Buchschuhe für die Handschriften

Ein Schmuckstück nicht nur des Archivs sondern auch des ganzen Schottenstifts ist das Handschriftenarchiv, jener Raum, in dem unter anderem die Handschriftensammlung aufgestellt ist. Besondere Bewunderung ruft immer wieder die Ästhetik der Bücherwände hervor. Unsere Handschriften und Inkunabeln verfügen weitestgehend noch über ihre mittelalterlichen Einbände und sind unverpackt aufgestellt. Dies bringt aber auch Probleme mit sich, denn die meisten Einbände der aus Platzgründen dicht gedrängten Bücher sind mit Metallbeschlägen versehen, weshalb es beim Ausheben in der Vergangenheit immer wieder zu kleineren Beschädigungen an benachbarten Büchern und dem Holz der Regalböden kam.

Als sowohl die konservatorischen wie auch die ästhetischen Bedürfnisse bedienende Maßnahme wurde nun die Aufstellung der Bücher in Buchschuhen vorgenommen. Im Gegensatz zu Schubern (oder gar Schachteln), die eine markante optische Veränderung mit sich gebracht hätten, sind Buchschuhe nicht nur vorne sondern auch oben offen und zudem aus einem dünneren säurefreien Archivkarton gefertigt. Dadurch können die Einbanddeckel der Bücher nicht mehr aneinander reiben, bei geschickter Bemessung sind die Buchschuhe zugleich aber kaum sichtbar.    

HsA_Buchschuhe_2
Ein Regalbrett, zwei Blickwinkel: Von vorne sind die Buchschuhe sichtbar, von der Seite nicht.

[...]

Quelle: https://schotten.hypotheses.org/1002

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Buchschuhe für die Handschriften

Ein Schmuckstück nicht nur des Archivs sondern auch des ganzen Schottenstifts ist das Handschriftenarchiv, jener Raum, in dem unter anderem die Handschriftensammlung aufgestellt ist. Besondere Bewunderung ruft immer wieder die Ästhetik der Bücherwände hervor. Unsere Handschriften und Inkunabeln verfügen weitestgehend noch über ihre mittelalterlichen Einbände und sind unverpackt aufgestellt. Dies bringt aber auch Probleme mit sich, denn die meisten Einbände der aus Platzgründen dicht gedrängten Bücher sind mit Metallbeschlägen versehen, weshalb es beim Ausheben in der Vergangenheit immer wieder zu kleineren Beschädigungen an benachbarten Büchern und dem Holz der Regalböden kam.

Als sowohl die konservatorischen wie auch die ästhetischen Bedürfnisse bedienende Maßnahme wurde nun die Aufstellung der Bücher in Buchschuhen vorgenommen. Im Gegensatz zu Schubern (oder gar Schachteln), die eine markante optische Veränderung mit sich gebracht hätten, sind Buchschuhe nicht nur vorne sondern auch oben offen und zudem aus einem dünneren säurefreien Archivkarton gefertigt. Dadurch können die Einbanddeckel der Bücher nicht mehr aneinander reiben, bei geschickter Bemessung sind die Buchschuhe zugleich aber kaum sichtbar.    

HsA_Buchschuhe_2
Ein Regalbrett, zwei Blickwinkel: Von vorne sind die Buchschuhe sichtbar, von der Seite nicht.

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Quelle: https://schotten.hypotheses.org/1002

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„WJl dw roʃlein varb ʃchreib‾(e)n od^(er) floriren ʃo nim d^(er) var= be als dw wilt vn‾(n)d reib ʃij auff aine‾(n) raine‾(n) ʃtain“

Mit diesen Worten beginnt das erste vollständige Rezept im sogenannten „Amberger Malerbüchlein“. Aus geschichtswissenschaftlicher Sicht fällt es schwer aus den verwendeten Zeichen und Schreibweisen heraus größeren Nutzen zu ziehen. Man ist eher auf die Erwähnung bestimmter Zutaten, Ereignisse, Personen oder Ähnlichem fokussiert.

Hier liegt die Chance einer sprachwissenschaftlichen, beziehungsweise sprachgeschichtlichen Untersuchung. Anhand von Buchstabenbefund, Wortwahl, Morphologie und anderer Kriterien lässt sich ein recht gutes Bild davon entwerfen, wann und wo ein Text entstanden ist. Im Fall dieses ersten Satzes ist es beispielsweise beachtenswert, dass der Schreiber verschiedene „ei“-Schreibungen nutzte. Eine Entstehung im bairischen Sprachraum lässt sich bereits hier feststellen. Dies verdeutlicht, dass die Voraussetzung für eine fruchtbare Arbeit mit mittelalterlichen Handschriften eine Transkription sein muss, die idealerweise auch sprachgeschichtlichen Ansprüchen genügt, also Dinge wie verschiedene Schreibungen desselben Lautes aufschlüsselt.



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Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/9721

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Eine frühneuzeitliche Abschrift von Otfrids Evangelienbuch

Derzeit im Museum im Schottenstift ausgestellt ist eine frühneuzeitliche Abschrift des Evangelienbuchs des Otfrid von Weißenburg aus der Handschriftensammlung des Schottenstifts.

Das aus dem 9. Jh. stammende althochdeutsche Bibelepos, im südrheinfränkischen Dialekt geschrieben, gilt als das erste Werk in deutscher Sprache, das den Endreim anstelle des Stabreims verwendete – und damit eine über Jahrhunderte andauernde Formtradition begründete. Es handelt sich dabei um eine Evangelien­harmonie, also einen die vier Evangelien zusammenfassenden Text.    

Die vorliegende Abschrift wurde 1560 von Achill Pirmin Gasser (1505–1577) nach einer um 870 in Weißenburg (heute Wissembourg im Elsass) entstandenen Originalhandschrift angefertigt, die sich einst in der Bibliothek des Ulrich Fugger (1526–1584) in Augsburg befand. Auftraggeber war der Drucker Matthias Flacius Illyricus (1520–1575), der sie für seine berühmte, 1571 erschienene Edition des Evangelienbuchs benutzte und dessen autographe Druckanweisungen sich auch darin finden. Im 19. Jh. wurde der Codex von P. Berthold Sengschmitt (1801–1852) für das Schottenstift erworben.1

Cod. 733 (Hübl 605), fol. 110v/111r
Cod. 733 (Hübl 605), fol. 110v/111r

Die Originalhandschrift ging nach dem Tod des Ulrich Fugger in den Besitz der Bibliotheca Palatina über und befindet sich heute in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. lat. 52). Erfreulicherweise wurde sie dort vor einiger Zeit digitalisiert, weshalb sich hier nun die einmalige Möglichkeit bietet, zumindest eine Doppelseite von Original und Abschrift nebeneinander zu betrachten.

Cod. Pal. lat. 52, fol. 125v/126r
Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. lat. 52, fol. 125v/126r
Bei dieser Abbildung handelt es sich um eine modifizierte Version zweier Einzelabbildungen (fol. 125v und fol. 126r) der Universitätsbibliothek Heidelberg (Lizenz: CC BY-SA).

Auch im Museum ist eine Vergleichsabbildung zu sehen. Zudem kann man mittels in der Vitrine angebrachtem QR-Code das Digitalisat des Originals direkt am eigenen Smartphone oder Tablet betrachten.

Museum im Schottenstift
Die Abschrift des Evangelienbuchs ist von Februar bis Mai 2015 im Museum im Schottenstift ausgestellt.

 

Dieser Beitrag wurde am 16. Februar 2015 aktualisiert.

  1. Nähere Informationen zu unserem Cod. 733 (Hübl 605) finden sich in: Martina Hartmann: Humanismus und Kirchenkritik. Matthias Flacius Illyricus als Erforscher des Mittelalters (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 19, Stuttgart 2001); Norbert Kössinger: Otfrids ‚Evangelienbuch‘ in der frühen Neuzeit. Studien zu den Anfängen der deutschen Philologie (Frühe Neuzeit 135, Tübingen 2009).

Quelle: http://schotten.hypotheses.org/622

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Eine frühneuzeitliche Abschrift von Otfrids Evangelienbuch

Derzeit im Museum im Schottenstift ausgestellt ist eine frühneuzeitliche Abschrift des Evangelienbuchs des Otfrid von Weißenburg aus der Handschriftensammlung des Schottenstifts.

Das aus dem 9. Jh. stammende althochdeutsche Bibelepos, im südrheinfränkischen Dialekt geschrieben, gilt als das erste Werk in deutscher Sprache, das den Endreim anstelle des Stabreims verwendete – und damit eine über Jahrhunderte andauernde Formtradition begründete. Es handelt sich dabei um eine Evangelien­harmonie, also einen die vier Evangelien zusammenfassenden Text.    

Die vorliegende Abschrift wurde 1560 von Achill Pirmin Gasser (1505–1577) nach einer um 870 in Weißenburg (heute Wissembourg im Elsass) entstandenen Originalhandschrift angefertigt, die sich einst in der Bibliothek des Ulrich Fugger (1526–1584) in Augsburg befand. Auftraggeber war der Drucker Matthias Flacius Illyricus (1520–1575), der sie für seine berühmte, 1571 erschienene Edition des Evangelienbuchs benutzte und dessen autographe Druckanweisungen sich auch darin finden. Im 19. Jh. wurde der Codex von P. Berthold Sengschmitt (1801–1852) für das Schottenstift erworben.1

Cod. 733 (Hübl 605), fol. 110v/111r
Cod. 733 (Hübl 605), fol. 110v/111r

Die Originalhandschrift ging nach dem Tod des Ulrich Fugger in den Besitz der Bibliotheca Palatina über und befindet sich heute in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. lat. 52). Erfreulicherweise wurde sie dort vor einiger Zeit digitalisiert, weshalb sich hier nun die einmalige Möglichkeit bietet, zumindest eine Doppelseite von Original und Abschrift nebeneinander zu betrachten.

Cod. Pal. lat. 52, fol. 125v/126r
Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. lat. 52, fol. 125v/126r
Bei dieser Abbildung handelt es sich um eine modifizierte Version zweier Einzelabbildungen (fol. 125v und fol. 126r) der Universitätsbibliothek Heidelberg (Lizenz: CC BY-SA).

Auch im Museum ist eine Vergleichsabbildung zu sehen. Zudem kann man mittels in der Vitrine angebrachtem QR-Code das Digitalisat des Originals direkt am eigenen Smartphone oder Tablet betrachten.

Museum im Schottenstift
Die Abschrift des Evangelienbuchs ist von Februar bis Mai 2015 im Museum im Schottenstift ausgestellt.

 

Dieser Beitrag wurde am 16. Februar 2015 aktualisiert.

  1. Nähere Informationen zu unserem Cod. 733 (Hübl 605) finden sich in: Martina Hartmann: Humanismus und Kirchenkritik. Matthias Flacius Illyricus als Erforscher des Mittelalters (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 19, Stuttgart 2001); Norbert Kössinger: Otfrids ‚Evangelienbuch‘ in der frühen Neuzeit. Studien zu den Anfängen der deutschen Philologie (Frühe Neuzeit 135, Tübingen 2009).

Quelle: http://schotten.hypotheses.org/622

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Maschinen und Manuskripte II – Verlängerung Deadline

Die Frist für Postereinreichungen zur Tagcfpung “Möglichkeiten der automatische Mustererkennung und Analyse historischer Dokumente” ist um zwei Wochen auf den 30. November 2014 verlängert worden.

Unter den behandelten Aspekten befinden sich vor allem Methoden der automatischen Mustererkennung, mit besonderem Augenmerk auf Verfahren der Merkmalsextraktion, aber auch andere informationstechnische Strategien für die Analyse von Bilddigitalisaten. Verfahren zur Visualisierung von gewonnenen Daten werden ebenfalls eine Rolle spielen.

An der Poster-Sektion können sich Nachwuchswissenschaftler beteiligen, die mit Verfahren zur Analyse und Auswertung von Handschriftendigitalisaten oder anderen digitalen Sammlungen arbeiten.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4266

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Restaurierungen im Archiv

Das Museum im Schottenstift beschäftigt sich anlässlich der heurigen Langen Nacht der Museen mit dem Erhaltungsauftrag, den historische Sammlungen eines Klosters mit sich bringen. Gezeigt werden Objekte, die nach einer Restaurierung in neuem Glanz erstrahlen, ebenso wie solche, die aufgrund ihres aktuellen Zustands noch restaurierungswürdig sind. Auch das Archiv liefert hierzu einige Exponate. Um 21.00 Uhr gibt es zu diesem Thema außerdem ein Gespräch mit P. Augustinus Zeman, dem Stiftsbibliothekar und Kustos der Kunstsammlungen.

Erste Assoziation vieler, wenn es um Restaurierungen im Archiv geht, ist Schimmel. Die klimatischen Bedingungen in den Archivräumen des Schottenstifts sind zwar gut, doch kann das allein nicht immer einen Mikroorganismenbefall verhindern. Manchmal liegt die Infizierung mit Schimmel bereits Jahre und Jahrzehnte zurück, bleibt aber lange Zeit unentdeckt, da das entsprechende Stück nicht benötigt und daher nicht gesichtet wird. Mitunter lässt sich nachvollziehen, dass ein Befall durch ein einzelnes Objekt von außen hereingetragen wurde. Aber auch eine durch die Tinte bedingte Zersetzung des Papiers (der sogenannte Tintenfraß) kann eine Gefahr für Archivalien und Bücher darstellen. Weitaus häufiger ist es – zumindest im Fall des Schottenstifts – jedoch die mechanische Abnützung von Gegenständen (zum Beispiel von Bucheinbänden), die zur Notwendigkeit einer Restaurierung führt.

Die Bestandserhaltung und die Veranlassung von Restaurierungen gehören zu den maßgeblichen Aufgaben eines Archivs, um Objekte für die Zukunft zu bewahren. Anders als manche große Institutionen verfügt das Schottenstift aber nicht über eine eigene Restaurierwerkstatt, sodass Restaurierungen außer Haus in Auftrag gegeben werden.

Hier zu sehen sind drei Beispiele von Objekten, die in der jüngsten Vergangenheit restauriert wurden. Im Museum sind derzeit zum Teil andere Objekte ausgestellt.

Diese Urkunde aus dem Jahr 1499 wies eine Substanz auf der Oberfläche, eine Fehlstelle und einen Riss auf; sie teilte sich außerdem den Umschlag mit einer anderen Urkunde, auf der Schimmel entdeckt worden war (und die natürlich auch restauriert wurde). Die Urkunde erhielt durch Restauratorin Tanja Gasser (Wien) eine Schimmelbehandlung und Trockenreinigung, außerdem wurden die Fehlstelle und der Riss mit Papierbrei und Japanpapier ergänzt und hinterklebt sowie die Urkunde geglättet.

Urk 1499-02-15
Magister Martin Jag, Dechant zu St. Stephan, und mehrere Wiener Ratsherren und Bürger entscheiden über die Ansprüche des Johannes Falk, gewesenen kaiserlichen Sektretärs, an die Verlassenschaft des seeligen Magister Bernhard Perger, Wiener Stadtanwalts, dessen Witwe Christina Falk geehelicht hatte (Wien, 15. Februar 1499)
Vorher – Nachher

Bei dieser im Schottenstift geschriebenen Handschrift war unter anderem der Vorderdeckel mitsamt der ersten Buchlage abgefallen. Die Restaurierung des Buches führte die Restauratorin Patricia Engel (damals Horn, jetzt Krems) durch.

Cod. 72 (Hübl 174)
Sammelhandschrift mit theologischen Texten (15. Jahrhundert)
Vorher

Cod. 72 (Hübl 174)
Nachher

Der Vorderdeckel dieser Handschrift war locker, die erste Lage des Buchblocks lose, der Hinterdeckel sogar in zwei Hälften gebrochen, der Einband wies deutliche Fehlstellen auf. Im Zuge der Restaurierung durch die Restauratorin Bettina Dräxler (Wien) wurden zusätzlich zu den offensichtlichen Maßnahmen zur besseren Standfestigkeit auch die Buchschließen erneuert.

Cod. 78 (Hübl 78)
Dominicus de Sancto Geminiano: Lectura super Sextum decretalium pars prima (erste Hälfte 15. Jahrhundert)
Vorher

Cod. 78 (Hübl 78)
Nachher

Die Lange Nacht der Museen startet am morgigen Samstag, 4. Oktober 2014, um 18.00 Uhr und geht bis 1.00 Uhr. Allgemeine Informationen dazu finden sich auf der Webseite des ORF. Der Zugang zum Museum im Schottenstift erfolgt über den Klosterladen (Freyung 6, 1010 Wien), wo auch das Gesamtticket für alle anderen teilnehmenden Museen erworben werden kann. Die Objekte des Archivs werden darüber hinaus noch bis Jahresende im Museum zu sehen sein.

Quelle: http://schotten.hypotheses.org/447

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Abt Martin von Leibitz

Anlässlich des 550. Todestags von Abt Martin von Leibitz am 28. Juli 2014 beschäftigt sich derzeit eine dreimonatige Kleinausstellung im Museum im Schottenstift mit dieser bedeutenden Persönlichkeit.

Martin entstammte einer deutschsprachigen Familie aus der Zips, wo er um 1400 im heutigen Ľubica (Slowakei) geboren wurde. Nach dem Studium an der Universität Wien wurde er zunächst Mönch in Subiaco, trat dann aber noch vor 1431 in das Wiener Schottenstift ein. Von 1446 bis 1460/1461 war er hier Abt. Eine ausführlichere Biographie findet sich im Wikipedia-Artikel „Martin von Leibitz“.

1435 wurde Martin von Leibitz zum Prior des Schottenstifts ernannt. Im gleichen Jahr, am 30. Dezember 1435, erwählten die Konventualen des Schottenstifts in Abwesenheit ihres Abtes Johannes von Ochsenhausen, der sich am Konzil von Basel befand, ihren Prior Martin zu ihrem Bevollmächtigten im Streit mit dem Regensburger Schottenkloster St. Jakob, das immer noch Ansprüche auf das Wiener Kloster geltend machen wollte.

Urk 1435-12-30

Urk 1435-12-30

Diese Urkunde ziert ein sehr schönes Exemplar des Konventsiegels des Schottenstifts.

Urk 1435-12-30 - Siegel

Urk 1435-12-30: Konventsiegel

Wenige Jahre nach der Abtwahl Martins im Jahr 1446 bestätigte der Wiener Jurist Johannes Poltzmacher, Propst zu Brünn und Kanonikus zu Olmütz, in einer Urkunde vom 2. August 1449, dass, während er selbst Koadjutor des Propstes zu St. Stephan in Wien gewesen war, auf sein Ansuchen hin der Schottenabt Martin bisweilen an den höchsten Festen bei St. Stephan pontifiziert (mit Stab und Mitra das Hochamt zelebriert) habe, dass Martin hierzu jedoch keineswegs verpflichtet werden könne.

Urk 1449-08-02

Urk 1449-08-02

Auf Initiative des päpstlichen Legaten Kardinal Nikolaus von Kues visitierte Martin von Leibitz als Vertreter der Melker Reform gemeinsam mit Abt Laurenz Gruber von Klein-Mariazell und dem Melker Professen Johannes Schlitpacher 1451 bis 1452 die Benediktinerklöster der Salzburger Kirchenprovinz.
Die hier zu sehende Sammelhandschrift (Cod. 297 (Hübl 237)) enthält zahlreiche Abschriften von Briefen, die im Zusammenhang mit dieser großen Visitationsreise stehen, so etwa Briefe des Johannes Schlitpacher und des Nikolaus von Kues an Abt Martin und seine Mitvisitatoren.

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Cod. 297 (Hübl 237) fol. 141v/142r

Als Abt trieb Martin von Leibitz durch den intensiven Austausch mit der Wiener Universität und dem Stift Melk außerdem den wissenschaftlichen Aufschwung des Schottenstifts voran. Zu diesem Zweck ließ er auch die Stiftsbibliothek ausbauen.
Laut Vermerk wurde dieser 1456 geschriebene deutschsprachige Codex (Cod. 51 (Hübl 212)), der eine Belehrung für Kleriker und Novizen enthält, von Abt Martin zu Ostern 1457 für das Schottenstift angeschafft.

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Cod. 51 (Hübl 212) fol. 1r

Auf dem hier zu sehenden Blatt befinden sich außerdem auch nachträgliche Vermerke zu den Abtweihen bei den Schotten. Als Vorsatzblätter dienen Fragmente eines Antiphonars des 14. Jahrhunderts.

Auch diese Handschrift (Cod. 354 (Hübl 354)) mit den beiden Texten „De passione Christi“ und „Ex vitis patrum“ wurde von Abt Martin für das Schottenstift erworben.

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Cod. 354 (Hübl 354) fol. 1v/2r

Ärgerlicherweise findet sich heute keines von Martins von Leibitz zahlreichen eigenen Werken in der Handschriftensammlung des Schottenstifts. Überliefert sind sie unter anderem in Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek, des Stiftes Melk und des Stiftes St. Peter in Salzburg, wobei manche dieser Codices ursprünglich aus den Beständen der Schotten stammen.
Immerhin wird aber noch eine Sammelhandschrift mit theologischen Texten (Cod. 217 (Hübl 68)) verwahrt, die großteils von Martin selbst im Schottenstift geschrieben wurde.

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Cod. 217 (Hübl 68) fol. 1r

Ende 1460 oder Anfang 1461 resignierte Martin von Leibitz aus unbekannten Gründen als Abt, bis zu seinem Tod war er nur noch schriftstellerisch tätig. Seine Bedeutung wird nicht zuletzt auch anhand der Rezeption seiner Werke deutlich; zu nennen sind etwa „Österreichische Selbstzeugnisse des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (1400–1650)“ von Harald Tersch sowie „Klosterleben im Mittelalter“ von Johannes Bühler, die beide Abschnitte über das „Senatorium“ Martins enthalten.

Literatur zu Martin von Leibitz

Harald Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (1400–1650). Eine Darstellung in Einzelbeiträgen (Wien/Köln/Weimar 1998).
Johannes Bühler: Klosterleben im Mittelalter (Frankfurt am Main/Leipzig 1989, 1. Aufl. 1923).

Eine im Schottenstift in den 1460er-Jahren geschriebene Sammelhandschrift mit monastischen Texten (Cod. 312 (Hübl 405)) enthält unter anderem ein Nekrolog der verstorbenen Mönche des Stiftes seit 1418. Auf fol. 100r Zeile 4ff. ist vermerkt, dass Abt Martin von Leibitz (de Ungaria de Cypczsch) am Gedenktag der Heiligen und Märtyrer Nazarius, Celsus, Victor und Innozenz im Jahr 1464 verstorben ist, am 28. Juli 1464.

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Cod. 312 (Hübl 405)) fol. 100r

Ausstellung Martin von Leibitz

Die Kleinausstellung zu Martin von Leibitz ist von Anfang Juli 2014 bis Ende September 2014 im Museum im Schottenstift zu besichtigen.

 

Die ursprünglich etwas kürzere Fassung dieses Artikels erschien in mehreren Teilen zwischen 3. und 28. Juli 2014 auf der Facebook-Seite des Archivs.

Quelle: http://schotten.hypotheses.org/369

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Die älteste erhaltene ungarische Evangelienübersetzung von 1466 digital zugänglich – Hussitenbibel mit Kalender

 

Cod.hung.1.4Der „Münchener Kodex“ ist das Kernstück der ungarischen Handschriftensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek (Cod.hung. 1) und zugleich das sprachhistorische Denkmal der Ungarn-Forschung. Ab sofort ist er nicht nur in der Ausgabe von Szabó T. Ádám (BSB-Bestand: Hbh/Dp 3501[2), sondern auch im digitalen Faksimile der akademischen Welt frei über das Internet zugänglich. Das älteste Evangeliar in ungarischer Sprache (1466) ist Teil der sogenannten „Hussitenbibel“. Es gibt lediglich zwei weitere ungarische Codices, die zur Hussitenbibel gezählt werden – den Apor-Kodex (Übersetzung von 150 Psalmen – im Besitz des Szekler Nationalmuseums in Sfântu Gheorghe) und den Wiener Kodex (Auszüge aus dem Alten Testament - mittlerweile im Besitz der Széchényi-Nationalbibliothek).Cod.hung.1.2Die Geschichte der ungarischen Bibelübersetzung sowie die verschlungenen Wege, auf denen das Evangeliar und der Kalender ihre Wege in die Bayerische Staatsbibliothek gefunden haben, sind bemerkenswert. Wer würde vermuten, dass die älteste erhaltene zusammenhängende Bibelübersetzung auf Ungarisch jenseits der Grenzen des historischen Ungarn angefertigt wurde - im liberalen Fürstentum Moldau in dem Städtchen Târgu Trotuș (ungar. Tatros), wo die geflohenen Hussiten Asyl gefunden hatten - und dass im Kolophon der Sohn Hensel Emres (Emerichs) Németi György (Georg möglicherweise aus einem Ort namens Németi, eine Ortschaft mit Bezug zu deutschen Siedlern) als Schreiber genannt ist? Als Übersetzer der ungarischen Hussitenbibel gelten unter den meisten Forschern Valentinus de Ilok (ungar. Újlaki Bálint) und Thomas de Quinque-Ecclesiis (ungar. Pécsi Tamás), die in den Jahren 1399 bzw. 1411 an der Prager Universität immatrikuliert waren. Sie sollen später als Priester in Kemenitz (ungar. Kamanc, serb. Sremska Kamenica) in Syrmien gewirkt haben, einem Gebiet zwischen dem heutigen Kroatien und Serbien, zwischen den Flüssen Donau, Save und Drau, und in den Jahren 1438-1439 infolge der Inquisition in das Fürstentum Moldau geflohen sein. Die kirchenpolitischen Reformen des Jan Hus waren also bis tief nach Südost- und Osteuropa spürbar.

Cod.hung.1.1Der Kalender für die Jahre 1416-1435 und das Evangeliar wurden erst im Besitz des berühmten Diplomaten, Orientalisten und Humanisten Johann Albrecht Widmanstetter (1506-1557) zusammengebunden und kamen 1558, im Jahr der Gründung der Hofbibliothek nach München. Es gibt keine eindeutigen Nachweise wie der Kalender und das Evangeliar in den Bestand Widmanstetters gelangten. Eine Theorie besagt, dass Widmanstetter den Codex vom französischen Orientalisten Guillaume Postel erhalten hat. Dieser hielt sich in den Jahren 1553-1554  zur gleichen Zeit wie Widmanstetter in Wien auf und hatte zuvor ausgedehnte Forschungsreisen mit einem Halt in dem Städtchen Târgu Trotuș unternommen. Die andere Theorie stützt sich auf die Orthographie: Genau wie in der Bibelübersetzung tauchen die orthographischen Neuerungen auch in der Druckerei des späteren Palatins Tamás Nádasdy auf. Für diese könnte das Evangeliar die Vorlage gewesen sein. Auch in privaten Briefen wandte Nádasdy die neue Orthographie an. Am Wiener Hof, an dem Widmanstetter von 1552-1556 wirkte, könnte die Übergabe bzw. Schenkung stattgefunden haben.

Cod.hung.1.3Im letzten September hat eine ungarische Studiengruppe von der ELTE die Bayerische Staatsbibliothek besucht und den Münchener Kodex begutachtet sowie die Digitalisierung dieser Handschrift gewünscht. Nicht zuletzt diesem Wunsch ist die BSB nachgekommen und hat einen weiteren Schritt in der digitalen Aufbereitung ihrer wertvollen Handschriften getan.

 

 Weiterführende Literatur (Auswahl):

  • Szabó,T. Ádám: Der Münchener Kodex (1466) als ungarisches Sprachdenkmal. In: Annales Universitatis Scientiarum Budapestinensis de Rolando Eötvös nomi-natae. Sectio linguistica 17 (1986), S. 3-36 [BSB-Bestand: Z 70.1768-16/17]

Richard Holzberger

 

 

Quelle: http://ostbib.hypotheses.org/482

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Gaben aus dem Kloster – die Briefe der Lüner Benediktinerinnen (1460-1550)

Abstract zum gleichnamigen Vortrag bei “What is a Letter? An interdisciplinary approach”  (Symposion 2-4 Juli 2014, Oxford) Gegenstand der Präsentation ist das bisher nicht edierte Briefbuch des Benediktinerinnenkonvents Lüne (bei Lüneburg), das einen Großteil der schriftlichen Kommunikation der Schwestern aus der Zeit zwischen 1460 und 1550 abbildet. In drei Handschriften finden sich ca. 1800 Abschriften von Briefen oder Brieffragmenten, teilweise in lateinischer, teilweise in niederdeutscher Sprache verfasst. Diese umfangreiche Sammlung weist im Vergleich zu Briefbüchern ähnlicher Provenienz einige Besonderheiten auf: Zum einen lassen sich […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7332

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