Fähigkeiten, sich mit den Themen entsprechend auseinander zu setzen. Mit dieser Möglichkeit kann der Forderung Rechnung getragen werden, dass nun auch die digitalen Medien Einzug in den Geschichtsunterricht finden und die Lebens- und Alltagswelt der Schüler mit einbezogen wird.

Quelle: http://zwopktnull.hypotheses.org/184

Weiterlesen

Voynich Manuskript das Werk eines Autokopisten?

“Schon wieder eine neue Theorie zum Voynich Manuskript?” mögen sich die geneigten Leserinnen und Leser dieses Blogs fragen. “Da lässt der Hermes doch bestimmt wieder kein gutes Haar dran.” Tatsächlich warfen die jüngsten Veröffentlichungen zum Thema weit mehr Fragen bei mir auf, als sie nachvollziehbare Antworten gaben. Um so erfreulicher finde ich, dass ich nun endlich einmal von einer aktuellen Veröffentlichung berichten kann, die ich für sehr überzeugend halte, vielleicht sogar für überzeugender als meine eigene Theorie.

Vor etwa vier Monaten wurde ich per Mail nett gefragt, ob ich bereit wäre, einen Paper-Entwurf zum Voynich Manuskript kritisch gegenzulesen. Die Bitte kam von Torsten Timm, der – wie so viele Voynich-Forscher – nicht mit der Wissenschaft sein Geld verdient. Wer weiß, wie gerne ich mich zwischendurch immer wieder mit dem Voynich Manuskript (VMS) beschäftige, kann natürlich ahnen, wie bereitwillig ich dieser Bitte nachkam. Vom ersten Augenblick an erschien mir Timms Hypothese plausibel und einen fruchtbaren Austausch per Mail und Skype später bin ich nach wie vor überzeugt davon, dass seine Theorie das Potential hat, die Entstehung des VMS-Textes zu erklären. Timm hat sie inzwischen (lobenswerterweise als Open Access Paper, daran bin ich auch nicht ganz unschuldig, glaube ich) auf arxiv.org veröffentlicht, so dass sich jede|r selbst ein Bild machen kann. Zu wünschen ist, dass sich Peer Reviewers finden, so dass das Paper auch auf einer publikumswirksameren Plattform veröffentlicht werden kann.

Kurz zum Inhalt: Timm begibt sich – wie ich das auch tat – auf die Suche nach einer Textgenerierungsmethode, deren Anwendung ein Resultat ergibt, dass die sonderbare distributionellen und statistischen Eigenschaften des VMS-Textes wiederspiegelt. Timm bezieht sich dabei vor allem auf die seltsame Eigenschaft, dass sich das Auftreten, die Häufigkeit und die Position (n-te Zeile, n-te Position in der Zeile) von VMS-Wörtern relativ gut vorhersagen lassen aus dem Auftreten, der Häufigkeit und der Position ähnlich aussehender Wörter. Da Timm ausschließt, dass dem Schreiber/der Schreiberin des VMS im späten Mittelalter/der frühen Neuzeit ein Instrumentarium zur Verfügung stand, das es erlaubte, eine solche Verteilung mathematisch herzuleiten, vermutet er, dass sie das Resultat eines Seiteneffekts einer einfacheren Methode der Textgenerierung ist.

Kern dieser angenommenen Methode ist ein Kopiervorgang des Schreibenden: Dieser erfand initial eine Reihe von unterschiedlichen Zeichenfolgen, die er im Anschluss immer wieder abwandelte. Timm weist nach, das teilweise ganze Zeilen voneinander kopiert scheinen, wobei immer leichte Abwandlungen in den Kopierprozess eingeflochten wurden, so dass nie gleiche, sondern immer nur ähnliche Zeichenketten entstanden. Auf den ersten Blick mag diese Methode als zu simpel bzw. zu abwegig erscheinen – wer zur Hölle soll sich hinsetzen und mehr als hundert Seiten auf diese sinnlose Art füllen? Allerdings wird die Hoax-Hypothese zum VMS (die Zeichen des VMS tragen keinen Inhalt, es wurde nicht zum Austausch bzw. zur Bewahrung von Information angefertigt) schon länger verbreitet und Timm belegt seine Vermutungen durch eine ganze Reihe von Indikatoren, im Paper selbst und vor allem in seinem Anhang, dem man ansieht, dass sich da jemand gewissenhaft mit der Materie auseinandergesetzt hat.

Timm

Ausschnitt aus der Seite f100r des VMS. Darauf farblich markiert von Timm angenommene kopierte, abgewandelte “Wörter” in wiederkehrenden Positionen.

Zum Ende geht Timm auch noch auf meine PIII-Hypothese ein, zu der er – nach meiner Ansicht – die bisher beste Alternativhypothese aufgestellt hat. Wir vermuten beide eine Textgenerierungsmethode hinter dem VMS-Text, und doch es gibt zwei entscheidende Unterschiede:

  1. Für meine PIII-Hypothese ist ein Codebuch notwendig, da dort die verschiedenen Chiffren auf Klartextbuchstaben abgebildet werden. Ein solches Codebuch wurde bisher nie gefunden, die Chiffrierungsmethode ist (wie ich selbst zugebe und Timm noch einmal schön ausführt) extrem kompliziert handzuhaben, v.a. bei der Dechiffrierung. Da Timms Kopisten-Hypothese ohne ein solches Codebuch auskommt, weil der Text einfach durch dauernde Abwandlung von sich selbst zustande kommt, sehe ich meine Hypothese hier klar im Nachteil.
  2. Das Resultat der Kopisten-Methode ist ein sinnfreier Text (den man textlinguistisch wohl noch nicht mal als Text bezeichnen dürfte). Mit ihm kann man nichts weiter anfangen, als jemanden zu täuschen, um sich dadurch irgendeine Art von Vorteil zu verschaffen. Ob dies tatsächlich eine solche Mühe, welche die Erzeugung des VMS gekostet haben muss, rechtfertigen kann, sei dahingestellt. Mit einer PIII-artigen Methode aber ist es möglich, Informationen zu verbergen, und zwar so gut, dass diese evtl. mit der Technik des 21. Jahrhunderts nicht entschlüsselt werden können. Lässt sich das nicht vielleicht als stärkerer Antrieb annehmen?

Ich gebe hier Occams Rasiermesser den geneigten Leser|inne|n in die Hand. Mögen sie beurteilen, welche Hypothese sie für plausibler halten. Mir sind ein paar Dinge in den Kopf gekommen, die man überprüfen und das Lot damit in die eine oder andere Richtung ausschlagen lassen könnte. Das ist mir aber noch zu unausgegoren, als dass ich mich dazu jetzt schon äußern möchte. Ich freue mich jedenfalls, dass Torsten die Muße und den Mut gefunden hat, seine Theorie so gewissenhaft auszuarbeiten und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Möge dies ein weiterer Anstoß sein, die zukünftige VMS-Forschung auf eine solidere Basis zu stellen.

_______

Timm, Torsten (07/2014): How the Voynich Manuskript was created. Publication: eprint 2014arXiv1407.6639T

Hermes, Jürgen (2012) Textprozessierung – Design und Applikation. Dissertation, Universität zu Köln. Publication eprint http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/4561

Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1076

Weiterlesen

Spaß am Lernen? Brauchen wir nicht! Sagt das Bayerische Kultusministerium

LiebermannIch schreibe für meine Diss gerade zum Zusammenhang zwischen positiven Erlebnissen und Lernen – z.B. während des Spielens – da fällt mein Blick auf einen Zeitungsartikel, den mir meine Freundin gestern mitgebracht hat: „Ein Hoch auf den Frontalunterricht“ von Tina Baier. Sie nimmt den Artikel „Die zehn populärsten Irrtümer der Pädagogik“ der Zeitschrift „Schule&Wir“, (S. 4-7), die vom Bayerischen Kultusministerium herausgegeben wird, aufs Korn. Frau Baier regt sich zu Recht auf und mir kommt auch die Galle hoch. Nicht das der Artikel des Ministeriums grundsätzlich falsch ist, aber vieles ist platt, einseitig und bewusst verzerrt formuliert.

Es ist aber auch zu blöd, dass Schulen mit einem reformpädagogischen Ansatz bei Eltern so beliebt sind. In Zeiten sinkender Schülerzahlen muss man sich was einfallen lassen und da ist es zunächst mal am einfachsten, den „Gegner“ schlecht zu machen.

Zu dumm, dass am Ende des ministerialen Artikels nur Tipps zum Weiterlesen von verärgerten Lehrern (Wisniewski und Vogel, sh. hier) und einer Journalistin aufgeführt sind. Wenn ich Ministerium wäre, würde ich renommierte Wissenschaftler als Leseempfehlung geben. Und es ist jetzt schon wieder ziemlich blöd, die renommierten Wissenschaftler, wie Gerhard Roth, Gerald Hüther und Manfred Spitzer sagen allesamt so ziemlich das Gleiche. Und das steht dem Inhalt des Artikels in “Schule&Wir” in vielen Punkten zugegen.

Zumindest wären die genannten Herren in der Lage, relevante Irrtümer, die es im pädagogischen Bereich gibt, auf dem Stand der Forschung zu diskutieren. Und zwar in einer Art und Weise, die den Intellekt mitdenkender Eltern nicht beleidigt.

Demokratische Bürger sind unbequem

Aber es doch klar, warum das Kultusministerium Spaß am Lernen und Lob argwöhnisch betrachtet und Noten, Sitzenbleiben sowie Frontalunterricht propagiert: Der Staat schafft sich seine Bürger selbst. Und wo kämen wir hin, wenn sich in der Schule Demokratie breit machen würde? Demokratie ist für den Bürger nur in geringen Dosen gut, gerade eben so viel, dass er den Eindruck hat, in einer zu leben. Mehr nicht. Wirklich demokratisch erzogene Bürger sind unbequem und außerdem: Vielleicht hat der Staat Angst, dass ihm letztendlich die CSU-Wähler wegbrechen?

Die Parolen, mit denen heute das Bayerische Kultusministerium wirbt, wie „Ohne Fleiß kein Preis“, sind nicht nur längst überholt, sie sind zutiefst demokratiefeindlich. Ich meine damit nicht, dass Faulheit gut ist. Aber Fleiß von außen als Parole anzusetzen, zu propagieren, dass nur der Fleißige gut sein kann, weil er eine Eins schreibt und damit einen Wert hat, ist überholt. Hat man im Ministerium schon einmal davon gehört, dass „Fleiß“ bei Interesse der Schüler einfach da ist? Nur hat diese Bereitschaft der Mitarbeit eher die Ausprägung von „Engagement“ oder „begeisterter Mitarbeit“. So etwas zu schaffen, ist einem demokratischen Lehrer möglich!

Reformpädagogik hat alte Wurzeln

Interessant finde ich, wie weit und erfolgreich viele reformpädagogische Ansätze, wie Montessori, die Individualpsychologie nach Alfred Adler, die Heilpädagogik und Gruppenpädagogik bereits im Wien der 1920er und 30er Jahre, also vor dem 2. Weltkrieg und der NS-Zeit, waren. Die Stadt war zu der Zeit maßgeblich in Fragen des Unterrichts sowohl für inländische als auch für ausländische Besucher. Hier zwei Zitate von Rudolf Dreikurs, einem Schüler Alfred Adlers. Die Erstauflage des Buches kam 1971 heraus und hat nichts an Aktualität eingebüßt:

“In einer Epoche, in der alle außer den Privilegierten soziale Gleichberechtigung verlangen, wird die Anmaßung derer, die sich zu Bonbon- und Prügelverteilern machen möchten, einfach nicht mehr akzeptiert. Es ist einigermaßen grotesk, daß wir zwar selbst durchaus negativ auf solche anmaßenden Methoden reagieren, trotzdem aber versuchen, sie in der Erziehung unserer Kinder anzuwenden.” [...]

“Unsere Schwierigkeiten entstehen daraus, daß wir nicht fähig sind, als Gleiche miteinander zu leben. Wir müssen neue Methoden und Einstellungen entwickeln – innerhalb der Familie, im Schulleben, in der Wirtschaft und in der Politik.

Wir sind noch immer mit einer autokratischen Tradition beladen, und es gelingt uns nicht, uns davon zu lösen. In der allgemeinen Wirrnis, die daraus entsteht, können wir nicht tun, wozu wir durchaus imstande wären, nämlich eine soziale Atmosphäre, innerhalb der sich die Demokratie entwickeln kann, zu schaffen und das trotz der Verhältnisse, die sie hemmen.“  

Literatur: Rudolf Dreikurs: Selbstbewußt. Die Psychologie eines Lebensgefühls. Soziale Gleichwertigkeit und innere Freiheit, 3. Auflage 1990, S. 31 und S. 222

Bild: Max  Liebermann: Nähschule (Arbeitssaal) im Amsterdamer Waisenhaus – 2.Fassung, 1876-1877, Ort: Wuppertal, Von-der-Heydt-Museum, Bildquele: www.artigo.org

Quelle: http://games.hypotheses.org/1675

Weiterlesen

Erklärung der DGS zu aktuellen Kampagnen der Diskreditierung und Diffamierung von Wissenschaftler_innen

Mit großer Sorge beobachten wir, dass Soziologinnen und Soziologen, die sich wissenschaftlich mit Themen der Geschlechter- oder Sexualitätsforschung beschäftigen, sich immer öfter mit sogenannten Hasskampagnen konfrontiert sehen. Derzeit werden einzelne Kollegen und Kolleginnen in sozialen Medien wie Facebook, in Blogs … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/7130

Weiterlesen

Emser Depesche: Bismarcks Redaktion

Die provokative Verkürzung des Originaltexts durch Bismarck macht den besonderen Charakter der Emser Depesche als Geschichtsquelle aus. Den entscheidenden Bearbeitungsschritt haben wir in der Form dünner Bleistiftmarkierungen auf der Berliner Entzifferung von Abekens Drahtbericht identifiziert. Damit sind wir aber noch nicht am Ende.

Die Frage nach der Verantwortlichkeit ist eine Triebfeder der Aktenkunde. Dass die politische Verantwortung für das Manöver, eine redigierte Version zu veröffentlichen, letztlich bei Bismarck lag, ist unbestreitbar. Aber natürlich hatte der Fürst für die Einzelheiten seine Leute. Wer hat aus den Bleistiftmarkierungen den neuen Text destilliert, also die Angabe des Fürsten zum Entwurf extendiert?

1. Expedition des redigierten Depeschentexts (PA AA, R 11674)

1. Expedition des redigierten Depeschentexts, unten Paraphe “vBu”
(PA AA, R 11674)

Der redigierte Text wurde mit drei Schreiben verbreitet, die als 1., 2. und 3. Expedition bezeichnet wurden:

  1. Expedition um 23.15 Uhr an die preußischen Gesandten an anderen deutschen Hofen, sowohl innerhalb des Norddeutschen Bundes als auch in den süddeutschen Staaten,
  2. Expedition, ebenfalls um 23.15 Uhr, an die Regierungen norddeutscher Bundesstaaten, bei denen Preußen keine Gesandtschaften unterhielt,
  3. Expedition um 2.30 Uhr, also bereits am 14. Juli, an die preußischen bzw. norddeutschen Botschafter und Gesandten bei den Regierungen der europäischen Mächte.
2. Expedition: Verteiler

2. Expedition: Verteiler

Der Empfängerkreis ist jeweils als durchnummerierte Büroverfügung oben rechts auf den Rand der halbbrüchigen Konzeptbeschriftung gesetzt.

3. Expedition: Verteiler (PA AA, R 11675)

3. Expedition: Verteiler
(PA AA, R 11675)

Systematisch betrachtet, sind die 1. und 3. Expedition Runderlasse der Zentrale des Auswärtigen Amts des Norddeutschen Bundes (des Preußischen Ministeriums des Auswärtigen) an nachgeordnete Auslandsvertretungen. Dagegen verkörpert die 2. Expedition Mitteilungsschreiben an (nominell) gleichgestellte Regierungen. Man kann das unmittelbar an dem Zusatz “Theilen Sie dies dort (unverzüglich) mit” am Ende von 1 und 3 ablesen.

Diese Unterscheidung ist keine Haarspalterei, sondern zeigt an, mit welchem Fortgang zu rechnen ist: Bei 1 und 3 wird die Nachricht im Rahmen einer mündlichen Demarche des preußischen Vertreters bei der jeweiligen Regierung überbracht, über deren Ausführung in den Akten mit einem Bericht zu rechnen ist, der dann Aufschluss über eventuelle Zusatzinformationen aus dem Gespräch geben mag. Bei 2 ist das nicht so, da die fremde Regierung der unmittelbare Empfänger ist. Solche Sachzusammenhänge sind aktenbildende Faktoren und quellenkritisch relevant.

Ernst Engelberg schreibt in seiner meisterhaften Bismarck-Biografie (1985: 724) ganz selbstverständlich: “Wieder zog er seinen Vertrauten Lothar Bucher heran; von seiner Hand liegt auch das Konzept der Bismarckschen Neu-Redaktion der Abekenschen Emser Depesche vor.” In der Tat war Lothar Bucher einer der engsten Mitarbeiter Bismarcks. Es war Bucher, der die Tage zuvor mit Bismarck in Varzin verbracht und dort den Schriftverkehr in der Spanischen Thronfolgekrise erledigt hatte (Nanz 2010: 183). Nun war Bismarck aber wieder in Berlin und hatte den ganzen Beamtenstab des Auswärtigen Amts zur Verfügung.

Walder (1972: 16-19) löst die Paraphe, die alle drei Expeditionen tragen, mit “Bu[=Otto von Bülow]” auf (vgl. die Abb. der 1. Expedition, ganz unten rechts). Beide, Bucher und v. Bülow, waren Vortragende Räte in der Politischen Abteilung und kommen damit als ausführende Hand des Kanzlers infrage.

Das “N. S. E.” vor der Paraphe bedeutet “Namens seiner Exzellenz” und entspricht einem heutigen “im Auftrag”. Die Exzellenz war natürlich Bismarck.

Heiteres Paraphenraten ist aktenkundlicher Breitensport: Bei beiden Kandidaten ist der paläographische Grundbestand “Bu” für eine Paraphe denkbar. Die Vorentscheidung fällt durch den gerundeten Haken in Schreibrichtung vor dem “B” – das sieht nach einem flüchtigen “v” aus.

Gewissheit verschafft der Blick in zeitgenössische Paraphensammlungen. Sie liegen in den “Geschäftsgangsakten” vor, mit denen das Auswärtige Amt seine eigenen Geschäftsprozesse verwaltete. In einer Sammlung von 1877 finden wir beide Kandidaten untereinander (Aktenzeichen IV GG 11 Bd. 7 – freundlicher Hinweis meines Kollegen Dr. Gerhard Keiper).

Lothar Buchers und Otto von Bülows Paraphen PA AA, R 138471

Lothar Buchers und Otto von Bülows Paraphen
(PA AA, R 138471)

Also hat Walder richtig gelesen, aber falsch transkribiert: Otto von Bülow hat die drei Expeditionen mit seinem “vBu” abgezeichnet und trägt damit die formale bürokratische Verantwortung. Das bedeutet aber noch nicht, dass die Konzepte insgesamt von seiner Hand stammen, wie es Engelberg für Bucher insinuiert. Dies war eigentlich die Aufgabe der Sekretäre, in Stoß- und Krisenzeiten konnte der Geheimrat aber durchaus auch selbst zur Feder greifen. Offenkundig ist, dass die drei Expeditionen von drei verschiedenen Händen stammen. Ohne Anspruch auf letzte Gewissheit scheinen mir die 1. und 2. Expedition von der Hand von Sekretären zu stammen, während die Nr. 3 v. Bülow selbst niedergeschrieben haben könnte; der Duktus ist flüchtig, ähnelt aber gesicherten Autographen.

Sehen wir uns an, was geschäftstechnich passiert. Bei Rundschreiben besteht zwischen dem Konzept und den anzufertigenden Reinschriften eine 1:N-Beziehung. Für jeden der listenmäßig aufgeführten Adressaten wird eine Reinschrift erstellt. Durch Randverfügungen können für jeden Empfänger außerdem Änderungen am gemeinsamen Text vorgesehen werden. Das deutlichste Beispiel bietet dafür die 9. Reinschrift der 3. Expedition.

9) An Graf Bernstorff, London. (Londoner Chiffre:) Geben Sie Nachfolgendes via Falmouth an Canitz in Madrid telegraphisch weiter. (Madrider Chiffre:) Inseratur wie oben; zuzufügen in Ziffern: Bismarck.

Was passiert hier? Graf Bernstorff, der Botschafter in London, ist bereits der Adressat der 1. Reinschrift der 3. Expedition. Für die 9. Reinschrift wird der Sekretär angewiesen,

  • anstelle “Namens seiner Exzellenz: von Bülow” explizit Bismarcks Namen zu setzen (um die Autorisierung der Mitteilung zu betonen),
  • den Text dann in der Chiffre zu verschlüsseln, die für den Telegraphenverkehr mit der Gesandtschaft in Madrid vorgesehen war,
  • die Weisung an London, diesen (dort nicht lesbaren!) Text auf einem bestimmten Weg nach Madrid weiterzuleiten, in der Chiffre der Botschaft in London zu verschlüsseln,
  • und den ganzen Salat im Klartext an Graf Bernstorff zu adressieren.

Der Chiffrieraufwand für diese neuen Reinschrift erklärt, warum die 3. Expedition erst drei Stunden nach den beiden ersten, offen bzw. en clair versandten Expeditionen abging.

Der Sinn dieser Operation war es natürlich zu verhindern, dass das französische Cabinet noir, wie man das einmal nannte, das Telegramm für Madrid auf einem Leitweg durch Frankreich abfängt. Die französische Regierung sollte nicht zu früh im Bilde sein. Darauf kommen wir in der nächsten Folge zurück.

Das Rundschreiben mit Anpassungen für einzelne Empfänger ist ein sehr effektives Werkzeug. Aus 3 Schriftstücken, die den Sachverhalt heute in den Akten der Berliner Zentrale dokumentieren, wurden in der Nacht auf den 14. Juli 1870 22 Reinschriften für das Telegrafenamt (Aufgabetelegramme) und ebenso viele Ankunftstelegramme, die dem Empfänger ausgehändigt wurden. Von den 9 chiffrieren Telegrammen mussten dann die uns als Überlieferungsform bereits bekannten Entzifferungen angefertigt werden. Das sind bereits 56 Textzeugen.

In London wurde aus Nr. 9 der 3. Expedition ein neues telegraphisches Schreiben an die Kollegen in Madrid. Angenommen, des Ankunftstelegramm habe als Entwurf gedient, so wären noch die Londoner Reinschrift, das Madrider Ankunftstelegramm und die dortige Entzifferung hinzugekommen (theoretisch – ich habe es nicht nachgeprüft). Macht 59.

Und das ist nur der Niederschlag, der als Teil von Behördenakten die Chance hat, durch Archivierung zu einer historischen Quelle zu werten. Verloren ist das Zwischenmaterial der Telegrafenstationen: die Endlosstreifen mit den Punkt-Strich-Mustern der Morse-Apparate oder schon dem Typendruck von Hughes-Fernschreibern und die Eingangsbücher, in denen der Text der Ankunftstelegramme vor der Ausfertigung für den Empfänger “zwischengespeichert” wurde. Solches Zwischenmaterial fiel auf einem längeren Leitweg auch bei jeder Zwischenstation an!

Die Zahl der ursprünglich insgesamt erstellten Textzeugen dürfte in die Hunderte gehen.

Für die geschichtswissenschaftliche Quellenkritik reduziert sich dieses Korpus auf “die Emser Depesche”, die dann womöglich noch mit Abekens Konzept und der Berliner Entzifferung nach Art philologischer Textkritik kollationiert wird. Es steht außer Frage, dass die Komplexität der materiellen Überlieferung für historische Untersuchungen auf die relevanten Aspekte und ein handhabbares Maß reduziert werden muss. Am Ende sieht man sonst den Wald vor lauter Bäumen nicht. Man sollte sich aber des Ausmaßes der Abstraktion von der materiellen Überlieferung bewusst bleiben, um nicht vorschnell relevante Details über Bord zu werfen.

Im letzten Teil der Serie soll es um die Perspektiven gehen, die eine über das rein handwerkliche hinausgehende Aktenkunde für die Interpretation historischer Quellen bietet.

Literatur

Engelberg, Ernst 1985. Bismarck: Urpreuße und Reichsgründer. Berlin.

Nanz, Tobias 2010. Grenzverkehr. Eine Mediengeschichte der Diplomatie. Zürich/Berlin.

Quelle: http://aktenkunde.hypotheses.org/228

Weiterlesen

Linkdossier: „Im Gedenkjahr nichts Neues?“ Der Erste Weltkrieg und die Zukunft Europas

Auch anlässlich der Podiumsdiskussion „Im Gedenkjahr nichts Neues?“ Der Erste Weltkrieg und die Zukunft Europas am 16. September 2014 haben wir hier wieder einige Links zu interessanten Perspektiven auf den Ersten Weltkrieg und Erinnerungskultur gesammelt, da das Internet immer mehr zum Gedächtnisort wird.

Online-Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung

Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet nicht nur ein umfangreiches Dossier zum Ersten Weltkrieg an, sondern gibt auch ein kostenloses E-Book heraus – Aus dem Vorstellungstext:

Die Edition versammelt 22 Texte zum Ersten Weltkrieg und zur unmittelbaren Vorkriegszeit: 13 davon sind 2013 und 2014 in “Aus Politik und Zeitgeschichte” erschienen, sechs wurden als Radioessays in der Reihe “Wegmarken” im Deutschlandfunk gesendet. Den Abschluss bilden drei Impulsreferate, die im April 2014 auf dem Symposium “1914–2014″ des Deutschlandfunks gehalten wurden.

Kein Denkmal für den Toten

In ihrem Artikel in der Zeit setzen sich Alma Hannig und Paul Miller mit der Erinnerung an Franz Ferdinand auseinander und beleuchten die Frage, warum der Tod das Lebenswerk des Erzherzogs überschattet:

Man kann nicht erwarten, dass die Erinnerung den folgenreichen Tod des Thronfolgers ausklammert. Aber er wird darauf reduziert. Der Erzherzog hat ein halbes Jahrhundert lang gelebt, sich für die Habsburgermonarchie sowie die Modernisierung ihrer Armee engagiert und schließlich eine der glücklichsten Ehen und Familien in der habsburgischen Geschichte geführt. Vielleicht ist all dies nicht so aufregend wie das Drama vom 28. Juni 1914, aber es verdient einen prominenteren Platz im kollektiven Gedächtnis der Österreicher.

 

Kollektives und kulturelles Erinnern

In seinem Aufsatz setzt sich Christoph Cornelißen mit Erinnerungskultur auseinander. Er kontrastiert das “kollektive Gedächtnis” und das “kulturelle Gedächtnis”, schildert die Wandlung vom Heldenmythos zum Opfergedenken und der (pop-)kulturellen Auseinandersetzung mit Geschichte.

Erinnerungskulturen sollten aber nicht, wie es oft geschieht, als statische Gedächtnisse von Gruppen verstanden werden, sondern vielmehr als ein dynamischer Prozess, in dem politische und gesellschaftliche Aspekte ausgehandelt werden. Wenn man also Erinnerungskulturen moderner Gesellschaften untersucht, geht es darum, das In-, Mit- und Nebeneinander eines von diversen Erinnerungskokurrenzen geprägten dynamischen Geschehens auszuloten. Je nach Generationszugehörigkeit, Geschlecht, Religion, Ethnie oder auch sozialen wie milieubedingten Zusammenhängen werden die gleichen Vorgänge untereschiedlich erinnert, auch deswegen, wie die Wortführer der jeweiligen Gruppen spezifische soziale Autobiografien konstruieren, die dann den Individuen eine zumindest partielle Identitätsfindung erlauben.

 

Umkämpfte Erinnerung – wie mit Geschichte Politik gemacht wird

Schon 2012 wurde Erinnerungskultur im Rahmen von Geisteswissenschaften im Dialog unter dem Titel besprochen. Bei perspectivia.net finden Sie Audiomitschnitte der Vorträge von Prof. Dr. Ute Daniel, Prof. Dr. Dr. h.c. Heinz Duchhardt, Prof. Dr. Günther Heydemann sowie der Podiumsdiskussion mit der Moderation von Hilde Weeg. Falls Ihnen der Audiomitschnitt nicht genügt und Sie die TeilnehmerInnen in voller Person sehen möchten gibt es ebenfalls einen Videomitschnitt. Auch unser Linkdossier zur Geschichtspolitik bietet eine Übersicht.

Aktivitäten der Max Weber Stiftung zum Centennium

Auch die Institute der Max Weber Stiftung begleiten den 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs. Die Projekte widmen sich dabei unterschiedlichen regionalen Perspektiven, von der virtuellen Ausstellung und Katalog der Bandō-Sammlung des Deutschen Instituts für Japanstudien Tokyo, das Originalmaterialen aus dem Kriegsgefangenenlager Bandō zugänglich macht bis zum Grande Guerre-Blog, das die Projekte der Institute näher vorstellt.

WeberWorldCafé

Vor der Podiumsdiskussion findet das zweite WeberWorldCafé statt. Unter dem Titel „Narrating the First World War – Experiences and Reports from Transregional Perspectives“ diskutieren NachwuchswissenschaftlerInnen mit Experten an mehreren Tischen zu Fragestellungen aus transregionaler Perspektive. So rückt das alltägliche Leben im Krieg in außereuropäischen Regionen ebenso in Blickfeld wie der Umgang mit dem Kriegsleid in der Literatur. Auf dem Blog zur Veranstaltung finden Sie weitere Linktipps sowie vorab Interviews mit den ExpertInnen.

Quelle: http://gid.hypotheses.org/1121

Weiterlesen