Mittelalterliche Urkunde im Universitätsarchiv Regensburg entdeckt

Im Universitätsarchiv Regensburg wurde im Rahmen einer regulären Abgabe von Unterlagen, die für die laufende Schriftgutverwaltung nicht mehr benötigt wurden, eine mittelalterliche Urkunde in einem alten Tresor entdeckt. Diese Urkunde stammt aus dem Jahr 1290 und wurde von der Stadt Ypern ausgestellt. Inhaltlich geht es die Zustimmung zu einem Schiedsverfahren beim Grafen von Flandern in einem Streit zwischen Stadt Ypern und Kloster Mesen (Messines). Die Urkunde befindet sich in vergleichsweise gutem Zustand und wurde nach Auffindung archivfachlich verpackt.

Urkunde Ypern 1290

Urkunde Ypern 1290

Man mag zunächst stutzen: Das Universitätsarchiv ist doch erst 2004 gegründet worden. Wie gelangte also diese flämische Urkunde aus dem Mittelalter ins oberpfälzische Universitätsarchiv? Das Klosterarchiv zu Mesen wurde im Winter 1914/15 von Soldaten der 6. Armee geplündert – vorwiegend also von bayerischen Soldaten. Wie die Urkunde dann letztlich in den Tresor gelangte, wo sie 2012 wieder aufgefunden wurde, kann nicht zweifelsfrei geklärt werden. Es gibt zwar eine Spekulation, auf die auch in der Presse bereits hingewiesen wurde, aber ich wäre in dieser Frage ohne definitive Belege sehr zurückhaltend.

Als Kriegsbeute fällt die Urkunde unter die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung von 1907, die bereits auf einer normativen Ebene eine Entfremdung von wissenschaftlichen, kulturellen und geistlichen Gütern ausschließt. Sie war sowohl für Belgien wie für das Deutsche Reich und seine Teilstaaten seit 1910 rechtskräftig.

Der Tresor selbst war durch ein simples Vorhängeschloss versperrt, zu dem jedoch kein Schlüssel mehr existierte. In dem Tresor befand sich ein separiertes Schließfach, worin sich die Urkunde befand. Dazu lagen dort u.a. eine Fotoglasplatte, die einen Militärarzt darstellt

Am 16. Juli wird die Urkunde präsentiert. Die Abgabe an das Stadtarchiv Ypern ist für Ende September geplant.

Quelle: http://histbav.hypotheses.org/2644

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Regensburg im Ersten Weltkrieg. Schlaglichter auf die Geschichte der Donaustadt zwischen 1914 und 1918. Ausstellung in der Staatlichen Bibliothek Regensburg

Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf Regensburg waren scheinbar nur gering. Die Stadt präsentierte sich ihren Besuchern als „still“ und „zeitlos“. Einen Eindruck vom „stillen“ Regensburg des Jahres 1917 gibt der Romanist Viktor Klemperer in seiner 1940/41 niedergeschriebenen Autobiographie:

„Den allerletzten Ferientag nutzten wir für Regensburg. Wir besichtigten die Stadt ganz unabgelenkt von allen Kriegsgedanken. Freilich ist (oder war?) Regensburg die zeitfernste aller deutschen Städte. ‚Eine wunderbare, eine absolut zeitlose Steinmasse‘, notierte ich mir unter dem ersten Eindruck, ‚ohne alle Verbindung mit der Gegenwart.‘ Nirgends moderne Stadtteile oder auch nur einzelne Häuser, nirgends Wachstum, Verkehr, Fremdenzustrom. Um Alt-Braunschweig zieht sich eine moderne Stadt, um Alt-Regensburg gar nichts. Völliger Stillstand, auch nicht die Belebtheit eines Museums. [...] Ein ineinandergezahnter Block aus festen Häusern mit hohen Giebeldächern, aus Renaissancepalazzi, aus festungsartigen Kirchen mit eckigen Türmen, riesig über dem steinernen Block mit all seinen Türmen hinausragend der steinerne Dom, schwer steinern zu seinen Füßen die vielbogige uralte Brücke über den Strom. Auffallend viele Turmuhren. Es ist, als sollte betont werden, auch hier stehe die Zeit nicht still. Aber sie steht versteinert still.“

Rathaus_Straßenbahn

Betrachtet man Ansichten der Domstadt aus jener Zeit, so glaubt man Klemperers Einschätzung bestätigt zu sehen. Doch auch auf Regensburg wirkte der Waffengang, die „Ur-Katastrophe“ des 20. Jahrhunderts (Georg F. Kennan), in erheblichem Maße.

Wenn im Gedenkjahr 2014 in der Staatlichen Bibliothek Regensburg eine kleine Ausstellung samt Begleitband mit Schlaglichtern zur Geschichte des Ersten Weltkrieges in Regensburg vorgestellt werden kann, so hat dies weniger mit den Zufälligkeiten eines solchen Jubiläums, sondern vielmehr mit dem Regensburger Maler Otto Zacharias zu tun. Dessen Nachlass ruht nun in der Staatlichen Bibliothek Regensburg und steht hier der Forschung zur Verfügung. Der Regensburger Maler Zacharias erlebte den Krieg wie Millionen andere Soldaten und verarbeitete ihn auch künstlerisch, auf seine ganz eigene Weise. Bewegend sind auch die Kinderzeichnungen seines Sohnes Kurt Zacharias, die zeigen, wie sehr auch die Kinder von diesem Krieg betroffen waren. Neben weiteren Dokumenten, Bildern, Zeitungsberichten und Gegenständen, welche helfen sollen, schlaglichtartig die Geschichte des Ersten Weltkrieges für Regensburg zu erhellen, wird auch eine moderne Installation des Regensburger Künstlers Oleg Kuzenko gezeigt, die eindrucksvoll vor Augen stellt wie man sich auch heute künstlerisch mit diesem Thema auseinandersetzen kann.

Die Ausstellung ist vom 10.07. bis 31.08.2014 im Foyer der Staatlichen Bibliothek Regensburg zu sehen.

Einladung_Weltkrieg
Die Ausstellung wird am 10. Juli 2014 um 20 Uhr eröffnet. Nach der Begrüßung und Einführung in die Thematik durch den Bibliotheksleiter, Dr. Bernhard Lübbers, spricht Dr. Jörg Zedler von der Universität Regensburg über das „Augusterlebnis“ 1914 in Regensburg.

Der Eintritt ist frei, um Anmeldung per E-Mail (info_AT_staatliche-bibliothek-regensburg.de) oder per Telefon (0941 630806-0) bis 07.07.2014 wird gebeten.

Zur Ausstellung erscheint ein reichillustrierter Begleitband, der in der Bibliothek selbst bzw. im Buchhandel für 19,90 € erworben werden kann:

Namhafte Autoren haben darin die Geschichte Regensburgs während des Ersten Weltkrieges in Einzelaspekten in den Blick genommen.

Bernhard LÜBBERS/ Stefan REICHMANN (Hg.), Regensburg im Ersten Weltkrieg. Schlaglichter auf die Geschichte einer bayerischen Provinzstadt zwischen 1914 und 1918 (Kataloge und Schriften der Staatlichen Bibliothek Regensburg 10) Regensburg: Dr. Peter Morsbach Verlag 2014; 192 S.: zahlreiche Ill.; ISBN 978-3-937527-76-5

Das Buch enthält folgende Beiträge:

Bernhard LÜBBERS, Schlaglichter auf Regensburgs Geschichte im Ersten Weltkrieg. Eine Einführung, S. 9-15.

Georg KÖGLMEIER, Regensburg im Ersten Weltkrieg. Ein Überblick, S. 17-35.

Jörg ZEDLER, Zwischen Neugierde und Verunsicherung, Angst und aggressivem Patriotismus: Das Augusterlebnis 1914 in Regensburg, S. 37-86.

Peter STYRA, „… Und den Räten ein Automobil…“. Das Haus Thurn und Taxis im Ersten Weltkrieg, S. 87-104.

Bernhard LÜBBERS, „Segne die Waffen unserer Brüder.“ Die Hirtenbriefe des Regensburger Bischofs Antonius von Henle aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, S. 105-118.

Isabella von TRESKOW, Captif je suis… Gefangenschaft und kulturelles Leben französischer Soldaten im Ersten Weltkrieg in Regensburg, S. 119-137.

Dominik BOHMANN, Das Kriegsgefangenenlager am Unteren Wöhrd während des Ersten Weltkrieges, S. 139-153.

Stefan REICHMANN, Otto Zacharias (1876-1952). Großkrieg in kleinen Bildern und Skizzen, S. 155-172.

Stefanie KUFFER, Kurt Zacharias (1908-2004). Kinderzeichnungen an den Vater, S. 173-182.

Wolfgang von SEICHE-NORDENHEIM, Eine Warnung, die (k)einer ernst nahm, S. 183-190.

Quelle: http://histbav.hypotheses.org/2611

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In 300 Jahren vielleicht

Das Dorf Eggebusch gibt es gar nicht. Und doch war Eggebusch überall, denn dieser Name steht für zahllose Orte, die Schauplätze all der kleinen und großen Katastrophen gewesen sind, die den Dreißigjährigen Krieg geprägt haben. Eggebusch ist Schauplatz des Romans „In 300 Jahren vielleicht“, in dem Tilman Röhrig beschreibt, wie dieses Dorf im Oktober 1641 vom Krieg heimgesucht wird. Zwischen den in der Nähe des Dorfs campierenden Soldaten und den Dörflern kommt es zu Spannungen, die schließlich eskalieren und in einer Katastrophe für Eggebusch enden.

Das knapp 140 Seiten umfassende Taschenbuch ist 1983 erstmalig erschienen. Es wird immer wieder nachgedruckt und ist längst ein Klassiker unter den belletristischen Büchern zum Dreißigjährigen Krieg. Der Band firmiert als Jugendbuch, wurde auch 1984 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis prämiert. Sein Autor hat viele andere Jugendromane, vor allem aber Bücher mit historischem Hintergrund verfaßt. „In 300 Jahren vielleicht“ ist sicherlich sein bekanntestes Buch und wohl auch das mit der größten Wirkkraft. Was kann man nun als Historiker damit anfangen?

Nun kann man wissenschaftsseitig ein solches Buch als bloße Belletristik abtun. Schön zu lesen für den, der derartige Literatur mag. Aber sonst? So einfach ist es nicht, denn die Prägekraft solcher Literatur darf man nicht unterschätzen. Solche Bücher finden den Weg zu jungen Leuten (ja doch, es gibt noch Jugendliche, die Bücher lesen) und entfalten hier ihre Wirkung, prägen eine Grundvorstellung von dem, was sie behandeln. Ist also der Dreißigjährige Krieg durch „In 300 Jahren vielleicht“ angemessen dargestellt und eine geeignete Einstiegslektüre für junge Menschen oder überhaupt für interessierte Laien?

Für jeden, der sich wissenschaftlich mit der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs beschäftigt hat, ist es nicht schwierig, in solchen Büchern irgendwelche Details und Einschätzungen auszumachen, die historisch ungenau, fragwürdig oder schlichtweg falsch sind. Aber gerade das ist in Röhrigs Buch nicht der Punkt, denn hier wird vor allem die Gewalteskalation zwischen Militär und Zivilisten beschrieben, das Zusammenbrechen einer vertrauten Lebensumgebung (hier des Dorfes) und überhaupt ein Gefühl für das Bedrohtsein jeglicher Ordnung und ein Zweifeln an Lebensgewißheiten – für junge Menschen, die sich mit einer offenen Perspektive ihrem eigenen Leben zuwenden, ist dies schon sehr viel. Man kann den Dreißigjährigen Krieg auch einfach als historische Folie nehmen, auf der sich jedwede Bedrohung eines vertrauten Lebensraumes spiegelt. Aber Röhrigs Buch ist sicher auch ein möglicher Einstieg für die Beschäftigung mit dem Dreißigjährigen Krieg.

Ich selbst habe es erst gelesen, als ich meine Dissertation abgeschlossen, einige Artikel geschrieben hatte, jedenfalls völlig in der Wissenschaft abgetaucht war. Gefallen hat es mir gleichwohl sehr, und geschadet hat mir die Lektüre sicher nicht. Zu Tilman Röhrig gibt es übrigens ein Interview in den lesepunkten.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/473

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Neuerscheinung: 10 Jahre Denkmalpreis: Schlösser, Gründerzeit-Villen, Altstadt-Bürgerhäuser, Mühlen und Bergbauernhöfe/Publikation der Bezirksheimatpflege

36fach ausgezeichnete Denkmal – Leidenschaft:
Schlösser und Gründerzeit-Villen, Altstadt-Bürgerhäuser, Mühlen und Bergbauernhöfe

Neue Publikation der Bezirksheimatpflege präsentiert mit “10 Jahre Denkmalpreis des Bezirks Schwaben” alle prämierten Objekte und bisherigen Träger des Denkmalpreises aus ganz Schwaben. Insgesamt 36 mit großem privatem Engagement restaurierte historische Bauwerke sind in aufschlussreichen Vorher – Nachher Fotografien portraitiert.

Augsburg (pm). Ein schief verzogenes Haus, ausgetretene Dielen, undichte Fenster, gebrochene Bodenplatten, kein rechter Winkel, hohe oder niedrige Räume – alte Häuser haben ihre Eigenheiten, sind in Würde gealterte Individualisten. Ihr Fortbestehen ist nur mit einer denkmalgerechten, sprich maßgefertigten Sanierung zu sichern. Dies ist ein anspruchsvolles Unterfangen und nicht jedermanns Sache. Umso mehr freut sich die Denkmalpflege über jene beherzten Bürger, die ungeachtet mannigfaltiger Hürden “ihr Projekt” in Angriff nehmen und meistern. Ganz gleich, ob man Besitzer eines herrschaftlichen Schlosses, einer repräsentativen Gründerzeit-Villa, eines Bürgerhauses in der Altstadt ist oder ob man die idyllisch gelegene Mühle oder den versteckten Bergbauernhof für sich entdeckt: Die sich oft über Jahre hinziehende denkmalpflegerische Sanierung schafft für die Bauherren eine intensive Beziehung zu Ihrem Objekt und ist ihnen “bei allem Stress eine leidenschaftliche Herzensangelegenheit”, freut sich Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl.

Seit 2002 vergibt der Bezirk Schwaben jährlich einen Denkmalpreis. Ausgezeichnet werden Sanierungen, die sich durch die fachliche Qualität der Maßnahme, das finanzielle Engagement des Eigentümers, die Kreativität bei der Durchführung und die Bedeutung des Denkmals hervorheben; er ist mit 10.000 Euro dotiert; die beiden jährlichen Sonderpreise sind mit jeweils 5.000 Euro dotiert.

Eine aktuelle Publikation der Bezirksheimatpflege präsentiert nun mit “10 Jahre Denkmalpreis des Bezirks Schwaben” alle prämierten Objekte und bisherigen Träger des Denkmalpreises aus ganz Schwaben. Insgesamt 36 mit großem privatem Engagement restaurierte historische Bauwerke sind in aufschlussreichen Vorher – Nachher Fotografien portraitiert: Neben ihrer detaillierten Hausgeschichte und Hausbeschreibung werden die Gebäude auch in die Geschichte des Ortes, in dem sie stehen, eingebettet und die Sanierungsmaßnahmen erläutert.

 
 

Verantwortung für die schwäbische Denkmallandschaft – Bezirk verdoppelt Zuschuss für private Denkmaleigentümer

Die meisten Denkmäler werden zunächst “im Kopf” zerstört, sagt der Herausgeber der Publikation, Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl. “Vom Denkmal her zu planen, heißt sich bescheiden. Natürlich sind Änderungen möglich, aber die wesentlichen Strukturen müssen erkennbar bleiben. Man kann ein Denkmal erhalten, reparieren, instand setzen, ergänzen, aufgeben, abbrechen, aber nicht neu schaffen”.

Die 36 hier vorgestellten denkmalpflegerischen Sanierungen, die sich über ganz Schwaben verteilen, haben Vorbildcharakter und damit selbst die Geschichte der Denkmalpflege weitergeschrieben”, stellt er weiter fest. “Die Denkmaleigentümer haben durch den Erhalt einen Dienst an der Allgemeinheit geleistet, für den wir dankbar sein können”, freut sich besonders Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert, “denn Denkmale und der Erhalt gewachsener Dorf- und Altstadtstrukturen sind uns ein wichtiges Anliegen. Letztlich definieren gerade diese als unverwechselbare Landmarken unsere schwäbische Heimat. Der Bezirk Schwaben ist sich seiner Verantwortung für die schwäbische Denkmallandschaft bewusst. Er hat heuer seinen Denkmaletat um 250.000 Euro erhöht. Damit können künftig die privaten Denkmaleigentümer mit einer Verdoppelung der Bezuschussung durch den Bezirk Schwaben von bisher 5 Prozent auf 10 Prozent der Maßnahme bauen”, machte Jürgen Reichert den jüngsten Bezirksbeschluss anlässlich der Verleihung des im Mai vergebenen Denkmalpreises 2013 öffentlich. Die Höhe der jährlichen Förderung beträgt derzeit 950.000 Euro.

 
 

Würdigung der ausgezeichneten privaten Denkmaleigentümer

Im Kulturausschuss des Bezirks Schwaben und bei den jährlichen Preisverleihungen wurden die Objekte in den vergangenen zehn Jahren vom Bezirksheimatpfleger in Text und Bild vorgestellt. Das oft außerordentliche finanzielle Engagement der privaten Denkmaleigentümer wurde dabei stets in hohem Maße gewürdigt. Ein wesentliches Kriterium der Denkmalpflege ist der kreative Umgang bei Gestaltung, Technik, Nutzung und Material. Alle 36 Objekte weisen dazu ausgezeichnete Ergebnissen vor. Dieses und weiteres Arbeitsmaterial bildeten die Grundlage für die Publikation, die auch den historischen und städtebaulichen Kontext herausarbeitet und die Maßnahmen detailliert darstellt. Hierzu waren vertiefende Archiv- und Literaturrecherchen sowie Forschungen in den Bauakten notwendig.

 
 

Denkmale benötigen Erfahrung

“Jeder weiß, dass ein Hausbau schwierig und kräftezehrend ist – es wäre eigenartig, wenn es bei der Sanierung eines Denkmals anders wäre”, so Fassl. “Beides ist bei guter Vorbereitung kalkulierbar und machbar. Selbst die unvorhersehbaren Probleme sind bei genauer Analyse und Voruntersuchung selten. Die im Buch vorgestellten Denkmalprojekte, deren Finanzierung im Kulturausschuss des Bezirks Schwaben dargestellt wurde, belegen dies” erläutert er die Zusammenarbeit.

 
 

Denkmalpflege ist Teamarbeit

Fachinstitutionen wie das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, die Heimatpfleger und die Denkmalschutzbehörden bringen eine reiche Erfahrung ein und sollten nicht als Verhinderer, sondern als kundige Berater wahrgenommen und gefordert werden. Denkmalpflege gelingt mit einem kompetenten, engagierten und denkmalerfahrenen Team. “Beim Bauherren laufen alle Fäden zusammen, weswegen sie im Laufe der Maßnahme zu Denkmalexperten heranwachsen”, lobt der Bezirksheimatpfleger voller Anerkennung: “Alle Bauherren haben mit hohem Einsatz und mit Leidenschaft ihr Denkmal saniert.”

 
 

Denkmäler benötigen Kreativität

Ihr Erhalt als Wohngebäude gelingt nur mit einer Anpassung an die heutigen sozialen, technischen und kulturellen Bedürfnisse – von den Sanitäranlagen bis zur EDV-Infrastruktur. Die Ansprüche an den Architekten sind nicht gering. Faszinierend sind die Lösungen. Einige Beispiele: Um ein malerisch auf der Kaufbeurer Stadtmauer aufsitzendes Fachwerkstadelgebäude zu erhalten und zu nutzen, wurde ein Stahl-Glas-Gebäude eingestellt (2002). Die Ummantelung einer leerstehenden Lagerhalle, die auf zwei Seiten aus der alten Kemptner Stadtmauer bestand (2006), ertüchtigte das Gebäude als Bürohaus und zeigt das wunderschöne Bruchsteinmauerwerk im Inneren. Ganz “einfach” gelöst wurde die geringe Stubenhöhe eines Blockbaues (Ried 2009) durch Anheben im Erdgeschoss und Obergeschoss und das Einfügen neuer Balkenlagen. Einen bemerkenswerten Atelierraum, der vom Bruchsteinmauerwerk der früher dunklen Stallhöhle lebt, entstand wiederum durch einen 30 cm tiefen Aushub (Gailenberg 2008). Die Sanierung der Mühle in Liebenthann (2011) benötigte zur statischen Sicherung des auf torfigem Grund stehenden Gebäudes erst das Einbringen von 78 Betonpfählen und das Unterfangen des Mauerwerks mit einer Betonplatte. Bei der Umnutzung einer Jugendstilvilla in ein Bürogebäude ermöglichte die professionelle Vorbereitung die Durchführung der Maßnahme in nur vier Monaten (Dillingen 2011). Und zum Jan’schen Haus in Wallerstein (2012) pilgern Heimat- und Denkmalpfleger angesichts der bewundernswerten Perfektion, wie mit wiederverwendeten historischen Materialien ein stimmiges Gesamtkunstwerk entstand.

 
 

Das Denkmal wieder in Wert setzen: Weniger ist Mehr

Bei allen Denkmalprojekten steht das Bemühen im Mittelpunkt, die erhaltenen Elemente wieder erkennbar zu machen. Dies geschieht durch säubern, ausbessern und reparieren, festigen und vor allem immer wieder durch Rückbauen. Bei Putzfassaden und den Farbfassungen der Wände haben sich nach dem Geschmack der Zeit immer wieder Veränderungen ergeben. Die Befunduntersuchung durch den Kirchenmaler ermöglicht einen Blick in das “Bauarchiv” der verputzten Wände, das nach Möglichkeit zu erhalten ist. Ergänzungen und Rekonstruktionen nach Befund wie bei den Pfarrhöfen in Oberauerbach (2006) und Großkitzighofen (2006), dem Eggelhof in Achsheim (2005) oder dem Kathanhaus in Augsburg (2004) lassen verdeckte Kunstwerke wieder wahrnehmbar werden. Ziel ist nicht eine Erneuerung des Denkmals, sondern der Erhalt des Bestehenden und das Herausarbeiten der ursprünglichen Qualitäten, die überformt oder verdeckt wurden.

 
 

Zeitschichten präsentieren

Ein altes Gebäude hat wie eine historische Stadt durch seine Nutzungen, die Eigentümer, den technischen Fortschritt und die zeitbedingten ästhetischen Vorstellungen unterschiedliche erkennbare Zeitschichten aufzuweisen. Es ist natürlich, dass diese Geschichte weitergeschrieben wird. “Das Neue vom Alten durch einen Zwischenraum, eine “Fuge” abzuheben, ohne dabei den Gesamteindruck eines Raumes patchworkartig zu zerteilen, ist die Kunst”, erklärt Dr. Fassl. Bei den Maßnahmen in Kempten (2006), den Nördlinger Wohnhäusern Hintere Gerbergasse 19 (2002) und Polizeigasse 5 (2007) sowie bei den Bauernhäusern in Sonderdorf (2012) und Unterthingau (2012) wurde dies besonders akzentuiert.

 
 

Die Bedeutung für die Allgemeinheit:

Versucht man sich ein Bild von einer Stadt, einer Landschaft, einer Region zu machen, sind es immer die Bauwerke, welche die wesentlichen Akzente setzen, in Erinnerung bleiben und Orientierung geben. “Der Mensch sieht die Burgruine auf dem Berg, den vertrauten Kirchturm im Tal und weiß: Ich bin zu Hause. Die scheinbar nutzlose Ruine hat einen Nutzen. Sie ist Zeichen für Heimat. Ein solches Zeichen war sie gestern, ist sie heute und wird sie morgen auch noch sein. Identität über Zeiten und über Generationen hinweg zu sichern, ist höchst zeitgemäß, wo allenthalben von Corporate Identity die Rede geht”, schreibt in seinem Buchbeitrag Prof. Dr. Egon Johannes Greipl, ehemaliger Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege.

Weitere Informationen erteilt Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl, Telefon 0821 3101-310; heimatpflege_AT_bezirk-schwaben

 
 

Publikation

Peter Fassl, Barbara Kanelakis (Hg)
10 Jahre Denkmalpreis des Bezirks Schwaben Schriftenreihe der Bezirksheimatpflege Schwaben zur Geschichte und Kultur Band 5
208 Seiten, 275 Farbabbildungen, 19,80 Euro ISBN 978-3-9812181-8-3 LIKIAS Verlag Friedberg 2014

Inhalt (als PDF): Liste aller Preisträger-Orte

 
 

Für eine Besprechung leite ich sehr gerne ein Presseexemplar an Sie weiter.

 
 

Beispiel für eine denkmalgerechte Sanierung: Sonderpreis 2010, Kempten

Sonderpreis 2010 Kempten vor der Sanierung:

Sonderpreis 2010 Kempten vor Sanierung-Foto-Hagspiel

Vor seiner Sanierung befand sich das um 1723/24 errichtete Haus in einem desolaten Zustand. Die zwei Eingänge deuten darauf hin, dass es einmal als Herberge diente. In seiner jüngeren Geschichte verfiel das alte, unter seinem alten Putz unscheinbar wirkende Gebäude mit der Zeit. Die Abbruchgenehmigung war bereits erteilt.
Foto Hermann Hagspiel, honorarfrei

 
 

Sonderpreis 2010 Kempten nach der Sanierung:

Sonderpreis 2010 Kempten nach Sanierung-Foto-Rupp

Das Gebäude mit dem für Kempten ungewöhnlichen Sichtfachwerk ist um 1723/24 errichtet worden und steht am Rande der Stiftsstadt. 2006 wurde es schließlich in die Denkmalliste aufgenommen. Der Architekt und spätere Bauherr erfuhr von diesem Denkmal erst durch einen Zeitungsartikel, konnte das Haus erwerben und führte von 2006 bis 2008 die Sanierung durch.
Foto Hermann Rupp, honorarfrei

 
 

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Knoefeldt-Trost
Presse- und Medienarbeit
Bezirk Schwaben
Hafnerberg 10
86152 Augsburg
Telefon 0821/2592762,
Fax 0821/2592765.

Telefon Pressestelle 0821/3101-241
ulrike.knoefeldt-trost_AT_bezirk-schwaben.de
www.bezirk-schwaben.de

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E-Mail Forum “Geschichte Bayerns”

Redaktion:
Redaktion_AT_geschichte-bayerns.de
http://www.geschichte-bayerns.de/
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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/2552

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Neue Findbücher im Universitätsarchiv Bayreuth

In den letzten beiden Wochen hat sich einiges im Universitätsarchiv Bayreuth getan. Dank der Tatkraft unserer studentischen Hilfskräfte beim Ordnen und Verzeichnen und dank der technischen Unterstützung durch die Archivschule Marburg bei vorübergehenden kleineren Schwierigkeiten bei der Konversion von Excel-Tabellen in ein nachnutzbares EAD-XML-Format konnten zwei neue Findbücher veröffentlicht und eines wesentlich erweitert werden. Auf diese Weise gelang es, kurzfristig etwa 1380 neue Findbuchdatensätze für die Online-Recherche bereitzustellen.

Das Gros machen die Datensätze aus der Erschließung der Senatsprotokolle von 1975, dem Jahr des Vorlesungsbeginns an der Universität Bayreuth, bis 1988 aus. Diese Serie ist nun, nach Sitzungen geordnet, auf der Grundlage der Tagesordnungen und einer inhaltlichen Durchsicht aller Niederschriften erschlossen.

„Der Tip“, eine Bayreuther Studentenzeitung von bemerkenswerter Kontinuität, erscheint seit November 1992 in meist wöchentlichem Turnus zur Vorlesungszeit. Dieses Zeitungsarchiv war dem Archiv von der Redaktion erst vor wenigen Wochen übergeben worden und ist bereits jetzt in einem eigenen Findbuch als Bestand SI 1 verzeichnet. “SI” bedeutet dabei die Bestandsgruppe “Studentische Initiativen”, die auf diese Weise begründet wurde.

Bei dem wesentlich erweiterten Findbuch handelt es sich um den Bestand „Zentrale Universitätsverwaltung“, einen Kernbestand des Archivs. Um die Unterlagen so schnell als möglich zugänglich zu machen, was nicht zuletzt wegen der Vorarbeiten zum 2015 bevorstehenden Universitätsjubiläum dringend nötig war, entschloss sich das Archiv zu einem Experiment. Dem bereits bestehenden Findbuch wurden 200 zusätzliche Einträge hinzugefügt, die das vorläufig übernommene und noch nicht endgültig bewertete Schriftgut aus der Registratur beschreiben. Diese „E-Akten“, wie sie im Universitätsarchiv heißen, weil sie erst nach „E“insichtnahme zu bewerten sind, fallen eigentlich erst bei der Enderschließung zur Bewertung an. Da jene aber zugunsten vorerst „flacher“ Verzeichnisse auf sich warten lässt, sollen die Nutzer nun die Gelegenheit haben, an der Bewertung selbst mitzuwirken. Das Nutzerverhalten bei der Bestellung und Auswertung von Akten wird die Bewertungsentscheidung im einen oder anderen Fall nun sicher beeinflussen; ein Experiment freilich. Das Universitätsarchiv ist auf die Ergebnisse gespannt.

Die Findbücher sind im eigenen Webauftritt des Universitätsarchivs und im Archivportal Europa zu finden:

http://www.uni-bayreuth.de/universitaetsarchiv/archivbeschreibung/Findmittel

http://www.archivesportaleurope.net/ead-display/-/ead/pl/aicode/DE-1981/type/fa/id/DE-1981_Akz-XV

Quelle: http://histbav.hypotheses.org/2592

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Fachforum “E-Learning in der wissenschaftlichen Weiterbildung”

“E-Learning in der wissenschaftlichen Weiterbildung” war DAS Thema beim hessenweiten Fachforum am Dienstag, den 24. Juni 2014 an der JLU Gießen. Vorgestellt wurden mehrere Projekte, die aus dem Wettbewerb “Offene Hochschulen – Aufstieg durch Bildung” gefördert werden. Aber auch das Zertifikats-Studienprogramm Soziale Medienbildung von der Hochschule Fulda, sowie der Online-Master von der Philipps-Universität Marburg waren Teil des Programms. Zum vollständigen Programm Vorträge und Diskussionen In dem ersten Vortrag wurde das E-Learning-Beratungskonzept im Projekt “WM³ Weiterbildung Mittelhessen” von den Kollegen der JLU Gießen, der PU […]

Quelle: http://medienbildung.hypotheses.org/7005

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Bürger – Adlige – Iwein: zum literarischen Horizont der Freiburger Familie Malterer im Spannungsfeld von Rittertum, Minne und höfischer Kultur

Gastbeitrag von Dr. Marcus Schröter

Eine Bürgerfamilie und ein Held – historische Befunde zu der Familie Malterer

Seit seiner Wiederentdeckung vor über hundert Jahren regt der berühmte Malterer-Teppich aus dem Besitz spätmittelalterlicher weiblicher Klostergemeinschaften Freiburgs immer wieder neue Diskussionen an und man darf konstatieren, dass keineswegs alle Fragen gelöst sind – im Gegenteil. Ein Grund dafür, dass sich dieses kostbare textile Kunstwerk immer wieder konsequent einer schlüssigen Gesamtinterpretation entzieht, liegt sicherlich auch in der Vielstimmigkeit des für seine Deutung zwingend notwendigen, interdisziplinären Diskurses von Historikern, Kunsthistorikern, Theologen und Germanisten.1

Mittelalter am Oberrhein“, das neue Blog der Freiburger Landesgeschichte, wählt den um 1320 datierten Malterer-Teppich als geeignetes Symbol für die Gegenstände ihrer Forschung, die „enge Verknüpfung von bürgerlicher und adliger Welt zu den Klöstern.“2Johannes Waldschütz skizzierte aus diesem Anlass aus historischer Perspektive die Geschichte der Freiburger Familie Malterer: Johannes Malterer (um 1312-1360) gelang durch den Erwerb großen Reichtums der Aufstieg seiner aus einfachen Verhältnissen stammenden Familie in die städtische Oberschicht seiner Heimatstadt. Um diesen neuen Status nicht nur dauerhaft zu festigen, sondern darüber hinaus eine weitere Standeserhöhung zu ermöglichen, arrangierte der bürgerliche homo novus geschickt die in den 1350er Jahren geschlossenen Eheverbindungen seiner drei Töchter Elisabeth, Gisela und Margarethe mit dem regionalen Adel.3 Das Interessante dabei ist, dass Johannes Malterer sein Vermögen gezielt investierte und pfandweise Burgen erwarb, die er seinen Töchtern mit in die Ehe geben konnte, ein im Spätmittelalter durchaus verbreitetes Phänomen.4 Und solche Burgen waren – darauf kam es offenbar an – weithin sichtbare Symbole der höfischen Kultur des hohen Mittelalters, die auch für bürgerliche Vorstellungswelten von Minne und Rittertum im Spätmittelalter ihre Attraktivität keineswegs verloren hatten.5

Diese Vorstellungswelten scheinen für den einzigen Sohn des Johannes, Martin Malterer (um 1335/36-1386), geradezu identitätsstiftend gewesen zu sein: Wie seine Schwestern erhielt er von seinem Vater mit der Herrschaft Kastelburg 1354 eine Burg, die er später gemäß seinem adligen Lebensstil als österreichischer Landvogt im Elsass und im Breisgau individuell ausbaute. Im Jahr 1367 zuerst als Ritter belegt, spielte Martin Malterer später eine maßgebliche Rolle in der Rittergesellschaft zum Löwen. Seine Heirat mit der Grafentochter Anna von Tierstein 1373 verband ihn direkt mit dem Adelsstand. Da Martin Malterer ohne Söhne 1386 in der Schlacht von Sempach fiel, erlosch die männliche Linie der Familie jäh.6 Um den gemeinsamen Tod Martin Malterers mit seinem Herzog Leopold III. von Habsburg rankte sich seitdem der Heldenmythos, dem die Stadt Freiburg noch 1899 an der Schwabentorbrücke ein Denkmal setzte.

Stürzende Helden und ein Held im Triumph – literaturwissenschaftliche Perspektiven auf den Malterer-Teppich

Konnten historische Forschungsbeiträge zur Geschichte der Familie Malterer plausible Argumente dafür herausarbeiten, dass es Johannes strategisch und unter Einsatz erheblicher finanzieller Ressourcen nicht nur gelang, innerhalb der sozialen Ordnung der Stadt an die Spitze des Bürgertums aufzusteigen, sondern darüber hinaus die Stadt einzutauschen gegen Lebensentwürfe des regionalen Adels, so möchte ich – über Waldschütz‘ summarische Beschreibung des Malterer-Teppichs als „Zeugnis für deren Repräsentationsbemühungen“ hinaus – fragen, welche inhaltlichen und ikonographischen Signale diesen sozialen und kulturellen Anspruch der Malterer konkret symbolisieren.

© Augustinermuseum - Städtische Museen Freiburg, Malterer-Teppich, um 1320, Leihgabe der Adelhausenstiftung Freiburg, Foto: Hans-Peter Vieser

© Augustinermuseum – Städtische Museen Freiburg, Malterer-Teppich, um 1320, Leihgabe der Adelhausenstiftung Freiburg, Foto: Hans-Peter Vieser 

 

Germanistische und kunsthistorische Forschungsbeiträge7 haben gezeigt, dass in der um 1320 im Auftrag der Familie Malterer8 verfertigten Textilie konventionelle und unkonventionelle Bildkonzepte vieldeutig und rätselhaft aufeinander treffen. Sind die in den acht Medaillons vorgeführten Paare Samson und Dalila, Aristoteles und Phyllis sowie Vergil und die Tochter des Augustus auch in anderen bildlichen Darstellungen von Minne- oder Frauensklaven durchaus verbreitet, so trifft dies auf Iwein und Laudine keineswegs zu.9 Und genau hierin liegt die Einzigartigkeit des ikonographischen Arrangements. Der Hauptunterschied zwischen den ersten drei und dem vierten Bilderpaar besteht darin, dass in den ersten drei die jeweils erste Szene den männlichen Protagonisten in einer Situation des Triumphes zeigt, in der zweiten hingegen in einer Situation der Demütigung.

Samson und Dalila, Aristoteles und Phyllis sowie Vergil und die Tochter des Augustus, © Augustinermuseum - Städtische Museen Freiburg, Malterer-Teppich, um 1320, Leihgabe der Adelhausenstiftung Freiburg, Foto: Hans-Peter Vieser

Samson und Dalila, Aristoteles und Phyllis sowie Vergil und die Tochter des Augustus, © Augustinermuseum – Städtische Museen Freiburg, Malterer-Teppich, um 1320, Leihgabe der Adelhausenstiftung Freiburg, Foto: Hans-Peter Vieser

Im Falle der Iwein-Szenen ist dieser Sturz des Helden keineswegs so klar, hängt doch die Gesamtinterpretation davon ab, wie man die (vieldeutige) Ringszene deutet. Meiner Einsicht überzeugt Volker Schupps These10, dass man mit philologischem Blick nicht zwanghaft versuchen sollte, das Bild einer der drei Ringszenen im Text Hartmanns von Aue zuzuweisen: weder der Übergabe des unsichtbar machenden Rings an Iwein durch Lunete (Verse 1135-1211)11, bei der Laudine nicht anwesend ist, noch der Übergabe des Treuerings durch Laudine, bei der Lunete nicht anwesend ist (Verse 2940-2955), noch der Rückforderung des Treuerings durch Lunete, bei der Laudine nicht anwesend ist (Verse 3192-2199). Von letzterer Ringszene müsste man ausgehen, wollte man im zweiten Bild den Sturz des Helden sehen – denn Iwein verliert durch den Verlust des Treuerings im Wahnsinn seine Identität, die er erst im zweiten Aventiurezyklus wieder schrittweise zurück gewinnt.

Iwein-Szenen des Maltererteppichs, © Augustinermuseum - Städtische Museen Freiburg, Malterer-Teppich, um 1320, Leihgabe der Adelhausenstiftung Freiburg, Foto: Hans-Peter Vieser

Iwein-Szenen des Maltererteppichs, © Augustinermuseum – Städtische Museen Freiburg, Malterer-Teppich, um 1320, Leihgabe der Adelhausenstiftung Freiburg, Foto: Hans-Peter Vieser

Löst man sich dagegen von einer strikt textbezogenen Lesart der Ringszene und abstrahiert zugleich von der Textstruktur des „ganzen ‚Iwein‘“, wie es übrigens auch in den Wandmalereien auf Schloss Rodeneck mit Fokussierung auf den ersten Handlungszyklus der Fall ist, bietet sich nach Schupp die Szene der von Lunete angebahnten Versöhnung zwischen Iwein und Laudine an (Verse 2248-2360), die im Entschluss zur Hochzeit mündet – und diese Hochzeit werde durch den Ring symbolisiert. Ikonographische Parallelen sieht Schupp in der Darstellung des Hochzeitsbanketts von Marke und Isolde im Tristanteppich III aus Wienhausen sowie in Illustrationen des ‚Sachsenspiegels‘. Christoph Mackert12 schließt sich Schupps Deutung ebenfalls an und hält eine Funktion des Malterer-Teppichs im Kontext einer Hochzeit durchaus für möglich, wenn das Bildprogramm auf diese Weise nicht mehr nur auf eine Warnung vor irdischer Liebe reduziert werde und das verbreitete Weiberlisten-Motiv eine bewusst positive Wendung erhalte: Lunetes List, selbst wenn sie von Autoren wie Wolfram von Eschenbach durchaus verurteilt wurde,13 führt nach dieser Interpretation gerade nicht zum Ehrverlust des männlichen Helden, sondern zu seinem Ehrgewinn durch den Gewinn irdischer Liebe und die Hochzeit mit Laudine. Ich halte diesen Ansatz für überzeugend – nicht zuletzt mit Blick auf die historisch belegbare offensive Heiratspolitik der Familie Malterer.

Entscheidender Prüfstein für eine solche Interpretation bleibt schließlich die Frage, wie sich das neunte Medaillon mit der Jungfrau mit dem Einhorn in die Gesamtdeutung des Malterer-Teppichs fügt: Ist dieses auf sämtliche Doppelszenen zu beziehen, nur auf die ersten drei oder nur auf die letzte? Formuliert es gleichsam als Fazit der Exempel-Geschichten die Warnung vor der irdischen Liebe und den Aufruf zur geistlichen Liebe? Die geistliche Interpretation der Jungfrau-Einhorn-Szene kann dabei in unterschiedliche Richtungen gehen: Im zwölften Buch der ‚Etymologiae‘ Isidors von Sevilla wird das Einhorn als ferox und fortis charakterisiert, das nicht von Jägern überwunden werden könne, wohl aber von einer Jungfrau, in deren Schoß es sein Horn freiwillig hineinlege. Ebenso überliefert es auch der ‚Physiologus‘ und legt eine Deutung der Menschwerdung Christi durch die Jungfrau Maria nahe. Eine weitere geistliche Interpretation geht dahin, dass das Einhorn mit seinem Horn das von der Schlange vergiftete Wasser reinigt und somit als Christus verstanden wird, der die Welt von den Sünden befreit.14

Einhornszene des Malterteppichs, © Augustinermuseum - Städtische Museen Freiburg, Malterer-Teppich, um 1320, Leihgabe der Adelhausenstiftung Freiburg, Foto: Hans-Peter Vieser

Einhornszene des Malterteppichs.

Oder aber wird im Einhornmedaillon eine eigene Episode erzählt – allerdings in nur einer einzigen Szene? Dann dürfte – wie auch in den anderen Medaillons – die Jungfrau im Zentrum stehen. Aber wie genau wäre dann das Einhorn zu deuten? Ebenfalls als Symbol weiblicher List, die aber hier allein in der Reinheit und Keuschheit der Jungfrau begründet liegt? Oder als Symbol für die ferocitas oder fortitudo im Sinne Isidors, allerdings übertragen auf die – durch eine Frau gebrochene – männliche Stärke, die die vorangegangenen Doppelszenen vorführen?15 In dieser Lesart würde sich das letzte Medaillon unmittelbar in die vorangegangenen einreihen und die Themen „Stärke der Männer“ und „List der Frauen“ um eine interpretatio christiana erweitern. Ob hiermit zugleich eine geistliche Gesamtdeutung des Malterer-Teppichs intendiert wird, scheint mir aber keineswegs eindeutig – die Iwein-Medaillons öffnen hierfür eine zu weltlich-positive Interpretation von Minne und Rittertum. Möglicherweise ist diese ikonographische Ambivalenz, die durch das Einhorn-Medaillon provoziert wird, auch konstitutiv für die Gesamtkonzeption des Kunstwerks, in das eine Offenheit und Multiperspektivität von vorne herein eingeschrieben sein sollte.

Inwiefern aber passt ein solch bemerkenswertes Konzept zu dem eingangs resümierten spezifischen Hintergrund der Malterer als Stifter? Ich meine: sehr gut. Der durch ihren Reichtum mögliche soziale Aufstieg der Familie an die Spitze des Freiburger Bürgertums einerseits, ihr Herausdrängen aus der Stadt durch Heiratsverbindungen mit dem regionalen Adel unter Verwendung tradierter aristokratischer Symbole und Funktionen wie Burgen und als Mitglied der Ritterschaft andererseits – all dies zeigt ihre enge Vertrautheit mit und Orientierung an der Vorstellungswelt höfischer Kultur.

Zentrale Ideale dieser höfischen Kultur sind Rittertum und Minne, die ihre außerordentliche Wirkmacht bis in die Neuzeit hinein insbesondere in der volkssprachigen Literatur reich entfalteten. Der alemannische Südwesten und seine benachbarten Regionen waren Zentren dieser literarischen Avantgarde, sodass durchaus vorstellbar ist, dass die Familie Malterer mit höfischer Epik und Lyrik vertraut war. Und vielleicht sogar noch mehr: Sie mochten den weithin berühmten ‚Iwein‘ Hartmanns von Aue genau gekannt und gezielt eingesetzt haben, als sie den Auftrag für die kostbare Textilie gaben. Und vor diesem literarischen Horizont der Malterer fand Hartmanns ‚Iwein‘ eine individuelle „Gebrauchssituation“,16 die für den Artusstoff bis dahin singulär war und die uns bis heute Rätsel aufgibt.

Wenn Bigott in seiner Untersuchung der Handlungsspielräume der Damen Malterer mit Blick auf die Szenen des Malterer-Teppichs „nicht ohne ein gewisses Schmunzeln“ fragt, „wie weit die realen Maltererdamen ihre Männer dominierten“,17 stellt er meines Erachtens eine sehr wichtige Frage, verlässt aber seine historische Perspektive nicht, weil er die Ikonographie des Kunstwerks zu wenig in seine Interpretation mit einbezieht. Greift man seine Interpretation der massiven Heiratspolitik des Johannes Malterer für seine drei Töchter auf und versucht den Malterer-Teppich – als Hochzeitsteppich – in diesen konkreten Kontext zu stellen, müsste die bisherige Datierung später als um das Jahr 1320 angesetzt werden, da diejenigen Damen Malterer, an denen nach Bigott die kluge Verwirklichung der gesellschaftlichen und politischen Zielsetzungen besonders deutlich fassbar sind, zur Generation der Töchter und Enkelinnen Johann Malters gehörten. Wenn Elisabeth, Margarethe und Gisela in den 1350er Jahren heirateten und es sich bei der neben Johannes als Stifterin genannten Anna um die archivalisch nachweisbare, 1354 verstorbene Ordensangehörige handelt, so wäre aus kunsthistorischer Sicht zu prüfen, ob der Malterer-Teppich dreißig Jahre später datiert werden könnte.

Nach meiner Auffassung ist schließlich der ikonographische Befund grundsätzlicher zu betrachten: Der Malterer-Teppich könnte einen konkreten Einblick in den literarischen Horizont seiner Auftraggeber geben und die virtuose Kreativität zeigen, mit der sie diesen in ihrer Selbstinszenierung als Identifikations- und Legitimationsmuster nutzten. In dieser Interpretation hätte die Familie durch die bewusst kalkulierte Wahl der ‚Iwein‘-Szenen für den Teppich diesem ihren eigenen kulturellen und literarischen Horizont, der dominiert ist von hochhöfischen Vorstellungen von Minne und Rittertum, in die traditionelle Szenenauswahl der „Weiberlisten“ aus dem Alten Testament, der griechischen und der römischen Antike öffentlich sichtbar eingeschrieben. Möglicherweise – hier möchte ich die historische Argumentation Bigotts unter germanistischer Perspektive weiterführen18 – ist gerade der ‚Iwein‘, in dem nicht nur die Dienerin Lunete als listige Frau klug kalkulierend die vorteilhafte Eheverbindung Laudines und Iweins arrangiert, sondern auch die mächtige Herrscherin Laudine für die von der Familie Malterer verfolgte Heiratspolitik besonders attraktiv gewesen. In seiner neuen Gebrauchssituation kann der ‚Iwein‘ seine besondere Sprengkraft entfalten. Ob die Familie Malterer selbst das gesamte ikonographische Konzept entwarf oder ob ihr ein erfahrener Concepteur zur Seite stand, lässt sich nicht mehr rekonstruieren.

In der „modernen“ (spät-)mittelalterlichen höfischen Welt, zu der sich die Malterer selbstbewusst zählen, kann Frauenlist auch zu glücklicher Liebe führen, wie nicht nur an Iweins Schicksal, sondern auch an den Heiratsverbindungen der Töchter des Johannes mit dem südwestdeutschen Adel deutlich wurde. Die geistliche Liebe, wofür die Szene mit dem Einhorn stehen kann, bleibt davon möglicherweise ganz unberührt: Vielleicht sollten hier gerade nicht unterschiedliche Konzepte der Liebe gegeneinander ausgespielt, sondern einfach nur nebeneinander gestellt werden. Sollte es sich bei Anna Malterer um die Ordensdame handeln, so würde jede der beiden Stifterpersönlichkeiten ihre eigene Deutung des Themas Liebe in das Bildprogramm eingebracht haben: Johannes die weltliche Sicht aus der Perspektive seines literarischen Horizontes, der durch die höfisch-aristokratische Welt des Hochmittelalters geprägt war, Anna dagegen die geistliche Sicht der Ordensfrau. Wenn auch die Einhornszene der Gesamtkomposition eine bestimmte Gewichtung verleiht, so muss dadurch doch keine abschließende Bewertung der Liebe vorgenommen sein. Beide Konzepte von Rittertum und Minne, das geistliche und das weltliche, wurden von der Stifterfamilie Malterer gelebt. Insofern muss der Teppich auch nicht zwingend auf den möglichen Anlass einer Hochzeit, wofür es in der Familie Malterer in den 1350er Jahren mehrere gegeben hat, bezogen werden, sondern kann ebenso gut für sich stehen.

Literatur und Leben – vom Umgang mit literarischen Mustern

Mit einem solchen identifikatorischen Umgang mit Literatur standen die Freiburger Malterer aber keineswegs allein: Ein besonders prominentes Beispiel ist die Bozener Familie Vintler19, die ebenfalls im 14. Jahrhundert eindrucksvoll zeigte, wie präzise höfische Literatur instrumentalisiert werden konnte, um gesellschaftlichen Aufstieg repräsentativ zu inszenieren und sie in neuen Gebrauchssituationen visuell zum Sprechen zu bringen. Dem städtischen Patriziat entstammend und zu Reichtum gekommen, erwarben Niklaus und Franz Vintler 1385 Burg Runkelstein und ließen sie durch aufwändige Wandmalereien nach höfischer Literatur, darunter ‚Wigalois‘, ‚Garel von dem blühenden Tal‘ oder ‚Tristan‘, ausmalen. Auch ‚Iwein‘ gehört zu den Identifikationsmustern der Bozener homines novi, denn er ist mit Parzival und Gawein als einer der drei besten Artusritter an die Außenwand des sogenannten Sommerhauses gemalt, so dass man ihn vom Burghof aus weithin sehen konnte.20 Die Vintler waren ferner Sammler und Auftraggeber von Handschriften und traten mit Hans Vintler sogar mit eigener literarischer Produktion an die Öffentlichkeit. 1393 erreichten die Vintler exakt das, was auch die Malterer erstrebten: die Verleihung des Adelsprädikates. Burg Runkelstein gelangte später in den Besitz Kaiser Maximilians I., des „letzten Ritters“, in dessen gedechtnus–Konzept Strategien der Malterer und Vintler eine noch ganz neue Komplexität erreichten.

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Abbildung von Gawein und Iwein auf Burg Runkelstein (Parzival links abgeschnitten),

 

Mit diesen Bemerkungen sollte der historische Beitrag zum Maltererteppich von Waldschütz durch eine germanistische Perspektive auf die kostbare Textilie und auf ein konkretes paralleles Beispiel, die Bozener Familie Vintler, ergänzt werden: Diese erlangten nicht nur als Burgbesitzer, sondern gleichermaßen als Mäzene von Literatur Ruhm – in der Diskussion um die vielen ungelösten Fragen des Malterer-Teppichs ist dieser Aspekt m. E. so noch nicht diskutiert worden.

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Marcus Schröter ist Fachreferent an der Universitätsbibliothek Freiburg für Geschichte, Alte Geschichte, Musik, Klassische Archäologie, Ur- und Frühgeschichte, Provinzialrömische Archäologie sowie Klassische Philologie, hat zum Wiener ‘Eneas-Roman’ (Österreichische Nationalbibliothek, Cod. Vind. 2861) Heinrichs von Veldeke in Text und Bild promoviert (als eBook publiziert auf dem Freiburger Hochschulschriftenserver Freidok).

  1. Die historische Literatur zum Thema siehe bei Waldschütz, Johannes: Das Blog und der Malterer-Teppich. In: Mittelalter am Oberrhein [Weblog], 30. Januar 2014: http://oberrhein.hypotheses.org/125
  2. Waldschütz, s. o., Anm. 1.
  3. Bigott, Boris: Die Damen Malterer. Zur Einheirat Freiburger Patriziertöchter in den Breisgauer Adel im 14. und 15. Jahrhundert. In: Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins “Schau-ins-Land” 126 (2007), S. 19-37, hier: S. 23-30. – Ders.: Städisches Patriziat als Machtfaktor auf dem Burgenmarkt am Beispiel des Breisgaus. In: Burgen im Breisgau: Aspekte von Burg und Herrschaft im überregionalen Vergleich. Hrsg. von Erik Beck, Eva-Maria Butz, Martin Strotz, Alfons Zettler und Thomas Zotz. Ostfildern: Thorbecke, 2012, S. 241-254.
  4. Vgl. Bigott: Städtisches Patriziat, s. o., Anm. 3, S. 241.
  5. Vgl. Zeune, Joachim: Burgen – Symbole der Macht. Ein neues Bild der mittelalterlichen Burg. Regensburg: Pustet, 1996.
  6. Vgl. Bigott: Städtisches Patriziat, s. o., Anm. 3, S. 255.
  7. Schupp, Volker: Der Maltererteppich im Freiburger Augustinermuseum – eine Führung. In: Badische Heimat 3 (2008), S. 336-347. – Ders.: Nachträge zu den Iwein-Bildern des Maltererteppichs. In: Badische Heimat 4 (2009), S. 709-710. – Ders.: „Skriptoralisches“ zum Maltererteppich. In: Vielfalt des Deutschen. FS Werner Besch. Frankfurt: Lang, 1993, S. 149-158. – Wegner, Wolfgang: Die ‚Iwein’-Darstellungen des Maltererteppichs in Freiburg i. Br.: Überlegungen zu ihrer Deutung. In: Mediävistik 5 (1992), S. 187-196. – Bock, Sebastian; Lothar A. Böhler (Hrsg.): Bestandskataloge der weltlichen Ortsstiftungen der Stadt Freiburg i. Br. Bd. 5: Die Textilien. Rostock: Hinstorff, 2001, Nr. 17, S. 87-94. Maurer, Friedrich: Der Topos von den „Minnesklaven“. Zur Geschichte einer thematischen Gemeinschaft zwischen Bildender Kunst und Dichtung im Mittelalter. In: Ders.: Dichtung und Sprache des Mittelalters. Gesammelte Aufsätze. Bern, München: Francke, 1963, S. 182-206. – Becherer, Wolfram: Johann Malterer – ein Millionär des Mittelalter. In: Der neunzehnte Riegeler Almanach 2009, S. 19-23. – Schweitzer, Hermann: Die Bilderteppiche und Stickereien in der städtischen Altertümersammlung in Freiburg i. Br. In: Schauinsland 431 (1904), S. 50. – Eißengarthen, Jutta: Mittelalterliche Textilien aus Kloster Adelhausen im Augustinermuseum Freiburg, Freiburg, 1985.
  8. Hinsichtlich der beiden Namen „Johannes“ und „Anna“, die die neun Bildmedaillons umschließen, herrscht lediglich für Johannes eindeutige Klarheit. Da beiden Namen das Familienwappen der Malterer beigefügt ist, hält Waldschütz die Vermutung für unwahrscheinlich, dass es sich bei Anna um die Frau des Johannes handeln könnte, da in diesem Fall das Wappen ihrer eigenen Familie verwendet worden wäre. Ich danke Herrn Waldschütz für seine mündliche Auskunft. Seit Heinrich Maurer: Ein Freiburger Millionär des 14. Jahrhunderts und seine Nachkommen, in: Schau-ins-Land. Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland 34 (1907), S. 3-20, wird das Verwandtschaftsverhältnis Schwester-Bruder angenommen.
  9. Schupp, s. o., Anm. 7, S. 341.
  10. Ebd., S. 342 ff.
  11. http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/12Jh/Hartmann/har_iwe0.html
  12. Schupp (2009), s. o. Anm. 7.
  13. Wolfram von Eschenbach, Parzival, Verse 436, 4-10.
  14. Vizkelety, A.: Artikel „Einhorn“. In: Lexikon der Christlichen Ikonographie, Band 1, Sp. 590-593; hier: Sp. 590.
  15. In diesem Sinne argumentiert Konrad Benedikt Vollmann in einer schriftlichen Mitteilung an Volker Schupp. Ich danke Herrn Schupp, der mir dieses gewichtige Argument mitgeteilt hat.
  16. Die Begrifflichkeit wurde von Norbert H. Ott in die literaturwissenschaftliche Diskussion eingeführt. Ott, Norbert H.: Epische Stoffe in mittelalterlichen Bildzeugnissen. In: Epische Stoffe des Mittelalters. Hrsg. von Volker Mertens und Ulrich Müller. Stuttgart: Kröner, 1984, S. 449-474. – Ders. und Walliczek, Wolfgang: Bildprogramm und Textstruktur. Anmerkungen zu den ‚Iwein’-Zyklen auf Rodeneck und in Schmalkalden. In: Cormeau, Christoph (Hrsg.): Deutsche Literatur im Mittelalter. Kontakte und Perspektiven. Hugo Kuhn zum Gedenken. Stuttgart: Metzler, 1979, S. 473-500.
  17. Bigott: Die Damen Malterer, s. o. Anm. 3, S. 19.
  18. Bemerkenswerterweise hat Bigott den Inhalt der Szenen lediglich ganz allgemein auf „dominante Frauen“ reduziert, ohne die tatsächliche literarische Sprengkraft des ’Iwein‘ zu bemerken.Bemerkenswerterweise hat Bigott den Inhalt der Szenen lediglich ganz allgemein auf „dominante Frauen“ reduziert, ohne die tatsächliche literarische Sprengkraft des ’Iwein‘ zu bemerken.
  19. Norbert H. Ott: Höfische Literatur in Text und Bild: der literarische Horizont der Vintler. In: Schloss Runkelstein. Die Bilderburg. Bozen: Athesia, 2000, S. 311-330.
  20. http://www.runkelstein.info/images_big/triade_4x_en.html.

Quelle: http://oberrhein.hypotheses.org/462

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Eine Blase ist geplatzt: Der Aufruhr von 2011 (Teil 2) von Carlos Resmerk

Im ersten Teil dieses Beitrags wurde versucht, die sozialen Verwerfungen nachzuzeichnen, die der länderübergreifenden Protestdynamik von 2011 zugrunde liegen; mit besonderem Fokus auf jene „Jugend“, die mit den enttäuschten Verheißungen der „Wissensgesellschaft“ konfrontiert ist. Der zweite Teil betrachtet gegenwärtige Bewegungsformen … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/6810

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Aldine und die Pappe

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Der Einband eines Oktavs hat sich gänzlich vom Buchblock gelöst; die Lederstreifen der Bünde, mit deren Verlängerung der Block in den Deckel eingehängt war, sind im Lauf jahrhundertelanger Benutzung gebrochen. Klebereste im Vorderdeckel lassen Vorsätze vorne und hinten vermuten, die indes verloren gegangen sind. Das Werk enthält die Orationes des Kirchenvaters Gregor von Nazianz (um 329-390), gedruckt 1516 in Venedig in griechischen Lettern und in kleinem Format. Der Titel zeigt ein Emblem aus Anker und Delphin, flankiert von den Lettern AL und DVS: die Druckermarke des Aldus Manutius aus Venedig. Im Druckervermerk zeichnete Andrea Torresano (auch Andrea da Asola, 1451-1528), seit 1495 in der Druckerei tätig, „[...] et Andreae Soceri“.manutius.nazianz.1516.einband.rück

Der aus Bassiano nordwestlich von Rom stammende Aldus Manutius (1449 – 1515) hatte um 1490 mit der Einrichtung einer Werkstatt in Venedig eine Drucker- und Verlegerdynastie begründet, die im 16. Jahrhundert europaweit bekannt wurde. Aldus druckte als erster auf der Welt ab 1498 in griechischen Lettern. Seine Ausgaben der Klassiker, Aldinen genannt, waren bei den Humanisten in ganz Europa begehrt. Das große Interesse an seinen Aldinen bewog Aldus dazu, den Drucken aus seiner Werkstatt die oftmals lange Reise zu erleichtern: er widmete sich dem kleinen Format und ließ diesem entsprechende Typographien entwickeln. Der vorliegende Druck zeigt winzige griechische Lettern, ist gleichwohl hervorragend lesbar und von bemerkenswerter Eleganz im Satz.

Die kleinformatigen, für die Reise vorgesehenen Aldinen waren auch nicht mehr in die im 15. Jahrhundert bevorzugten gewichtigen Holzdeckel eingebunden, sondern in solche aus Pappe; das machte sie nicht nur handlicher, sondern war auch neu. Unser aus den Lederbändern gefallenes Exemplar zeigt, wie diese Pappe aussah. Sie bestand in fest verleimten und gepressten Lagen aus Makulatur, Fragmenten aus den Resten verschiedener Druckproduktionen. Pappe wird heute noch genauso hergestellt: aus Papier- und Zellulosemakulatur werden Vliese gewonnen, die feucht zusammengepresst zur Pappe werden; die Aldinen des 16. Jahrhunderts sind jahrhundertealte Wegweiser ins Recycling.

Wohin die Reise unseres Drucks führte, lassen die Besitzereinträge auf dem Titel vermuten: nach England. Matth[ew] Hutton (1529–1606), Erzbischof von York von 1595 bis 1606, war vielleicht ein erster Besitzer, der seinen Namen über Aldus’ Anker schrieb. Der Erzbischof hatte, anders als sein gleichnamiger und erheblich jüngerer Kollege in Canterbury (1693-1758), einen ältesten Sohn namens Timothy (1569-1629), und der dürfte sich unten auf dem Titel in in der erkennbar jüngeren Hand als „Timo Hutton“ verewigt haben. Der weitere Weg unserer Aldine ist unbekannt; womöglich enthielten die verloren gegangenen Vorsätze Hinweise auf die Stationen ihrer Wanderung in die Bibliothek des Christianeums (Sign. M 192/16). Der kleine Vermerk oben am Rand des Titels, datiert 1592, könnte einen ersten Schritt weisen.

Druck

Gregori Nazanzeni Theologi Orationes Lectissimae XVI. Venetiis: Aldus; Andreas Socer, 1516

Links und Literatur

Universitätsbibliothek Basel: Divi Gregorii Theologi, Episcopi Nazianzeni Opera […]

Staatsbibliothek zu Berlin: Die Aldinen

Im Zeichen von Anker und Delphin. Die Aldinen-Sammlung der Staatsbibliothek zu Berlin, Leipzig 2005

Quelle: http://histgymbib.hypotheses.org/408

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Lesezeichen

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Das aus einem hektographierten Blatt herausgerissene Lesezeichen hat bei Papier des frühen 19. Jahrhunderts einen Schaden verursacht: Säurefraß. Der Schaden erstreckt sich auf beide anliegenden Seiten sowie auf ein in einem größeren Format dahinter eingebundenes weiteres Manuskript, am oberen Bildrand erkennbar.

Die Abbildung der Schäden zeigt Seiten aus einem der zahlreichen Bände handschriftlicher Vorträge des “Altonaer Wissenschaftlichen Primanervereins Klio”, gegründet 1828. Primanervereine waren en vogue, die Schüler der Selecta des Altonaer Gymnasiums Christianeum (gegründet 1738) folgten dem Vorbild der studentischen Burschenschaften. “Klio” existierte bis 1935; dann löste sich der Verein angesichts der Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten auf. Die gesamte Hinterlassenschaft des Vereins, neben den handschriftlichen Abhandlungen auch Satzung, Kassenbücher, Mitgliederlisten etc sowie die kleine Vereinsbibliothek, wurde dem Gymnasium übereignet und befindet sich noch heute dort im Archiv.

Die Abhandlung, mit dem Titel beginnend auf der rechten Seite, stammt von der Hand J[ohannes]. Mommsens, besser bekannt unter seinem weiteren Vornamen Tycho. Tycho (1819-1900) und sein älterer Bruder Theodor (1817-1903) waren Schüler des Chistianeums und Mitglieder des Primanervereins; sie haben in den späten 1830er Jahren zahlreiche Aufsätze in den Klio-Bänden hinterlassen. Tychos Abhandlung aus dem Jahr 1836 hat im Titel die Frage: “In welchem Verhältniße stehen unter einander politische Verbindungen, in welchem religöse?”

Der Schaden wird datierbar durch ein weiteres Lesezeichen, das an einer anderen Stelle weiter hinten im selben Band einen nahezu identischen Säurefleck verursachte, wiederum eine Abhandlung Tycho Mommsens, diesmal vom 4. November 1837, betitelt: “Unser Verein ein Staat”.

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Ich vernachlässige nun allerdings die Inhalte der beiden Aufsätze; dass die jugendlichen Ideen durchaus politische Bewegung zeigen, mag aus den Titeln bereits deutlich werden. Mich interessiert vorerst das weitere Lesezeichen. Es passt in seinem Abriss genau in das erste, und es enthält ein Datum: 1963. Jemand hat sich nach 1963 ein mit dem Spiritusdrucker vervielfältigtes Blatt mit Hinweisen auf eine Publikation im “Neuen Deutschland” zur Jugend in der DDR, das er nicht mehr benötigte, zerschnitten und die Teile nochmals durchgerissen, um die Makulatur als Findehilfe zu verwenden.

Der Schaden wird 2014 entdeckt: die beiden Lesezeichen lagen exakt und unberührt in den durch die Säuerung stark gebräunten Umrissen. Die Lesezeichen werden entfernt, gesondert gesichert und nur fürs Foto nochmal hingelegt. Wann kamen sie dahin und wer hat sie hineingetan?

1967 feierte das Christianeum den 150. Geburtstag des Literaturnobelpreisträgers Theodor Mommsen. Der Festakt im Christianeum am 30. November wurde in einem Heft publiziert: “Theodor Mommsen. 1817-1967″, besorgt von Hans Haupt, Bibliothekar und Archivar des Christianeums von 1947 bis 1976. Im Anhang abgedruckt eine “Rede Theodor Mommsens am Stiftungsfeste des a. w. V. d. 15. Nov. 1837″, betitelt: “Der Altonaer Wissenschaftliche Verein – ein Staat?” Brüder arbeiten zusammen; Archivare haben herauszusuchen.

Im Jahr 2003 fand im Christianeum erneut eine Gedenkveranstaltung statt:  “Theodor Mommsen 1817-1903″,  diesmal zum100. Todestag des berühmten Eleven von einst. Wäre der Band mit den Lesezeichen vor oder in diesem Jahr konsultiert worden, hätten wir 2014 verrutsche oder gar keine Blättchen mehr darin vorgefunden; als ebenso unwahrscheinlich anzunehmen ist die Verwendung von 40 Jahre alten Zetteln als Lesezeichen Anfang der 2000er Jahre.

Wir können damit zumindest die Arbeitshypothese aufstellen, dass die Lesezeichen zwischen 1963 und 1967 in den Handschriftenband eingelegt wurden und im Lauf des folgenden halben Jahrhunderts die alten, noch geschöpften Papiere des frühen 19. Jahrhunderts durch ihren Säuregehalt angefressen haben. Die Frage nach Brüderlichkeiten im Verein, ihrem Staat, bleibt davon indes unberührt und kann in den Quellen erforscht werden, die sich nach wie vor im Archiv des Christianeums befinden.

Literatur

Niels Hansen, 100 Jahre Altonaer Wissenschaftlicher Primaner-Verein Klio. Hammerich & Lesser, Altona 1928

ders., Die Schülervereine des Christianeums. In: Heinz Schröder (Hrsg.), 200 Jahre Christianeum zu Altona 1738-1938. Hamburg 1938; S. 109-121

Gudrun Wolfschmidt (Hrsg.), Hamburgs Geschichte einmal anders. Nuncius Hamburgensis. Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften. Hamburg 2009; S. 47

Theodor Mommsen. 1817-1967. Der Festakt am 30. November 1967 im Christianeum. Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde des Christianeums mit der Vereinigung ehemaliger Christianeer. 24. Jahrgang, Heft 1, Hamburg Februar 1968

Ulf Andersen, Zum 100. Todestag Theodor Mommsens. In: Christianeum, Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde des Christianeums in Verbindung mit der Vereinigung ehemaliger Christianeer. 58. Jahrgang, Heft 2, Hamburg Dezember 2003; S. 3-9

Fotos: Archiv des Christianeums

 

Quelle: http://histgymbib.hypotheses.org/373

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