Ein Fest für wen? Erinnern an den Krieg in Russland

“…der stumme Streit zwischen dem siegreichen Volk und dem siegreichen Staat setzte sich fort. Von diesem Streit hing das Schicksal des Menschen, seine Freiheit ab”, schrieb Wassilij Grossmann in seinem Roman “Leben und Schicksal” und meinte damit, dass der Sieg über das nationalsozialistische Deutschland nicht dank, sondern trotz Stalins Führung gewonnen wurde. Grossmanns Satz gilt auch für die heutige Erinnerungskultur an den Zweiten Weltkrieg in Russland. Am 9. Mai wird am Roten Platz in Moskau eine Militärparade abgehalten, um dem Sieg im Großen Vaterländischen Krieg zu gedenken. Diese Form der Erinnerung an den Krieg, die sich allein auf den Sieg konzentriert, mag im 21. Jahrhundert anachronistisch erscheinen. Es stellt sich die Frage, warum im Gedenken an diesen Krieg, in dem die Völker der Sowjetunion unfassbare Menschenverluste erlitten, vorrangig das russische Militär geehrt und Waffen zur Schau gestellt werden, die Kriegsopfer hingegen nicht betrauert werden.

Unbestritten ist die Tatsache, dass der deutsche Eroberungs- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion 1941 – 1945 für Russland verheerende Verluste brachte: Millionen starben an der Front, in der Kriegsgefangenschaft, auf den besetzten Gebieten, in den belagerten Städten. (...)

Quelle: http://erinnerung.hypotheses.org/48

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Ausstellung und Animationsfilm zu Otto Wichterle, dem Erfinder der weichen Kontaktlinse

Wie schön, dem aktuellen Programm des Tschechischen Zentrums Wien (PDF) entnehme ich, dass die weiche Kontaktlinse eine tschechische Erfindung ist, 1961 mit einer selbstgebauten Apparatur aus Kinder-Chemiebaukasten, Plattenspielermotor und Fahrraddynamo aus Hydrogel entwickelt von Otto Wichterle (1913-1998). Im oberösterreichischen Softwarepark Hagenberg wird erstmals in Österreich vom 9.6.-24.7.2015 dazu die Ausstellung Medizintechnik und Licht: Zum 100. Geburtstag von Otto Wichterle, Erfinder der weichen Kontaktlinse gezeigt, die Vernissage findet am 9.6.2015 um 19 Uhr statt, dabei wird auch ein Animationskurzfilm von Zuzana Bahulová präsentiert.

Einladungsfolder mit weiteren Informationen (PDF)

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022425342/

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Wer braucht schon ein elektronisches Langzeitarchiv?

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In den Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen, die sich um das Thema “Elektronische Langzeitarchivierung” drehen, taucht oft die Frage auf, ob und wann eine Kommune oder ein Kreis ein Langzeitarchiv benötigt. Vielfach sehen sich die Archive außer Stande, in Zeiten knapper Kassen den Bedarf erfolgversprechend zu begründen. Dabei ist die Ausgangslage günstig wie nie:

1. Es gibt klare gesetzliche Vorgaben zur Pflicht elektronisch zu archivieren, die sich aus dem NRW Archivgesetz ergeben!

  • In §2 (1) steht der Hinweis, dass elektronische Aufzeichnungen unter den Unterlagenbegriff und damit unter die Anbietungspflicht fallen.
  • Die Auswahl der archivwürdigen Unterlagen erfolgt ausschließlich nach fachlichen Kriterien durch das zuständige Archiv vgl. § 2 (6).
  • Elektronisches Archivgut ist “in seiner Entstehungsform” – also elektronisch aufzubewahren § 5 (2).
  • § 4 (1) bestimmt, dass auch “Elektronische Unterlagen, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen” anzubieten sind (d.h. fortlaufend aktualisierte Datenbanken, Webseiten etc.).
  • Im selben Paragrafen werden Archiven ermächtigt, “auf Verlangen zur Feststellung der Archivwürdigkeit Einsicht in die Unterlagen und die dazu gehörigen Hilfsmittel und ergänzenden Daten” zu nehmen.
  • Schließlich sind alle (auch personenbezogene Daten und die, die einem “Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis oder sonstigen Rechtsvorschriften über die Geheimhaltung unterliegen”) anbietungspflichtig, vgl. § 4 (2).
  • § 3 (6) legt fest, dass über die Austauschformate, in denen archivwürdige Unterlagen an die Archive übergeben werden – so nicht übergreifend standardisiert – Einvernehmen mit dem Archiv bestehen muss.
  • Der selbe Paragraf sichert den Archiven eine Beteiligung bei der Einführung neuer Software, aus der archivrelevante Unterlagen entstehen können.
  • Alle diese Paragrafen sind seit 30. September 2014 durch § 10 (5) aufs kommunale Archivwesen übertragen worden. Auch in unserer neuen Mustersatzung für Kommunalarchive sind entsprechende Passus aufgenommen worden.

2. Elektronisches Archivgut gibt es in jeder Verwaltung!

  • Es gibt keine Verwaltung mehr, die rein papiergestützt arbeitet. Dass dabei notwendiger Weise auch archivwürdige Unterlagen in elektronischer Form entstehen, liegt auf der Hand:
  • Spätestens seit 1.1.2014 sind durch eine Gesetzesreform die Standesämter verpflichtet worden,  elektronische Personenstandsregister zu führen. Nach Ende der Fortführungsfrist sind die Datensätze ins Archiv zu übernehmen; für nacherfasste Einträge gilt die Frist der zugrunde liegenden Papierurkunde, d.h. dass schon sehr bald elektronische Einträge anbietungsreif werden. Ab 1.1.2017 steht aller Voraussicht nach eine bundesweit normierte Schnittstelle aus den Elektronischen Registern bereit.
  • Gewerbean-, -um- und -abmeldungen werden schon seit den 1980ern nur noch elektronisch vorgenommen und stellen eine wichtige Quelle für die Wirtschaftsgeschichte eines Orts und einer Region dar. Die Aufbewahrungsfrist liegt aus datenschutzrechtlichen Gründen in der Regel bei fünf (Hessen, Baden-Württemberg) oder zehn Jahren (Bayern) nach Abmeldung des Gewerbes.
  • Elektronische Aktenführung ist bei Baugenehmigungs-Verfahren, in der Liegenschaftsverwaltung, im Sozialhilfewesen und in Jugendämtern weit verbreitet. Durch die eGovernment-Gesetzgebung des Bundes und des Landes NRW (in Vorbereitung) wird sich der Trend zur eAkte in den nächsten Jahren noch verstärken.
  • Ratsinformationssysteme ersetzen zum Teil schon jetzt die Dokumentation des Entstehungsprozesses und die ausgedruckten und unterschriebenen Fassungen der kommunalen politischen Organe und Gremien (Kreistag und -ausschüsse, Stadt- und Gemeinderäte und -ausschüsse). Diese Unterlagen sind langfristig zu erhalten!
  • Auf Gruppenlaufwerken und Intranet-Seiten, in E-Mail-Postfächern und persönlichen Ordnern schlummern zahllose Dateien, die – trotz z.T. hohem Informationsgehalt –  nie mehr Teil einer Akte werden. Arbeitsweisen ändern sich durch die elektronischen Möglichkeiten – Archiven bleibt nur, sich um diese Überlieferungen ebenso zu bemühen wie um ihre papierenen Vorläufer!

3. Verbundarchive machen Langzeitarchivierung bezahlbar!

  • Die Erstellung von eigenen Fachkonzepten zum Aufbau von Langzeitarchiven, die Begleitung von Programmierung, Tests und Abnahmen – das überfordert kleine, mittelgroße und auch viele größere Kommunalarchive. In NRW gibt es unter dem Dach des vom Land initiierten DA NRW Angebote für die Nutzung von Verbundlösungen. Derzeit werden zwei Softwaren angeboten: Die am Institut für Historisch-Kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung an der Universität zu Köln mit kulturspartenübergreifendem Ansatz entwickelte „Digitales Archiv-NRW-Software-Suite“ kurz DNS, die derzeit getestet und unter der Federführung der LVR Infokom bis Mitte des Jahres zur Produktionsreife geführt wird.
  • Die in den staatlichen Archivverwaltungen des Bundes, von NRW und  Rheinland-Pfalz und den Kommunalarchiven Stuttgarts, Kölns und unseres Hauses produktiv eingesetzte „Digital Preservation Solution“ kurz DiPS, die von den Firmen Hewlett-Packard und SER programmiert und weiter entwickelt wird.
  • Es ist geplant, beide Systeme über den Dachverband kommunaler IT-Dienstleister in NRW (KDN) den unmittelbaren und mittelbaren Mitgliedern zugänglich zu machen. Für die wenigen Kommunen in NRW, die nicht davon profitieren würden, ist es möglich, sich auf dem Wege der Verwaltungsvereinbarung an den entstehenden Verbundsystemen zu beteiligen.
  • Gegenüber selbst programmierten oder betriebenen Langzeitarchiven ist ein solches Verbundarchiv mindestens um den Faktor 10 billiger!
  • Die Kosten für die Teilnahme an einer Verbundlösung liegen im Rahmen anderer “kleiner” Fachverfahren der Verwaltung. Die Betreiber-Rechenzentren wollen keinen Gewinn auf Kosten der teilnehmenden Archive oder ihrer Trägerverwaltungen machen, sondern streben nach einer Startphase eine schwarze Null im Betrieb an. Damit aber Synergien entstehen können und sich der Betrieb überhaupt lohnt, bedarf es einer möglichst breiten Beteiligung der Archive in Westfalen-Lippe! Es gilt: Je mehr Archive sich beteiligen, umso günstiger wird das Angebot.

4. Anfänge sind gemacht! Mitmachen statt abwarten!

  • Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen und begleiten die Arbeit im DA NRW. Die Forderung nach leistungsfähigen Langzeitarchiven wurde bereits in einem 2012 erschienenen “Positionspapier zur digitalen Archivierung, insbesondere zur Einrichtung elektronischer Langzeitarchive” erhoben.
  • Archivische Arbeitskreise in Ostwestfalen-Lippe und Südwestfalen, aber auch beim KDN haben sich schon auf den Weg gemacht, Fachverfahren auf ihre Archivwürdigkeit hin zu prüfen und ggf. Aussonderungsschnittstellen zu beschreiben. Zuletzt haben Herr Dr. Pätzold und Frau Fercho aus Bochum ihre Ergebnisse online gestellt und in der Archivpflege beschrieben.
  • Elektronische Zwischenarchiv-Lösungen wie “Archivo” für den Bereich des Meldewesens werden durch ein Elektronisches Langzeitarchiv nicht obsolet. Das neue Bundesmeldegesetz stellt in § 16 “Anbieten von Daten an Archive” klar: „Die Pflicht zum Anbieten von Meldedaten und den dazugehörigen Hinweisen an durch Landesrecht bestimmte Archive ist gegenüber dem Löschungsgebot des § 14 Absatz 1 Satz 1 BMG vorrangig.“ Unter die Anbietungspflicht fallen auch weiterhin die anlassbezogenen Teildaten wie die Familienverkettungen beim Erreichen der Volljährigkeit eines Gemeldeten.
  • Mit unseren seit 2012 regelmäßig stattfindenden Fortbildungen haben wir bisher ca. 50 Kolleginnen und Kollegen erreicht, die teils allein, teils mit ihren EDV-Zuständigen teilgenommen haben. Noch besser als erzählt zu bekommen, wie es geht, ist, selbst Erfahrungen zu sammeln. Warten Sie nicht länger ab, sondern gehen Sie das Thema jetzt an! Wie bei allen Fragen unterstützt Sie das LWL-Archivamt auch bei dieser Fachaufgabe durch Fortbildungen und Beratung, es kann aber die Arbeit der Archive vor Ort nicht übernehmen oder ersetzen.

Peter Worm, 2015-04-28

 

Quelle: http://archivamt.hypotheses.org/2152

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Decoding Da Vinci? A Public History Affair

The Da Vinci Code was a work of fiction, but significant public interest in its claim to be drawing on a hidden history of Christianity forced agents of the Catholic Church, and scholars within the academy, to challenge the book’s historical and theological errors. …
 

English

 

The Da Vinci Code[1] was a work of fiction, but significant public interest in its claim to be drawing on a hidden history of Christianity forced agents of the Catholic Church, and scholars within the academy, to challenge the book’s historical and theological errors.[2]

 

 

Medial claim to historicity

Australia’s own Da Vinci Code moment occurred almost a decade earlier, when Helen Darville[3] won three of the nation’s most prestigious literary prizes for a work of fiction she pretended was based on family stories of the Holocaust.[4] The authorial identity hoax, the false claims to historicity, and the novel’s apparent anti-Semitism, won it notoriety.[5] Does the public reaction to false claims of historicity have any significance for history didactics? I take historicity to be concerned with claims for the historical actuality, authenticity or factuality of representations of the past. Historical representations arising within and across various media have varying degrees of reliability as historical accounts, and may be artefacts of rigorous scholarship executed within recognisable traditions of historiography, but are just as likely to be the products of a commercial imagination with little respect for disciplinary rigor or forms. If we follow Frank Ankersmit, then by definition histories are narratives that always exceed the sum of their referential (or factual) statements.[6]

The author’s authority

This problem takes on a particular character in contemporary postmodern culture, where the line between fact and fiction in historical work has been questioned,[7] and is often deliberately blurred in reality television, mocumentaries, news broadcasts, historical films, and those novels which claim that what they depict is based on rigorous historical scholarship when it isn’t (such as The Da Vinci Code), or falsely claim some form of credible identity for their author, which legitimates them as an authority (for example, the claim to an authentic ethnic voice, as happened in the Demidenko affair). For Jean Baudrillard, [8] it is as if reality and representation have imploded, leaving us with only an endless array of simulations that have supplanted any reality they were once intended to depict. In the Da Vinci Code case, the public came to ‘buy’ Brown’s claims that his narrative drew on a secret history, compelling religious and academic authorities (as mentioned above) to point out the theological and historical inaccuracies in his tale. It is hard to know what impact this institutional dismissal of Brown’s claims to historicity have had on the public reception of his ideas. That such authorities were compelled to respond to a novelist’s fictions is significant, and reveals something about the perceived public acceptance of Brown’s ideas at the time. Somehow the fictional construction of the author’s authority (through a list of acknowledgements to various research organisations, and his explicit claims that the background to the novel was based on historical fact) worked to provide the ideas in the text with a historicity they did not deserve.

A postmodern scandal

In the Demidenko case, it was clear that the literary establishment was left embarrassed by the revelations that Helen Darville had assumed a false ethnic identity, particularly since they had been the vehicle that showcased her adornment of a Ukrainian embroided blouse and recorded her public display of Ukrainian folk dancing at author interviews, both of which they now realized had been contrived to sell the authenticity of her ethnic voice. More importantly, her claims to Ukrainian ancestry had given her text an authenticity that was later lost when the voice that was speaking was recognized as no longer culturally genuine. The media frenzy around this revelation may have a lot to do with the way her novel appeared to empathize with the anti-Semitism of its Ukrainian protagonists, which now seemed illegitimate, given the “recorded voices” had no relationship to actual participants or eye-witnesses of the events described. Of course, Darville’s deception may be no problem for certain species of the postmodern literary critic, but it was a scandal for the media (who had obviously been duped themselves), as the source of a truth-claim does ultimately matter for a journalist attempting to engage in factual reporting, just as it does for the historian.

So what does this all mean for history education?

When we think about what should go into a school History curriculum, we inevitability come up with a list of important historical events that have shaped our national and global pasts. Debates over school history curricula almost always centre on whose history is being taught; the amount of curriculum space allocated to specific topics; or the relative weight given to skills versus content. The syllabus topics themselves typically form an authoritative list of the significant events to be addressed in the classroom. But where is public history in these authoritative lists? Do public history “events” like the Demidenko affair, or the Da Vinci controversy, ever make it into the school curriculum? What might the school curriculum look like if students were asked to engage directly with these controversial case studies of disputes within public history discourse? Although public history doesn’t seem to play any direct part in the new Australian Curriculum: History, I did note during a sojourn in Sweden, that “uses of history” is a key focus of Sweden’s mandatory history curriculum,[9] and it is under this rubric that public history finds a niche. Could controversies over the historicity of public texts, like the two cases I have explored, be useful to study? Surely, studying such “events” would help prepare history students to engage with the various forms of conspiracy theory, hagiography, historical denial, national mythology, historical fiction, and official histories they will encounter in their everyday life. While it’s important to know about the significant events of the national and global past that have shaped the world we live in, controversies in public history provide a rich opportunity for exploring what counts as trustworthy in the everyday histories we encounter. They also allow us to raise questions about what makes the public believe a history is authentic, and the complex role of authorship (both literally and symbolically) in establishing the authority and credibility of an historical account. Does the institutional concern with the historicity of The Da Vinci Code, and the Australian public’s outrage over the Demidenko affair, suggest an important place for explorations of public history in the classroom?

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Literature

  • Maggie Nolan & Carrie Dawson. (Eds.). Hoaxes, Imposture and Identity Crises in Australian Literature. Australian Literary Studies, Vol.21, No.4. University of Queensland 2004.
  • Jerome de Groot. (Ed.). Consuming History: Historians and heritage in contemporary popular culture. London: Routledge 2009.

External links

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[1] Dan Brown. The Da Vinci Code. Berkley: Doubleday 2003.
[2] For Catholic responses, see the article “Offensive against ‘Da Vinci’,” New York Times, April 28, 2006. Available Online: http://www.nytimes.com/2006/04/28/world/europe/28iht-rome.html?_r=0 (last accessed 12.04.2015) and the Q&A material on the website “Catholic Answers,” available online: http://www.catholic.com/documents/cracking-the-da-vinci-code (last accessed 12.04.2015). For an academic response, see: B. D. Ehrman. Truth and fiction in the Da Vinci Code: A historian reveals what we really know about Jesus, Mary Magdalene, and Constantine. Oxford: Oxford University Press 2004. Any quick search will turn up a wealth of historical and theological criticism from a variety of sources.
[3] The author falsely was claiming Ukrainian heritage as novelist “Helen Demidenko.” The debates at the time were quite intense, and spurred a great deal of academic attention. See for example: Stephen Wheatcroft. (Ed.). Genocide, history and fictions: Historians respond to Helen Demidenko/Darville’s The hand that signed the paper. University of Melbourne 1997. Interestingly, Helen Dale (nee Darville aka Demidenko) has recently been in the news again, becoming an adviser to an Australian Senator. See Jane Norman. Senator David Leyonhjelm hires controversial author Helen Dale (Demidenko) as an adviser. ABC News, 10 September 2014. Available Online: http://www.abc.net.au/news/2014-09-10/david-leyonhjelm-hires-author-once-known-as-helen-demidenko/5733790 (last accessed 12.04.2015).
[4] Malcolm Knox, “The Darville Made Me Do It”. Sydney Morning Herald, 9 July 2005. Available Online: http://www.smh.com.au/news/books/the-darville-made-me-do-it/2005/07/08/1120704550613.html (last accessed 12.04.2015).
[5] See, Robert Manne. “The strange case of Helen Demidenko.” Australian Humanities Review, Issue 1, April-June 1996. Available Online: http://www.australianhumanitiesreview.org/archive/demidenko/manne.1.html (last accessed 12.04.2015).
[6] Frank R. Ankersmit. Historical representation. Stanford, CA: Stanford University Press 2001.
[7] There are many examples, but a few of the most striking are: Ann Curthoys, & John Docker. Is history fiction? Sydney: University of New South Wales Press 2006; Keith Jenkins. Refiguring history: New thoughts on an old discipline. London: Routledge 2003; and Hayden White. Figural realism: Studies in the mimesis effect. Baltimore: The John Hopkins University Press 1999.
[8] See Jean Baudrillard. The gulf war did not take place (P. Patton, Trans.). Bloomington & Indianapolis: Indiana University Press 1995. In this book, Baudrillard claims that for most of us the Gulf War we experienced was a televisual simulation that has replaced any reality it claimed to represent.
[9] The Swedish National Agency for Education. (2012). GY11 History Syllabus.  Sweden: Skolverket. Available Online: http://www.skolverket.se/polopoly_fs/1.174546!/Menu/article/attachment/History.pdf (last accessed 13.04.2015).

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Image Credits
© Leonardo da Vinci, Vitruvian Man. Wikimedia Commons, Public Domain.

Recommended Citation
Parkes, Robert: Decoding Da Vinci? A Public History Affair. In: Public History Weekly 3 (2015) 14, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3979.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.

 

 

 

Deutsch

 

The Da Vinci Code – im deutschsprachigen Raum bekannt als ‘Das Sakrileg’ –[1] ist ein fiktionales Werk, aber das enorme öffentliche Interesse an seinem Anspruch, eine verborgene Geschichte des Christentums nachzuzeichnen, nötigte die Katholische Kirche und auch Wissenschaftler, die historischen und theologischen Fehler des Buches anzufechten.[2]

 

 

Medialer Anspruch auf Historizität

In Australien gab es bereits ein Jahrzehnt früher einen solchen Da-Vinci-Code-Moment, als Helen Darville[3] für ihr Werk, das auf einer Familiengeschichte während des Holocausts basiert, mit drei der renommiertesten Literaturpreise des Landes ausgezeichnet wurde.[4] Die erschwindelte Identität der Autorin, falsche Behauptungen zur Historizität und offensichtlicher Antisemitismus verhalfen dem Roman zu trauriger Berühmtheit.[5] Hat die öffentliche Reaktion auf fehlerhafte Historizität Auswirkungen auf die Geschichtsdidaktik? Ich nehme Historizität zum Anlass, über die Forderungen nach historischer Wahrheit, Authentizität oder Faktizität bei den Repräsentationen der Vergangenheit besorgt zu sein. Historische Repräsentationen, die sich auf ein oder mehrere Medien stützen, haben unterschiedliche Grade der Zuverlässigkeit und können sich in historische Berichte oder unter Umständen auch Artefakte unterteilen, die selbst nach gründlicher Gelehrsamkeit innerhalb der bewährten Traditionen der Geschichtsschreibung entstanden sind, und sie können ebenso gut als Produkt einer kommerziellen Phantasie entstanden sein, mit nur wenig Respekt für die strengen Regeln der Disziplin. Wenn wir Frank Ankersmits Definition folgen, dann sind Geschichten Erzählungen, die stets die Summe ihrer referentiellen (oder Tatsachen-) Aussagen überschreiten.[6]

Die Autorität des Autors

Dieses Problem ist ein Indiz für eine bestimmte Entwicklung in der heutigen postmodernen Kultur, in der die Grenze zwischen Faktizität und Fiktion in der historischen Arbeit in Zweifel gezogen wird.[7] Sie wird verwischt durch Reality-Fernsehen, Dokumentationen, Nachrichtensendungen, historische Filme und Romane, die vorgeben, die in ihnen vorgetragenen Sachverhalte seien mit geschichtswissenschaftlichen Methoden erarbeitet worden, was in Wirklichkeit aber gar nicht zutrifft (wie bei The Da Vinci Code), oder fälschlicherweise behaupten, auf der glaubwürdigen Identität einer/s AutorIn zu beruhen, die sie dann als Autorität legitimiert (zum Beispiel durch den Anspruch auf eine authentische ethnische Stimme, wie es in der Demidenko-Affäre passiert ist). Für Jean Baudrillard[8] scheint es so, als ob Realität und Repräsentationen implodiert seien, sodass uns lediglich eine endlose Reihe von Nachahmungen bleibt, die den ursprünglichen Anspruch auf Realität längst verdrängt haben. Im Fall des Da Vinci Code “kaufte” die Öffentlichkeit Browns Behauptung “ab”, dass seine Erzählung auf einer geheimen Geschichte beruhe, was religiöse und akademische Autoritäten (wie bereits oben erwähnt) dazu nötigte, die theologischen und historischen Ungenauigkeiten in der Geschichte herauszustellen. Es ist schwer festzustellen, welche Auswirkungen diese institutionelle Abweisung von Browns Anspruch auf Historizität auf die öffentliche Rezeption seiner Ideen hatten. Dass diese Autoritäten dazu gezwungen waren, auf die Fiktion eines Romanciers zu reagieren, ist bedeutsam und bringt die seinerzeit wahrgenommene öffentliche Akzeptanz von Browns Ideen zum Vorschein. Irgendwie arbeitete die fiktionale Konstruktion der Autorität des Autors (belegt durch eine Liste von Anerkennungen durch diverse Forschungseinrichtungen und dem explizit erklärten Anspruch darauf, dass der Hintergrund der Geschichte auf historischen Tatsachen beruhe) dafür, dass den Ideen des Textes eine Historizität zugesprochen wurde, die ihnen nicht zukam.

Ein postmoderner Skandal

Im Fall Demidenko war es klar, dass das literarische Establishment durch die Entlarvung Helen Darvilles beschämt wurde, wonach sie eine falsche ethnische Identität angenommen habe. Dies traf umso mehr zu, weil dieses literarische Establishment es war, das ihre Ausschmückung mit einer ukrainisch bestickten Damenkleidung ausstellte und ihre öffentliche Zurschaustellung ukrainischer Volkstänze bei Autoreninterviews aufzeichnete. Beides war, wie das Establishment nun begriff, ersonnen, um die Authentizität ihrer ukrainischen Stimme zu beglaubigen. Hierbei ist am bedeutsamsten, dass der Anspruch auf ukrainische Herkunft ihrem Text eine Authentizität verlieh, die später verloren ging, als die Erzählerstimme nicht mehr länger als kulturell genuin gelten durfte. Der Medienrummel um diese Enthüllung hat wahrscheinlich viel mit der Art und Weise zu tun, mit der ihr Roman sich für den Antisemitismus des ukrainischen Protagonisten empathisch zu zeigen schien, was dann angesichts der Tatsache illegitim erschien, dass die aufgezeichneten Gespräche weder einen Bezug zu tatsächlich Beteiligten noch zu Augenzeugen hatten. Gewiss, Darvilles Täuschung mag kein Problem für bestimmte Arten postmoderner Literaturkritik sein, doch es war ein Medienskandal (die offensichtlich selbst betrogen worden waren), insofern die Quelle von Wahrheitsbehauptungen absolut wesentlich ist für eine/n JournalistIn, die/der sich der Tatsachenberichterstattung verpflichtet hat, und das Gleiche gilt für den/die HistorikerIn.

Was bedeutet dies nun für die geschichtsbezogene Bildung?

Wenn wir darüber nachdenken, was in das schulische Curriculum des Geschichtsunterrichts einfließen sollte, fällt uns unweigerlich eine Liste von historischen Ereignissen ein, die unsere nationale und globale Vergangenheit geprägt haben. Debatten über schulische Geschichtscurricula sind fast immer darauf ausgerichtet, wessen Geschichte gelehrt wird und welcher Lehrplanumfang welchen thematischen Bezügen eingeräumt wird; oder diese Debatten drehen sich um das relative Gewicht von Kompetenzen gegenüber den Inhalten. Die Lehrplanthemen stellen in der Regel eine maßgebliche Liste der bedeutenden Ereignisse dar, die im Unterricht behandelt werden sollten. Aber wo befindet sich die Public History in dieser maßgeblichen Liste? Schaffen es geschichtskulturelle ‘Ereignisse’ wie die Demidenko-Affäre oder die Da-Vinci-Kontroverse jemals, in den schulischen Curricula berücksichtigt zu werden? Wie würden die Schulcurricula aussehen, wenn die Lernenden selbst gebeten würden, kontroverse Fallstudien von Disputen aus dem geschichtskulturellen Kontext zu behandeln? Obwohl Public History-Themen im neuen australischen Schulcurriculum keine direkte Rolle spielen, habe ich während eines Aufenthalts in Schweden bemerkt, dass “angewandte Geschichte” ein Schwerpunkt des obligatorischen Lehrplans in Schweden darstellt,[9] und unter dieser Rubrik der Public History eine Nische beschert. Können Kontroversen über die Historizität von öffentlich diskutierten Texten, wie im Fall der zwei beschriebenen Beispiele, zum Lernen dienen? Sicherlich würde eine Untersuchung solcher ‘Ereignisse’ dazu dienen, die SchülerInnen im Geschichtsunterricht mit diversen Formen von Verschwörungstheorien, der Hagiographie, von historischen Verleugnungen, der nationalen Mythologie, historischer Fiktion und offizieller Geschichte zu konfrontieren, wie sie diese auch jederzeit im Alltag erleben werden. Zwar ist es wichtig, bedeutende Ereignisse der nationalen und globalen Geschichte zu kennen, die die Welt geprägt haben, in der wir leben, doch Kontroversen der Public History bieten eine Gelegenheit, das zu erkunden, was uns in der alltäglichen Begegnung mit Geschichte als vertrauenswürdig geboten wird. Diese Kontroversen ermöglichen es uns auch, Fragen darüber aufzuwerfen, was die Öffentlichkeit glauben macht, eine Geschichte sei authentisch, und auch über die komplexe Rolle der Autorschaft (sowohl buchstäblich als auch symbolisch) bei der Etablierung von Autorität und Glaubwürdigkeit eines historischen Berichts. Deutet das institutionelle Interesse an der Historizität des Da Vinci Code und der Empörung der australischen Öffentlichkeit über die Demidenko-Affäre darauf hin, dass der Public History ein wichtiger Platz im Klassenzimmer zukommt?

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Literatur

  • Nolan, Maggie / Dawson, Carrie (Hrsg.): Hoaxes, Imposture and Identity Crises in Australian Literature. In: Australian Literary Studies 21 (2004) 4.
  • de Groot, Jerome (Hrsg.): Consuming History: Historians and heritage in contemporary popular culture. London 2009.

Externe Links

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[1] Dan Brown. The Da Vinci Code. Berkley: Doubleday 2003.
[2] In Bezug auf katholische Reaktionen vgl. den Artikel “Offensive against ‘Da Vinci'”. New York Times, April 28, 2006. Online verfügbar: http://www.nytimes.com/2006/04/28/world/europe/28iht-rome.html?_r=0 (zuletzt am 12.04.2015) sowie das Q&A Material auf der Website “Catholic Answers“, online verfügbar: http://www.catholic.com/documents/cracking-the-da-vinci-code (zuletzt am 12.04.2015). Als Beispiel einer akademischen Einlassung, vgl.: B. D. Ehrman. Truth and fiction in the Da Vinci Code: A historian reveals what we really know about Jesus, Mary Magdalene, and Constantine. Oxford: Oxford University Press 2004. Eine schnelle Recherche wird einen enormen Fundus an historischer und theologischer Kritik in einer Vielzahl von Quellen hervorbringen.
[3] Die Autorin beanspruchte fälschlicherweise ukrainische Herkunft als “Helen Demidenko”. Die Debatte wurde seinerzeit intensiv geführt und zog einige akademische Beachtung auf sich. Vgl. z.B.: Stephen Wheatcroft (Hrsg.): Genocide, history and fictions: Historians respond to Helen Demidenko/Darville’s The hand that signed the paper. University of Melbourne 1997. Interessanterweise war Helen Dale (geb. Darville alias Demidenko) erst kürzlich wieder in den Nachrichten, als sie zur Beraterin eines australischen Senators ernannt wurde. Vgl. Jane Norman. Senator David Leyonhjelm hires controversial author Helen Dale (Demidenko) as an adviser. ABC News, 10 September 2014. Online verfügbar: http://www.abc.net.au/news/2014-09-10/david-leyonhjelm-hires-author-once-known-as-helen-demidenko/5733790 (zuletzt am 12.04.2015).
[4] Malcolm Knox, “The Darville Made Me Do It”. Sydney Morning Herald, 9 July 2005. Online verfügbar: http://www.smh.com.au/news/books/the-darville-made-me-do-it/2005/07/08/1120704550613.html (zuletzt am 12.04.2015). Durch die falsche Autorenidentität, den falschen Anspruch auf Historizität und den offensichtlichen Antisemitismus gewann sie traurige Berühmtheit.
[5] Vgl. Robert Manne. “The strange case of Helen Demidenko”. Australian Humanities Review, Issue 1, April-June 1996. Online verfügbar: http://www.australianhumanitiesreview.org/archive/demidenko/manne.1.html (zuletzt am 12.04.2015).
[6] Frank R. Ankersmit: Historical representation. Stanford, CA: Stanford University Press 2001.
[7] Es gibt dafür viele Belege, doch die herausragendsten sind: Ann Curthoys, & John Docker. Is history fiction? Sydney: University of New South Wales Press 2006; Keith Jenkins. Refiguring history: New thoughts on an old discipline. London: Routledge 2003; and Hayden White. Figural realism: Studies in the mimesis effect. Baltimore: The John Hopkins University Press 1999.
[8] Vgl. Jean Baudrillard. The gulf war did not take place (P. Patton, Trans.). Bloomington & Indianapolis: Indiana University Press 1995. In diesem Buch behauptet Baudrillard, dass der Golfkrieg für die meisten von uns als eine Fernseh-Simulation erlebt wurde, die den Anspruch auf Darstellung von jedweder Realität eingebüßt hat.
[9] The Swedish National Agency for Education. (2012). GY11 History Syllabus.  Sweden: Skolverket Online verfügbar: http://www.skolverket.se/polopoly_fs/1.174546!/Menu/article/attachment/History.pdf (zuletzt am 13.04.2015).

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Abbildungsnachweis
© Leonardo da Vinci, Vitruvianischer Mensch. Wikimedia Commons, Public Domain.

Empfohlene Zitierweise
Parkes, Robert: Da Vinci entschlüsseln? Eine geschichtskulturelle Affäre. In: Public History Weekly 3 (2015) 13, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3979.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.

 

 


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Die unwahrscheinlichen Weltkriege

Von Stefan Sasse

Hitler in Paris, 1940
Aus der Retrospektive betrachtet wirkt es häufig so, als ob die zwei Weltkriege, die im 20. Jahrhundert von Deutschland ausgingen, unvermeidbar und gewissermaßen in vorbestimmt gewesen waren. Diese Sicht täuscht jedoch. Weder der erste noch der zweite Weltkrieg waren unvermeidliche Ereignisse, nicht einmal bis kurz vor (oder nach) ihrem jeweiligen Beginn. Dies mag zuerst etwas merkwürdig erscheinen. Es soll hier auch kein Revisionismus betrieben werden; vielmehr geht es darum, einige Mythen zu entzaubern, die einem unverstellten Blick auf die Geschehnisse entgegenstehen. Zu diesem Zweck sollen im Folgenden beide Weltkriege auf die Wahrscheinlichkeit hin untersucht werden, dass sie sich zu der Katastrophe entwickeln, die sie schlussendlich darstellten.


Der Erste Weltkrieg entstand letztlich aus der Kette von Ereignissen, die sich nach dem Attentat auf den habsburgischen Thronfolger in Sarajevo herausbildete. Die untereinander verbundenen Großmächte und entstehenden Zwänge sind hinreichend bekannt und brauchen hier nicht wiederholt werden; Furcht vor dem Verlust der Initiative, dem Verlust der strategischen Lage (etwa durch Statusverlust gegenüber Bündnispartnern oder Bruch eines Bündnisses) und die Unmöglichkeit, die gegnerischen Intentionen akkurat einzuschätzen sorgten bis zum August für den Beginn eines blutigen Reigens, der vier Jahre lang andauern sollte. Oftmals hört man auch heute noch, dass die waffenstarrenden, stets kriegsbereiten Bündnisse einen Konflikt zu irgendeinem Zeitpunkt praktisch unvermeidlich machten. Dass dies nicht zutreffend ist, habe ich bereits an anderer Stelle im Essay "Blick in den Abgrund" deutlich gemacht.

Alfred von Schlieffen
Die Reaktionen der verschiedenen Diplomaten und Außenpolitiker während der Juli-Krise besitzen selbst keinen Automatismus. Bis zu den Mobilmachungen und den mit ihnen verbundenen Kriegserklärungen gab es zahlreiche Möglichkeiten, die Krise zu entschärfen. Aber was, wenn die Julikrise gar nicht erst ausgebrochen wäre, etwa weil Franz Ferdinand nicht noch ins Krankenhaus fährt? Wäre dann schlicht irgendwann später ein Ereignis eingetreten, das den Waffengang doch unvermeidlich gemacht hätte? An dieser Stelle lohnt es sich, die Fixierung besonders der deutschen Militärs auf die sich strategisch verschlechternde Lage Deutschlands einzugehen. Die russische Armee steigerte zwischen 1913 und (dem 1914 noch hypothetischen) 1916 ihre Kampfbereitschaft deutlich, sowohl durch technische Modernisierungen als auch durch mit französischem Kapital gebaute strategische Eisenbahnlinien. Die offensive deutsche Kriegsplanung aber sah vor, wegen der praktischen Unmöglichkeit einen Abnutzungskrieg gegen die Entente zu gewinnen einen schnellen Schlag vor der russischen Mobilmachung gegen Frankreich zu führen. Die die Militärs nicht müde wurden zu betonen wäre diese Strategie ab 1916 nicht mehr möglich gewesen, ja, hätte sich hier das Zeitfenster für jeden ernsthaften Offensivplan geschlossen. 

Angenommen, es hätte nun bis 1916 (oder, um das Argument sogar noch deutlicher zu machen, 1920) keinen bewaffneten Konflikt gegeben. Für Deutschland konnte die Konsequenz nur sein, den Krieg nicht mehr als Option zu betrachten, so wie es in den 1920er Jahren praktisch alle Großmächte auch taten. Wenn aber Krieg keine Option mehr ist, muss dem eine diplomatische Umgewichtung entgegenstehen. Abrüstungsinitiativen wie etwa die amerikanischen zu Beginn der 1920er Jahre (wie ich sie in "Aufstieg und Fall der liberalen Weltordnung" beschrieben habe) wären hier eine Möglichkeit. Das Szenario ist nicht so absurd, wie es auf den ersten Blick scheint. In der Haager Konferenz, aus der schließlich die Haager Landkriegsordnung von 1907 hervorging, hatte Russland ähnliche Vorschläge gemacht, weil es sich damals in einer ähnlich unterlegenen Position sah wie Deutschland zehn Jahre später. Der Unterschied aber wäre, dass der Rüstungswettlauf gerade in den Jahren zwischen 1900 und 1914 immer gewaltigere Kosten verursachte, die kaum mehr zu stemmen waren, was die Anreize für alle Beteiligten gegenüber 1907 erhöhte. 

Abzeichen der französischen Maginot-Besatzung
Gleichzeitig ist es denkbar, dass sich die Einsicht durchgesetzt hätte, dass die Unmöglichkeit eines Offensivkriegs eine Defensivstrategie notwendig macht. Wenn auf allen Seiten die korrekte Analyse gezogen worden wäre, dass mit dem damals aktuellen Waffenarsenal die Defensive die Oberhand über die Offensive hatte (eine Lektion, die 1915 erst blutig gelernt werden musste) wäre ein weiterer Anreiz für das Suchen nichtmilitärischer Lösungen gefunden gewesen. Der Erste Weltkrieg erscheint unter diesem Gesichtspunkt als ein Unfall, eine Anomalie, und nicht als ein unabwendbares Ereignis. Dies sollte gerade im Hinblick auf Krisen der heutigen Zeit hoffnungsvoll stimmen und uns eine bessere Performance von unseren eigenen Außenpolitikern erwarten lassen. 

Mit dem Zweiten Weltkrieg ist die Sache anders gelagert. Wenn ich sage, dass der Zweite Weltkrieg ein unwahrscheinliches Ereignis war, so will ich nicht den rechtsradikalen Revisionisten das Wort reden die glauben, dass Hitler eigentlich Frieden wollte und nur durch ein kriegslüsternes Albion auf den Kriegspfad getrieben wurde. Ab 1934 war ein deutscher Krieg in Europa unvermeidlich, solange Hitler die Macht in Händen hielt. Er arbeitete auf ihn hin, er wollte ihn von Anfang an und er ließ sich von Realitäten und Fakten nicht abhalten. 

Ebenso möglich wie Pearl Harbor: ein Rückzug aus China
Unwahrscheinlich ist vielmehr etwas anderes: dass Hitlers Krieg sich zu dem mörderischen Weltkrieg ausweitet, der er denn dann wurde. An mindestens fünf Punkten bis 1941 alleine wäre für Nazideutschland ein ziemlich schnelles und unvorteilhaftes Kriegsende das wesentlich wahrscheinlichere Ergebnis gewesen, und der japanische Angriff auf Pearl Harbor, der den Krieg überhaupt erst zum Weltkrieg machte, indem er die Kriegsschauplätze über die Klammer der mächtigen USA verband, war keine feste, sondern vielmehr gegenüber anderen Szenarien unwahrscheinlichere Entwicklung, wie Eri Hotta in seinem Buch "Japan 1941: Countdown to Infamy" dargelegt hat. 

Hätte Hitler seinen Willen bekommen, hätte die Wehrmacht bereits 1938 die Tschechoslowakei angegriffen, ein Unternehmen, dessen Ausgang selbst gegen die Tschechen alleine keineswegs sicher war und das aller Wahrscheinlichkeit nach die Alliierten zur Internvention gebracht hätte - sofern die deutschen Generäle nicht ohnehin die Courage besessen hätten, aus ihren Plänen Ernst zu machen und Hitler in diesem Falle zu putschen. Mit dem Angriff auf Polen 1939 exponierte Deutschland seine Westflanke ungeheuer. Hätten die Franzosen damals nicht den "Sitzkrieg" geführt ohne Deutschland ernsthaft anzugreifen sondern wären, notfalls mit improvisierten Plänen und unzureichender Ausrüstung, mit ihrer Million Mann im deutschen Südwesten einmarschiert, hätte das Dritte Reich einen Überlebenskampf führen müssen, dessen Chancen kaum vorteilhaft waren, besonders wenn man zunehmende Unterstützung durch Großbritannien hinzunimmt. Ein solcher Kriegsverlauf hätte vielleicht sogar Stalin zum Bruch des Pakts bewogen, so dass Polen ein wesentlich größerer militärischer Faktor gewesen wäre. 

Der "Sitzkrieg" im Westen gab Deutschland Zeit
Als Hitler dann 1940 den Angriff auf den Westen befahl, standen die Chancen eigentlich völlig gegen ihn. Die deutsche Armee war den Westmächten zahlenmäßig gerade ebenbürtig. Die Alliierten hatten wesentlich mehr Panzer, Flugzeuge und Artillerie als die Deutschen, besaßen extrem starke Festungsanlagen und eine leistungsfähigere Wirtschaft. Wie Adam Tooze in seiner Betrachtung der deutschen Wirtschaft im Dritten Reich "Wages of Destruction" nahelegt erlaubte der Stand der damaligen deutschen Kriegswirtschaft kaum, den Krieg länger als ein Dreivierteljahr zu führen bevor der Nachschub vor allem an Munition zur Neige ging. Die alliierte Strategie, sich an der französischen Grenze auf die Maginotlinie und das undurchdringliche, schlecht erschlossene Terrain der Ardennen zu verlassen und die deutschen Truppen bei ihrem unvermeidlichen Vormarsch durch Belgien und die Niederlande aufzufangen ist sehr solide. Sie hielten viele Reserven zurück, die nach Bestimmung der deutschen Stoßrichtung analog zu 1914 den Vormarsch zum Halt bringen konnten und entweder sofort das Rückgrat der technisch unterlegenene Wehrmacht brechen oder den dann entstehenden Abnutzungskrieg klar gewinnen würden. 

Und ohne einen absurden Zufall wäre es vermutlich auch so gekommen; nicht umsonst waren die deutschen Generäle sehr pessimistisch was ihre Chancen gegen die Westalliierten anging, die von der ungleich besseren deutschen Armee des Ersten Weltkriegs schon nicht hatten geschlagen werden können. Der deutsche Angriffsplan sah im Wesentlichen so aus wie die Alliierten ihn vorhersahen. Die Wahrscheinlichkeit, dass "Fall Rot" in einem Desaster geendet und der Krieg 1940 mit einer Niederlage Hitlers geendet hätte war hoch. Der absurde Zufall jedoch änderte die Gleichung: ein deutscher Offizier verflog sich im Nebel, landete in Belgien, wurde verhaftet und hatte in seiner Tasche die deutschen Angriffspläne. Dies zwang die Deutschen zu einer hastigen Änderung der Pläne und zu einem gewaltigen Risiko: einem Angriff durch die Ardennen. Die Idee war deswegen so unglaubwürdig für die Alliierten, weil auf den wenigen Straßen durch die Ardennen Panzerkolonnen zwangsläufig zum "größten Verkehrsstau der Geschichte" aufstauen würden und leichte Beute für die überlegene alliierte Luftwaffe wären. Der Krieg wäre in diesem Fall in zwei Wochen entschieden gewesen. Zum gewaltigsten Verkehrsstau aller Zeiten kam es. Zu einer Entdeckung durch die alliierte Luftaufklärung nicht. Der Rest ist Geschichte. 

Deutsche Soldaten im Winter 1941
Noch einmal begann Deutschland einen Feldzug mit einem ähnlichen Glücksspiel: das "Unternehmen Barbarossa", der Angriff auf die Sowjetunion, basierte auf halsbrecherisch optimistischen Annahmen. Ohne die aktive Mitwirkung von Hitlers bestem Verbündeten, Stalin, hätten wesentlich größere Teile der Roten Armee den Kesselschlachten von 1941 entkommen und eine wesentlich frühere Verteidigungsstellung als Moskau aufbauen können, die den Krieg deutlich verkürzt hätte. Noch wesentlich bedeutsamer aber ist die Schlacht von Moskau im Winter 1941/42 selbst, in der die Wehrmacht nur äußerst knapp einem sowjetischen Durchbruch und der Vernichtung der Heeresgruppe Mitte entkam (ein Ereignis, das so bis Juni 1944 auf sich warten lassen sollte). In all diesen fünf Situationen wäre ein rascher militärischer Zusammenbruch des Dritten Reichs oder zumindest seine Einhegung in Zentraleuropa ein nicht unwahrscheinliches Ergebnis gewesen, das gegenüber dem tatsächlichen, weltumspannenden Gemetzel um ein vielfaches kleiner ausgefallen wäre. Und in keinem dieser Szenarien kommt das Deutsche Reich auch nur annähernd in die Situation, den Holocaust durchführen zu können. 

Was aber sind die Schlüsse, die wir heute aus diesen Geschehnissen ziehen können? Es ist wichtig, nicht den Propagandamythen des Dritten Reichs auf den Leim zu gehen. Die deutsche Wehrmacht war keine unüberwindbare Super-Armee, sondern profitierte extrem von Zufall, massiven Fehlern ihrer Gegner und deren schlechter Moral. Als dem Dritten Reich in USA und Sowjetunion ab 1943/44 ernsthafte Gegner erwuchsen, war sein Zusammenbruch ein nicht mehr aufzuhaltendes Faktum. Wir sollten uns daher nicht vom scheinbaren Determinismus der Ereignisse mitreißen lassen. Die Frage, ob Deutschland den Krieg nicht hätte doch gewinnen können oder wo der entscheidende Fehler lag, die man so oft hört, ist falsch gestellt. Vernünftigerweise müsste man fragen, welche Aneinanderreihung von Faktoren notwendig war, um es überhaupt so weit kommen zu lassen.

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2015/04/die-unwahrscheinlichen-weltkriege.html

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Zwei Jahre MusErMeKu, Oder: Wie interpretiert man Blog-Statistiken?

Jeder Blogger kennt die Massen an Statistiken, die im Backend lauern – Zahlen über Zahlen, Monat für Monat. Bei MusErMeKu begegnen uns diese Zahlen nun seit genau 2 Jahren, denn am 22. April 2013 ging der erste Blogbeitrag online und das bedeutet: Wir haben nun schon unseren 2. Bloggeburtstag gefeiert! Anlässlich unseres 1. Geburtstags haben wir die Gelegenheit genutzt, die Entwicklung des Blogs Revue passieren zu lassen. In diesem Jahr wollen wir nun einen Einblick in unsere Statistiken gewähren und erklären, was dahinter steckt. Aber vorweg: … Zwei Jahre MusErMeKu, Oder: Wie interpretiert man Blog-Statistiken? weiterlesen

Quelle: http://musermeku.hypotheses.org/3203

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Sowjetische Kriegsgräberstätten in Deutschland

Seit dem 24. April 2015 ist die Datenbank „Sowjetische Kriegsgräberstätten in Deutschland“ online unter http://www.sowjetische-memoriale.de/. Die Dokumentation des Deutsch-Russischen Museums Berlin-Karlshorst, gemeinsam mit dem Büro für Kriegsgräberfürsorge und Gedenkarbeit der Russischen Botschaft und mit Unterstützung vieler Menschen erarbeitet, bietet ein bundesweites Verzeichnis der Standorte, an denen Gräber sowjetischer Kriegsopfer des Zweiten Weltkriegs und ihnen gewidmete Denkmale existieren. Auch die Gräberorte der russischen Kriegsgefangenen des Ersten Weltkriegs werden erfasst. Trotz unserer Bemühungen um eine möglichst genaue und vollständige Erfassung aller entsprechenden Standorte können wir keinen … Sowjetische Kriegsgräberstätten in Deutschland weiterlesen

Quelle: http://speyermemo.hypotheses.org/2559

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Der Kampf der Erinnerungen war gestern, oder wie sich Erinnerungskultur gegen den Strich denken lässt

Das englische Adjektiv „multidirectional“ ist ein ziemlich technischer Begriff. Auf gut Deutsch bedeutet er „Mehrrichtungs-“ oder „Mehrwegs-“ und als erstes kommt einem da die Mehrwegflasche in den Sinn. Der amerikanische Literaturwissenschaftler Michael Rothberg hat „multidirectional“ trotzdem auf Kultur angewandt. „Multidirectional Memory“ ist ein Versuch, Erinnerungskultur in mehrere Richtungen, sozusagen gegen den Strich, zu denken. Damit stellt „Multidirectional Memory“ ein Modell vor, das eine interdisziplinäre und transnationale Untersuchung von Erinnerungskultur stützt.

Erinnerungskultur, oder „memory“ – wie man im Englischen sagt, verarbeitet individuelle Erfahrungen kulturell zu Sinn und macht sie dadurch verständlich und bedeutsam (Kantsteiner 2002:189). Rothberg verwendet „memory” als Begriff für die soziale Praxis des Erinnerns. Es geht ihm um den Prozess des Wachrufens und Verdrängens, des Aktivierens und Blockierens von Erfahrungen.

Heute wird Erinnerungskultur häufig in den Kategorien „Opfer“ und „Täter“ gedacht (Vgl. Buruma 1999; Jureit / Schneider 2010; Schulze Wessel / Franzen 2012). „Opfer“ und „Täter“ sind dabei zu kollektiven und identitätsstiftenden Zuschreibungen geworden.

Rothbergs Ausgangsfrage lautete: Wie lässt sich die Beziehung zwischen verschiedenen Opfergeschichten neu erörtern?

Auf die Gedenkjubiläen im Jahr 2015 bezogen, könnte die Frage lauten: Welche Rolle spielt die Erinnerung an den Holocaust heute für die Erinnerung an den Genozid an den Armeniern? Oder welche Rolle spielt die aktuelle Verfolgung und Vernichtung der Jesiden aus dem Irak für die Erinnerung an den Genozid in Bosnien vor 20 Jahren?

Rothberg hat theoretische und literarische Arbeiten seit den 50er und 60er Jahren analysiert, die sowohl die Vernichtung der europäischen Juden als auch die Verbrechen während der Entkolonialisierung gleichzeitig verhandeln. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Annahme eines Wettbewerbs zwischen verschiedenen Opfergeschichten analytisch wenig gewinnbringend sei: “Against the framework that understands collective memory as competitive memory – as a zero-sum struggle over scarce resources – I suggest that we consider memory as multidirectional: as subject to ongoing negotiation, cross-referencing, and borrowing; as productive and not private.” (Rothberg 2009:3).

Die Annahme also, dass es einen Kampf der Erinnerungen gäbe, die um öffentliche Dominanz ringen, sollte hinterfragt werden. Denn dieser Annahme liegt die Überzeugung zugrunde, dass eine bestimmte Gruppe eine einzigartige Geschichte, Kultur und Identität habe. Nimmt man jedoch die Parallelen, Bezüge und Ähnlichkeiten zwischen unterschiedlichen kollektiven Opfergeschichten in den Blick, so wird deutlich, dass ein exklusives Verständnis von kultureller Identität schwer haltbar ist. Mit einer derartigen Betonung der Interaktionen zwischen den Erinnerungsprozessen divergierender Gruppen trägt Rothberg dem Denken Rechnung, dass Gedächtnis und Identität keine klar umrissenen Gegebenheiten sind, sondern sich wandelnde, komplexe und immer wieder auch in Frage zu stellende kulturelle Phänomene bedeuten.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Rothberg verneint nicht die Existenz von Opferkonkurrenzen, sondern er weist auf die Notwendigkeit hin diese zu hinterfragen. Dafür entwickelt er ein dem Konkurrenzdenken gegenläufiges Modell: nämlich die Gemeinsamkeiten und Bezugnahmen zwischen verschiedenen kollektiven Opfergeschichten zu untersuchen.

Rothberg schlägt vor, die weltweite Erinnerung an den Holocaust als etwas zu verstehen, das andere Opfergeschichten nicht blockiert, sondern ihrer Artikulation dient. Dabei funktioniere die Bezugnahme der Geschichten jenseits ihrer zeitlichen und räumlichen Verortung – „multidirectional“. Ereignisse, die vor dem Holocaust stattgefunden haben, wie beispielsweise der Genozid an den Armeniern, oder auch danach, wie der Genozid in Bosnien und Herzegowina, werden mit Referenz aufeinander öffentlich erinnert.

Dabei geht es nicht darum, historische Ausmaße, Kontexte und Folgen in ihrer Faktizität zu vergleichen, sondern um den Akt der gegenwärtigen öffentlichen Artikulation. Es geht darum, dass etwas sagbar wird und zwar öffentlich, also kollektiv mitteilbar. Letztlich zielt diese öffentliche Artikulation der Opfergeschichten auf die kollektive Anerkennung des Leidens. Durch die Bezugnahme auf andere Opfergeschichten kann die Artikulation gestärkt werden.

Mit „multidirectional“ meint Rothberg aber auch, die Verbindungen zwischen der Benennung gegenwärtig stattfindender Missetaten und historischer Verbrechen zu reflektieren. Dies veranschaulicht er, indem er die Gleichzeitigkeit der Entkolonialisierung mit dem Aufkommen einer öffentlichen Holocaust-Erinnerung in den Blick nimmt. Während der Eichmann-Prozess 1961 in Jerusalem stattfand und die öffentliche Artikulation der Geschichten von Holocaust-Überlebenden förderte, tobte in Algerien der Unabhängigkeitskrieg mit der französischen Kolonialmacht. Rothberg setzt sich mit verschiedenen Beispielen auseinander, die zu jener Zeit Folter, Staatsterror und Vernichtung in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg und während des Algerienkriegs behandeln. Die gerade stattfindende Gewalt und der Rassismus beeinflusste, insbesondere in Frankreich, die aufkommende öffentliche Erinnerung an vergangene extreme Gewalt und Ausgrenzung (Rothberg 2009:192).

Dass bei Rothberg die Entkolonialisierung im Zusammenhang mit der öffentlichen Thematisierung des Holocausts gedeutet wird, muss hier deswegen betont werden, weil etwa Aleida Assmann bereits in ihrer Auseinandersetzung mit Levy / Snayder 2007 vorgeschlagen hatte, die Holocaust-Erinnerung als ein Paradigma zu begreifen, auf welches sich andere Genozide und Traumata beziehen (Assmann 2007:14). Die umgekehrte Denkrichtung jedoch, also dass auch andere Verbrechen die Artikulation des Holocaust beeinflussen können, macht diesen Vorgang erst „multidirectional”.

Eine weitere Dimension der „Mehrseitigkeit“ von Erinnerungsprozessen unterfüttert Rothberg theoretisch, indem er sich auf Sigmund Freuds psychoanalytischen Begriff der „Deckerinnerung“ bezieht (Freud 1907). Freuds „Deckerinnerung“ beschreibt einen Vorgang, bei dem etwas Banales, Alltägliches im Detail erinnert wird und zwar um etwas Singuläres, Schwerwiegendes zu überdecken. Es geht darum, wie Erinnerung auch dazu verwendet werden kann, um etwas anderes zu verdrängen. Erinnern um zu vergessen, könnte man salopp formulieren.

Obwohl Rothberg kritisiert, dass Freuds Erkenntnisse aus der Individualpsychologie schwer auf Kollektive zu übertragen sind, gebraucht er „Deckerinnerung“, um auf die Mehrdeutigkeit von kollektiven Erinnerungsprozessen zu verweisen. Beispielsweise nennt er die weitreichende Beschäftigung mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust in den USA eine „Deckerinnerung“, welche die unangenehmen Erinnerungen an die Sklaverei und den Genozid an den eingeborenen Völkern abdämpfe (Rothberg 2009:195). Die englische Übersetzung von „Deckerinnerung“ als „screen memory“ weist aber über das bloße Überdecken und Filtern von Erinnerungen hinaus und schließt ein Projizieren und Raum-Geben mit ein.

Was bringt nun dieser Blick für das Gemeinsame verschiedener kollektiver Opfergeschichten?

Die Untersuchung der Verbindungen zwischen verschiedenen Opferartikulationen zeigt, dass es bei allen um die Erfahrung des Andersseins geht. Zweitens steht das Ringen um öffentliche Anerkennung der Anderen im Mittelpunkt. Drittens beschreibt Rothberg das Zeugnis-Ablegen als die wirkmächtigste Form um Gewalt aufzudecken. Der Umgang mit Differenz und die Beteiligung von marginalisierten Gruppen an dem, was öffentlich über die Vergangenheit eines Gemeinwesens verhandelt wird, sind folglich zwei Aspekte, die bei der Untersuchung von Erinnerungskultur aus transnationaler Perspektive eine wesentliche Rolle spielen.

Dabei besteht die Möglichkeit, dass sich Opfergeschichten und Opfergruppen gegenseitig unterstützen und nicht bekämpfen. So wurde die öffentliche Kundgebung zur Anerkennung des Genozids an den Armeniern am 24. April 2015 in Istanbul von Kurden, Griechen und Assyrern breit unterstützt. Und in Bosnien und Herzegowina hat beispielsweise die Opferorganisation “Izvor” aus Prijedor zum Gedenken an den armenischen Genozid aufgerufen. “If memory is as susceptible as any other human faculty to abuse […] this study seeks to emphasize how memory is at least as often a spur to unexpected acts of empathy and solidarity; indeed multidirectional memory is often the very grounds on which people construct and act upon visions of justice.” (Rothberg 2009:19)

Rothbergs französische Version von „multidirectional memory“ lautet „nœuds de mémoires“ (Rothberg, Sanyal and Silverman 2010). Darin klingen phonetisch Pierre Noras „lieux de mémoires“ an, ins Deutsche übersetzt hieße „nœuds de mémoires“ so viel wie „Erinnerungsknoten“ oder verflochtene Erinnerungen.

Meines Erachtens geht es aber um mehr als um Verflechtungen. Es geht darum, Erinnerungskultur anders zu verstehen. Denkt man europäische Geschichte von ihren Zivilisationsbrüchen aus, so sollte neben dem Holocaust auch dem Kolonialismus Aufmerksamkeit zuteilwerden. Rothbergs „Multidirectional Memory“ veranschaulicht, wie sich dann unser Verständnis von Erinnerungskultur verändert. Durch die Betonung des Zeugnis-Ablegens als wirkmächtigste Form der Artikulation erfahrener Gewalt rückt er ins Zentrum, dass in einem derart komplexen Kontext die individuelle Erinnerung mehr Gewicht erhält. Erst eine öffentliche Artikulation des Zeugnisses jedoch macht es kollektiv wirksam. So erfolgt eine Pluralisierung von Erinnerungskultur und ihre Privatisierung wird verhindert. Das Zusammenfügen der individuellen Geschichten zu einem Narrativ aber ist dann nicht mehr das Ziel, sondern das Ziel wird die Betrachtung ihrer gegenseitigen Bezüge, „multidirectional“ eben.

Literatur

Assmann, Aleida. 2007. “Europe: A Community of Memory?” German Historical Institute Bulletin:11–25.

Buruma, Ian. 1999. The Joys and Perils of Victimhood.

Freud, Sigmund. 1907. Zur Psychopathologie des Alltagslebens. Über Vergessen, Versprechen, Vergreifen, Aberglaube u. Irrtum, Berlin: Karger.

Jureit, Ulrike, and Christian Schneider, Hgs. 2010. Gefühlte Opfer. Illusionen der Vergangenheitsbewältigung, Stuttgart: Klett-Cotta.

Kantsteiner. 2002. “Finding Meaning in Memory. A Methodological Critique of Collective Memory Studies” History and Theory. 41:179–197.

Levy, Daniel and Natan Snayder. 2007. Erinnerung im globalen Zeitalter: der Holocaust. 3870 : Suhrkamp Globalisierung, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Rothberg, Michael. 2009. Multidirectional Memory. Remembering the Holocaust in the Age of Decolonization, Stanford: Stanford University Press.

Rothberg, Michael, Debarati Sanyal, and Maxim Silverman, Hgs. 2010. Yale French studies, no. 118 & 119, Noeuds de mémoire. Multidirectional memory in postwar French and francophone culture, New Haven, Conn.: Yale University Press.

Schulze Wessel, Martin, and K. E. Franzen, Hgs. 2012. Schriften des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität, Bd. 5, Opfernarrative. Konkurrenzen und Deutungskämpfe in Deutschland und im östlichen Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, München, Oldenbourg: Oldenbourg Verlag.

Quelle: http://erinnerung.hypotheses.org/55

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Digitale Geschichtswissenschaft ist keine Wahl, sondern Realität

digiwIm Lektürekurs und im Proseminar beschäftigt uns ein einleitender Aufsatz über digitale Geschichtswissenschaft besonders intensiv: Der Beitrag von Gerben Zaagsma „On digital history“, erschienen 2013 in den BMGN und online hier zugänglich1. Ich halte diesen Beitrag für die derzeit beste Einführung in die Materie auf knappem Raum. Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte der Digital Humanities2, erläutert er die Entwicklung in den Niederlanden sowie exemplarisch zwei Bereiche, in denen sich die Geschichtswissenschaft durch den digital turn besonders gewandelt hat und weiterhin wandelt. Dabei unterstreicht Zaagsma, das derzeit in den Debatten zu sehr auf Werkzeuge und Daten geachtet wird und zu wenig darauf, wie sich „Geschichte machen“ durch den digital turn ändert. Methodologische und epistemologische Überlegungen müssten mit Blick auf die neue digitale Praxis stärker in den Mittelpunkt rücken3.

Hybridity is the new normal

Die Hauptthese von Zaagsma lautet, dass Digitalität in der Geschichtswissenschaft keine Wahl mehr ist, sondern längst Realität: „going digital is not a choice“4. Dies ist so richtig wie auf den ersten Blick unspektakulär, hat aber tatsächlich weitreichende Konsequenzen. Doch zunächst zur Bestandsaufnahme: Die Praktiken der historischen Forschung haben sich längst verändert. Eine hybride Herangehensweise ist unter Historikerinnen und Historikern mittlerweile normal. „Hybridity is the new normal“, formuliert Zaagsma5. Wobei dies, das müsste man aus meiner Sicht einschränkend dazu sagen, in erster Linie auf die Online-Recherche und schon deutlich weniger auf die Verbreitung/Publikation von Forschungsergebnissen zutrifft. Fast gar nicht trifft es auf die Interpretation zu, denn es ist nach wie vor eher ungewöhnlich, wenn Forschende neben einer qualitativ-hermeneutischen Herangehensweise auch Datenmodellierung wie z.B. Textmining, oder Visualisierungstechniken anwenden. In der Verbindung und Integration der beiden Herangehensweisen, z.B. „close und distant reading“-Methoden zur Auswertung von Quellen, liegt die eigentliche Herausforderung für die zukünftige Geschichtswissenschaft6. Für alle, die Französisch können, sei der Blogbeitrag von Frédéric Clavert nahegelegt, der über die parallele Verwendung dieser Methoden in seinem Blog nachgedacht hat7 – für die deutschsprachigen Leserinnen und Leser bleibt der Kommentar von Peter Haber bei histnet, um einen Eindruck zu erhalten.

Folglich plädiert Zaagsma dafür, digitale Geschichte nicht gegen nicht-digitale Geschichte in Stellung zu bringen. Das sehen auch Teile unserer Community so, wie eine Twitterumfrage vor gut einem Jahr an den Tag brachte8. In diesen von Jan Hecker-Stampehl initiierten (Massen-)Interviews sollte man den Satz ergänzen „Digitale Geschichtswissenschaft ist für mich…“. Die lesenswerten Antworten sind in einem Storify gespeichert. Sie spiegeln in unterschiedlichem Maße zwar, aber doch deutlich wider, dass digitale Geschichtswissenschaft nicht von der analogen zu trennen ist.

@digigw nichts anderes als das Nutzen unserer heutigen Mitteln, um Antworten zu finden auf alte & neue Fragen, die Historiker sich stellen”.

— Franziska Heimburger (@FHeimburger) 14. März 2014

Oder noch deutlicher:

 

@digigw Geschichtswissenschaft. Wir müssen mal von diesen exotischen Diskussionen wegkommen….

— Gudrun Gersmann (@GGersmann) 10. März 2014

 

Es ist also an der Zeit, die ohnehin zumeist künstliche Dichotomie zwischen quantitativer und qualitativer Geschichte, zwischen analoger und digitaler Geschichte ad acta zu legen (ein frommer Wunsch, ich weiß). Schon jetzt gibt es keine nicht-digitale Geschichtswissenschaft mehr, und damit ist nicht gemeint, dass alle Historikerinnen und Historiker mittlerweile halbwegs autonom Mail- und Textverarbeitungsprogramme anwenden können. Alle arbeiten bereits digital, auch diejenigen, die sich nicht zu den digitalen Vorreitern zählen und digitale Geschichtswissenschaften ablehnen oder für vernachlässigbar halten.

Mangelnde Reflektion als Gefahr

Die eigentliche Gefahr liegt in dieser indifferenten Haltung, unterbleibt doch so die notwendige Auseinandersetzung mit den Konsequenzen des digital turns für die Geschichtswissenschaft. Um in der digitalen Welt zu forschen, werden bestimmte Techniken und Kenntnisse benötigt für die Suche in Katalogen, Datenbanken, Volltextplattformen, Suchmaschinen (oftmals sind nicht mal die Unterschiede bekannt), für die Prozessierung der so gefundenen Information, Literatur und Daten, für ein wissenschaftliches Monitoring wie auch für die Kommunikation über und die Publikation der Forschungsergebnisse, die sich längst nicht mehr auf traditionelle Formen beschränkt. Die meisten Historikerinnen und Historiker tun all dies, d.h. sie recherchieren online, sie verwenden digitale Quellen, wenden digitale Tools an etc., doch ohne dass dies ausreichend reflektiert würde.

Wie man sucht und welche Suchergebnisse man erhält, beispielsweise, wirkt sich aber auf die eigene Forschung aus und ist daher wichtig, wenn nicht zentral9. Wie ist damit umzugehen, dass innerhalb von wenigen Sekunden riesige Datenmengen zur Verfügung stehen? Auch wenn die Ergebnismenge durch dringend zu lernende Suchoptimierung eingeschränkt werden kann: Vollständigkeit kann keine Prämisse der historischen Arbeit mehr sein.

Und damit sind wir bei der Frage,  wie sich Geschichtswissenschaft im digitalen Zeitalter verändert. Zaagsma macht dies an zwei Beispielen fest: zum einen an der Digitalisierung von Quellen und Archivmaterialien, zum anderen am Umgang und der Interpretation dieser digitalen Ressourcen.

Änderungen der Geschichtswissenschaft im digitalen Zeitalter

Zunächst zur Digitalisierung: Zaagsma hebt hervor, dass Digitalisierung immer eine Auswahl beinhaltet und somit eine „Politik der Digitalisierung“ ist. Wenn bestimmte Quellen oder Archivalien digitalisiert werden, bedeutet das gleichzeitig, dass andere nicht digitalisiert werden. Historikerinnen und Historiker sollten sich daher aus seiner Sicht stärker für die Frage interessieren, wieso bestimmte Bestände online zugänglich sind und andere nicht. Digitalisierung wird von staatlichen Institutionen vorangetrieben und ist vielfach eine nationale Angelegenheit. Das schlägt sich auf die Auswahl der digitalisierten Quellen nieder. Als Beispiel nennt er die Digitalisierungsprojekte in Osteuropa, in denen sich “nationaler Stolz und die Unabhängigkeit der post-kommunistischen Ära spiegele”10. Ähnliches ließe sich über Westeuropa auch sagen, man denke nur an Gallica, die Online-Plattform der französischen Nationalbibliothek. Und wie Zaagsma richtig erwähnt, ist auch die Europeana lediglich die Addition der nationalen Digitalisierungsprojekte und kein Projekt mit genuiner europäischer Blickrichtung.

Genauso wenig wie digitale Werkzeuge neutral sind, da sie Vorannahmen und Urteile enthalten, sind Digitalisierungsprojekte neutral. Die derzeitige Digitalisierungspraxis wird die Themen der Historikerinnen und Historiker von morgen vorgeben, da bevorzugt über das geforscht wird, was leicht zugänglich, d.h. online zu finden ist. Derzeit erlebt die nationale Geschichte über die Digitalisierungspraxis der einzelnen Länder ein Comeback, während Marginales weiter marginalisiert wird. Nicht vergessen werden darf darüber hinaus, dass ein Großteil des Archivmaterials nicht digitalisiert ist und auch nie sein wird.

Digitale historische Analyse

Ebenso wichtig ist es aus der Sicht von Zaagsma, dass sich Historikerinnen und Historiker stärker mit der Frage befassen, wie die Arbeit mit digitalisierten Quellen unsere Quellenkritik und Quellenarbeit beeinflusst. Die Arbeit mit Online-Quellen bringt zum einen den Verlust des Kontextes mit sich. So werden in Online-Portalen etwa tausende Zeitungsartikel auf bestimmte Suchwörter durchsucht und die Ergebnisse in einer Liste angezeigt. Die Ansicht der ganzen Seite einer Tageszeitung oder ihrer ganzen Ausgabe geht dabei verloren, wenn man nicht explizit diese erneut aufruft. Zum anderen gehen bestimmte haptische Erfahrungen der Arbeit mit Online-Quellen verloren, und auch deren Materialität (Geruch). Zaagsma plädiert daher für eine neue digitale Quellenkritik, mit der man sich bisher noch zu wenig beschäftigt hat. Wirkliche Antworten, das hatten wir andernorts bereits festgestellt, gibt es darauf noch nicht.

Zentral ist darüber hinaus – das sei abschließend erwähnt – die Ausbildung der Studierenden, die neben wichtigen Online-Kenntnissen wie Recherche, Auswertung und Publikation auch in kritischer Reflexion der digitalen Praktiken geschult werden sollten.

  1. Zaagsma, Gerben, On Digital History, in: BMGN – Low Countries Historical Review, 128-4 (2013) S. 3-29. URN:NBN:NL:UI:10-1-110020
  2. Zaagsma gibt übrigens ebenso wie Peter Haber als erste DH-Konferenz das internationale Kolloquium „The Use of Computers in Anthropology“ 1962 in Burg Wartenstein (ibid., S. 7) an, was uns Österreicher freut, aber auch Anlass gibt, dieser Darstellung einmal nachzugehen und zu fragen, ob das die anglo-amerikanischen Digital Humanists ebenfalls so sehen. Das wird in Kürze in einem eigenen Blogbeitrag geschehen.
  3. Ibid., S. 24.
  4. Ibid. S. 14.
  5. Ibid, S. 17.
  6. Vgl. ibid., S. 24.
  7. Vgl. Frédéric Clavert, Lecture des sources historiennes à l’ère numérique, in: L’histoire contemporaine à l’ère numérique, 14.11.2012, http://histnum.hypotheses.org/1061. Siehe auch den Kommentar von Peter Haber bei histnet: http://weblog.hist.net/archives/6563.
  8. Vgl. Jan Hecker Stampehl, Dokumentation der Twitter-Umfrage “Digitale Geschichtswissenschaft ist für mich…”, in: Digitale Geschichtswissenschaft, 5.4.2014, http://digigw.hypotheses.org/697.
  9. Vgl. ibid., S. 25.
  10. Vgl. ibid, S. 20.

Quelle: http://dguw.hypotheses.org/161

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